das wollte ich euch nicht vorenthalten:
aus:
http://www.polytechnischesjournal.de/fileadmin/data/30130090Z/editura/30130090Z.html
Ueber Stahl-Legierungen. Von J. Stodart und M. Faraday. Vorgelesen in der Sizung der koenigl. Gesellschaft zu London dd. 21. Maerz 1822.
Auszug aus den Philosophical Transactions fuer das Jahr 1822 in den Annales de Chimie. September 1822. S. 62.
[Kolumnentitel: Stodart und Faraday ueber Stahl-Legierungen.]
Nachdem die in dem Laboratorium des koenigl. Institutes im Kleinen angestellten Versuche ueber Stahl-Legierungen erwuenschte Resultate gaben, und sowohl in England als im Auslande allgemeines Interesse erregten15), so wurden wir dadurch aufgemuntert, diese Versuche mehr im Großen anzustellen, und wir haben das Vergnuegen zu versichern, daß die dadurch erhaltenen und zu Kunstarbeiten verwendeten Produkte nicht nur den frueheren im Kleinen gewonnenen nicht nachstehen, sondern dieselben vielleicht noch uebertreffen. Ehe wir indessen im Großen zu arbeiten anfingen, wiederholten wir die ersten Versuche mit aller moeglichen Sorgfalt, und stellten sogar neue Verbindungen dar, wie Stahl mit Palladium, Stahl mit Iridium und Osmium, und endlich auch noch Stahl mit Chromium. In dieser lezteren Reihe von Versuchen waren wir vorzueglich glueklich, indem wir aus Erfahrung das Feuer gehoerig zu regieren gelernt hatten. Indessen stießen wir doch auch hier oefters auf viele Schwierigkeiten, unter welchen das Springen der Tiegel die groeßte war. Wir haben noch keinen Tiegel finden koennen, der im Stande gewesen waere, der zur vollkommenen Reduction des Titanerzes noethigen Hize zu widerstehen, und wir glauben, fragen zu duerfen, ob man jemals das Titanerz auf diese Weise reducirt hat. Unsere Oefen sind vielleicht mehr als irgend andere hiezu geeignet: bis jezt konnten wir jedoch keine hiezu brauchbaren Tiegel finden16).
Die Metalle, welche mit dem Stahle die beßten Legierungen geben, sind: Silber, Platinna, Rhodium, Iridium, Osmium und Palladium. Alle diese Legierungen wurden jezt, mit Ausnahme der lezteren, im Großen verfertigt. Indessen hat man auch von lezterer vier Pfund Stahl mit 1/100 Palladium auf einmal geschmolzen, und diese Legierung ist wirklich sehr gut, zumal fuer Instrumente, die die hoechste Zartheit in ihrer Schneide fodern.
Unsere Versuche im Großen wurden in einem Stahl-Ofen zu Sheffield angestellt, und da wir dieselben nicht selbst leiten konnten, ueberließen wir die Aufsicht hierueber einem sehr geschikten Werkmeister, auf welchen wir uns verlassen konnten. Wir ueberschikten ihm den Stahl mit dem Metalle, mit welchem die Legierung vorgenommen werden sollte, in dem genauesten Verhaeltnisse, und er hatte den Auftrag, beide in den Ofen zu sezen, und unter seiner Aufsicht lange Zeit in dem vollkommensten Fluße zu erhalten, ehe sie gegossen wurden. Er mußte bei dem Gusse die Aufsicht fuehren, und das gegossene Stuek wurde bei einer Hize, die eben hinreichte, dasselbe unter dem Hammer haemmerbar zu machen, in Stangen von gehoeriger Groeße geschmiedet. Bei der Rueksendung wurde das Product chemisch und mechanisch untersucht, und mit den frueheren aehnlichen Producten des Laboratoriums verglichen. Nach dem aeußeren Ansehen sowohl, als nach dem Gefuege des Bruches, konnten wir so ziemlich die Eigenschaften desselben im Allgemeinen, erkennen; seine Haerte, Feinheit und uebrigen Eigenschaften wurden, nachdem es gehoerig verarbeitet, gehaertet und angelassen wurde, auf verschiedene Weise geprueft.
