Für die, die es interessiert und die Englisch lesen können (nach unten scrollen, der erste Teil ist in Niederländisch) findet man hier:
http://www.gotscha.nl/nl-workshop wootz.htm
die Beschreibung des ersten "Bulat" Workshops, der im November 2010 ebenfalls in Belgien stattfand.
Zusammenfassend nicht wirklich weltbewegend Neues. Die Zusammensetzung der Tiegel entspricht weitgehend der klassischer Schamotte-Tiegel, liegt aber durch das Hinzufügen des Kokses etwa auf halbem Wege zwischen denen und dem ebenso klassischen Tongraphit-Material. Auch in den von Dr. Ann Feuerbach in Merv ausgegrabenen Tiegeln aus dem 9. Jh.
Die Beschickung der Tiegels,
Zitat: "Zaqro prefers pure ferritic Iron, thus we used ARMCO plate, which we cut into small squares (10X10mm)......He takes about 300g of iron to fill his crucible, which he divides in to two equal parts.
One part is put in the crucible at the bottom. on top of this, he puts a layer of sand. this sand comes from a georgian river, but every sand or glass that melts at around 1100°C will do the trick.
On top of this sand he puts a layer of charcoal of about 10mm thick.
That he punt on half of the remaining part of Iron. On top of this, he puts another part of charcoal. on top of this he puts the last part of Iron, and on top of that he puts another part of charcoal.
He also added some manganese to 'calm down' the melt."
besteht aus Reineisen, Sand und Holzkohle sowie Mangan. Die Beimengung des Mangans ist sicherlich kein traditioneller Part, denn solche Legierungselemente stehen erst seit dem 20. Jh. zur Verfügung. Der Rest ist die Standard-Zusammensetzung, mit der auch die hier im Forum anwesenden Wootz-Schmelzer arbeiten.
Geschmolzen wird in einem Aufbau aus Schamottsteinen auf einem normalen Schmiedefeuer. Für die kleinen 300 g Chargen, die hier angesetzt werden, ist das sicher OK. Eine Schmelze, die so groß ist wie die beispielsweise in Merv oder Haiderabad gefundenen Tiegel zeigen (bis ca. 3 kg), die zudem teilweise mit bis zu 10 Tiegeln bei einer Schmelze durchgeführt wurden, ist mit der Methode nicht machbar. Da brennt einem eher die Esse durch.
Wie bei jeder Tiegelschmelze findet man nach dem Abkühlen unten im Tiegel einen Stahlklotz und oben den geschmolzenen Sand als Glas. Wiederum das, was die Schmelzer hier alle auch kennen.
Die Charge ist so eingestellt, dass das resultierende Material etwa 1,5 % Kohlenstoff hat.
Anschließend wird kurz für ca. 30 Minuten auf etwa 1150°C erhitzt und dann, nach Abkühlen auf Orange, beginnt das Schmieden bei zwischen 1000 und 800° C. Das Diffusionsglühen ist deutlich zu kurz, um einen großen Einfluss auf die Struktur zu haben, was man am Resultat sieht (weitere Erläuterungen unten). Die Schmiedetemperaturen liegen im hier schon diskutierten Bereich dessen, was nötig ist, um den Stahl nicht zu zerbröseln.
Auch das vorsichtige Schmieden zu Beginn,
Zitat: "At first he strikes the ingot with just a few blows, and never turns the ingot while forging, only to turn it when he makes another heat-cycling."
kennen alle Wootz-Schmiede nur zu gut.
Gleiches gilt für das Ausschmieden, wie ein weiteres Zitat zeigt:
"He never goes under 800, and never over a 1000°C when forging, and uses for about 65 heats to forge a knifeblank."
Wohlgemerkt: 65 Hitzen für das Ausschmieden eines Stahlstückchens von ca. 300 g. Das entspricht ein paar hundert Hitzen für eine Schwertklinge, da es am Anfang mit den dafür nötigen großen Stahlstücken wesentlich langsamer voran geht.
Macht für einen Rohling für ein kleines Messer,
Zitat: "One knife, complete with making the crucible, melting, forging and hardening but still to be finished by grinding takes him about 7 hours."
und für jemanden der ein paar hundert Schmelzen Erfahrung hat, etwa 7 Stunden Arbeit. Das fünf- bis zehnfache für eine Schwertklinge.
Die Vorgehensweise mit ihrem kurzen bis nicht vorhandenen Diffusionsglühen entspricht der, die ich auch immer von russischen Bulat-Schmieden gehört habe, z.B. von denen aus St. Petersburg, aber auch anderen. Kein Wunder, denn der georgische Schmied hat ja, wie man auf der Website lesen kann, das Herstellen auch in Russland von Basov gelernt.
Die daraus resultierenden Klingen zeigen Musterungen, die dem entsprechen, was schon in den 1920er Jahren unter Käthe Harnecker in Solingen gemacht wurde und im Buch von Manfred Sachse zu sehen ist. Dabei werden die nach der Schmelze schon nach dem Abkühlen des Stahlklotzes vorhandenen Strukturen lediglich vorsichtig umgeformt. Die zentralasiatischen Wootz-Schmiede gingen einen deutlich anderen Weg, bei dem diese Strukturen zuerst vollkommen aufgelöst wurden und sich durch thermomechanische Bearbeitung, sprich Hitze- und Schmiedezyklen zum Teil deutlich anders aussehende, neue Strukturen entwickeln.
Alles in Allem sicher ein netter Workshop, bei dem man lernt, kleine Tiegel zu fertigen und mit deren Einsatz kleine Stahlklötze zum Selberschmieden herzustellen. Mit denen kann man dann auch ganz gut die anderen Techniken mit längerem Diffusionsglühen ausprobieren. Ob man bereit ist, den dafür aufgerufenen und angesichts der mittlerweile allenthalben vorhandenen Informationen doch recht erheblichen Beitrag zu blechen muss jeder selbst entscheiden. Ich werde da sicher nicht hingehen.