Die zwei Gleichen

boogerbrain

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Im schönen Thüringen gibt es Dreiergruppe von Bergen und Burgen, die "die Drei Gleichen" genannt werden. Die Benennung hat eigentlich nix mit Form oder Besitz oder so zu tun ... "Die Burgen wurden zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert erbaut, hatten nie dieselben Besitzer und sind auch äußerlich ungleich. Der Sage nach entstand der Begriff Drei Gleichen nach dem Einschlag eines Kugelblitzes am 31. Mai 1231, nach dem die Burgen wie drei gleiche Fackeln gebrannt haben sollen." [Wikipedia] - also, ich finde, "Kugelblitzeinschlag" hat was :)

Ich wäre ja froh, wenn ich hier auch mit DREI Gleichen aufwarten könnte, komme aber leider nur auf zwei:

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Wie man sieht, liegt im Gegensatz zu den Burgen im thüringischen hier eine sehr deutliche äußere Gleichheit vor (OK, abgesehen vom Griffschalenmaterial).
Auch die - sozusagen - inneren Werte sind ziemlich weit identisch:

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Der Unterschied liegt wie so oft dann im Detail:

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Das eine ist von Aeskulap, das andere von R. Mattes - noch etwas gleiches: Beide aus Tuttlingen ;) Ich vermute aber mal, daß beide von Richard Mattes gefertigt wurden - ich mein', der Verdacht liegt nahe.

Außer im Material der Griffschalen unterscheiden sie sich noch bei den Linern; während das Mattes-Messer "klassisch" Messing aufweist, kommt das Aeskulap quasi mit dem Pelz nach innen daher - Neusilber, bitteschön. Das Aeskulap ist insgesamt etwas besser gearbeitet - das kann man auch an der ?Ahle? sehen, die beim Mattes deutlich weniger gut passend eingesetzt ist: Der Ricasso schaut weiter aus dem Griff als beim Aeskulap. Eine Kleinigkeit, zugegeben, aber die machen's dann doch aus ...

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Beide Messer sind sehr wenig (so gut wie un-) benutzt und in einem hervorragenden Zustand. Beim Aeskulap sind leider zwei kleine Abplatzungen im Bunthorn der unteren Griffschale zu betrauern, aber ansonsten sind beide tolle survivors der Tuttlinger Messermacherkunst - wenn auch keine Bauernmesser, sondern eher die Variante "Gentleman-Allzweckutensil für die Anzughosentasche".
Interessant finde ich auch den Schraubendreher (s. Bild oben), der - würde ich sagen - Patronenzieherrundungen aufweist, Cal. 12 und 16, vermutlich, denn die beiden Kreisausschnitte haben einen unterschiedlichen Radius. Macht in meinen Augen bei so einem Messerchen eigentlich keinen Sinn, oder? Wenn jemand eine andere Erklärung hat - gerne raus damit.

Alter: Ich würde aufgrund der Korkenzieher ...

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... und da v.a. wegen der Ausformung der Basis des Korkenziehers auf spätestens 1950er Jahre, eher früher, tippen - aber auch hier bin ich für fundierte anderslautende Angaben dankbar.
 
Last edited:
Hi @boogerbrain, Glückwunsch zu den zwei „Gleichen“, das dritte mag ja noch kommen, ich drücke die Daumen! (Danke für die Story zu den Burgen, bin da schon rumgeradelt wie ein gemächlicher „Kugelblitz“.)

Bei Tuttlingern hatte ich bisher immer die klassisch bekannte Form im Kopf, aber warum eigentlich? Gab ja nicht nur Bauern; diese Messer waren was für den Sonntagsanzug. Auch wenn die Werkzeuge nach purem Nutzen aussehen, sie waren ja doch oft nur Option zum Gebrauch. Die Art des Schraubendrehers hab ich auch schon an Modellen für Elektriker zur Abisolierung gesehen. Aber warum zwei Radien, bin ich überfragt!?!? Könnten Patronenzieher sein. Sehe ich das richtig, dass der Aeskulap noch eine Art Schneide innen aufweist? Auch scheint dessen Ahle feiner zu sein, deshalb passender?
Was mir noch auffällt, was fehlt: der „bürgerliche“ Kapselheber.
Nach dem 2.WK soll das Medizinbusiness wieder aufgebaut worden sein - was dein Messer davor datieren würde.
Ich vermute aber mal, daß beide von Richard Mattes gefertigt wurden - ich mein', der Verdacht liegt nahe.

Ähmmm, Aeskulapwerke waren die größten Hersteller medizinischer Instrumente, hatten allein 250 Markennamen. Firmierten auch einst unter Jetter & Scherer, Jesco, gewannen einen Preis auf der Weltausstellung in Chicago 1893. Die haben bis 100teilige Klapper gefertigt. Spricht wenig dafür, dass Mattes für JS gefertigt hat.

Abu
 
... och Menno ... :)

Und: Nope, keine Schneide innen.

Vor WK II habe ich auch schon vermutet - bin aber lieber vorsichtig (gewesen).
 
Ja, es war mir quasi unmöglich, das durchzulassen ... wie viele Aeskulap-Messer kriegt man schon zu sehen?
 
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Servus, zwei sehr schöne Teile! Gratulation
Bei der Aeskulap Schmiedemarke kam mir gleich Jonas Bacher in den Sinn! Der meinte doch mal das seine Oma meinte das während dem Krieg, die klingen auch an Bacher Messern von Aeskulap kamen, zwecks Rüstungsrelevanz usw.
Mattes, Bacher, Lang, Aeskulap lagen ja recht nah beieinander. Dürbheim Tuttlingen Stetten und wieder Tuttlingen nämlich (Wäre bei eine gemütliche Wanderung am Sonntagmorgen locker machbar!)
 
Also ich meine damit, dass Richard Mattes und alle anderen, kleineren Messermacher im Umkreis evtl während der Kriegsjahre von der großen Aeskulap mit Material, Stahl, Klingen,.... usw versorgt worden sind.
 
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Auffallend ist auch das die Klinge mit R.MATTES gemarkt ist und nicht wie mir bisher bekannt mit RICH. MATTES!???
 
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