Das beßte Verhaeltnis, Silber mit dem Stahle zu verbinden, ist zu 1/500; nimmt man mehr, so bleibt ein Theil des Silbers mechanisch mit dem Stahle verbunden, wie man sich durch Behandlung dieser Legierung mit verduennter Schwefelsaeure ueberzeugen kann.
Mit Platinna und Rhodium laeßt der Stahl sich aber in den verschiedensten Verhaeltnissen verbinden, und eben dieß scheint auch mit Iridium und Osmium der Fall zu seyn. Man hat die Platinna von Einem Hundertel bis zu 80 Hunderteln mit dem Stahle zu einem Korne von 500 bis 2000 Granen, und das [Seite 77] Rhodium von Einem Hundertel bis zu 50 vollkommen verbunden. Gleiche Theile Stahl und Rhodium gaben ein Korn, welches, poliert, eine Oberflaeche von seltener Schoenheit darboth. Diese Farbe ist die schoenste, die man sich an einem Metall-Spiegel denken kann; es wird, auch wenn man es noch so lang der Luft aussezt, nicht matt. Die Dichtheit dieser schoenen Legierung ist 9,176. Platinna und Stahl gaben, in demselben Verhaeltnisse, ein sehr schoenes Korn; seine sehr stark krystallinische Oberflaeche macht es aber zu Metall-Spiegeln untauglich. Wir haben uns in dem Laboratorium ueberzeugt, daß, mit Ausnahme des Silbers, das beßte Verhaeltniß, in welchem man das Metall einem Stahle, der zu schneidenden Instrumenten bestimmt ist, und durch Legierung besser werden soll, zusezen kann, ungefaehr ein Hundertel ist. In diesem Verhaeltnisse wurden auch alle verschiedenen Metalle dem Stahle im Großen zugesezt. Wir mueßen hier bemerken, daß man bei dem Schmelzen der Legierungen im Laboratorium keinen Fluß zusezte, und daß nie ein solcher noethig schien.
Eine Legierung von 8 Pfund guten indischen Stahles mit 1/500 Silber, die zu Sheffield verfertigt wurde, zeigte an ihrer Oberflaeche und auf dem Bruche ein sehr schoenes Ansehen. Sie war haerter, als der beßte Gußstahl, selbst als das indische Wuz (wootz), und ohne alle Neigung unter dem Hammer und bei dem Haerten Risse zu bekommen. Man ließ mehrere Gegenstaende zu allerlei Gebrauch daraus verfertigen, und alle waren von vorzueglicher Guete. Wahrscheinlich wird man diese Legierung nicht nur zu allen Messerschmied-Arbeiten, sondern auch zur Verfertigung von Griffeln oder Meißeln verwenden koennen: der unbedeutend hoehere Preis wird der Einfuehrung derselben nicht im Wege stehen koennen. Man kann sich dieser Legierung ueberall, wo man guten Gußstahl noethig hat, mit Vortheil bedienen.
Eine Legierung von 10 Pfund desselben Stahles mit 1/100 Platinna, zu Sheffield in Stangen gearbeitet, zeichnete sich durch die glatte Oberflaeche und die Schoenheit des Bruches aus. Unserer Beobachtung zu Folge, so wie jener der Arbeiter, die verschiedene Messerschmied-Waaren daraus verfertigten, war diese Legierung zwar weniger hart, hatte aber viel mehr Koerper; eine Eigenschaft, die sie in allen jenen Faellen, wo Zaehheit eben so [Seite 78] nothwendig ist als Haerte, sehr schaezbar macht. Der hoehere Preis, den die Platinna verursacht, wird die Anwendung dieser Legierung in den Kuensten nicht hindern; denn die hoeheren Kosten werden durch die Vortheile, die sie gewaehrt, reichlich ersezt.
