Was bedeutet tactical/taktisch???

Herr Esch

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Hallo zusammen,

ja, diese Frage ist ernst gemeint. Früher habe ich immer gedacht, ein taktisches Irgendwas sei ein Gegenstand, den man versteckt tragen und überraschend hervorziehen und dann als Waffe gegen einen Angreifer einsetzen kann:glgl: (bitte keine SV, ich weiß, ich möchte nur meinen Kenntnisstand verdeutlichen).
Nun begab es sich aber, daß ich durch das Mitlesen im Forum ins Zweifeln geriet, ob meine alte Mini-Mag wirklich die ideale Lampe für mich ist, ob meine Umhängetasche nicht doch durch eine sinnvoller unterteilte ersetzt werden sollte - und ich stellte fest, daß sogar ich, Verächter aller Eau de Colognes, ein EDC bei mir habe. Ihr kennt das, keine Frage!
Und als ich mir bei den gängigen Internet-Shops Dies und Das anschaute, wurde mir alles Mögliche als "tactical" präsentiert: Messer, Gürteltaschen, Geldbeutel, Taschenlampen, Fototaschen...
Was bedeutet taktisch/tactical KONKRET? Mehrzwecknutzen, Tarnfarbe, Marketingblabla? Was unterscheidet z.B. eine Taschenlampe von einer taktischen Taschenlampe? Soll ich mich daran laben, daß ich, wenn ich mir das ganze Zeugs in der Tactical-Ausführung umhänge, wie ein KSK-Soldat aussehe? Oder haben taktische Acessoires tatsächlich einen taktischen Mehrwert?
Ich bitte um ernstgemeinte Antworten. Die SuFu hat mir keine Definition geliefert.
Gruß,
Herr Esch
 
"tactical" entspricht in etwa "gut durchdacht oder gut geplant"

Gruß Klaus
 
Was bedeutet taktisch/tactical KONKRET? Mehrzwecknutzen, Tarnfarbe, Marketingblabla?

Letztes. Man pappt ein Etikett auf ein Produkt, damit dieses auch für diejenigen, die beim Treppensteigen in den dritten Stock nahe am Herzkasper sind, den Duft des Dschungels, der Wüste und der Eliteeinheiten verströmt.

Bei manchen Sachen ist es so, wie Klaus123 es meint. Es ist alltagstauglich, robust, ohne Schnickschnack. Geht aber auch anders. Klotzige Taschenlampen mit Plätzchenstechern, Dreipfundfolder, Rucksäcke mit 327 Taschen und Schnürchen. Für meinen Alltag ist das sicher nicht besonders tauglich. Das kann man dann lustig sehen - ich hab selber so nen Kram. Oder mit der taktischen Strenge und Ernsthaftigkeit - das sind dann eher die mit dem Treppensteigen.

Pitter
 
Moin,

da ich ja auch kein Tactical-"Freak" bin, habe ich mir diese Frage auch schon mal gestellt. Nach einigem Nachdenken hab ich (für mich) folgende Definition abgeleitet:

Als "Tactical" werden Gegenstände bezeichnet, die in Situationen zum Einsatz kommen (könnten), wo Menschenleben von ihrer Funktion abhängen. Weiterhin deutet der Begriff auf ein "gefechtsmäßiges" Umfeld hin.

Also in erster Line Militär- und Polizeiausrüstung, mit dem Beiklang "wird von absoluten Profis eingesetzt und hat sich in Extremsituationen bewährt". Und sicher auch ein bischen was von Abenteuer.

Die Gestaltung / Ästhetik wird dem erwarteten Umfeld angepaßt, natürlich zunächst aus funktionalen Gründen (Tarnung, "no-nonsense"), aber es ist auch das, was erwartet wird.

Ob diese Umstände als überzeugendes Argument für den Kauf solcher Ausrüstungsgegenstände wirken, hängt vom Marketing und vom persönlichen Geschmack jedes einzelnen ab.


Fakt ist jedoch, daß sich die "Tactical"-Welle sich immenser Beliebtheit erfreut - wie das kommt, könnte man sicher vielfältig unter gesellschaflichen, psychlogischen oder anderen Gesichtspunkten betrachten, aber darum gings ja hier nicht.

