so, meins ist nun seit einigen Tagen auch da und es lohnt sich, einige ausführliche Worte dazu zu verlieren.
Vorab: für den aufgerufenen Preis finde ich es mehr als preiswert - eine deutliche Kaufempfehlung von meiner Seite für das Messer.
Ich habe mich für Wüsteneisenholz entschieden - schönes Holz mit technisch guten Eigenschaften.
Das Messer ist angenehm leicht und wird damit dem Namen gerecht. Hier schließt auch der Schliff der Klinge an.Insgesamt nicht im feinen bis feinsten Bereich angesiedelt, aber für den Stahl schon eher im unteren Bereich dessen, was sinnvoll ist. Um die drei mm am Rücken und 0,4−0,5mm am Übergang von der Schneidfase zu den Schneidflanken. Zudem zur Spitze hin erst leicht, dann zunehmend verjüngend. Wirklich sehr gelungen im Sinn eines technisch guten Kompromisses aus Schneidfähigkeit und Haltbarkeit bzw. Robustheit - vom leichtgängigen Brötchenaufschneiden über Kartonage zersäbeln bis hin zu Pressseilen von Heuballen oder Bandrolen von Kohlebriketts geht alles sehr gut ohne Blessuren oder grober Keilwirkung beim Schneiden.
Die Klinge könnte im vorderen Drittel für meinen Geschmack etwas spitzer zulaufen und weniger Bauch haben - aber das wusste ich vorher und ist meine Vorliebe; das kann man dem Messer nicht anlasten. Es ist auch kein Beinbruch - von daher von meiner Seite 'zehn Punkte' für die Geometrie der Klinge. Ich hätte es nicht besser machen können bzw. konstruktiv keinen Deut anders gemacht.
Auch Gents-like die Konstruktion, dass vorne durch die Klinge und die Bronzescheiben der Abstand zwischen den Seitenplatinen gehalten wird - logisch - und hinten lediglich zwei Abstandshalter die Stabilität gewährleisten. Das gibt ausreichende Stabilität, aber auch nicht mehr. Ein sonderlich stabiles Messer ergibt das nicht - aber das erwarte ich auch unter de Namen Gent nicht, insofern passt das; Kritik also nicht, aber erwähnen sollte man das schon, um keine falschen Erwartungen zu wecken - wer etwas richtig massives sucht, ist hier nicht unbedingt richtig.
Zur Verarbeitung: alles in allem in weiten Teilen sehr sauber gemacht. Den Anschliff der Klinge habe ich schon beschrieben, was ja ein wesentlicher Aspekt ist. Klingengang passt auch und auch der Anschlag im geschlossenen Zustand ist sauber ausgeführt - Detendball und Anschlag durch den Bolzen hinter der Klinge passen genau überein. Die Verrigelung offen ist ebenfalls ordentlich ausgeführt; der Liner fällt genau soweit durch, dass er mit der Außeneseite der Klinge abschließt. So soll es im Neuzustand sein und hier bleiben Reserven für den Verschleiß im Lauf der Nutzung.
Schaut man genau hin,dann sieht man, dass hier ein wenig getrickst wurde: die Klinge ist hinten an der Verriegelungsfläche leicht konkav geschliffen, sodass keine hundertprozentige Passung der Winkel on Liner und Klinge geschaffen werden müssen. Das sieht man dann auch an an den Abnutzungsspuren der Verriegelungsfläche. Spürbar im Sinn des Gefühls einer mangelnden Verriegelung ist das aber nicht und das ist schiere Erbsenzählerei gerade.
Ebenfalls Erbsenzählerei ist das Ende des Anschliffs am Übergangs zum Rícasso - hier verläuft der Anschliff der eigentlichen Schneidfase leicht recurve. Das kenne ich von den meisten Messern jenseits der Einzelfertigung. Mistig, da sich das mies schleifen lässt - aber auch wirklich kein 'Beinbruch'. Wohlgemerkt: es geht hier um die letzten ein bis zwei mm ;
Der Anschliff der eigentlichen Schneide ist an sich sehr gleichmäßig über die gesamte Länge der Schneide.
Der Übergang Holz zu den Seitenplatinen ist sehr ordentlich - keine groben Spalten oder Übergänge; alles im Bereich dessen, was Holz unter schwankenden Luftfeuchtigkeit macht, also sehr ordentlich ausgeführt.
Die Bronzewasher sind eher fett und erfüllen ihren Zweck sehr gut. Man hat hier nicht das Gefühl, mit feinen Teflonscheibchen am Anfang verwöhnt zu werden und dann zeitnah für Ersatz sorgen zu müssen. Ehrliche Handwerksarbeit sozusagen, was mir gut gefällt.
Das Finish der Metallteil als gestrahlt kann man sicher diskutieren - und auch,ob das gents-like ist. Es ist auf jeden Fall sauber gleichäßig ausgeführt und ich habe da keine Probleme mit; das ist mir lieber, als eine mäßige Satinierung und trägt sicher auch zum moderaten Preis bei. Alle Teile sind sauber angefast,sodass man haptisch sehr angenehm verwöhnt wird. Ergonomisch ist auch alles in Ordnung für einen Folder mit Clip.
Alles in allem also alles richtig gemacht und ich bereue den Kauf keinesfalls.
Zu Schluss aber dann dennoch einige Bemerkungen bzw.Kritikpunkte:
- der Clip spannt sehr stramm - so stramm, dass ich etwas um einen Fingernagel bange, wenn ich ihn beim Einclippen hosenschonend anheben möchte
- die Ansenkung für die Schräubchen im Holz sind hinten - vorne an der Klingenachse ist alles super - ungleichmäßig bzw. mit kleinsten Ausbrüchen. Ist ja hier im Faden auch schon bemängelt worden. Als selber Messermacher weiß ich, dass so etwas bei den kleine Schrauben und Holz schnell passiert bzw. viel Sorgfalt und auch etwas Zeit erfordert - deshalb auch hier: absolut kein Beinbruch für den Preis, aber erwähnenswert, um keine falschen Hoffnungen zu wecken für Perfektionisten.
- die Schneidfase ist zwar sehr gleichmäßig, aber eher grob. Man kann sich die Haare vom Arm kratzen, aber es sind doch ein paar Züge mit Dia-Paste 1µ und 0,5µ notwendig, damit mich das wirklich glücklich macht
-die Riffelung am Klingenrücken: ist sinnfrei. Stört nicht, aber generiert auch keinen wirklichen Grip. Sauber ausgeführt an sich aber wohlgemerkt
- das Holzfinish: man sieht an den Seitenflächen noch Schleifriefen und die Schönheit des Holzes kommt nicht vollends zur Geltung. Zudem sind die Flanken am Übergang zu den Platinen noch gröber. Das sind die einzigen beiden Punkte, die ich wirklich störend finde. Da hätte man tatsächlich noch ein oder zwei Arbeitsstunden investieren können, um mehr rauszuholen und hier werde ich auch nochmal nachbessern.
Bilder reiche ich gerne noch nach.
Bis dahin soll es das erstmal gewesen sein mit meiner Rückmeldung zu dem Messer.
Viele Grüße,
Torsten