Schnitthaltigkeit, Zähigkeit, Rostträgheit - Drei Hitlisten

Dünnschliff bringt mit sich folgendes:
Eine Klinge dringt einfacher (mit weniger Druck) durch "harte Gegenstände".

Wenn aber die Schneide versagt, bringt dann eine dünne Geometrie Dir 0, nichts.
Beim Seilschneiden, Sehnen und...- die Schneide versagt- Schneidspaß ist dann weg.

Dünnschliff bezeichnet ja typischerweise Solinger Klingen. Kochmesser wie z.B. Herder 1922 - dünngeschliffen, blaugepließtet … - exzellente Messer für den allgemeinen Gebrauch. Ich liebe mein Herder 1922 Office - als Freund kleiner Messer mein mit Abstand meistgebrauchtes Küchenmesser. Knochen schnitze ich damit nicht …

Was meine EDC angeht - Fixed oder Folder - habe ich eine große Zahl von Spyderco, die wie gesagt so gut wie alle mit einem Gesamtschneidenwinkel von 30 Grad und 0,4 bis 0,6 mm hinter der Wate daherkommen. Kein Dünnschliff, allesamt durchaus stabil - besonders z.B. das Titan Military, Slysz Bowie, Techno - es läßt sich überwiegend befriedigend damit arbeiten.

Meine eigentliche Neigung geht aber in eine andere Richtung - nämlich in die schneidfreudiger Customs mit schlank balliger Geometrie. Ist ja nicht unbekannt. Hier habe ich mir im Lauf der Jahre ein ordentliches Reservoir an Fixed und Foldern zugelegt: 3 Hennicke, 4 Attila Kovács, 4 Froberg, 10 Boll, 3 Schmoll, 1 Schanz neben diversen sehr stabilen Haslauer auch 2 schlank ballige …

Meine Erfahrungen mit diesen Messern sind ausgesprochen gut. Bis auf die beiden Hennicke, die etwas stabiler ausgelegt sind (bzw. waren :p), sehen wir hinter der Wate 0,2 bis 0,3 mm und einen Gesamtschneidenwinkel von rund 20 Grad. Damit habe ich bisher in den Jahren alle anfallenden Arbeiten und Vergnügungen ohne Blessuren an den Klingen „bewältigen“ können.

Harte Hölzer wie Eukalyptus, Olive (teilweise sonnengedörrt mit knuspriger durchgehärteter Rinde), Schilfrohr, Karton etc. lassen sich damit - bei größter Schneidfreude - vollkommen problemlos schälen, schneiden, kürzen, schnitzen …

Jagen, Batoning, Biegen und Brechen gehören nicht zu meinen Hobbys, ich setze diese Messer auch nicht in der Küche ein, schneide keine Knochen damit und auch keine rostigen Nägel. Ich kann nur jedem Freund schneidfreudiger Messer zuraten, sich einmal ein solches Hochleistungswerkzeug zuzulegen.

Sollte sich für jemanden und seine individuellen Anforderungen der Schneidenwinkel als zu sensibel erweisen, ist es ja überhaupt kein Problem, eine Mikrofase mit größerem Winkel anzubringen. Man kann sich auf diese Weise an das erforderliche Maß herantasten und die Klinge für seine persönlichen Belange optimieren. Oder umgekehrt die filigrane Geometrie durch Stroppen weiter auf die Spitze treiben …

Zum Stahl all dieser Messer noch ein Wort. Es handelt sich um die von mir bevorzugten niedrig legierten Wolframstähle (z.B. 1.2442, 1.2552, 1.2516, 1.2513, 1.2519, 1.2562, TNT666) die bei Larrin Thomas bisher leider eine sehr untergeordnete bzw. gar keine Rolle spielen. Allesamt keine Karbidmonster und nicht rostträge, aber was die Schneidfähigkeit und Schneidfreude angeht sehr empfehlenswert. Sie lassen sich relativ einfach auf höchste Schärfe bringen und sind, was ihre Zähigkeit angeht, erfreulich belastbar.

„Man kann wohl sagen, daß kein Legierungsmetall für Werkzeuge so wertvoll ist wie das Wolfram; …“

F. Rapatz, Die Edelstähle 5. Auflage 1962, Seite 218



„Die für feinschneidige Werkzeuge besonders günstigen Legierungselemente sind: Kohlenstoff, Stickstoff, Chrom, Wolfram, Niob/Tantal (als Karbidbildner). ….. In jedem Fall ist Wolfram dem Vanadium vorzuziehen, da es bei gleicher Mengenzugabe wesentlich kleinere und besser verteilte Karbide fast gleicher Härte bildet.“

Roman Landes, Messerklingen und Stahl, 2. Auflage 2006, Seite 88



Zur Chemie:


1.2552 aka 80WCrV8: C: 0.75-0.85 Si: 0.40-0.60 Mn: 0.30-0.50 Cr: 1.00-1.20 W: 1.80-2.10 V: 0.25-0.35
1.2516 aka 120WV4: C: 1,20 Si: 0,20 Mn: 0,30 Cr: 0,20 V: 0,10 W: 1,00 (Silberstahl)
1.2513 aka 135WCrV4: C: 1.30-1.40, Si: 0.20-0.40, Cr: 0.30-0.40, V: 0.10-0.20, W: 0.80-1.10 (Sonderlegierung Böhler TWR)
1.2442 aka 115 W 8: C: 1,15 Si: 0,25 Mn: 0,35 Cr: 0,2 W: 1,8-2,1 (gibt es nicht mehr)
1.2519 aka 110WCrV5: C: 1,10 Si: 0,15 Mn: 0,30 Cr: 1,20 V: 0,20 W: 1,30
1.2562 aka 142W13: C: 1,40-1,43 Cr: 0,30-0,35 Mn: 0,30 Si: 0,20-0,23 V: 0,25 W: 3,00-3,05
TNT 666: C: 1,15 Cr: 0,25 Ti: 0,60 Nb: 0,60 W: 0,60 (Zähigkeit ähnlich 1.2562 nach Xerxes)

Wie es um die Leistungsfähigkeit eines solchen Stahls bestellt ist, zeigt ein Blick in den 1.2442-Schnippeltest von Achim Wirtz.

Der zäheste der Kandidaten ist der 1.2552, der sich auch zusammen mit dem 1.2516 mit konventionellen Mitteln am feinsten ausschleifen läßt. 1.2562 und TNT666 sind die schnitthaltigsten. Über Rost muß man sich keine Sorge machen. Nachdem die Klingen Patina entwickelt haben, sind sie hinreichend geschützt - auch wenn man das Messer bei Hochsommertemperatur eingeclipt in der Hosentasche trägt. Sollte die Klinge tatsächlich mal schweißnaß werden, genügt ein Abtrocknen mit einem trockenen Tuch.

Twenty Five Fifty Two you

R’n‘R
 
Ich habe beim Messermachen bisher nur "rostfreien" Stahl oder aus dem Bereich der rostenden Stähle den 1.2235 aka 80CrV2 verwendet (der allerdings ohne Wolfram legiert ist). Die mit Wolfram legierten Stähle interessieren mich auch. Kann mir jemand etwas zu den Unterschieden von 1.2519 und 1.2419 aka 105WCr2 Legierung: C: 1,05 Si: 0,25 Mn: 0,95 Cr: 1,00 W: 1,15 sagen. Mit Unterschieden meine ich nicht Unterschiede in der Legierung, sondern im Gebrauch der aus den beiden Stählen gefertigten Messer. Besitzt jemand Messer aus beiden Stählen und kann mir hierzu etwas aus der Praxis sagen?

Matthias
 
Ja, ich mag auch Messer von Hennicke und...

Wenn man die schärft, muss man dann die Sache realistisch sehen.

Wenn man eine Optik ("dünne Fase") weiterhin haben möchte, dann muss man sagen: bitte Schneidwinkel nicht verändern.

Wenn man 20°-Winkel sich wünscht (bei einem Jagdmesser), dann wird die Fase sehr breit mit welligen Grenzen (da die Klinge meistens freihändig ausgeschliffen wird).

Wenn ich also so ein Messer schärfe und Schneidwinkel kleiner mache als vorher (sagen wir um 36°), dann wird die Schneidfase zwingend "breit". Das bedeutet nicht, dass so ein Messer "verschließen ist". Die breite Fase bedeutet nur, das Schneidwinkel kleiner geworden ist.


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Last edited:
Hier, zum Vergleichen ein altes Messer aus 1.3505.
Ballig, Schneidwinkel um 36.

Die Klinge ist zu fein "für Haushalt".

Macht aber Spass beim Schneiden, Holz schnitzen.

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Macht aber Spass beim Schneiden, Holz schnitzen.

Genau, Spaß :)!! Hier mal eine kleine Rumrechnerei:

Die Stabilität eines Winkels in Relation zu einem anderen Winkel (Volumetric strength) läßt sich mit einer Formel berechnen:
VS = (angle/base)³

Nehmen wir einen Winkel von 40 Grad und verkleinern ihn auf 30 Grad, ergibt sich (30 / 40)³ = 0,75³ = 0,421875. Das heißt, die Stabilität des Gesamtschneidenwinkels von 30 Grad beträgt nur noch rund 42 % des 40-Grad-Winkels.

Darüber muß man sich im Klaren sein. Schneidfreude wird - bei gleichem Stahl und sonst gleichen Bedingungen - mit einem nicht unerheblichen Stabilitätsverlust erkauft.

Man kann sich helfen, indem man zu einem zäheren Material greift, das einen Teil dieser Einbußen konterkariert oder eventuell auch aufhebt.

Wenn der Schwerpunkt des persönlichen Interesses also nicht bei maximaler Schnitthaltigkeit und Stabilität, sondern bei Schneidfreude liegt, könnte man anstelle von M390 mit 40° zu CPM M4 mit 30° greifen. Man verliert lediglich 6,7 % an Schnitthaltigkeit (CATRA 168 anstatt 180) und gleicht einen Teil des Stabilitätsverlusts durch einen Gewinn an Zähigkeit von rund 55 % aus (14 anstatt 9 ft-lbs). Und gewinnt beträchtlich an Schneidfreude.

