Kurzvorstellung Hinderer XM-18 3.5" Skinny Sheepsfoot

Bukowski

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Moin,

auf der ewigen Suche nach einem Messermodell, das Obsession und Pragmatismus gleichermaßen bedient; das also einerseits mit titanbeschaltem Overbuilt-Charme, Historie und allerlei Spielereien mein kleines Messerherz erwärmt und gleichzeitig eine solide Alltags- bzw. Praxistauglichkeit mitbringt, bin ich erneut bei Rick Hinderer und seiner XM-Reihe gelandet.

Mein Lastenheft sollte strengstens eingehalten werden:
  • Serienmodell, möglichst lang am Markt vertreten;
  • Gesamtgewicht im Bereich des Large Sebenza (133g);
  • Klingenlänge über 8 cm;
  • Klingenprofil mit (leichter) Krümmung im Verlauf;
  • Titan-Framelock mit Stahleinlage und Überdehnungsschutz;
  • geeignet für Phosphor-Bronze-Washer;
  • Zerlegbarkeit ohne Überraschungen inkl. Kompatibilität der einzelnen Parts (Fertigung mit geringer Toleranz) sowie
  • definierter und gleichmäßiger Klingenlauf waren die Mindestanforderungen.
Dies alles traf strenggenommen – zumindest innerhalb meines Tellerrandes und Budgets – erstaunlicherweise nur auf die Hinderer XM-18 3.5" Skinny Reihe zu.

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Das Skinny hat gegenüber dem Standard XM-18 3.5" ein paar Anpassungen erfahren, die dessen EDC-Tauglichkeit aus meiner Sicht erheblich steigern:
  • reduziertes Gesamtgewicht: 135g zu 156g;
  • geringere Klingenstärke: 3,5mm zu 4mm;
  • geringere Griffstärke: 115mm zu 135mm.
Diese Änderungen verbessern in erster Linie den Tragekomfort im Hosensack – klar, das Messer ist schmaler und leichter. Aber auch die enorme Keilwirkung der stabilen Standardklinge wurde beim Skinny zumindest etwas reduziert. Während das Standardmodell je nach Generation und Klingentyp von 4mm Rückenstärke meist im Sabergrind auch schonmal auf knapp 1mm MWÜW ausläuft und damit eher in die Kategorie 'Taschenbrecheisen' fällt, geht das Skinny mit knapp 0,6mm MWÜW einen Schritt in Richtung 'Taschenmesser'.

Abstriche im Hinblick auf die Schneidperformance habe ich allerdings bewusst in Kauf genommen. Wohlwissend, dass Möglichkeiten der Abhilfe (Stichwort "Regrind") bestehen.

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Befürchtungen, durch die Reduktion von Gewicht und Griffstärke könnten Balance und Handlage des Messers in Schieflage geraten, würde ich widersprechen. Wer in diesen Disziplinen mit dem Standard XM-18 3.5" zufrieden ist, wird nach meiner Einschätzung vom schlanken Pendant nicht enttäuscht werden. Ich (9½er Hand) empfinde sowohl Handlage als auch Ballance des Skinnys im direkten Vergleich zum Standardmodell als nicht weniger angenehm bzw. ausgewogen.

Nette Spielerei ab der 6. Generation der XM-Reihe ist der sogenannte Tri-Way-Pivot: ein austauschbares Klingenlagersystem, bei dem der Nutzer zwischen Kugellagern, Phosphor-Bronze- oder Teflon-Gleitscheiben wählen kann. Alle drei Lagerarten liegen dem Messer bei:

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Wie auf den Bildern zu sehen befindet sich in Klinge und Lockseite je eine Ausfräsung um die Achse. Hier ruhen entweder die Kugellager oder zwei Metallhülsen, auf die eines der Gleitscheibenpaare – Phosphor-Bronze oder Teflon – gebettet wird.

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Gleichzeitig mit der 6. Generation hat Rick Hinderer auch den Detent der Modellreihe verstärkt. Das nehme ich im Vergleich zu meinem alten XM-18 deutlich wahr. Die Anpassung soll verhindern, dass die Klinge bei weniger beherztem Flippen auf halbem Weg verhungert. Das hätte es für meinen Geschmack nicht gebraucht, war aber offenbar Wunsch der überwiegenden Kundschaft.

Positiv zu erwähnen ist – neben der einwandfreien Verarbeitung – ebenfalls das Oberflächenfinish auf Klinge ('Working Finish') und Lockseite ('Battle Bronze'). Ich finde es nicht nur optisch sehr gelungen, es nimmt zudem auch Kratzer relativ dankbar auf.