Die Legierungen des Stahles mit Rhodium sind vielleicht die trefflichsten unter allen; allein die Seltenheit des Rhodiums erlaubt keinen sehr allgemeinen Gebrauch derselben. Auch die Legierung mit Osmium und Iridium ist sehr brauchbar; allein aus demselben Grunde im Großen nicht anwendbar. Vielleicht kann man sich aber einst eine hinlaengliche Menge dieser Metalle verschaffen, um feine Instrumente oder Gegenstaende des Luxus daraus zu verfertigen.
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Um zu sehen, ob der Stahl sich mit der Platinna gehoerig verbunden hat, loest man einen kleinen Theil dieser Legierung in verduennter Schwefelsaeure auf. Die Aufloesung geschieht mit Heftigkeit, und es bleibt ein schwarzer Bodensaz, der aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Eisen und Platinna besteht. Durch Ausgluehen verschwindet der Kohlenstoff und Wasserstoff; man entfernt das gebildete Eisen-Oxid mittelst Kochsalzsaeure, und loest den Ruekstand in etwas Koenigs-Wasser auf. Wenn man mit dieser Aufloesung ein Stuek Glas befeuchtet, und dieses dann mittelst einer Weingeist-Lampe und eines Loethrohres erhizt, so reducirt sich das Platinna-Oxid zu einem metallischen Ueberzuge auf dem Glase.
Die Stahl- und Silber-Legierung wird mittelst sehr verduennter Schwefelsaeure analysirt, in welcher man das ueber bleibende Pulver kochen muß, und nachdem sich dieses zu Boden gesezt hat, kocht man es in concentrirter Hydrochlor Saeure. Das Eisen und das Silber sind nun aufgeloest, und, wenn man diese Aufloesung mit Wasser verduennt, so schlaegt lezteres sich als Silber-Chloruer nieder. Man kann auch das Pulver in Salpetersaeure [Seite 79] aufloesen, und dann mit Hydro-Chlorsaeure und Ammonium niederschlagen.
...Wir haben nur zwei Versuche angestellt. 1600 Gran Stahl wurden mit 16 Gran reinem Chromium in einem der besten Tiegel geschmolzen [Seite 84] und der Hize eines der beßten Windoefen ausgesezt; die Metalle flossen, und man hielt sie einige Zeit ueber im Flusse. Man fand das Korn gut, und es ließ sich gut haemmern; es war zwar hart, zeigte aber keine Neigung zu Rissen; seine Oberflaeche boht, nachdem sie poliert und etwas von schwacher Schwefelsaeure angegriffen wurde, ein krystallinisches Ansehen dar. Nachdem die Krystalle unter dem Hammer verlaengert und die Oberflaeche wieder frisch poliert wurde, erhielt man durch Anwendung von Saeuren eine sehr schoene Damascirung. Bei einem zweiten Versuche, wo man 1600 Gran Stahl mit 40 Gran Chrom legierte, erhielt man ein viel haerteres Korn, als das vorige; es war indessen haemmerbar, wie Eisen, und gab gleichfalls eine sehr schoene Damascirung.
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Wir mueßen hier noch bemerken, daß die beßte Weise, den Stahl in diesen Legierungen anzulassen, in der Anwendung eines heißen Metall-Bades besteht, das ungefaehr 20 bis 40 Grade (70–100 Fahrh.) ueber der fuer den beßten Gußstahl noethigen Temperatur erhizt ist. Wir mueßen ueberdieß noch wiederholtes Anlassen empfehlen, d.h., das erste, wie gewoehnlich, vor der [Seite 85] ersten Operation zum Polieren; das zweite unmittelbar nach der lezten Politur. Dieses zweite Anlassen wird vielleicht Manchem ueberflueßig scheinen; allein die Erfahrung hat sehr bald gezeigt, daß es hoechst nuezlich ist. Wir haben dieses Verfahren nach der Analogie bei Verfertigung der Uhrfedern gewaehlt.
für 1822 ganz nett, finde ich...