Warum Carbonstahlmesser?

Taka

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Hallo Leute,

wenn ich mir die Angebote bei moderncooking.com oder auf den Seiten der Messermacher anschaue, werden dort fast ausschließlich Carbonstahlmesser angeboten. Warum eigentlich? Sind die rostenden Stähle für die Messermacher leichter zu verarbeiten, oder kauft man als echter Messerfreak nun mal Carbonstahlmesser?

Diese Frage treibt mich schon länger um. Vielleicht könnt Ihr etwas Licht ins Dunkel bringen.

Gruß
Thomas
 
Carbonstähle sind etwas leichter zu schmieden und auch von der Wärmebehandlung, gibt natürlich auch Ausnahmen.
Außerdem sind sie meist billiger, nicht nur vom Stahlpreis sondern auch in der Verarbeitung. Lassen sich zumeist leichter schleifen. Auch ein Problem ist die Verfügbarkeit von verschiedenen Größen vom Stahl. 14c28n bekommst du hauptsächlich nur in 4mm, 4,5mm ist schon schwerer zu finden. Dann kommt noch das optische, viele Leute stehen auf Patina oder alte Eisen Flanken.
Damast ist mit Carbonstählen deutlich einfacher und die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos, bei rostarmen Stählen braucht man ordentlich Know-how und Gerätschaften. Am ehesten sieht man da mit Damastflanken aus fertig laminierten Stählen oder aber Damasteel, wo die Möglichkeiten auch begrenzt sind. Für mich persönlich eher langweilig.
Ich persönlich habe und mag beides. Am liebsten bei rostarmen Stählen AEB-L und 14c28n.

Grüße,
Julian
 
Hallo Leute,

wenn ich mir die Angebote bei moderncooking.com oder auf den Seiten der Messermacher anschaue, werden dort fast ausschließlich Carbonstahlmesser angeboten. Warum eigentlich? Sind die rostenden Stähle für die Messermacher leichter zu verarbeiten, oder kauft man als echter Messerfreak nun mal Carbonstahlmesser?

Diese Frage treibt mich schon länger um. Vielleicht könnt Ihr etwas Licht ins Dunkel bringen.

Gruß
Thomas

Das Thema ist alt.

Niedriglegierte Carbonstahlklingen sind durchaus praktisch und ausreichend für Hausküche und... die sind leicht schärfbar, leicht unterwegs zu schärfen.
Die sind schnell stumpf, aber auch schnell scharf, leicht nachschärfbar und umschleifbar, was weitere Vorteile mit sich bringt.
 
Es gibt noch weitere Vorteile gegenüber normalen rostfreien Stählen (tatsächlich nicht rostfrei, sondern rostträge...):
- Bei guter Wärmebehandlung ist ein sehr feines Gefüge möglich. Dadurch lässt sich das Messer sehr scharf schleifen und kann auch sehr spitze Schneidenwinkel halten, da keine groben Karbide vorhanden sind, die ausbrechen können. Gerade bei Rasiermessern würde ich ein unlegiertes, untereutektoides Messer jedem rostfreien vorziehen.
- Sie lassen sich differentiell Härten. Wird leider viel zu wenig gemacht...

Die genannten Vorteile relativieren sich schnell, wenn man als Alternative Pulvermetallurgische Stähle nimmt. Hier schafft man es die Karbidgröße klein zu halten, die man sonst nicht mehr in Lösung bringen könnte.

Gruß, Andreas
 
Sie lassen sich differentiell Härten. Wird leider viel zu wenig gemacht...
Und bringt was? Bei nem Küchenmesser nicht von Bedeutung, kannst auch Mono nehmen. Ist eigentlich nur Ästhetik. Geb zu ich mags, aber ist kein Vorteil imo.
 
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wenn ich mir die Angebote bei moderncooking.com oder auf den Seiten der Messermacher anschaue, werden dort fast ausschließlich Carbonstahlmesser angeboten. Warum eigentlich?

Es gibt technische Aspekte. Wurde teilweise schon angesprochen.
Lebensunwichtiges verkauft sich aber nicht (primär) über technische Aspekte.

Carbonstahl - noch dazu geschmiedet macht ein Bild auf von Feuer, Schweiss, kräftigen tätowierten Unterarmen, 200 EUR Bartpflegemittel (handgeschöpft).
Rostfrei klingt nach Muttis Spülmaschine.

So in etwa. Das ganze geht auch ohne Bartpflegemittel, dafür halt mit irgendwas Ostasiatischem. Jedenfalls mit Instafilter.

Pitter
 
Vielen Dank für Eure Antworten! Dass hier der Mythos vom schweißgebadeten Schmied mit reinspielt, dachte ich mir schon. ;)
Ich für meinen Teil fühle mich bei den modernen PM-Stählen besser aufgehoben, auch wenn sie etwas schwerer zu schleifen sind.
Hat mich halt gewundert, dass solche Messer offenbar nur von japanischen Messermachern angeboten werden.

