Was passiert materialtechnisch beim Härten?

sharky

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Frage an die Profis. Kann mal jemand für Dumme erklären was mit dem Material beim Härten vor sich geht?
 
beim härten wird der stahl auf seine härtetemperatur gebracht, wodurch sich die kristalline struktur des stahls temperaturabhängig verändert und der kohlenstoff in die fe-strukturen hinein"wandert". hierdurch sind die strukturen nichtmehr harmonisch und spannungsarm aufgebaut, sondern durch den kohlenstoff und andere legierungselemente leicht verzerrt, was jedoch aufgrund er hohen temperatur nichts ausmacht (das stahl-gefüge ist ja in dem zustand "elastisch"). wird der auf härtetemperatur gebrachte stahl abgeschreckt, so ziehen sich die kristallstrukturen schlagartig zusammen und werden durch den -in die kristalle eingedrungenen- kohlenstoff verzerrt und somit ineinander verhakt (kannst du dir wie ein behälter mit diesen kleinen dünnen nägeln, wärend ein ungehärteter stahl mit einem behälter mit erbsen zu vergleichen ist (kein wiederstand beim hineindrücken)).
durch dieses verhaken erhöhen sich druck- und zugfestigkeit des stahls..

sry für die leihenhaftigkeit der beschreibung... ich hatte die letzte technologie-/metallkunde-stunde vor 2 jahren..

einen ersten hinweis in welchem kristallinem zustand sich einstahl bei welcher temperatur und kohlenstoffkonzentration befindet bietet das eisen-kohlenstoff-diagramm
z.b. dieses hier:
http://home.t-online.de/home/PeterDressel/eks.htm

ich hoffe unsere werkstoffkundler meuchlen mich jetzt nicht :D
 
Wenn Stahl auf Härtetemperatur erwärmt wird klappt das Kristallgitter um. Er wird Austenitisch und ist dann unmagnetisch.
Wenn der Stahl langsam abgekühlt wird klappt das Gitter wieder zurück.
Wenn der Stahl aber schnell genug abgekühlt wird (kritische Abkühlgeschwindigkeit) entsteht ein verzerrtes Kristallgitter, das Martensit heisst. Das ist dann der gehärtete Stahl.

Stahl hat eine kritaline Struktur.
Wenn du dir einen Schuhkarton mit Tischtennisbällen vorstellst, dann kannst du die Bälle dort nach unterschiedlichen Mustern packen. Das sind die verschiedenen Kristallgitter.
Die Bälle sind die Eisen-Atome. In den Lücken zwischen den Bällen befinden sich die viel kleineren Kohlenstoffatome.
Beim Abschrecken sind die Kohlenstoffatome im weg, dadurch kommt es zu den wichtigen Verspannungen.
Ein Stahl ohne ausreichend Kohlenstoff (0,3%)ist nicht härtbar.

Zorro
 
vielleicht noch mal einige basics (zur Vereinfachung hier nur Betrachtung von Eisen und Kohlenstoff):
bei Raumtemperatur ist die Löslichkeit von Kohlenstoff (C) in der Eisenmatrix sehr gering. Der C liegt bei diesen Temperaturen (wenn langsam aus der Schmelze kalt werdend) hauptsächlich als Zementit (Fe3C) vor. Dieses Gefüge heißt dann Perlit ( Mischung aus Ferrit (Eisen) und Zementit). Unter dem Mikroskop sind schwarze Streifen (zementit) auf weißem Grund (Ferrit) zu sehen. Durch weichglühen formt sich der Zementit allmählich zu kleinen Kügelchen um (da kleinere Oberflächenspannung). Da die Beweglichkeit von C im Gefüge aber bei Raumtemperatur gegen null geht, kann diese "Einformen" erst bei höheren Temperaturen stattfinden. Weichglühen ist insofern von Bedeutung, als es zur besseren Bearbeitbarkeit (geringere Härte) notwendig ist, aber auch, damit der Zementit beim Härten leichter und gleichmäßiger in Lösung gehen kann (dazu mehr später). Wird aus dem Zustand des streifigen (auch lamellaren) Perlits gehärtet, bleibt auch in dem Gehärteten Zustand eine Zeiligkeit erhalten, die die Eigenschaften für die meisten Zwecke ungünstig beeinflußt.
Nun zum eigentlichen Härten: wird nun ein Stahl XY auf seine Härtetemperatur gebracht, beginnt die Zementitverbindung Fe3C sich aufzulösen, und der Kohlenstoff wird in das Eisengitter aufgenommen, da sich ab einer bestimmten Temperatur das Gefüge in seiner Struktur ändert und in der Lage ist, wesentlich mehr C ls bei Raumtemperatur aufzunehmen. Kühlt der Stahl nun wieder ab, so ändert sich die Struktur des Gefüges wieder, die Löslichkeit von C ist dann also wieder die selbe wie vor dem Erwärmen. Was dann passiert, hängt von der Abkühlungsgeschwindigkeit ab. Kühlt er wieder langsam ab, so entsteht wieder streifiger Perlit. Kühlt man jedoch schnell ab, so bleibt dem C nicht genug Zeit, sich aus dem Eisengitter in Form von Fe3C auszuscheiden. Die Struktur des Gefüges ändert sich, wie bereits gesagt, trotzdem. Nun liegt ein Gefüge vor, in dem eigentlich wesentlich weniger C in der Fe-Matrix sein dürfte. Der C hat also das Bestreben auszutreten, kann aber auf Grund der verhinderten Beweglichkeit nicht. Diese Zwangslösung des C ist eine Art "Energie", die dafür sorgt, daß sich das Metallgitter verzerr (tetragonal), was sich in steigender Härte, Abriebfestigkeit, Zugfestigkeit dafür aber abnehmender Zähigkeit bemerkbar macht. Der Stahl ist gehärtet, ein Gefüge entstanden, daß Martensit heißt.
Hoffe,das war verständlich. Dies ist aber nur der Trick an sich in vereinfachten Zügen! Für mehr Info wäre wohl ein wenig Lektüre nicht schlecht. Davon abgesehen gibt es aber noch andere Möglichkeiten (außer dieser Klassischen auf Fe-C Basis), die zu einer Härtesteigerung führen. Das führt hier aber zu weit, auch weil es für den größten Teil der Messerstähle nicht zutifft.
Maraging Steel, um ein Beispiel zu nennen.
gruß,
xtorsten
 
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