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Unter'm Strich ist das Skinny im Hinblick auf mein Lastenheft tatsächlich ein Volltreffer, mit dem ich außerordentlich zufrieden bin. Ob das aus meiner Sicht stimmige Gesamtpaket die Abstriche bei der Schneidperformance auch langfristig ausgleichen kann oder hier nachgebessert werden muss, wird die Zeit zeigen.

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Bis dahin genieße ich die gemeinsamen Stunden. :steirer:
 
Last edited:
Vielen Dank für die Vorstellung 👍🏼.
Ich bin ja mittlerweile bezüglich Messermarken etwas "eingefroren" - bis auf die obligatorischen Vics und Leatherman gibt's bei mir nur noch Reeve und Schanz (eher Zufall als System).
Ein XM 18 kommt aber wohl irgendwann auch noch ins Haus - mein Favorit wäre allerdings ein "dickes" Spanto....
 
Gelungene Vorstellung mit treffsicherem Verweis auf des Pudel‘s Kerne. Sehr schön, vielen Dank. :super:

Richtig, am klassischen XM ist die Spantoklinge mit ultra stabiler Spitze, die charakterkonforme Wahl.

Hier beim Skinny aber nähert sich das Hinderer, gerade mit Sheepfootklinge, dem Jagdrevier eines Insingo - offensichtlich ohne seinen Overbuild Charakter zu verlieren. Verlockend. Zu verlockend.

Wenn ich eines in die Finger bekommen kann, werde ich wohl nicht nein sagen können.

Der Daniel mal wieder. :irre:

grüsse, pebe
 
Zu dem Messer und der Vorstellung kann man nur gratulieren (y)
Ich hatte mein XM 18 3.5 Gen. 6 in der Skinny Slicer Version vor einiger Zeit abgegeben, und bereue es heute noch.

Viel Freude und Genuss an und mit diesem extrem anziehenden Messer!
 
Servus,

Ob das aus meiner Sicht stimmige Gesamtpaket die Abstriche bei der Schneidperformance auch langfristig ausgleichen kann oder hier nachgebessert werden muss, wird die Zeit zeigen.

für dieses "Problem" gibt es genug "Back-up's" die schneiden. :D ;) Im umgekehrten Fall gilt das natürlich auch.

Toller, breitbeiniger User, wo auf die üblichen Hinderer-Anabolika verzichtet wurde und das ansprechend beschrieben. :super:

Gruß, güNef
 
Herzlichen Dank für die Resonanz!

Dieses Forum ist so reich an hervorragenden Beiträgen aller Art, auf die ich gern mehr eingehen und reagieren würde. Aktuell reicht die Zeit aber grade hin und wieder mal ein paar Gedanken zu einer Neuanschaffung aufzuschreiben, die mir unter den Nägeln brennen und dies mit ein paar Schnappschüsse zu versehen.

Umso mehr erfreue ich mich an euren lieben Reaktionen.

@NinjaTurtle Reeve hätte hier z.B. mit einem Large Sebenza Insingo rational betrachtet fairerweise auch das Rennen machen können, da eigentlich alle Kriterien an einen "leidenschaftlichen User" erfüllt wären. Aber einerseits hab ich schon ein Large Sebenza 21 😆 und andererseits beiße ich mich manchmal ganz irrational an bestimmten Details wie hier der Stahleinlage und dem Überdehnungsschutz fest, die dann einfach sein müssen. 🤷‍♂️🙈

Mein erstes Hinderer war vor nicht allzulanger Zeit ein XM-18 3.5" Spanto Full Ti. Das gebe ich auch nicht wieder her. Die Klinge ist allerdings inzwischen aus verschiedenen Gründen umgeschliffen.

Ich kann gut nachvollziehen, dass das Modell für die meisten 'the real Deal' ist. Deswegen wollte ich auch etwas Vergleichbares aber – für mich – etwas mehr alltagstauglich.

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Wenn ich eines in die Finger bekommen kann, werde ich wohl nicht nein sagen können.
Dich zu einer Neuanschaffung zu animieren ist das größte Kompliment. Ich halte wie immer die Augen auf. 😉😋

@carrot Danke. Es war tatsächlich auch ein längerer Prozess von der Überlegung zu den Anforderungen, über die Auswahl und schließlich zur Anschaffung selbst. Zwischenzeitlich hatte ich dabei auch das Skinny Slicer auf dem Schirm, das bei der Altonaer Silberwerkstatt verfügbar werden sollte. Ich war allerdings nicht schnell genug, die Charge dort war innerhalb von 60 Sekunden ausverkauft.