Gruß
Thomas
 
- Bei guter Wärmebehandlung ist ein sehr feines Gefüge möglich. Dadurch lässt sich das Messer sehr scharf schleifen und kann auch sehr spitze Schneidenwinkel halten, da keine groben Karbide vorhanden sind, die ausbrechen können.
Das trifft auch auf einige rostträge Nicht-PM-Stähle wie AEB-L oder 14C28N zu. Bei denen hat man aber die bereits angesprochene Problematik der Verfügbarkeit und der nicht ganz so einfachen Wärmebehandlung.
 
Und bringt was? Bei nem Küchenmesser nicht von Bedeutung, kannst auch Mono nehmen. Ist eigentlich nur Ästhetik. Geb zu ich mags, aber ist kein Vorteil imo.

ja, Hamon ist primär was für die Vitrine...wird sonst durch Patina ja schnell verschwinden

aber dif. Härten ist dennoch nicht ganz ohne Bedeutung
Im Falle, daß es Verzug gibt, läßt sich die Klinge wahrscheinlich viel einfacher richten
zb. mein letzter Neuzugang (HSC/// ,mono) wurde von Harbeer aus dem Grund auch mit Lehmmantel gehärtet
ich denke viele werden das so machen, auch wenn sie dann den Hamon nicht auspolieren
stellt sich die Frage, ob nicht strenggenommen jede Monoklinge eigentlich Honyaki ist?
 
Für den Kunden transportiert ein Carbonstahlmesser die Aura des archaischen, traditionellen Handwerks in Kombination mit gegenüber gängigen rostfreien Solinger Industriemessern doch deutlich erhöhter Performance hinsichtlich Härte, Schnitthaltigkeit, erreichbarer Maximalschärfe und Schärfbarkeit.

Für den Messermacher sind diese Stähle preisgünstig beschaffbar und mit der vergleichsweise geringstmöglichen technischen Ausstattung zu guten Ergebnissen verarbeitbar.
Er spart sich große Investitionen und/oder Ausgaben für externe Wärmebehandlung.

Diese Kombi führt dazu, dass Carbonstahlmesser für den Kunden in der Regel den preisgünstigsten Einstieg in die Welt der handwerklich hergestellten Messer darstellen.
 
Die Hamon-Linie sieht man auch dann noch, wenn sich ordentlich Patina entwickelt hat.

Rostfreie Stähle können durch ihren Chromanteil härter werden als Rostende. Allerdings sind rostfreie Stähle dafür auch weniger zäh und halten die Schärfe dadurch weniger gut als Carbonstähle. Außerdem gibt es auch sehr harte C-Stähle, siehe ApexUltra oder Aogami Super. Berücksichtigen muss man auch, dass ein rostfreier Stahl nie so scharf werden kann wie ein C-Stahl. Dabei geht es allerdings um das letzte Quäntchen Performance, welches man wohl bei maximal 10 Prozent Unterschied verbuchen müssen wird.

Letztlich lebt ein C-Stahl auch, wohingegen rostfreie Stähle sich nicht mehr entwickeln und du ihnen dadurch keinen eigenen Charakter mittels Patinabildung verleihen kannst.

Daneben muss man auch die optischen Designelemente bedenken. C-Stähle lassen sich schwarz ätzen und machen größere Kontraste zwischen Stahlsorten im Damast möglich. Dadurch lassen sich kontrastreichere Muster im Stahl erzeugen, was bei den rostfreien Pendants nicht möglich ist.
 
Wenn es um Schneidwinkel und Karbidgrosse geht:
Man vergisst, dass Schneidwinkel weitgehend über Schneidsorte steht.
Nein, bei realistischen Belastungen kann man Schneidwinkel nicht kleiner machen, wenn man C- Stahl nimmt.

Auch Angaben hinsichtlich guter Belastbarkeit einer Schneide von "Karbidmonster" wie z.B. Sleipner, die sich von Hersteller stammen, stimmen. Daraus kann man Beil machen und damit Knochen hacken, wobei C-Stahl-Beile weitgehend nicht immer gleiche Belastungen aushalten können (bei gleichen Schneidwinkel). Da muss schon WB stimmen.

Auch Zusammenhänge zwischen belastbarkeit der Schneide und der ganzen Klinge verstehen Anfänger nicht immer: mein Wurfmesser aus Federstahl kann man nur schwer brechen, die Schneide da deformiert sich auch bei kleinen Belastungen.

