Altes VICTORIA-Bauernmesser

boogerbrain

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Wie es der Zufall will, stolpert man manchmal über etwas, das man so direkt gar nicht gesehen hat. Mir ging es so mit einem Tuttlinger Bauernmesser à la Pius Lang, Veihelmann usw. - tatsächlich meinte ich, so etwas wie ein "V" auf dem Ricasso zu erkennen, was mich in Richtung Veihelmann schob -; der Zustand schien "deutlich gebraucht" & "lange gelagert" zu sein. Nach etwas hin und her bekam ich es für 10 Euro.

Schöne Überraschung dann: Bei genauerer Inspektion stellte es sich heraus, daß ich ein altes VICTORIA in der Hand hatte, und tatsächlich ist der Zustand weit besser als die Optik zunächst befürchten ließ. Die Feder ist stramm, keinerlei Klingenspiel, die Bunthornschalen bis auf eine kleine Macke einwandfrei, die Backen hervorragend. Wenn die Klinge nicht durch mieses/grobes "Schlagschleifen" eine deutlich Delle aufweisen würde (bei so einer Verformung der Klinge muß ich immer an meine Oma denken, deren Messer sahen nach kürzester Zeit genauso und schlimmer aus , dank sehr grobmotorischer Behandlung mit allem, was gerade zur Hand war), könnte man meinen, das Messer hätte lediglich Lagerungsspuren.

Hier ein paar Bilder:

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Wie zu sehen ist, steht VICTORIA hier ohne "Geschnörkel" drumherum - laut der Angaben hier wäre dieses Messer von 1943.

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Falls jemand hier genauere Angaben hätte (-> Alter), würde ich mich freuen. Ich weiß, es gibt hier eine ganze Menge Victoria/-inox-Fachwissen.
 
Ich kann deine Sammlerfreude total verstehen. Wenn man beim Reinigen auf solche positiven Überraschungen trifft, ist mehr als ein Sammlertag gerettet. Und dann geht die Recherche los, zu der ich leider nichts beitragen kann.

Abu
 
Victorinox ist zwar nicht mein "Spezialgebiet", doch auf einer anderen Auflistung finde ich diese Stempelung mit der Zeitangabe ca. 1943-1970 (die Auflistung kann ich leider nicht anhängen, da sie nicht von mir ist und ich die Quelle nicht mehr kenne).
 
Hey boogerbrain, bin gerade zufällig auf deinen Beitrag hier gestoßen. Gratulation zu dem alten netten Schweizer, hätte mich an deiner Stelle auch gefreut. Aber in deinem Text hast du den Namen "Veihelmann" erwähnt und dazu hätte ich ein paar Fragen. Der Name war mir als Tuttlinger Messerschmiede bis vor einer Stunde nicht bekannt. Und eigentlich bin ich darüber gestolpert weil ich Infos zur Schmiedemarke KVT gesucht habe.(Die mir bis gestern nicht bekannt war) Beim Schweizer Onlineauktionshaus war bis Februar ein Messer von G.Veihelmann zu haben. Hast du irgendwelche Informationen oder Quellen zu G. Veihelmann und evtl auch zu KVT? In Tuttlingen soll es ja mal über 170 Messerschmiede gegeben haben aber mir sind nur recht wenige davon bekannt.
 
In Tuttlingen gab es tatsächlich wohl mal mehr Messerhersteller als in Solingen - echt unterschätzt, das Gewerbe in dieser Stadt ;-)

Was hast Du um 14 Uhr heute Nachmittag zu Veihelmann festgestellt/erfahren? Und BTW: Ich habe hier ein neulich erworbenes Messer liegen, das mit "K. Veihelmann Tuttlingen" markiert ist ... bisher konnte ich noch nichts weiter dazu herausfinden. Foto folgt.

Der alte Veihelmann war sogar mal der oberste Messerschmied der Hersteller aus Tuttlingen - nach allem, was ich bisher feststellen konnte. Der bekannteste Name aus der Ecke ist ja Pius Lang, würde ich sagen, aber auch R. Mattes ist kein Unbekannter. Ich habe vielleicht fünf oder sechs (oder laß es acht sein) verschiedene Messer Tuttlinger Hersteller in meinen Kisten - auch einer aus der Bacher-Sippe hat m.W. dort produziert -, aber viel mehr dazu sagen kann ich leider auch nicht. :-(

Natürlich ist bekannt, daß ein Eidgenosse mit Namen Elsner in Tuttlingen eine Menge Inspiration gesammelt hat (bzw. dort ausgebildet wurde), und wo das hinführte, wissen wir auch ... und Aeskulap ist ebenfalls ein bekannter Name, der prinzipiell ebenfalls aus der Tuttlinger Messerfabrikation hervorgegangen ist bzw. seine Wurzeln darin hatte. Gustav Branner hat auch viel Ware aus Tuttlingen bezogen bzw. dort fertigen lassen.

