Unterschiede von Kohlenstoffstählen im Auslieferungszustand?

Monty

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Hallo alle Zusammen,

Ich lese hier im Messerforum schon eine ganze Weile mit. Hier habe ich, wie viele Andere wahrscheinlich auch, und zum Leidwesen der Freundin, Familie und meines Geldbeutels Unterstützung, Beratung und noch viel schlimmer: Inspiration für den jährlichen Weihnachtswunschzettel gefunden. Danke. :hmpf:

(bisheriger Werdegang:
-> erstes eigenes Taschenmesser wünschen
-> in die Grundschule kommen :)
-> erstes eigenes Taschenmesser geschenkt bekommen
-> Taschenmesser selber kaufen dürfen
-> Erwachsen werden
-> eigene Messer modifizieren
-> irgendwann mal alle Messer die man hat zusammentragen, sie stolz nebeneinander legen, solange Grinsen und sich freuen bis der kleine Mann im Kopf still und heimlich den Gesamtpreis der kleinen Sammlung ausgerechnet hat. Ungläubig den Preis vor sich hinmurmeln. Sich verschämt umgucken. schnell wieder alles wegräumen.

-> Grundsatzentscheidung: entweder jetzt aufhören oder auf ewig dem Messerfieber verfallen....

-> Lappenmesser aus Frost-Klingenrohling
-> Integralmesser aus Fällkniven-Rohling)


Jetzt habe ich eine Frage und komme durch Suchen und Mitlesen nicht mehr zu einer Antwort.

Ich habe vor, mir ein Messer selber aus einem Stück Stahl zu feilen.

Über das Ausgangsmaterial Habe ich mir viele Gedanken gemacht, viel gesucht und nur wenig gefunden.


Was ich gefunden habe:

1.2842 :

+ einfach zu bearbeiten
+ leicht zu schärfen
+ so gut wie keine Nachteile durch Verzicht aufs Schmieden
bei gutem Ausgangsflachstahl
- nicht ganz so schnitthaltig


1.2379 (D2):

+ schnitthaltiger?
+ rotsträger
- schwerer zu bearbeiten?
- "Zeiligkeit" ausschlaggebender als bei 1.2842 in ungeschmiedetem, nur gewalztem Ausgangszustand oder versteh ich was nicht?

( http://www.messerforum.net/showthread.php?t=25882&highlight=feilen+schmieden )


blauer Papierstahl (Ao Gami):

+ Schnitthaltig
+ ein Hauch von Mythos :hmpf:
- Wärmebehandlung bei Auslieferungszustand nicht optimal geeignet für Feilen ohne Schmieden?

( http://www.messerforum.net/showthread.php?t=50565&highlight=papierstahl )


Jetzt zu meiner Frage:

welchen Flachstahl als Ausgangsmaterial findet Ihr nach Euren Erfahrungen passender
,

Bzw. kann ich aus allen 3 Flachstählen ohne weiteres ein Messer rausfeilen und es bei Herrn Schanz oder Borger oder sonst wem härten lassen und werde glücklich?


wer weis was, wer hat vielleicht schon Erfahrungen gesammelt und kann mir helfen?


Messervorstellung:
Klinge: nicht rostfreier Kohlenstoffstahl, 11cm drop point, Flachschliff, Klingenrücken ca. 3mm, nicht selber härten
Griffschalen: heimisches Hartholz

Grüße Tobias
 
Last edited:
Hallo Tobias,

stehe vor einem ähnlichen Problem, kann Dir deshalb auch noch
nicht richtig helfen - sorry. Eher so von Anfänger zu Anfänger. :super:

Ich möchte mir ebenfalls in diesem Jahr mein erstes Messer aus
Kohlenstoffstahl feilen.

Trage momentan die benötigten Materialien und Werkzeuge zusammen.

Den Stahl habe ich schon daheim:

- ebenfalls 1.2842 Flachstahl

- und von Dick.biz weissen Papierstahl (Shirogami) als Flachstahl

ICH werde auf jeden Fall mit dem 1.2842 anfangen.

Gruß
Matthias
 
Danke Matthias,

Ich denke, mit einem Stück 1.2842 macht man auch nichts verkehrt, ich bin nur verunsichert worden im Bezug auf den D2 und die Japanischen Papierstähle, deren Auslieferungszustand zu Beginn (wohl im Bezug auf die Wärmebehandlung) nicht so toll sein soll.