Meine Meinung: Vielleicht wird das Konzept von einigen Herstellern ein wenig übertrieben und somit "totgeritten". Vielleicht wird die Sache auch insgesamt ein wenig zu ernst genommen. Vielleicht sollte man mal ein zweckfreies, wenig ernstes und dafür leicht satirisches Projekt in diese Richtung unternehmen...

"Tactical Breakfast Dagger. Because Breakfast is War."


Grüße,
Gunther
 
Danke für Eure Antworten - danke für den Hinweis, Kleiner Tiger, da hab ich wohl mit falscher Taktik gesucht!
Gruß,
Herr Esch
 
Der Begriff "tactical" kommt aus dem militärischen Bereich und leitet sich von "Taktik" im militärischen Sinne ab. Interessant in dieser Hinsicht ist auch die Differenzierung von Taktik und "Strategie".

Es sei dazu folgende Lektüre empfohlen:

Sun Tzu: Die Kunst des Krieges (mit den volkstümlichen Kommentaren)
Carl von Clausewitz: Vom Kriege

Allerdings wirst Du darin keine Antwort auf die Frage finden, was einen taktischen Gegenstand ausmacht. Interessant ist es allemal.

Kurz gesagt:

Strategie: langfristige Maßnahmen, "Masterplan"
Taktik: kurzfristige Maßnahmen, Heerführung

Auf das Alltagsleben übertragen sind z.B. alle Messer "taktisch", da sie dich in der Durchsetzung kurzfristiger Ziele wie Öffnung von Verpackungen etc. unterstützen. Was irgendwie auch den inflationären Gebrauch des Begriffs erklärt.

Gruß,
 
Auf das Alltagsleben übertragen sind z.B. alle Messer "taktisch", da sie dich in der Durchsetzung kurzfristiger Ziele wie Öffnung von Verpackungen etc. unterstützen.

Nein, das sind die eben nicht. Da hilft auch Clausewitz nicht weiter, wie dir ja schon selbst aufgefallen ist.

Im gefragten Zusammenhang ist das "taktisch" reiner Marketingsprech und in dieser Begrifflichkeit neu eingeführt. Da gehts um Konnotation, nicht um militärische Taktik. Für Kunden aus dem Zivilbereich soll der Nimbus des militärischen geschaffen werden. Das hat irgendwas mit Indianer und Cowboy zu tun, reine Männersache.

Und der Begriff wird gezielt benutzt, um die eigenen Produkte von vergleichbaren Waren abzusetzen. Stabiler moderner, tausendfach bewährt, unter allen Umständen funktionierend. Ein Jagdmesser ist halt so ein popeliges Ding, das schon Opa hatte. Ein Outdoor Messer, Outdoor Knife oder tactical fixed blade ist natürlich ne ganz andere Hausnummer. Klingt besser.

Dazu soll "taktisch" natürlich auch suggerieren, dass ein Messer ohne Probleme Rambo 1-4 durchhält, ohne Schaden zu nehmen. Weil wenns das Militär nutzt (das eine der konnotativen Komponenten) muss es ja die beste Qualität haben. Was natürlich Unsinn ist. Weder kaufen Beschaffer nur nach Qualität, noch hat ein "taktisches" Messer per se eine gute Qualität.

Schwarz angemalte Blechhaufen mit Tantoklinge für 20EUR schon gar nicht - nennt man aber auch gerne taktisch.

Das Denglisch und der vollkommen überflüssige Gebrauch englischer Wörter ist die nächste Seuche. Leider bin ich davon auch nicht gefeit ;)

Pitter
 
da werden ganz klar rein Emotionen angesprochen. Genau wie von Pitter beschrieben.

Die Frühstückspension wird nach Anschaffung eines Sprudelbeckens (um auf die Verenglischung zu verzichten) zum "Wellness-Hotel", das Kaffeehaus nach Kauf eines Lehnstuhls zur "Chill-out-Lounge", und ein Messer wird nach Schwärzen der Klinge "taktisch". Marketing halt
 
Im definitorischen Sinne sind Messer taktisch ;) Da beharre ich ob pitters Ansicht mal drauf.