Rasiermesser haben keine Belastbarkeit der Schneide, die für Messer notwendig ist. Auch wenn man sich rasiert ists ratsam nach jeder Rasur Lederriemen zu nutzen um die Schneide zu richten. Nur so kannst Du sehr- sehr lange ohne Schärfen klar kommen.

Differentiell Härten wird nicht so selten gemacht. Häufig kommts von allein.

3-lagen Klingen z.B. aus CPM125V und 420 als Seitenlagen ohne bzw mit wenig Leistungsverlust der Mittellage ist schon die Aufgabe für Profis. Aber heutzutage gibt's Menschen, due tatsächlich gute 3-Lagen-Klingen machen können. Solche Klingen bringen Schneidleistung von 125v und sind leichter umzuschleifen.

Ps: trotz häufige Anmerkungen hinsichtlich Feilen, Kugellager und co. als Billigmesser, einfache Stahlsorten und..., bleiben die Klingen tatsächlich praktisch und beliebt (ich mag die z.B.).
Als rostfreie Konkurenz kommen AEB-L, 420, N690 infrage.
 
Das Carbonstähle einfacher in der Wärmebehandlung sind als hochlegierte Stähle mag ich in der Form nicht unterschreiben. Natürlich kann man mit einfachsten Mitteln einen Carbonstahl härten.
Wenn man es aber einigermaßen richtig machen möchte, verlangen Carbonstähle eine signifikant komplexerere Wärmebehandlung, als zumindest einige der hochlegierten Stähle.

Konkret: Bei Carbonstählen hast Du die Arbeitsschritte: Normalisieren, mehrere Runden Kornverfeinerung und dann das eigentliche Härten. 14C28N oder auch RWL-34 packst Du in Schutzfolie, gehst direkt auf Härtetemperatur und härtest entweder mit Alu-Platten und/oder Öl. Optional packt man die Messer dann noch in die Tiefkühltruhe.
Natürlich gibt es diverse andere hochlegierte Stähle die ebenfalls nach einer komplexen Wärmebehandlung verlagen (z.B. 3V mit Vorwärmen und Anlassen des noch nicht vollständig ausgekühlten Stahls).

Ich verwende gerne Carbonstähle weil sie mir mehr Gestaltungsspielraum lassen. Sowohl was die Wärmebehandlung angeht, als auch bzgl. des Finish, wie das schon erwähnte Brünnieren.
Hochlegierte rostträge Stähle verwende ich dann wenn derjenige der das Messer erhalten soll entweder keine Patina und auch keine schwarze Klinge möchte, oder ich davon ausgehen muss, dass das Messer nicht übermässig pfleglich behandelt werden wird (z.B. feucht in der Küche liegen bleibt...)
 
Ich glaube auch nicht, dass es eine Kausalität zwischen Chrom Anteil und maximal möglicher Härte besteht. Zumindest gibt es genug Gegenbeispiele (bspw. Böhler S390). Bei niedrig legierten evtl.
 
ich finde das Härten von niedrig legierten ('Carbon') Stählen schon einfacher. Sicher mit Normalisieren und Einformen wird das komplexer, aber das ist ja lediglich bei geschmiedeten Klingen notwendig und dann auch per Esse möglich, was den Aufwand wieder etwas relativiert. Bei den 'einfachen' Stählen muss man aber ein bisschen besser und genauer die richtige Zeit und Temperatur treffen, um feines Gefüge und gute Härteannahme zu erreichen - dafür gibts das Ganze im wesentlich niedrigeren Temperaturbereich um meist 800 bis maximal 900°C.

Rostträge möchte gerne mindestens 1000° (meist eher noch mehr), was mit einfachen Öfen oder einer Esse nicht getan ist. Rostträge profitiert wesentlich vom Tiefkühlen (also Trockeneis und Spiritus oder Stickstoff) und bei richtig hoch legierten PM-Stählen lässt man mehr als zweimal an - und mitunter auch für 2 statt einer Stunde. Das finde ich unterm Strich schon aufwändiger.

Und da muss man sich fragen, welchen Mehrwert man durch einen anderen Stahl hat. Was braucht man in der Küche denn wirklich? ....kommt ein bisschen darauf an, wie man schneidet und was in erster Linie. Hartes Schnittgut und Druckschnitt funktionieren mit nicht rostträgen Stählen auf Grund ihres meist feinen Gefüges (der relativ kleinen, gleichmäßig verteilten Karbide) zimelich gut. Da ist in erster Linie Kantenstabilität gefragt und das können die Rostträgen auch nicht besser - eher im Gegenteil: von den PM-Stählen einmal abgesehen muss man schon suchen, um ähnlich belastbare und hoch härtbare rostträge Stähle zu finden (AEB-L, Magnacut, 14c28 ...)
Zudem ist der Einfluss des Stahles meist doch nicht sooo signifikant, wie uns die Werbung manchmal glauben machen möchte. Sie steht hinter der sinnvollen Konstruktion (Geometrie/ Klingenstärke/ Schneidenwinkel). Wenn jemand Zeit und Geld da rein steckt, statt in Stahl, dann hält man oftmals dann das unterm Strich bessere Messer in der Hand.