Ich verstehe das nicht so richtig und wäre froh, wenn es mir jemand erklärt.
und mir vielleicht einen Tip gibt, wie die Stähle sich sonst unterscheiden.
 
Ich kann leider auch keine Antwort geben, aber da mich Stähle auch sehr interessieren, würde ich hier gerne noch eine zweite (bzw. dritte) Frage anhängen:

Welchen Vorteil hat man eigentlich dann noch vom Schmieden, wenn Ihr der (sicherlich fachlich begründeten) Meinung seid, Ihr wollt ein Messer aus Kohlenstoffstahl nur durch Schleifen und Härten erzeugen (also Behandlung wie einen rostfreien Stahl).

Oder einfacher: Was bringt schmieden?

Vielleicht ein bischen eine triviale Frage, aber sie beschäftigt mich hier (wo ich auch sehr viel mitlese) schon länger :confused:.
 
@ Kaneo,

genau das war auch eine meiner Grundüberlegungen. Ich denke Schmieden bringt auf jedenfall ersteinmal eine menge Spass. Dann noch größere Kreativität am Werkstück, hat aber wohl auch in Ausnahmefällen Einfluss auf die Stahleigenschaften.

vielleicht hilft dir der Link: http://www.messerforum.net/showthread.php?t=25882&highlight=feilen+schmieden

Allerdings bin ich mir sehr unsicher, in welchen der Stähle ich nun wochenlange Arbeit reinstecken soll. Wiso ist der Papierstahl zB. schlecht Wärmebehandelt und was hat das für mich für Konsequenzen beim Feilen und Härten lassen....?
 
Last edited:
Nimm für den Anfang den 1.2842, daraus lassen sich hervorragende Messer basteln, er ist schnitthaltig, gut schärfbar, und lässt sich leicht spanend bearbeiten.
Schmieden hat den Vorteil, dass man Material spart. Man kann beim Schmieden auch das Gefüge verfeinern, das lässt sich allerdings auch mithilfe einer guten Wärmebehandlung machen.
Der Auslieferungszustand des Stahls ist in deinem Fall nicht sooo entscheidend, da du das Material wohl eher Wärmebehandeln lässt und da wird dann auch normalisiert. Prinzipiell kann man aus allen drei Stählen gute Messer machen, aber den ao gami würde ich nicht verwenden, mir ist es irgendwie suspekt wenn eine Firma einen Stahl hinter einem Pseudonym versteckt. Wenn du noch Fragen hast die über diesen Thread hinausgehen kannst du mir gerne eine mail schreiben.
mfg
Moritz
 
Hallo zusammen,
Also das Schmieden ist für die materialsparende Gestaltung ebenso wichtig wie für das Verbessern der Gefügeeigenschaften. Voraussetzung ist natürlich das man etwas davon versteht.
Die C-Stähle c60, C75 und c105 sind für Messer ganz allgemein sehr gut zu gebrauchen, ebenso alte Feilen, die weichgeglüht im Gartengrill, ebenso gefeilt ihre Form erhalten können und anschließend im Öl gehärtet werden.
Den 1.2842 würde ich zu Beginn dem D2 Stahl vorziehen weil er leichter zu beschaffen ist und außerdem günstiger im Preis ist. Die Schnitthaltigkeit ist sehr gut und man kann die fertige Klinge ausser polieren auch noch anätzen.
Zur Not kann man eine Klinge auch entwerfen und sich einen Rohling schmieden lassen, den man dann selber ausfeilt usw.
So ich hoffe das hilft dir erstmal weiter.
Gruß Maik
 
Erstmal Danke für die schnellen Antworten. Das war meine erste Frage im Internet überhaupt, und bin erleichtert, dass jemand antwortet...:p

Also normalisiert wird der Stahl bei jedem Härter? Gut. dh. Auch "Dickes" Blauer Papierstahl käme in Frage. Meine Frage ist dann vielmehr:
Warum nicht Ao Gami oder den 1.2379 (D2) benutzen? Was spricht dagegen?
Die Preisunterschiede bewegen sich im einstelligen Eurobereich und bestellt wird sowieso beim selben Händler.
Sind die viel schwerer zu bearbeiten? Wo ist der Haken?