Wenn man - ausgehend von 30 Grad - einen Winkel von 20 Grad anlegen möchte, verringert sich die Stabilität sogar auf (20 / 30)³ = 0,6666666667³ = 0,2962962963 %. Das sollte man M390 auf keinen Fall zumuten und sich entschließen, eine größere Einbuße an Schnitthaltigkeit in Kauf zu nehmen und beispielsweise zu CPM 3V greifen. Man liegt dann ja immer noch auf einem akzeptablen Schnitthaltigkeitsniveau von D2 oder CPM S35VN, gewinnt aber gewaltig (Faktor 4,44) an Zähigkeit hinzu (40 anstatt 9 ft-lbs).

Mal durch den Kopf gehen lassen …

R’n‘R
 
Last edited:
@moridin
Vascowear wird nicht mehr hergestellt, ich habe eine Ersatzgüte, die ich der Einfachheitals Vascowear bezeichne, da die Ersatzgüte (Lohmann Sondergüte) da super passt. Habe mal vor mehr als 10 Jahren ein Stück von Forenehrenmitglied Günter bekommen. Ich werde mal die genaue Bezeichnung recherchieren.
Was den Messfehler angeht, so setzt der sich zusammen aus der Ungenauigkeit der Ablesung (etwa 0,02 mm) und der Ungenauigkeit, die bei der Herumfummelei mit den Geräten an der Klinge entsteht. Ich denke mal, dass sich die Winkel nur in der Nachkommastelle ändern.

Ich habs gefunden: LO-S 2895, Werkstoffnummer 1.2895. Unten ein paar Informationen dazu sowie meine Wärmebehandlung.

Danke Dir für die Infos!
Ich hab auch schon mit AchimW wegen des 1.2895 geredet, da ich den Stahl gerne in etwas geringerer Stärke hätte. Das wird aber erst ab Abnahme von 500kg was :)
 
Genau, Spaß :)!! Hier mal eine kleine Rumrechnerei:

Wenn man - ausgehend von 30 Grad - einen Winkel von 20 Grad anlegen möchte, verringert sich die Stabilität sogar auf (20 / 30)³ = 0,6666666667³ = 0,2962962963 %. Das sollte man M390 auf keinen Fall zumuten und sich entschließen, eine größere Einbuße an Schnitthaltigkeit in Kauf zu nehmen und beispielsweise zu CPM 3V greifen. Man liegt dann ja immer noch auf einem akzeptablen Schnitthaltigkeitsniveau von D2 oder CPM S35VN, gewinnt aber gewaltig (Faktor 4,44) an Zähigkeit hinzu (40 anstatt 9 ft-lbs).

Mal durch den Kopf gehen lassen …

R’n‘R

:super:

Ich würde schreiben- wie robust ein Winkel ist bestimmt die Winkelgroße und, nur danach, "Zähigkeit". Also eine Winkelverkleinerung von 40 auf 30° kann man (z.B. beim Knochen Schnitzen) mit keiner "Zähigkeit" kompensieren.
 
Ich würde schreiben- wie robust ein Winkel ist bestimmt die Winkelgroße und, nur danach, "Zähigkeit". Also eine Winkelverkleinerung von 40 auf 30° kann man (z.B. beim Knochen Schnitzen) mit keiner "Zähigkeit" kompensieren.

Die Stabilität einer Schneide (edge stability oder Schneidkantenstabilität) ist im wesentlichen gefährdet durch Umklappen der Schneide (edge rolling) oder durch Ausbrüche (chipping): Ich zitiere mal für die einfachere Nachvollziehbarkeit auszugsweise Larrin Thomas / Roman Landes:

„Thinner, sharper, more acute edges are not as strong as heavier edges. With thin, low angle edges the possibility of edge rolling and/or chipping is much stronger than the possibility of edge wear.“

„First is the potential for edge rolling. If a small stress is applied to an edge and then removed the edge will return to the original position. However, if the stress applied to the edge exceeds the yield stress of the material, then the edge will be permanently deformed, or rolled. Higher hardness usually means higher yield stress.“

„The other potential mechanism, chipping, is somewhat more complex. In an article on chipping and micro-chipping I described what leads to fracture on a microscopic scale. On a broad basis the resistance to chipping is controlled by the steel toughness.“

„The steels such as 52100 and AEB-L/13C26 with very fine carbide size are better at taking very finely sharpened edges. They also, in general, have better toughness. The larger the carbide or impurity in the steel the lower the stress that is required to initiate a crack in the steel.

… high carbide steels are unable to hold a finely sharpened edge even when one is able to sharpen it to that point. When the goal is to produce a fine cutting blade a steel that can hold its initial high sharpness a small volume of small carbides is desirable.“

„The top steel above labeled 1.3505 is 52100 with a small volume of very fine carbides. This steel is optimal for low angle edges that have high sharpness. The wear to the edge is relatively even and chipping is less likely due to its fine carbide distribution. Roman recommends it and similar steels to be used with edge angles of 16-25° for fine cutting.

The bottom steel is a conventional ATS-34 with large carbides. The micrograph to the left shows a fracture due to carbides. To have sufficient “edge stability” a more obtuse edge is recommended by Roman, here 40-60°.