Im gefragten Zusammenhang ("was macht ein Objekt taktisch?") entspricht "taktisch" natürlich der marketingtechnisch ausgereizten Verwendung des Begriffs und seiner konnotativen Eigenschaften, wie wir es ja auch sehr gut zusammengefasst haben.
Nur verwende ich den Begriff "taktisch" selber, wenn ich z.B. meine Taschenlampe beschreibe. Liegt das am Einfluss des Marketings? Sicher auch, aber den konnotativen Hintergrund etwas auszuleuchten ist doch nur logisch wenn man den Begriff ausdifferenziert.
Die Schlussfolgerung der "Hintergrundbeleuchtung" dann, wie man denn den Begriff im zivilen Leben verwenden kann (und sollte), sollte eben m.E. über den abgelutschten Bezug zum Militär hinausgehen. Wenn man die Theorie auf sein Alltagsleben überträgt, welches im Normalfall eben nur in Ausnahmen vor einem rein militärischen Hintergrund steht, dann gibt es auch dort Schlussfolgerungen was meine alltägliche "Ausrüstung" betrifft.
Wenn ich meinem Kollegen sage "heute bin ich wieder taktisch unterwegs" lacht er und weiss was gemeint ist, nämlich dass ich mindestens eine Taschenlampe, ein Messer, Feuerzeug, Schnur etc. dabei habe. Damit bin ich definitiv im taktischen Vorteil, also besser auf den Alltag vorbereitet als die meisten meiner Mitmenschen :)

Mein kleines Plädoyer für die Aufwertung und Neubewertung des "tactical"Begriffs. Ich ziehe übrigens auch die deutsche Variante vor...

Gruß,
 
Ich muss hier auch meine Verschwörungstheorie zu diesem Thema abgeben, weil mich dieser Begriff schon ewig nervt:

Ich persönlich bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich hierbei um eine direkte Übersetzung aus amerikanischen Katalogen diverser Hersteller handelt, weil man da halt Dinge feil bietet die "tactical" sind - Aus all den oben genannten Gründen. Und was tut man jetzt als armer deutschsprachiger Katalogumtexter? Schwupp: Ist es halt ein Messer für den taktischen Einsatz - also eines, das man in der Hand hat, wenn die Kavallerie in die Flanke reitet, um den Clausewitz zu bemühen (Nur damit ich was blödes schreib...). Will meinen: Hat im deutsche keinerlei sinnvolle bedeutung, klingt aber cool und abenteuerlich. :super:
Ist ungefähr gleichzusetzen mit dem Ausdruck "Die Busch-(jetzt ja Obama)-Administration". Eine Administration gibts im deutschen zwar auch, wird aber für den begriff "Regierung" schlicht im normalfall nicht verwendet. Aber wenn man als Journalist englische Texte übersetzen muss, sind eben die deutschen Alternativen nicht immer schnell zur Hand.

So, meinen tactical Senf habt ihr,

Lg,
rainer
 
Im definitorischen Sinne sind Messer taktisch ;)

Nun geht's aber durcheinander.
Schach, Fußball usw. erfordern auch Taktik, aber sicher keine Messer.
Das griechische taxis heißt lediglich Anordnung, alles was darüber hinausgeht muss man schon wollen.

Grüße,
Steffen
 
Mal auf Küchendeutsch :irre: :

Meine Strategie besteht darin, durch die Zubereitung von essbaren Einzelkomponenten ein schmackhaftes Mahl zu bereiten.

Dazu wende ich die Einzeltaktiken des Einkaufens, des Auspackens/-Schälens/-Zerteilens, sowie der Durcherhitzung mit Hilfe geeigneter Gefäße an.

Die Werkzeuge/Gegenstände, die mich dabei auf die rationalste Weise unterstützen - sprich Einkaufswagen, Tragetasche, Küchenmesser, Pfanne - sind hierbei meine taktischen Einsatzmittel.

Nach diesem Schema kann man sich wohl für die verschiedensten Lebenslagen seine tactical-utilities zusammensuchen. Im Endeffekt sollte man dann idealerweise beim jeweils zweckmäßigsten Mittel landen.
 
"Tactical Breakfast Dagger. Because Breakfast is War."