Ein anderer Gesichtspunkt ist. Ich mag die rustikale Optik von dunkel angelaufenen Kohlenstoffstahlklingen in ihren feinen Schattierungen. Wie kann ich die genannten Stähle entsprechend behandel und wie verhalten sie sich? Maik hat angedeutet, der D2 lasse sich nicht ätzen, kommt das daher, dass der rostträge ist und somit nur schwer oxidiert?

Ich hoffe, das sind nicht zu viele Fragen auf einmal...
 
Hallo nochmal,
Schattierungen und auch Härtelinien bekommst du eben mit den C-Stählen am ehesten hin. Ich denke auch daran das du vieleicht so viel wie möglich selber machen möchtest auch mit einfachsten Mitteln zB. Gartengrill mit Fönluft zum Weichglühen , Härten im Pflanzenöl etc.
Gruß Maik
 
Ja, die lassen sich schwerer bearbeiten. Ich hab nachdem ich viel mit 1.2519 und SB1 gemacht habe mal wieder was aus 1.2842 gemacht und muss sagen, dass man den unterschied durchaus merkt.
Was jetzt wirklich nicht heißen soll, dass du die am Anfang auf keinen Fall nehmen solltest; der Prozess dauert bei einem verschleißfesterem Stahl einfach länger. D2 lässt sich durchaus ätzen, aber halt nicht so gut wie z.b. der 1.2842. Ätzen kannst du z.b. mit Eisendreichlorid.
mfg
moritz
 
Danke.
Also ich denke, dann werde ich mal mit dem 1.2842 anfangen. Und ich glaube, ich werde mir den D2 direkt mal mitbestellen.
So kann ich auch selber weitere Erfahrungen sammeln, hab einen Grund für ein weiters Messer, und meinem Gewissen sag ich:"Ich spar Portokosten" :hmpf:

Zu den Japanischen Stählen weiss aber keiner was?


Geätzt wird nach dem härten, vor der Griffmontage, vor dem Schärfen?
und wird dass, weil ich ja keine Schmiedespuren habe einfach nur schwarz so wie brüniert?

ich stelle mir was in die Richtung vor:

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=54705&highlight=bombensplitter

Gruß Tobias
 
Ich würde an Deiner Stelle auch mit etwas relativ leicht beherrschbarem beginnen. In jedem Fall wäre das ein Öl- oder ein Lufthärter, zumindest wenn Du die WB selbst machen willst.

1.2842 ist in einigen Abmessungen verfügbar und prima geignet, 1.2519 auch. und neben 1.2379/D2 käme vielleicht noch 1.2363 in Frage. Aber wo willst Du dicken Aogami hernehmen? Den gibt es bei Dick meines Wissens nach nur bis 3 mm. Es gibt wohl Leute, die 1.2519 als "Europäischen Aogami" anbieten, aber das bleibt doch 1.2519.

Achim
 
WB, nein, die Wärmebehandlung will ich erstmal noch nicht selber machen. Ich überlege zwar mir nächsten Sommer eine kleine Feldschmiede zu bauen und suche jetzt schon mal nach Teilen und Ideen. Aber das ist vorerst noch Träumerei.
Ich habe auf den Internetseiten bei Herrn Schanz oder Wolf Borger einen Härtservice gefunde, wobei ich noch nicht weiss, ob und wie die beiden sich unterscheiden. Ich denke aber die Beiden wissen was sie machen. Zumindest besser als ich :). Also für einen Tipp zu welchem Härter wäre ich auch dankbar.
Für mich geht es momentan nur ums Feilen, Sägen, Schleifen...
wiso dann keien D2 oder blauen Papierstahl, wenn sie höhere Standzeiten versprechen und der einzige Unterschied aus 4 Euro mehr und eine halbe Stunde länger schleifen besteht.
die Stähle werden ja anscheind vor dem Härten alle noch normalisiert und das Gefüge kann ich ja ohne Schmieden nicht ändern, was gibt es für einen Pferdefuss, den ich übersehe...
 
Last edited:
Hi,

zwischen einem Rohling aus 1.2842 und einem aus 1.2379 (D2) wird wohl wesentlich mehr als 30 Minuten "Bearbeitungs-Zeitunterschied" rauskommen - das liegt einfach an dem extremen Unterschied in der Zusammensetzung/Herstellung und den daraus resultierenden Eigenschaften. D2 für den Anfang würde ich nicht empfehlen.

