WB für 1.2842 direkt nach dem Schmieden

DemonHunter

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Hallo,
ich habe vor mir ein Messer (oder auch mehrere) aus 1.2842 zu schmieden. Zu meiner Frage:
Wie muss ich DIREKT nach dem Schmieden vorgehen. Ich habe schon viel in der SuFu rumgestöbert, aber das mit mehr verwirrt als weitergebracht. Nach dem Schmieden soll Normalisiert (????) und weichgeglüht (????) werden. Andere wiederum sagen, dass man das nicht braucht. Dann sind die Temperaturen für die WB unterschiedlich angegeben..... Irgendwie komme ich da einfach nicht weiter....
Gruß Uli
 
Hallo Messerfreund,
in der Industrie macht man das sogenannte
weichglühen direkt nach dem schmieden.
Ganz einfach, teil erwärmen auf 720°C, etwa 30 Min. halten,
dann Ofen ausschalten und erst am nächsten Tag wieder danach schauen.
Das Teil ist superweich , gut bearbeitbar und auf Grund seines
teilweise globular eingeformten Gefüges auch sehr gut härtbar.
Wenn du keinen Ofen hast wird es schwieriger, erwärmen bis schwache Rotglut, halten etwas kürzer , schätze 15 Min . reichen aus.
dann irgendetwas drüberschaufeln (Aufschrei der Schmiedepäpste )
das Feuer ausgehen lassen und das Teil in dem Haufen liegen lassen.
Ich geb zu es ist eine etwAS FLAPSIGE Anleitung ,aber sie
ist wirksam.
tschüss fritz
 
hmmmm... da ich keinen Ofen habe und das mit dem Feuer für mich zu unkontrolliert ist, würde ich mal sagen, dass ich weiterhin die Klingen in den Härtservice geben sollte... kann ich die Klingen dann einfach nach dem Schmieden(an der Luft abgekühlt) losschicken oder muss ich trotzdem erst weichglühen oder normalisieren (weiß immer noch nicht was das ist....:confused:)? naja aber schon mal danke für die Antwort.
Gruß uli
 
Die Vorstellung, etwas zu schmieden, an der Luft kalt werden zu lassen und dann getrost in die Härterei zu schicken, weil die mit ihrer tollen Ausrüstung alles in Ordnung bringt, ist so falsch, wie unausrottbar.

In der Härterei werden sie einen Teufel tun und die Werkstücke erst normalisieren und dann weichglühen. Leute dort wollen nämlich Geld verdienen, das heißt, so einfach und billig wie möglich arbeiten.
Man kann natürlich der Härterei den exakten Verfahrensweg vorschreiben und das wird dann auch so erledigt. Die Rechnung für das Härten einer einzelnen Klinge mit den erforderlichen Vorbehandlungen möchte ich nicht bezahlen müssen.

Bummi/Fritz hat die erforderlichen Schritte beschrieben.
Wenn Du Bedenken wegen der exakten Temperatur im Schmiedefeuer hast, so packe den Stahl in ein passendes Wasserrohr, fülle es mit Holzkohle oder meinetwegen auch Zeitungsschnipseln, verschließe es an den Enden mit Lehm, Schlamm, Gartenerde oder was auch immer und lege das Rohr in das Grillfeuer. Ohne Gebläse wird das Feuer nie so heiß, daß es schaden könnte, zumal das Rohr und die Packung den Temperaturübergang verlangsamen.
Mit dem Grillfeuer läßt man das Paket erkalten und hat am nächsten Tag ein wunderbar weiches, gut bearbeitbares Material vor sich, das man dann auch getrost zum Härten schicken kann.
Warum man diesen Schritt bei einem so gutmütigen Stahl nicht selber macht ?.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Wie würde man das am einfachsten in einer Gasesse machen? Auf dieselbe Art und Weise? Also in einem Rohr in der noch heißen Gasesse liegen lassen bis zum nächsten Tag?!
 
Es gibt zwei Möglichkeiten, das Weichglühen mit der Gasesse durchzuführen.
1. Die Gasesse voll aufheizen, die Gaszufuhr abstellen, das Rohr einlegen und die Esse mit Schamottesteinen verschließen, sodaß die Außenluft nicht zu einer zu schnellen Abkühlung führt.
Das Verfahren hat den Nachteil, daß man die Temperatur am und im Rohr zwischendurch beobachten muß: Sie sollte ca. 720 Grad nicht wesentlich und nicht für längere Zeit übersteigen. Bei zu niedriger Temperatur ist der Effekt dagegen zu gering.
Das Rohr sollte also schon gut dunkelrot glühen. Tabellen, wonach man die Glühfarben einschätzen kann, gibt es reichlich.
Es ist auch Legende, daß die Temperatur auf´s Zehntelgrad eingehalten werden muß. Die Größenordnung muß stimmen-dazu unten mehr.

2. Man legt das Rohr in die kalte Esse ein und fährt die Temperatur so hoch, daß das Rohr die beschriebene dunkelrote Farbe zeigt, stellt die Gaszufuhr ab und verfährt weiter wie oben.

Entscheidend für das Gelingen des Weichglühens ist das Halten einer Temperatur etwas unter AC 1 oder das Pendeln um diese Temperatur.
Sie ist an Hand der Glühfarben hinreichend genau einzuschätzen. Sollte man sich da um ca 50 Grad vertun, bricht die Welt auch nicht zusammen.Eine Temperatur von 50 Grad über AC 1 führt bei nicht zu langer Dauer-mehrere Stunden - nicht zu einem schädlichen Kornwachstum-vergl. Atlas der Wärmebehandlungen mit vielen Beispielen. Sicherer ist es , eher im unteren Temperaturbereich zu bleiben und auch mit der Zeit nicht zu übertreiben.
Die japanischen Schwertschmiede sollen dem Vernehmen nach ihre Lehrlinge die ganze Nacht vor das Holzkohlenfeuer mit der eingelegten Klinge gesetzt haben, damit sie das Pendeln um den Haltepunkt-AC 1 -genau beobachten konnten.
Führt man das Weichglühen über lange Zeiträume durch, kommt es zu einer Einformung der Karbide in Kugelform. Dieser Zustand ist für die mechanische Bearbeitung generell der günstigste.
Für die Eigenschaften nach der Härtung ist er nicht absolut zwingend.
Hat man vorher richtig normalisiert, d.h. möglichen Korngrenzenzementit aufgelöst und das Korn sowohl in Matrix wie in den Karbiden verfeinert, so genügt ein kurzfristiges Weichglühen, um eine gute Bearbeitbarkeit herzustellen.
Das ist vielfach vor-und rückwärts erörtert worden und kann im Forum in vielen Beiträgen nachgelesen werden.
Über die Gewichtung der einzelnen Verfahrensschritte gibt es auch durchaus leicht unterschiedliche Meinungen.
Mit dem Erwerb von Grundkenntnissen kann man sich damit argumentativ auseinandersetzen und den eigenen Weg wählen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo U. Gerfin,

vielen Dank für deinen ausführlichen und informativen Beitrag! Es ist immer eine Wonne, solche Beiträge zu lesen und zu lernen. Ich habe mir den Post direkt gespeichert und ausgedruckt!

Vielen Dank nochmals!
 
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