Das hat mir wieder ein paar Lachfalten beschert. :super:

Die Neubesetzung der Bedeutungen ist eine Seuche, die mich schon lange umtreibt. Ist euch z.B. schon mal aufgefallen, wie viele Attacken heutzutage noch geritten werden? Und das ohne Pferd? Dazu empfehle ich den Zwiebelfisch, das aber nur am Rande.
Meine Taktik im Falle der taktischen Messer deckt sich mit dem Vorschlag von Gunther. Also: lustig machen, drüber lachen.

Trotzdem interessant, den Fred zu lesen.

Taktische Grüße aus dem Gefechtsstand der Humoristik

Pocke
 
Auch wenn hier einige eine Ehrenrettung des Begriffes "tactical" versuchen, in meinen Augen ist und bleibt er ein kindischer und alberner Werbeslogan.
"Tactical" suggeriert viele verkaufsfördernde Attribute.
- militärische Qualität
- cool
- haben die harten Burschen, die Eliteeinheiten
- hilft zum Überleben
- taugt als Waffe

Der Begriff "tactical" lässt sich beliebig erweitern, und auch vor solchen, schon richtig peinlichen denglischen Wortkonglomeraten schrecken die Werbetexter nicht zurück:
"Ein tactical Fighting-Knife mit Survival-Eigenschaften!"
Habe ich auf der Schachtel eines schrottigen, von pitter bereits erwähnten, schwarz angemalten Tanto-Teilwellen-Messers gesehen.

Eine Fenix TK10 wäre keine schlechtere Lampe, wenn man vom Attribut "tactical" absehen würde. Aber sie liesse sich sicherlich schlechter verkaufen.
Nicht ohne Grund sind demzufolge auf der Verpackung vermummte Eliteeinheiten, Antiterroreinheiten abgebildet, die ihre Lampen an in Anschlag gebrachte Waffen montiert haben.

Stellt euch einmal vor, auf der Verpackung wäre ein Bild von Muttern zusehen, die auf dem Weg in den Keller die vor ihr liegende Treppe beleuchtet.
Lächerlich?
Mag sein, aber ich verwette meinen Kopf, dass sie zu diesem Zweck öfter eingesetzt wird als für militärische Zwecke.

Nur damit jetzt niemand denkt, ich sei hier der anti-tactical Moralapostel. Auch ich habe die TK10 gekauft, weil sie soooo cool aussieht, tactical eben.
 
...Stellt euch einmal vor, auf der Verpackung wäre ein Bild von Muttern zusehen, die auf dem Weg in den Keller die vor ihr liegende Treppe beleuchtet...

Und dazu dann noch ein taktischer Werbespruch:

Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
Daß sie von dem Sauerkohle
Eine Portion sich hole,
Wofür sie besonders schwärmt,
Wenn er wieder aufgewärmt.


:p

Eigentlich sind wir uns ja alle einig, diese "taktische" Masche ist ein einziger Werbegag. Aber irgendwie trifft es Micha M. mit seiner Aussage aus dem anderen Thread ja auch sehr gut:

Übrigens: Hab nix dagegen, wenn Leuten Messer mit Hirschkronen-Griffen gefallen, auch wenn sie keine Oberforstmeister sind und auch keine werden wollen. Dann darf "unsereins" (als Freund der Tactical-Gestaltung) aber auch eine schwarze Klinge und ein robuster G10-Griff gefallen, ohne uns sofort zum Möchtegern-Söldner zu stempeln

Micha M.
 
Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
Ich stehe auf Willi Busch, egal ob taktisch oder nicht! :super:
OT: Apropos Klassiker: Hermann Löns ist auch nicht übel: Der Wehrwolf. Obwohl: Schneidwaren kommen in dem Buch auch vor.

Und zurück zum Thema:
Auch wenn es hier manche nicht glauben werden: den Begriff "tactical" benutze ich extrem selten.
Ich bevorzuge stattdessen das Attribut "unschwoool" (jaaa: mit 3 "o" ;)).

Bis denne!
Frank
 
Last edited:
Tactical, das kommt mir so vor: Wenn man durch die Klingenform ausser stechen nichts mehr damit machen kann, schreibt man tactical drauf :-
) und es verkauft sich wieder.
 
Wie in amerikanischen Foren oft zu lesen "tactikool". In Anlehnung an Frank: ja, mit "K". ;)

Grüße

Clemens
 
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