Zwischen dem blauen Japaner und dem 2842 ist der Unterschied schon einmal um einiges geringer. Hier würde ich halt den eigenen Geldbeutel entscheiden lassen.

Benutzt einfach mal die Suchfunktion - genau die Fragen sind schon öfters aufgetaucht und beantwortet worden.

p.s. dem Härter sollte man immer sagen das man eine Glühbehandlung wünscht (z.B. Spannungsarmglühen) so etwas ist meist nicht inbegriffen!

Zum Schmieden möchte ich noch anmerken das hier die Möglichkeit das Gefüge zu versauen größer ist als es zu verbessern...:steirer:

Der Unterschied zwischen einem geschmiedeten und geschliffenen Messer ist auch gering bzw. nicht vorhanden wenn auf beiden Seiten keine Fehler gemacht wurden.

Edit: Die Aussage bezieht sich mehr auf un-/niederlegierte Sorten, bei hochlegierten Stählen kann natürlich ein großer Unterschied auftreten - Stichwort: zertrümmerte Primärkarbide/ Ausrichtung der Karbid-Struktur usw. usw.


Gruß
Simon
 
Last edited:
Danke, Ihr habt mir schon sehr geholfen. Es wir dann wohl 1.2842. Alle schwärmen davon, gutmütig zu bearbeiten, gute Schnitthaltigkeit. Was will man mehr. Mann lernt ja auch nicht auf einem Motorad das Fahrradfahren. :hmpf:

Das mit den verschiedenen Wärmebehandlungen, deren Folgen und Gefügeveränderungen habe ich zwar noch nicht ganz verstanden, aber ich werde mir wohl mal ein Buch kaufen müssen...

Dank an Alle :super:

und Gruß Tobias



PS: wenn jemand noch Erfahrungen hat mit dem "Weissen Papierstahl" (Shiro Gami), dem "Blauen Papierstahl" (Ao Gami), oder japanischen Mehrlagenstählen von "Dick" hat wäre ich sehr dankbar. :)
 
Hallo Tobias
willkomen hier im Forum. Meine Meinung zu Deinem Vorhaben:
Wenn Dir die paar Euros nicht weh tuen dann deck Dich ruhig ein mit ein paar verschiedenen Stählen. Ich finde es auch immer wichtig noch ein Stück Vormaterial in Reserve zu haben. Man spart erstens Versandkosten, und man kann beim Bearbeiten direkt die Unterschiede hautnah miterleben.
Ich selbst habe zwar noch keinen 1.2379 im Schraubstock gehabt, aber ich glaube Simon absolut, dass sich dieser schlechter bearbeiten lässt als z.Bsp. ein 1.2842. Der Grund dafür sind die reichlich vorhandenen und recht großen Karbide. Zum Vergleich stell ich mal 2 Gefügebilder von der Metallograf.de -Seite hier ein.
Beide Wärmebehandlungszustände und Vergrößerungen sind identisch und so im Anlieferungszustand von einem Flachstahl zu erwarten.
1.2842 Weichgeglüht 1000-fach
http://www.metallograf.de/images/Jpg-G/2842/2842-017.jpg
1.2379 Weichgeglüht 1000-fach
http://www.metallograf.de/images/Jpg-G/2379/2379-003.jpg

Auch wenn Du jetzt kein Werkstoffkundler bist kannst DU leicht erkennen, dass beim 2379 richtig dicke/fette Karbide (die weißen Bollen) vorhanden sind. Beim 2842 sind die viel kleiner und vor allen Dingen gleichmäßiger verteilt. DIese Karbind sind hart und verschleißfest. Dies wirst Du beim Feilen merken.:)
Zur höheren Standzeit/Schnitthaltigkeit: Aufgrund der großen Karbide beim 2379 ist der Verschleiß wohl geringer. Die Möglichkeit aber eine sehr feine Schneide zu schleifen ist aber durch diese groben Karbide auch begrenzt. Die Karbide an der Schneide können leichter ausbrechen.

Ich persönlich lege nicht so einen riesigen Wert auf Standzeit, da ich regelmäßig meine Klingen nachschärfe/abziehe. Das ist für mich nicht lästig oder nervend, es macht mir Spaß.

