AW: Frage zum Grat und der Schneide
Hallo,
ich verstehe es so (und konnte das auch z. Tl. unter dem Mikroskop bestätigen):
Selbst nach dem Schleifen mit der feinsten Körnung (z. B. 6000er) hat die Wate (also die vordere, eigentliche Schneide) meist noch einen winzigen Grat, den man - ich jedenfalls - mit dem Finger oder dem 'unbewaffneten' Auge nicht mehr entdecken kann.
Bei europäischen Kochmessern aus üblichen 1.4116-Stählen hält sich so ein superwinziger Grat übrigens häufiger fest, als an harten Karbonstahl-Messern europäischer und erst recht japanischer Provenienz.
Diesen Mini-Grat bekomme ich sehr schön weg durch Abziehen mit einem Winkel leicht größer oder gleich dem Schleifwinkel auf einem mit Chromoxid-Farbe angestrichenen Leder.
Da man darauf ja nur zieht, also von der Schneide weg, wird der Minirestgrat praktisch vollständig weg'poliert'.
Wenn man das Abziehen nicht sparsam, sondern extensiv betreibt, handelt man sich das (kleine) Problem ein, die Schneide wieder ein wenig zu verrunden; man schenkt dann sogar wieder etwas Rasierschärfe her.
Deshalb plädiere ich für sparsames Abziehen: 2 bis 3 mal auf jeder Seite des Messers reicht, und mit wenig Druck!
Aber dann: wie briesenreiter richtig sagt, kommt der miese Grat beim Benutzen des Messers wieder ins Spiel. Sei es, dass der Stahl vielleicht für seine Eigenheiten zu schlank geschliffen ist, oder das Messer etwas härtere Aufgaben zu bewältigen hatte oder...
Jedenfalls bildet sich an beanspruchten Stellen der feinen Schneide hie und da wieder ein Grat, der meist zu einer Seite hin weggedrückt erscheint (unterm Mikroskop, oder einer starken Lupe gut zu sehen).
Dann gibt es m. E. zwei Möglichkeiten:
- die Absolute: ich schleife wieder neu, zumindest mit 3000, plus Abziehleder; das reicht meist
- die Pragmatische: ich nehme meinen F.Dick Micro Superfeinzug und wetze das Messer vor dem Gebrauch daran. Auch hier wieder: wenige Wetzbewegungen ( 2 bis 6 je nach Gratempfinden) je Seite, mit einem Winkel gleich oder ganz wenig größer dem Schleifwinkel, und mit ganz wenig bis gar keinem Druck.
Aber: gegen die Schneide!
Also genau entgegengesetzt der Abziehleder-Bewegung!
Was passiert: der feine neugebildete Grat wird beim Wetzen nicht etwa aufgerichtet, sondern im wahrsten Sinne des Wortes
umgelegt. Er wird fein säuberlich auf eine Seite der Wate angelegt und angeschmiegt, wo er keinen Ärger mehr beim Schneiden macht.
Diese Art des Wetzens hält meine üblichen Kochmesser mindestens Faktor 3 länger im Gebrauch, bevor ich meine, jetzt müßte ich dann aber doch wieder mal schleifen.
Ich habe auch (jetzt krieg ich von einigen Forumiten echt was ab) überhaupt keine Skrupel, meine prima japanischen Santokus und Pettys und so weiter genau so über den Wetzstahl wieder zwischen-zu-frischen. (schönes Wort!)
Geschadet hat dies noch keinem meiner Messer, und da ich lieber (mit scharfen Messern) koche als schleife, ist dies für mich der pragmatischste Weg zum Glück.
Jetzt bin ich auf die Diskussion gespannt,
Norbert