The middle steel is CPM-440V later named S60V which has a large volume of carbides like ATS-34 but is produced with the powder metallurgy process for smaller carbides that are more evenly distributed and have a more consistent size. That allows lower angle edges than the conventionally cast ATS-34, or 25-40° as recommended by Roman.

Summary:

„Thin, low angle, sharp edges cut better than heavier edges. Having such thin edges means that the microstructure-level properties are very important for the edge behavior. High hardness is necessary to avoid edge rolling. The carbide structure is also significant as smaller carbides and a smaller volume fraction of carbides leads to higher toughness for better resistance to chipping and also lower possibility of carbide pullout in sharpening. Therefore to maximize “edge stability” a combination of high hardness with small carbides and a small volume fraction of carbides is required. With steels that have a large volume fraction of large carbides the knife must be given a more obtuse edge angle to achieve “stability” and therefore avoid micro-chipping.“

R’n‘R
 
Hi,
Roman und... beschreiben nicht die Gründlagen, was dann Praxis (Schärfen und...) kompliziert macht.

Erstmal physiologisch sind die Menschen unfähig ohne Hilfsmittel Schneidwinkel zu bestimmen.

Als Folge können die ein Schärfen nicht abschätzen.
Es kommt: warum die Fase so breit ist, das Messer ist doch nicht neu und...

Beim Schärfen (besonders maschinell) können tiefgehende Schaden entstehen. Die können temperaturbedingt, mechanisch bedingt und gemischt sein. Bei zu viel Druck entstehen auch tiefgehende Mikrorisse. Häufig sind davon hochlegierten Stahlsorten betroffen, da die Hersteller mehr Druck beim Schärfen anwenden um schneller fertig zu sein.
Freihändig Schärfen- es gibt tatsächlich die Menschen, die vorgegebenen Winkel halten können. Meistens liegt Wackeln beim Freihandschärfen weit über 1Grad.
Zum Winkelhalten: mach mal eine Fase um 0,8 mm. Teile die z.B. auf 3 Facetten und treffe nach Wünsch jede von diesen Facetten genau so dass Edding rund um unbeschädigt bleibt. Solche Übungen und Leistungsbeschreibungen gibts irgendwo.

Früher war das so, dass praktisch alle Klingen aus Russland und mehrere aus Deutschland am Anfang ziemlich brüchigen Schneiden gehabt haben.
Nur viel später, nachdem ich die Messer gründlich umgeschliffen habe, sind die gut geworden.

Die letzte Testserie aus Russland zeigte, dass z.B. CPM125V unter 65 Härte wenig Sinn macht.
In dem Bereich sind M390-Klingen mit 63-64 interessanter. Mit 62-63 Härte kann man Elmax nehmen.

Eigentlich heutzutage erzählt man, wie man die Härten erreicht (wie Härtetemperetur ausgewählt wird und...)

Gibt es die Angaben bei Larrin? Z.B. wie er Härtetemperatur auswählt vom Dattenblatt, warum er die Temperatur nimmt und nicht 10? Grad mehr/weniger?
 
Meine Erfahrung nach (Küchenmesser) macht Dunnschliff nah die 100 Prozent Schneidspaß aus (Stahlsorten mit feinen Karbiden).
Ob Winkel 20 oder 36 ist spürt man nach einigen Schnitten, da 20 Grad Winkel schneller versagt und die Schneide beginnt zu "gleiten".
 
Last edited:
Moin,

spannende Diskussion hier. Ich möchte erst mal Dimm beipflichten, dass es - zumindest bei Küchenmessern mit entsprechendem Dünnschliff, also sagen wir mal max. 0,1mm MWÜW, eher so 0,05mm idealerweise - nahezu egal ist, welchen Winkel man anschleift. Ob da jetzt 36° dran sind oder 40°, das merkt man nicht. Nur eben die zu spitzen Winkel, da die Schneide hier merklich schneller versagt. Aber wenn die Fase durch passend dünne Geometrien eben auch nur 0,05-0,1mm breit ist, dann merkt man beim Schneiden keinen Unterschied.

Ähnlich geht's weiter bei Outdoor-Messern: Einen passenden Stahl gewählt, sollten auch diese für maximale Schneidfreude so dünn wie möglich ausgeschliffen werden hinter der Wate, vielleicht 0,2mm, je nach Stahl sogar weniger. Ein viel vernachlässigter, ja kaum bekannter Parameter bei solchen Geometrien ist nämlich die Zähigkeit eines Stahls, die solche Geometrien unterstützt und überhaupt erst zulässt.
Nimmt man hier einen sehr hoch gehärteten Kohlenstoffstahl, oder schlimmer z.B. 1.2379 (sollte verboten werden bei Messern IMHO!), dann muss man mit Ausbrüchen rechnen. Nimmt man aber einen an die Aufgabe angepassten Stahl, bzw. handhabt die WB so, dass der Stahl auf die Aufgabe abgestimmt ist, dann sind solche Geometrien kein Problem.