Klaus
 
Die Idee, sich ein Buch über Stahl zu kaufen, ist vorzüglich.
Grundlegend sind die Werke von Ernest Houdremont und Franz Rapatz, beide gut 1000 Seiten stark. Vorzüglich sind auch W. Haufe "Die Werkzeugstähle" oder -aus der früheren DDR-"Die Arbeitsstähle"(je ca. 500 Seiten).
Speziell mit Klingenstählen befasst sich Roman Landes.
Auch durch sorgfältiges Studieren der Beiträge hier im Forum läßt sich manches über Stahl lernen.
Ärgerlich ist allerdings, daß in der grundlegenden Literatur keine einfachen Patentrezepte für bestimmte Probleme geliefert werden, sondern Wissen, das man selbst als Werkzeug zur Problemlösung einsetzen muß.
Zum leichteren Einstieg in die Fachliteratur und zum Erfassen der Grundlagen hier ein paar Bemerkungen:
Das für Werkzeugstähle mit Abstand bedeutsamste Legierungselement ist der Kohlenstoff. Durch seine Lösung in der Elementarzelle und sein "Einfangen" auf dem Zwischengitterplatz bewirkt er eine Gitterverspannung und damit die Bildung des Härtegefüges Martensit.
Für Messerklingen sinnvoll ist ein C-Gehalt von ca. 0,6 -1,4 %, soweit es sich um reine C-Stähle handelt. Mit steigendem C-Gehalt fällt die Zähigkeit und steigt die Verschleißfestigkeit, die Härte steigt schon ab 0,7 % C nicht mehr oder ist nur mit Tricks höher zu kitzeln.
Silizium, Mangan und Nickel erhöhen die Härtbarkeit. Das wird oft so verstanden, daß dadurch die Stähle härter werden als reine C-Stähle.
Genau das ist falsch: Härtbarkeit hat mit der erreichbaren Maximalhärte nichts zu tun. Sie gibt nur an, bis zu welchem Durchmesser ein Werkzeug durchhärtet, also durch und durch hart wird und welches Abschreckmittel man braucht, um noch volle Härte zu erzielen.
Chrom, Wolfram, Molybdän und Vanadium bilden mit dem C harte Karbide, die die Verschleißbeständigkeit wesentlich erhöhen.
Phosphor und Schwefel sind die verbreitetsten Stahlschädlinge.
Alle Legierungselemente mit Ausnahme des Kobalt vermindern die Löslichkeit des C im Austenit, wirken also wie eine Erhöhung des C-Gehalts.
Karbide im Stahl behindern das Kornwachstum, sodaß karbidreiche Stähle nicht so schnell grobkörnig werden, wie karbidfreie.
Grobkorn ist aber für die Zähigkeit und Elastizität das ungünstigste Gefüge. Es entsteht beispielsweise bei Überhitzung und nicht ausreichender Verformung.
Das klingt alles sehr theoretisch, hat aber große praktische Bedeutung. Man kann auch schon mit diesen einfachsten Grundkenntnissen die zu erwartenden Eigenschaften von Stählen recht gut einschätzen.
Machen wir einmal die Probe mit den von Tobias angesprochenen Stählen:
Fangen wir mit den "Japanern" an. Shiro Gami oder weißer Papierstahl ist ein fast legierungsfreier Kohlenstoffstahl mit ca. 1,2 % C und besonders niedrigem Gehalt an Phosphor und Schwefel. Was sagt das für die Eigenschaften?-Der hohe C-Gehalt führt zu hoher Härte und dank freier Karbide nach dem Härten zu guter Verschleißfestigkeit. Die Freiheit von sonstigen Legierungselementen führt zu sehr niedriger Härtbarkeit (Vorsicht ! nicht mißverstehen- siehe die Erklärung des Begriffes oben )
Der Stahl muß also sehr schroff abgeschreckt werden, um die volle Härte zu erreichen. Selbst hier reicht allerdings bei Messerklingen Ölhärtung völlig aus. Die Neigung zum Kornwachstum ist groß. Es ist also gerade bei diesem Stahl recht einfach, ihn beim Schmieden zu schädigen. Nähme man statt dieses Stahls einen unserer Stähle 1.1545, 1.1654 oder 1.1663 würde man wohl kaum einen Unterschied bemerken.