für dieses "Problem" gibt es genug "Back-up's" die schneiden. :D ;) Im umgekehrten Fall gilt das natürlich auch.
Sehr richtig. Soweit ich mich erinnere gehörst du ja auch zur Kategorie der Multi-Bemesserten. :D Dazu muss ich mich eindeutig auch zählen. 😋
 
Merci, Daniel, für dieses Review - sehr schön geschrieben in einer guten Mischung aus Sachkenntnis, Euphemie und Selbsterkenntnis. :hehe:

Die Bedenken, daß jemandem diese Slim-Version zu schwachbrüstig daherkommen könnte, kann ich zwar nicht ganz nachvollziehen, aber jeder hat da so sein "innerliches Lastenheft". Wobei ich sagen muss, daß sich meines auch weiterentwickelt hat in den letzten Jahren - nicht zuletzt auch durch dieses Forums und Berichten wie deinem!

Da dieses fluffige Messerchen ja kaum aufträgt, hoffe ich mal, daß du es in Solingen dabei hast und ich es mir dort anschauen kann.

Greetz

Virgil
 
Mischung aus Sachkenntnis, Euphemie und Selbsterkenntnis. :hehe:
Hehe, das hast du aber wohlwollend und schön umschrieben. 😃
Euphemisieren muss ich, man muss sich ja auch immer ein bisschen selbst austricksen wenn man ein Hinderer kaufen will. 😆

Da dieses fluffige Messerchen ja kaum aufträgt, hoffe ich mal, daß du es in Solingen dabei hast und ich es mir dort anschauen kann.
Ich wäre wenn nur am Samstag dort, aber aufgrund familiärer Verpflichtungen kann ich leider noch nichts versprechen..

Messwert[...] über Wate?
Korrekt.
 
Sehr schöne Vorstellung, vielen Dank.
geringere Griffstärke: 115mm zu 135mm.
Die "Normalen" sind mir "etwas" zu solide, aber 115 mm ist immer noch ganz ordentlich... ;)
Nette Spielerei ab der 6. Generation der XM-Reihe ist der sogenannte Tri-Way-Pivot: ein austauschbares Klingenlagersystem, bei dem der Nutzer zwischen Kugellagern, Phosphor-Bronze- oder Teflon-Gleitscheiben wählen kann. Alle drei Lagerarten liegen dem Messer bei.
:staun: kannst du Details Zeigen? Funktionieren alle gleich gut? Phosphor-Bronze vermutlich wegen der größeren Unempfindlichkeit gegen Verschmutzung?
 
Danke euch!

115 mm ist immer noch ganz ordentlich... ;)
Danke für den Hinweis. Mir reichen sogar 11,5mm. 😁 Hab's geändert.

kannst du Details Zeigen? Funktionieren alle gleich gut?
Ich muss das Ding eh noch zerlegen und Stelle dann Detailbilder ein sowie eine Gegenüberstellung der Funktionsweise im direkten Vergleich.

Phosphor-Bronze vermutlich wegen der größeren Unempfindlichkeit gegen Verschmutzung?
Zur Frage "Kugellager vs. Gleitscheiben" gibt es ja verschiedene Überzeugungen, die teilweise mit großem Eifer vertreten werden. Ich hab grundsätzlich nichts gegen Kugellager, mir sind Phosphor-Bronze-Washer aber lieber. In erster Linie weil ich den definierteren, geschmeidigen Klingengang eines gut eingestellten Folders mit Washern gegenüber dem "widerstandslos-labbrigen" Lauf von kugelgelagerten Klingen bevorzuge.

Allgemein dringen in den Bereich zwischen Washer und Klinge natürlich auch weniger schnell Schmutzpartikel von relevanter Größe. Und schließlich sind Washer beim Zerlegen schneller gereinigt. Das ist für mich aber sekundär.

Zudem sollen Hebelkräfte vertikal zur Klingenachse bei kugelgelagerten Klingen aufgrund der geringeren Auflagefläche potentiell mehr Schaden anrichten können bzw. die Klinge weniger stabil in der Achse sitzen. Das kann ich aus eigener Erfahrung allerdings weder bestätigen noch dementieren.
 
Last edited:
Wie angekündigt ergänze ich den Bericht um die Aufnahmen vom abendlichen Auseinanderbauen und insbesondere vom Tri-Way-Pivot System.

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Wie auf den Bildern zu sehen befindet sich in Klinge und Lockseite je eine Ausfräsung um die Achse. Hier ruhen entweder die Kugellager oder zwei Metallhülsen, auf die eines der Gleitscheibenpaare – Phosphor-Bronze oder Teflon – gebettet wird.
 
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