Nächster Punkt: Stähle außerhalb ihres Optimums. Das ist schon wieder ein Kapitel für sich selbst. Aber ein M390 mit 59HRC ist absoluter Quatsch. Diesen Stahl kann man easy auf 67HRC härten und dort spielt er auch sein volles Potential aus. Ähnlich mit den anderen Superstählen im unterhärteten Bereich. Man möchte einen Superstahl haben ohne Angst haben zu müssen, dass er Ausbrüche bekommt. Durch die geringere Härte hat man zwar mehr Zähigkeit, aber immer noch deutlich weniger Zähigkeit als bei einem für die Aufgabe geeigneten Stahl (rostfrei z.B. AEB-L, 1.4034, 14C28N, LC200, etc., rostend z.B. 1.2552, 1.2550, 1.2235, aber auch 1.3505) bei leicht erhöhter Schnitthaltigkeit.
Es kommt aber hinzu, dass sich die Schnitthaltigkeit (beinahe) proportional zur Härte verhält und somit unterhärtete Superstähle (ELMAX, M390,...) ihr Potential was die erhöhte Schnitthaltigkeit angeht gar nicht ausspielen können und trotzdem vorsichtiger gehandhabt werden müssen als passend gewählte und wärmebehandelte Stähle.

Will sagen: Jeder Zweck erfordert "common sense"! Man muss wissen, was man will und was das Messer können soll, danach muss der Stahl ausgewählt werden und die WB und Geometrie angepasst werden.

Als nächstes steht bei mir der 1.2895 aka CruWear/Z-Wear/PGK auf dem Programm, leider gibt es ihn bei Achim nur in 5,5mm und 500kg sind dann doch zu viel zum testen :D Dieser Stahl sollte ein breites Spektrum abdecken können, von zäh und normal verschleißfest bis sehr hart und sehr verschleißfest.

Grüße,
Marius
 
Moin Marius, :super::super: ...

Nochmal kurz zurück zu Larrin und Roman und dem Gesamtschneidenwinkel:

Es macht wenig Sinn, zu diesem Thema alle möglichen Kriterien (Werkstoff, Wärmebehandlung, menschliche Schwäche, Schärfverhalten, Schärfmethoden, Meßverfahren, Meßfehler, potentielles Schnittgut etc.) in einen Diskussions-Topf zu werfen und miteinander verquickt zu behandeln.

Ich denke, wir sind uns einig in dem Punkt, daß schlankere Schneiden mit kleineren Schneidenwinkeln leichter schneiden und mehr Spaß machen. Ferner sinkt die Belastbarkeit (Schneidkantenstabilität) bei sonst gleichen Bedingungen bei abnehmendem Gesamtschneidenwinkel.

Grundsätzlich ist sie gefährdet durch edge rolling und chipping. Edge rolling verringert sich bei zunehmender Härte der Klinge, chipping wird geringer, je zäher der Stahl ist. Es ist also - zu einem nicht genau spezifizierbaren Ausmaß - möglich, der bei kleinerem Schneidenwinkel sinkenden Schneidkantenstabilität mit einem Stahl höherer Zähigkeit entgegenzuwirken.

Zähere Stähle haben weniger, kleinere oder gar keine harten Karbide, was im Gegenzug ihre Schnitthaltigkeit sinken läßt. Man muß folglich häufiger schärfen, was aber in der Regel mit deutlich weniger zeitlichem und materialmäßigem Aufwand verbunden ist. Und falls es zu Ausbrüchen kommen sollte, sind diese der wenigen kleinen Karbide wegen eher weniger groß und lassen sich einfacher wieder herausschleifen.

Dazu beispielhaft diese vier Gefügebilder: 01 Rex121, 02 52100, 03 CPM154 (Carbide Volume 17%), 04 AEB-L (Carbide Volume 6%)

01 1000X-REX-121.jpg 02 1000X-52100.jpg 03 Carbide Volume CPM-154 17% 1000x.jpg 04 Carbide Volume AEBL 6% 1000x.jpg

Ob ein für die persönlichen Vorlieben oder Erfordernisse sinnvoller bzw. befriedigender Schneidenwinkel nun 20, 25, 30 oder 40 Grad beträgt, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Selbst wenn ein nach persönlicher Erfahrung und Einschätzung bewährter Winkel von 36 Grad den Erfordernissen für bestimmte Anwendungen gut entspricht, heißt das nicht, daß andere User nicht andere Prioritäten haben.

Was belastbare Klingen anbetrifft, findet sich ein sehr anspruchsvolles und im Detail aufgeschlüsseltes Beispiel zu Wahl von Stahl und Schneidenwinkel im Buch von Roman Landes (Seite 80 ff.):

Für ein Haumesser findet Roman in expliziten Schritten zum Ergebnis.

1. Schnittart (drückend , schlagend, ziehend)
2. Handführung oder maschinell
3. Schnittgut hauptsächlich
4. Einsatzbedingungen (Temperatur, Umgebung wie Seewasser, Fischblut, Handschweiß)

Nach der Klärung dieser Punkte legt er Werkstoff, Schneidengeometrie und Wärmebehandlung fest.

Beim konkreten Haumesser sehen wir drückenden/schlagenden Schritt, unbewußtes Anwenderverhalten durch Handführung und hartes Schnittgut in trockener Umgebung ohne spezielle Anforderungen an Rostträgheit.