Unter'm Strich muß ich aber sagen, daß mir zu der Messerfertigung an sich in Tuttlingen weniger bekannt ist, als es mir lieb wäre, so leid es mir tut. Ich finde die alten Teile, also Tuttlinger Bauernmesser, faszinierend, weil sie funktional und "ehrlich" sind - echte Ge- und Verbrauchsmesser, pragmatisch und preiswert, und völlig auf Nutzenmaximierung hin optimiert.

Auf jeden Fall wäre das ein Thema, um sich weiter rein zu vertiefen, was ich bisher versäumt habe :-(
 
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Was meinen Recherchen ergeben haben: Hab am Samstag ein Foto von zwei Bauernmessern gesehen auf denen in einem Dreieck angeordnet KVT stand. Mit der Aussage das T für Tuttlingen stehen soll. Irgendwie bin ich dann über die Bildersuche zur Schweizer Auktionsplattform gekommen wo bis Februar ein merkwürdig aber interessant geformtes , altes Messer mit der Prägung G.Veihelmann Tuttlingen zu finden war. Bis zu deiner Sehr interessanten Aussage das es auch einen K.Veihelmann gab, und der Erkenntnis das in Tuttlingen noch einige mit Nachnamen Veihelmann wohnen bin ich bis jetzt noch nicht weiter gekommen.
Werde aber morgen Mittag mal nach Tuttlingen fahren und im Heimatmuseum nachfragen ob es da vielleicht Infos oder Dokumente zu alten Messerschmieden gibt. In einem Heimatblatt von 1983 soll's auch mal einen Artikel gegeben haben.
Pius Lang, Richard Mattes, Bacher, Veihelmann haben wir schon mal.
Ich ergänze noch um Carl Holz, Zuckerschwerdt (glaube Winfried) und Stortz und Söhne fallen mir noch ein, allerdings mir nur als Besteckhersteller bekannt.
Einen P.Müller meine ich, gab's noch in Ebingen (ca. 40km von Tuttlingen entfernt)
Ein Messer in Bauernmesserform mit einer kleinen Klinge und einer großen mit der klassischen Hechtform habe ich auch noch und die Schmiedemarke mit G.Riedinger sagt mir gar nichts
 

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Und wenn wir schon dran sind: Hat schon mal jemand ein (P.) Lang- Messer wie mein kleines hier mit den Perlmuttschalen gesehen?? Ist nur mit LANG gemarkt, ohne PL Logo, und Rostfähigem Stahl. Vielleicht aus der Zeit vor Firmenlogos? Oder einem abtrünnigen Bruder o.ä??
 

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Werde aber morgen Mittag mal nach Tuttlingen fahren und im Heimatmuseum nachfragen ob es da vielleicht Infos oder Dokumente zu alten Messerschmieden gibt.
Finde ich großartig, diese Art der Recherche, viel Erfolg! Die Tuttlinger wären es wert, wenn auch nicht mein Sammelgebiet.
Vielleicht könntest du aber deine Recherche noch etwas ausdehnen auf die Frage, WARUM es in der Region so viele Messermacher gab. In Solingen war es wohl die Nähe zu Stahl, Kohle aus dem Ruhrpott und reichlich Wasserkraft.
Ein sammelnder Kollege aus dem Süden meinte, dass es in der Region Tuttlingen Eisen gab!?!?

Abu
 
Hey Abu da liegst du mit deinem ,Warum, genau richtig. Seit 1600 noch was, gab es die heutige SHW Ludwigsthal, wo Eisen verhüttet wurde und heute noch zB Bremsscheiben für die Automobilindustrie hergestellt werden. Das Werk liegt direkt an der Donau zwischen Tuttlingen und Nendingen. Heute wird da Stahlschrott recycelt aber früher brauchte man sogenanntes "Bohnerz".
Hier bei uns ist ja überall Kalkgestein und das Bohnerz lässt sich heute noch auf vielen Äckern oder in Baugruben in Form von kleinen rostigen Kügelchen oder Tropfen finden.
In Weilheim bei Tuttlingen wurde das Zeug auch im großen Stil, unter Tage abgebaut. Weilheimerberg ist da das Stichwort.
Steinkohle gibt's bei uns eher weniger. Da mussten zahlreiche Köhler die Wälder um den Heuberg abholzen um Braunkohle herzustellen.
Bin auch sehr gespannt ob die mir im Heimatmuseum da, heute mittag weiter helfen können.
 