Was auch schon geschrieben wurde, meiner Meinung nach oft zu wenig Bedeutung geschenkt wird: einfache Schärfbarkeit! Das sorgt in der Praxis bei mir dazu, dass ich häufiger ein wirklich tadellos scharfes Messer im Einsatz habe. Weniger Züge auf einem Sinterrubinstab bedeutet weniger Winkelfehler und schneller ein scharfes Messer. Zudem hält die wirklich schön feine Schärfe auch bei einem verschleißfesteren Stahl im Druckschnitt nicht deutlich länger. Also immer mal kurz Abziehen und dann geht es wieder fein scharf weiter. Chromhaltige Stähle sind einfach abriebfester und setzen harte Schleifmedien wie einen Keramikstab schneller zu. Das Ganze ist aufwändiger und wird dann weniger häufig gemacht (jedenfalls bei mir).

Unterm Strich also schon ein paar funktionale Überlegungen, die bei mir zum Einsatz von niedrig legierten Stählen führen. Das sind in der Küche aber dann schon keine wirklich einfachen Stähle, sondern meist die Stähle mit Wolfram dabei - die halten sowohl beim Druck- als auch beim Zugschnitt die Schärfe ganz ordentlich in der Küche. Sleipner und Co (da gehört für mich auch ein A2 dazu) sind - obwohl nicht rostträge - schon eher der Gruppe der hochlegierten Stähle zugehörig. Das sind keine 'Carbonstähle' von der Verarbeitung her. Und die 'einfachen' rostträgen Stähle wie z.B. 14c28 oder AEB-L brauchen auch ein gutes Händchen bei der Härtung. Im Datenblatt für den 14c28n sind einige Aufnahmen zur korrekten Härtung des Stahles zu sehen - auch da muss man - ähnlich der C-Stähle - Zeit und Temperatur möglichst gut treffen.
Der 14c28N ist dabei gar nicht mal so teuer: 2,5x90x83mm; da werden locker 4 ordentliche Küchemesser draus und da wäre ich mit rund 10€ pro Klinge dabei. Selbst beim doppelten Kurs ist das kein Argument für C-Stahl im Rahmen eines handgefertigten Messers.
 
Last edited:
Ich glaube auch nicht, dass es eine Kausalität zwischen Chrom Anteil und maximal möglicher Härte besteht. Zumindest gibt es genug Gegenbeispiele (bspw. Böhler S390). Bei niedrig legierten evtl.
jein - grundsätzlich wird Kohlenstoff durch Chrom in Karbiden gebunden (und steht nicht in vollem Maß zur Härtung zur Vefügung). Mehr C bedeutet dann auch Wiederherstellung der Härtbarkeit. Allerdings wachsen die Karbide in ihrer Größe dann auch an. Daher gibt es nur wenig Stähle im rostträgen Bereich, die herkömmlich erschmolzen einen guten Kompromiss aus Härtbarkeit und feiner Karbidstruktur im Gefüge hinbekommen. Die nicht rostträgen Stähle bleiben in diesem Bereich (feine Gefügestruktur) allerdings höher härtbar.
Hier: https://knifesteelnerds.com/2019/03/04/all-about-aeb-l/ kann man sich das anschauen (auch den Unterschied im Gefüge zu einem 19c27 oder einem 440C). Da ist bei 64HRC Schluss. Bereits ein Feilenstahl kommt hingegen locker auf deutlich mehr (Glashärte - sprich mindestens 65/66HRC).
Wirklich sein muss das nicht, bzw. einen Mehrwert kann ich da nicht ersehen. Mit einem Kamon oder Herde 14c28N dürften selbst für den ambitionierten Messerfreund kaum Wünsche offen bleiben.

Für PM gilt Geschriebenes allerdings nicht.
 
Last edited:
Die Härte kann
- nach dem Härten gleich sein, nur in einem Fall kann die Klinge überhitzt sein, in anderem nicht.
- nach dem Anlassen, wenn Restaustenit sich umwandelt, kann die Härte steigen.
- nach dem Tiefkühlen kann Restaustenit sich verringern und die Härte steigen.
Wie schon bekannt ist, ist es wichtig nicht nur wie hoch die Härte ist sondern wie die erreicht wurde.

Ich härte selbst nicht, finde aber schon interessant, wie Menschen z.B. 3-Lagen-Klingen aus Stahlsorten, die auf erten Blick nicht zueinander passen, härten. Und das noch (sehr) gut hinbekommen.
 
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