Die Entscheidung:

Stahl der Wahl für zähharte Schneiden bei mittlerer Schocklast: C75

Schneidenwinkel: Ausgehend von einem theoretischen Winkel von 15° addiert er 8° für schlagende Beanspruchung und 7° für hartes Schnittgut. 1° Abzug wegen des geringen Kohlenstoffgehalts (kleiner 8%).

Das Haumesser erhält eine Klinge aus C75 mit einem Gesamtschneidenwnkel von 15 + 8 + 7 – 1 = 29°.

Die Wärmebehandlung wird auf die Anwendung hin optimiert durchgeführt.

Roman hält also einen Gesamtschneidenwinkel von rund 30 Grad für geeignet, der durchaus anspruchsvollen Belastung eines Haumessers (bei geeignet zähem Stahl) standzuhalten …

R’n‘R
 
Den Catra Test kann jeder zuhause in 5 Minuten wiederlegen.... Da ist sogar der Stahl als auch die WB nicht entscheidend....

AEBL der ja angeblich so feine Winkel verträgt (tut er ja bei der Anwendung als Rasierklinge z.B.) versagt mit 20 Grad kläglich nach ein paar Zwiebeln..... mit 30 Grad schafft er dann 10 Stck... mit 36 Grad dann min. 30.... :steirer:

Weder Seile noch Papier können die Schnitthaltigkeit eines Haumessers (für Holz/Gestrüpp) bzw. eines Küchenmessers (LEBENSMITTEL!) oder Rasiermessers (HAARE!) in irgend einer Form aussagekräftig simulieren... Sorry.

Grüße Wastl.
 
Moin Wastl,

wenn ein Stahl bei einer bestimmten Anwendung versagt, macht es ja Sinn, herauszufinden, woran das liegt, damit man gegensteuern kann. Ohne grundlegende Informationen, die Nerds wie beispielsweise Rapatz, Verhoeven, Roman Landes oder Larrin Thomas bereitstellen oder bereitgestellt haben, wäre das schlicht zufälliges Gefrickel. Man muß wissen, an welchen Einstellschrauben man überhaupt drehen kann. Ich habe größten Respekt vor ihren Arbeiten ...

Daß unterschiedliche Anwendungen zu unterschiedlichen Auswirkungen führen und bestimmte Aufgaben anderes Material erfordern, ist ja nicht neu. Niemand behauptet irgendwo, AEB-L sei der optimale Zwiebelmesserstahl. In meinem Beispiel sollte er lediglich den Größenunterschied von Karbiden zeigen. Aber, daß ein zäherer Stahl mit kleineren - möglichst gleichmäßig verteilten Karbiden - seitlichen (Schock-) Belastungen besser widersteht, hat so gut wie jeder schon festgestellt, der mal etwas robuster rumgeschnippelt hat. Ich ziehe z.B. aus ebendieser eigenen Erfahrung ein balliges Bark River mit Klinge aus CPM 3V einem Fällkniven F1 mit ebensolcher Klinge aus VG-10 klar vor.

Hier Gefügebilder: 01 VG-10, 02 CPM 3V

01 VG10-500X-resized2.jpg 02 1000X-3V.jpg

Nirgendwo steht btw - weder bei mir noch bei Roman oder Larrin - CATRA simuliere Haumesserbenutzung. Es werden jedoch unter Laborbedingungen interessante grundsätzliche Eigenschaften von Stahl herausgefunden. Kann man ja weiter oben im Detail nachlesen.

Gerade Roman Landes betont an jeder Stelle in seinen Ausführungen die starke Abhängigkeit verschiedenster Einflußfaktoren aufeinander wie Einsatzzweck, Benutzer, Wärmebehandlung, Stahlbeschaffenheit, Schneidenwinkel, Schärfe, Oberflächenbehandlung … und zeigt die Auswirkungen dezidiert auf.

Ein jeder ist imho gut beraten, sich diesbezüglich zu informieren und dazuzulernen, dann Erfahrungen zu sammeln und persönliche Schlußfolgerungen daraus zu ziehen. Insbesondere Einsteiger suchen nach und/oder brauchen grundlegende Orientierung, die sie z.B. im Blog von Larrin oder in Romans Buch in großer Breite finden können.

Was AEB-L anbetrifft - sowohl bei CATRA als auch bei den Rope-Cuttern landet AEB-L ganz unten in der Schublade bezüglich Schnitthaltigkeit. Paßt also!

Fair bleiben, R’n‘R
 
Last edited:
Seilschneiden macht man nie alleine, früher wars obligatorisch für solche Tests Knochen nicht nur Schneiden sondern auch Hacken.
Ebenso obligatorisch wurden Messerspitzen bei gleichen Geometrien getestet.
Danach folgten immer Tests in der Profiküche, Jagd, Fleischfabrik und ...

Schneidhaltigkeit beim Seilschneiden wiederspiegelte immer Schneidhaltigkeit in der Profiküche.

Natürlich müssen Anwender solche Klingen schnell schleifen können. Meine Meinung nach die müssen solche Klingen auch ohne Maschinen umschleifen können.
Können die das nicht, dann lohnt es sich was einfacheres zu nehmen.

https://youtu.be/8Yx-Aw2VKX0
 
Ok laut Dimm entspricht Seilschneiden den Anforderungen in der Profiküche... Laut Larrin entsprechen die Ergebnisse vom Seilschneiden denen von Catra ? Richtig ?