Was meinen Recherchen ergeben haben: Hab am Samstag ein Foto von zwei Bauernmessern gesehen auf denen in einem Dreieck angeordnet KVT stand. Mit der Aussage das T für Tuttlingen stehen soll. Irgendwie bin ich dann über die Bildersuche zur Schweizer Auktionsplattform gekommen wo bis Februar ein merkwürdig aber interessant geformtes , altes Messer mit der Prägung G.Veihelmann Tuttlingen zu finden war. Bis zu deiner Sehr interessanten Aussage das es auch einen K.Veihelmann gab, und der Erkenntnis das in Tuttlingen noch einige mit Nachnamen Veihelmann wohnen bin ich bis jetzt noch nicht weiter gekommen.
Werde aber morgen Mittag mal nach Tuttlingen fahren und im Heimatmuseum nachfragen ob es da vielleicht Infos oder Dokumente zu alten Messerschmieden gibt. In einem Heimatblatt von 1983 soll's auch mal einen Artikel gegeben haben.
Pius Lang, Richard Mattes, Bacher, Veihelmann haben wir schon mal.
Ich ergänze noch um Carl Holz, Zuckerschwerdt (glaube Winfried) und Stortz und Söhne fallen mir noch ein, allerdings mir nur als Besteckhersteller bekannt.
Einen P.Müller meine ich, gab's noch in Ebingen (ca. 40km von Tuttlingen entfernt)
Ein Messer in Bauernmesserform mit einer kleinen Klinge und einer großen mit der klassischen Hechtform habe ich auch noch und die Schmiedemarke mit G.Riedinger sagt mir gar nichts
Kompliment, ToGrias, dass Du Dich nach mehreren Recherchen zu süddeutschen Messerherstellern nicht wie in der Vergangenheit auf das "Schwarmwissen" hier im Messerforum verlässt und selbst im Heimatmuseum Tuttlingen nachfragst.

Mir sind inzwischen aus der Werkzeug- & Kleineisenwarenindustrie 28 Hersteller aus Tuttlingen bekannt, von denen gesichert 20 auch Messer hergestellt haben; darunter zwei, die 1869 die Auszeichnung "Hofmesserschmied" trugen.
Ich würde mich freuen, wenn Du mit vielen neuen Erkenntnissen zurückkehrst und uns an Deinem neuen Wissen teilhaben lässt.

Zu Veihelmann habe ich in meinen Unterlagen aus Januar 1950 eine Werbeanzeige, sie benennt "Georg und Karl Veihelmann" gemeinsam als "Hersteller von Tuttlinger Taschenmesser jeder Art".

Grüße
cut
 
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Hallo,
Mich würde noch ein technisches Detail des ursprünglich gezeigten Messers interessieren. War das zweite Werkzeug am Messer zur Gamsjagd gedacht?
Grüße
Andreas
 
Das ist eine Sacknadel zum Reparieren/Vernähen von Jutesäcken. Also eher was bäuerliches.
 
Das ist eine Sacknadel zum Reparieren/Vernähen von Jutesäcken. Also eher was bäuerliches.

Denke der Name Sackahle ist gängiger. Zum Vernähen von Kartoffel und Getreidesäcken, eine Schnur durch eine Seite Speck ziehen um in den Rauch gehangen zu werden, Pansenstich beim Vieh mit Blähbauch, Lederbearbeitung, Gabelersatz...... die Anwendungen sind schier unendlich. 😉
 
Wie angekündigt war ich heute Mittag im Tuttlinger Haus um vorzusprechen, leider war aber gerade kein Geschichtsprofessor o.ä. zur Hand. Hab mir interessiert das Haus und die Ausstellung angeschaut und der guten Frau Museumsleiterin eine freundliche sehr ausführliche E-Mail geschrieben. Hoffentlich antwortet sie schnell und ich kann mein Wissen schnell mit euch teilen. Danke auch an Abu und cut! Sehr interessant! 👍
 