Der Ao Gami oder "Blaue Papierstahl" gleicht dem Shiro Gami im wesentlichen, enthält aber zusätzlich ca. 1,8 % Wolfram. Das ist ziemlich exakt unser Stahl 1.2442, der früher für Bügelsägen für Eisen gebräuchlich war, seit 20-30 Jahren aber leider aus der Mode gekommen ist. Eigenschaften im Vergleich zu Shiro Gami- etwas verschleißfester mit geringerer Neigung zu Grobkorn. Das ist ein toller Stahl und wenn jemand alte Bügelsägenblätter mit rotem Funken findet-ich weiß einen Abnehmer.
1.2842 scheint im C- Gehalt niedriger zu liegen- das ist aber weniger als man denkt, da durch den hohen Mangangehalt die Eigenschaften denen eines C-reicheren Stahls ähnlich sind. Der Mangangehalt führt auch zu erhöhter Härtbarkeit, sodaß Ölhärtung völlig ausreicht, bei dünnen Querschnitten und etwas erhöhter Härtetemperatur auch schon Lufthärtung eintritt.
Die Maximalhärte der bisher genannten Stähle unterscheidet sich kaum, der Ao Gami ist eine Spur verschleißfester und schnitthaltiger als die beiden andern- merken wird das in der Praxis kaum jemand. Ginge es in die Rasiermesser und feinste Kochmesserkategorie wäre meine Reihenfolge 1.2442-Shiro Gami- 1.2842.
Die Bearbeitung durch Sägen, Schleifen, Feilen und Polieren ist denkbar einfach, ebenso Schmieden und Feuerschweißen.
Der auch aufgeführte D 2 unterscheidet sich von den anderen Stählen ganz erheblich: Es ist in der Kategorie der 12-% chromhaltigen Schnittstähle einer der C-ärmeren. Er bleibt jedoch ledeburitisch, hat also Primärkarbide, die unterhalb des Schmelzpunkts nicht gelöst und damit auch nicht wirklich verfeinert werden können. Mit einem Schneidwinkel von ca. 90 Grad in der Blechstanze eingesetzt würde er gegenüber den oben behandelten Stählen ein Vielfaches der Leistung erreichen. Wegen der vielen und groben Karbide ist aber eine extrem feine Schneide, die bei den anderen Stählen durchaus möglich ist, nicht dauerhaft zu erreichen. Wo die anderen Stähle mit Schneidenwinkeln von ca. 20 Grad eingesetzt werden können, verlangt der D 2 ca. 40 Grad.
Wegen der großen Karbide, die aus einer sehr fein ausgeschliffenen Schneide ausbröckeln, bildet sich eine sägeartige "offene" Schneide. Schmieden ist relativ unproblematisch, Feuerschweißung nur mit Tricks möglich. Durch die harten Karbide wirkt er auch weichgeglüht stärker verschleißend, Sägen und Feilen dauern länger, Polieren ist wesentlich erschwert, da man die Karbidwolken schon mit bloßem Auge sieht.
Das nur mal so als Einstieg: Eine Vertiefung durch Literatur und Praxis macht Spaß- und das umsomehr, je tiefer man in die Materie eindringt.
MfG U. Gerfin
 
Prinzipiell kann man aus allen drei Stählen gute Messer machen, aber den ao gami würde ich nicht verwenden, mir ist es irgendwie suspekt wenn eine Firma einen Stahl hinter einem Pseudonym versteckt.

@Moritz: aogami ist nur japanisch fuer Blauer Papierstahl, von dem AFAIR es 2 oder 3 Grade gibt mit bekannten Grunddaten - was hat es da mit Verstecken und Pseudonym auf sich? :confused::confused:

@Gerfin: Merci!

cu
Peter
 
Hallo Gerfin,
danke für diesen Beitrag (natürlich auch dank an alle anderen), da hab ich wieder einmal ordentlich was gelernt. Ich hab über ähnliche Themen zwar schon viel gelesen, aber so "lesbar" war es noch selten :super:.
 
@U.Gerfin Vielen Dank für den sehr aufschlussreichen Beitrag :super:

Ich finde es halt ein bisschen komisch einem Stahl einen Namen zu geben, anstatt ihn präzise mit einer, wie auch immer gearteten Werkstoffnummer zu belegen. Ist aber eigentlich irrelevant ;)
mfg
Moritz
 
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