Ich bin mir aber doch auch mit Dimm einig (und hoffentlich allen anderen auch !) das eine Schneide mit 20 Grad nicht länger schneidet als eine mit 40 Grad ? Richtig ?

Also wo liegt der Fehler ?

Dies nur ohne den Anwender zu betrachten... In der Profiküche z.B. (mein Thema halt) ist ein Solinger Standart Stahl der mittels Wetzstahl scharf gehalten wird ebenso wie in Fleischerei Betrieben das Mittel der Wahl. Jetzt kann ich aber dank Schärfsystem und unterschiedlichsten Schleifmedien (incl. Diamant) so ziemlich jeden Stahl recht schnell wieder schärfen. Dies führte mich in der Vergangenheit einfach mal zu Zeitvergleichen....

Wie lange kann ich mit Stahl X in der Küche arbeiten bevor ich wetzten und oder Schärfen muss. Und wie lange dauert der Vorgang des wieder schärfens. Mein Sweetspot wird bei der Hauptanwendung von 1.2562 bei HRC 66 erreicht. K390 mit ähnlicher Härte ist ebenso gut geeignet. Am längsten schneiden diese nicht, aber sind nahe dran. Mit einem von Dimm erhaltenen PM HSS Stahl Messer aus russischer fertigung habe ich die wohl längste Schnitthaltigkeit erfahren, aber auch mit Diamantschleifmitteln und versäuberung derer Spuren brauch ich einfach länger für den Schärfvorgang als mit den oben genannten Stählen...

Es ist auch möglich allein durch falsche Handhabung (ich teste das regelmäßig indem ich meine Messer 6`t Klässlern in die Hand drücke und die bekommen innerhalb von 5 min. auch REX 121 stumpf........)

Und ja Rock`nRoll... Klar Catra Simuliert ne Papierschneidmaschine :lach: Also sehr nützlich für alle die sich das Perfekte Messer zum gepflegten Papierschneiden suchen... Buchbinder ggf. ...

Grüße Wastl.
 
Diamantenplatten sind nicht ohne...
Wenn man Naniwa Diamond nimmt, dann braucht man wenig Sorgen um Qualität der "Steine" machen.

Deine HSS-Klinge nach der Fertigung in Russland sollte man eigentlich gründlich umschleifen um den Stahl testen zu können. Am besten ohne Maschinen.

Wenn man Diamantenplatten gut vorbereitet (sogar einige Platten aus Russland), gibts dann die bestmögliche Ergebnisse. Wenn man mit Diamantenplatten bzw. Verunreinigungen, die da drin sind, schärft, dann testen man danach eigene Unfähigkeit.
Mit Natursteinen kann man eine gute Arbeit leisten, aber das dauert zu lange, besonders, wenns um Grundschliff geht. Und ein zu langes Schärfen ist nichts gutes- praktisch gesehen. Nimm mal Naniwa Diamond 400, dann 800 oder 1000.
Ich benutze 800, möchte noch 400 testen.

Warum ich das hier schreibe: Bandschleifer- ist die Arbeit mit geeigneten immer rechtzeitig gewechselten Bänder gemacht? Ist HSS nach dem Bandschleifer angelassen?
Mit welchen Platten geschärft?

Eine gleiche Klinge mit Werkstattschliff ging zu deinem Kollege in Russland. Sein Fazit war: die Klinge so für die Küche ungeeignet.
 
Dann nimmt man Navaja, Klinge- C-Stahl mit 0,9C.
10 min., kein Nachdenken, Haarspaltende Schärfe ist sofort da.

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Diamantenplatten sind nicht ohne...
Wenn man Naniwa Diamond nimmt, dann braucht man wenig Sorgen um Qualität der "Steine" machen.

Deine HSS-Klinge nach der Fertigung in Russland sollte man eigentlich gründlich umschleifen um den Stahl testen zu können. Am besten ohne Maschinen.

Wenn man Diamantenplatten gut vorbereitet (sogar einige Platten aus Russland), gibts dann die bestmögliche Ergebnisse. Wenn man mit Diamantenplatten bzw. Verunreinigungen, die da drin sind, schärft, dann testen man danach eigene Unfähigkeit.
Mit Natursteinen kann man eine gute Arbeit leisten, aber das dauert zu lange, besonders, wenns um Grundschliff geht. Und ein zu langes Schärfen ist nichts gutes- praktisch gesehen. Nimm mal Naniwa Diamond 400, dann 800 oder 1000.
Ich benutze 800, möchte noch 400 testen.

Warum ich das hier schreibe: Bandschleifer- ist die Arbeit mit geeigneten immer rechtzeitig gewechselten Bänder gemacht? Ist HSS nach dem Bandschleifer angelassen?
Mit welchen Platten geschärft?

Eine gleiche Klinge mit Werkstattschliff ging zu deinem Kollege in Russland. Sein Fazit war: die Klinge so für die Küche ungeeignet.