Einen P.Müller meine ich, gab's noch in Ebingen (ca. 40km von Tuttlingen entfernt)
Ich habe ein paar Messer, die mit "PH.MÜLLER" gekennzeichnet sind ... das könnte nicht derselbe sein? Ich versuche schon länger, etwas zu dem herauszufinden ... allerdings sind die Klingenformen anders; Abu verortete die Messer in Richtung Frankreich/Elsaß. Die Messer sind hier vorgestellt ... ich habe die beiden mittleren aus dem letzten Bild. Interessanterweise nicht von dem Sammler, den ich in dem Thread erwähne; der hatte mir nicht signalisiert, daß er verkaufen würde; dafür war er baß erstaunt, als ich sie ihm dann gezeigt habe :)
 
Ich habe ein paar Messer, die mit "PH.MÜLLER" gekennzeichnet sind ... das könnte nicht derselbe sein? Ich versuche schon länger, etwas zu dem herauszufinden ... allerdings sind die Klingenformen anders; Abu verortete die Messer in Richtung Frankreich/Elsaß. Die Messer sind hier vorgestellt ... ich habe die beiden mittleren aus dem letzten Bild. Interessanterweise nicht von dem Sammler, den ich in dem Thread erwähne; der hatte mir nicht signalisiert, daß er verkaufen würde; dafür war er baß erstaunt, als ich sie ihm dann gezeigt habe :)
Musste erst selber lange überlegt wie ich zu dieser Aussage komm, aber ich meine, vor ca zwei bis drei Jahren waren mal drei Messer , sehr ähnlich wie die auf deinem Bild, von PH. Müller online, beim Marktführer zu ersteigern und da stand, meine ich, in der Beschreibung das die Messer aus Albstadt -Ebingen stammen.

Kann leider den Screenshot von damals nicht mehr finden und die Googelsuche ergab leider auch nix, außer das es einige Messerschmiede namens Philipp Müller gab aber halt nicht im Zollernalbkreis.
War vlt eine Falschaussage vom Verkäufer oder Fehlannahme von mir.
Die Messer gefallen mir übrigens sehr und das französische Aussehen liegt fast auf der Hand.
 
Zu meinen Tuttlinger -Studien: War am Samstag in der Stadtbücherei und hab mich da nach der sehr freundlichen Empfehlung der Tuttlinger Museumsleiterin erstmal durch die Tuttlinger Heimatblätter von 1936 bis 2023 gewühlt. Hab einige sehr interessante Artikel und Texte gefunden. Werde das ganze (12 Seiten) mal kommende Woche zusammenfassen und dann berichten.
 
... Werde aber morgen Mittag mal nach Tuttlingen fahren und im Heimatmuseum nachfragen ob es da vielleicht Infos oder Dokumente zu alten Messerschmieden gibt. In einem Heimatblatt von 1983 soll's auch mal einen Artikel gegeben haben. ...

Wie angekündigt war ich heute Mittag im Tuttlinger Haus um vorzusprechen, leider war aber gerade kein Geschichtsprofessor o.ä. zur Hand. Hab mir interessiert das Haus und die Ausstellung angeschaut und der guten Frau Museumsleiterin eine freundliche sehr ausführliche E-Mail geschrieben. Hoffentlich antwortet sie schnell ...

Das klingt ja leider sehr ernüchternd, ToGrias.
Schade, dass zu Deiner Recherche weder ein "Geschichtsprofessor o.ä." noch die Museumsleiterin zur Verfügung standen.
Vielleicht hilft ja die Antwort zu Deiner sehr ausführlichen E-Mail!

... Pius Lang, Richard Mattes, Bacher, Veihelmann haben wir schon mal. Ich ergänze noch um Carl Holz, Zuckerschwerdt (glaube Winfried) und Stortz und Söhne fallen mir noch ein, allerdings mir nur als Besteckhersteller bekannt. ...

Übrigens:
Der Name Zuckerschwert erschwert möglicherweise Deine Nachfrage und weitere Suche.
Sicherlich meinst Du als fraglichen Messerhersteller die renommierte Firma ZUCKSCHWERDT mit dem Vornamen Gottfried, der hier im Messerforum über die Suchfunktion gefunden werden kann.

Zuckschwerdt, Tuttlingen.JPG

Grüße
cut
 
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Oha, Gottfried ZUCKschwerdt! Passt so auch deutlich besser zu einem Messerschmied!
Danke für die Erkenntnis.
Des mit dem Geschichtsprofessor war auch etwas ironisch gemeint.😉 Das da keiner sagt "super Thema, hock her und schreib mit, ich weiß alles" war mir schon bewusst.
Ernüchternd wärs nur gewesen wenn jemand gemeint hätte " da gibt's nix dazu und wir wissen auch nicht wo"
 
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