Bei der Klinge von der wir reden, die habe ich getestet dann von Schanz dünn schleifen lassen, hinterher alle BS Spuren mit Naniwa Chosera (wassergekühlt, Motorbetrieben) entfernt... Die ist genau so gut wie vorher.

Naniwa Diamond habe ich getestet.. Sind vergleichbar mit DMD (ebenfalls Weichgebunden, nur viel billiger). Klar damit geht ein Touchup recht schnell. Nur geht der bei einem 1.2562 noch schneller. Ich schneide ein paar Stunden, mit Solinger Weicheisen geht das nicht lange gut, dann wird kurz gewetzt, und es geht wieder dann wieder wetzen u.s.w. ... Bei 1.2562 reicht nach ca. 1 Woche 8k/12k/DiaLapping Film 1my, 30k, Naturstein) ca. 5-10 min. HHT 5 (nur für Testzwecke ) und gut is für eine Woche... Wetze ich nen Solinger brauch ich pro Woche über ca. 2 Monate 8min. wetzen.... + ca. 10min. Grundschliff mit 1k und 2k Stein (oder gröber...). Bei dem HSS kann ich davon ausgehen ca. alle 2 Wochen mittels normalen Steinen (extrem langwierig! oder aber mit DMD Diamantsteinen + Lapping Film + Naturstein zu einem akzeptablem Ergebniss (HHT-5) zu kommen... Nur brauch ich da entschieden länger für so ca. 30-45min. Diese Zahlen sind jetzt nicht Nagelfest aber die Tendenz ist für meinen Gebrauch ganz klar... 1.2562, Solinger Standart, HSS.....

Und dies nur weil ich über ein tolles Schärfsystem verfüge und auch noch die passenden Steine dafür habe.... Im Normalfall wird kaum einer ein Standart Solinger mit hochwertigem Wetzstahl überbieten können, wenn wir von Effizienz sprechen.

grüeß Wastl.
 
Ok laut Dimm entspricht Seilschneiden den Anforderungen in der Profiküche... Laut Larrin entsprechen die Ergebnisse vom Seilschneiden denen von Catra ? Richtig ?

So etwa!

CATRA und Seiltest korrelieren nach Larrin im Ergebnis - bezogen auf die reine Schnitthaltigkeit eines Stahls - gut. Man kann also beides heranziehen, um annähernd valide Aussagen zu machen. Und zwar ausschließlich bezüglich der Schnitthaltigkeit eines Stahls im Vergleich zu einem anderen Stahl unter sonst gleichen Bedingungen (Schneidendicke, Schneidenwinkel …).


Ich bin mir aber doch auch mit Dimm einig (und hoffentlich allen anderen auch !) das eine Schneide mit 20 Grad nicht länger schneidet als eine mit 40 Grad ? Richtig ?

Nicht mit richtig oder falsch zu beantworten ...

Larrin hat untersucht, wie sich bei einem bestimmten Stahl der Schneidenwinkel, die Schneidendicke, die Wärmebehandlung (Cryo oder nicht), das Herstellungsverfahren (PM versus ingot, im Beispiel 154CM vs. CPM 154) und die Feinheit des Abzugs (grit) auswirken. Und hat dabei festgestellt, daß von diesen Faktoren der Schneidenwinkel den mit Abstand größten Einfluß auf die Schnitthaltigkeit hat.

Und zwar insofern, daß ein kleinerer Winkel zu größerer Schnitthaltigkeit führt (länger schneidet). Ein nicht in Zweifel zu ziehendes Ergebnis, das die Maschine abgeliefert hat. Seilchenschneider haben keine vergleichbare Untersuchung in diese Richtung vorgenommen, soweit ich weiß.

Voraussetzung für die Umsetzung in die Praxis ist in einem solchen Fall, daß der jeweilige Stahl über die notwendige Schneidkantenstabilität verfügt, um den kleineren Winkel unbeschadet von Ausbrüchen halten zu können. Die größte Zerstörungskraft für eine scharfe Schneide ist nun mal nicht der gewöhnliche Abtrag sondern der Verschleiß durch Ausbrüche. Die bei kleinerem Schneidenwinkel gern im Bereich großer Karbide oder Verschmutzungen einsetzt und sich dann fortfrißt. Hierzu zwei Gefügebilder von 1.2562:

2562-1-resized.jpg 2562-2-resized.jpg


Daß hier z.B. ein 1.2562 bei HRC 66 nicht der geeignete Testkandidat ist, erscheint mir logisch. Verfügt er doch bei 65,5 HRC gerade mal über 2,8 ft-lbs - ist also schon bei "ordentlichem" Gesamtschneidenwinkel sehr sensibel, was seitlichen Impact anbetrifft. Was durch die hohe Härte von 66 HRC noch unterstrichen wird ...

Eher ausgewogene Stähle von höherer Zähigkeit - wie z.B. der von Marius ins Auge gefaßte CPM CruWear oder CPM 4V bzw. Vanadis 4E - wären imho geeignetere Kandidaten, die potentiell positive Wirkung von kleineren Schneidenwinkeln und ihre Grenzen auf die Schnitthaltigkeit im praktischen Gebrauch auszutesten.

R’n‘R
 
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