Spuren vom Richthammer auf 1.2379?

Stahlophil

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Hallo!

Normalerweise arbeite ich eher mit Kohlenstoffstahl und den härte ich dann auch selbst. Verzug ist da bisher eher weniger ein Problem gewesen.

Neulich habe ich zwei Klingen aus D2 von Wolf Borger zurückbekommen.
Eine der Klingen ist wohl gerichtet worden. Sie hat unterhalb des Klingenrückens ca. 5-6 mm lange Abdrücke, ca. 1mm breit. Von den Proportionen her sieht das aus wie die Abdrücke eines sehr starken Schlitzschraubenziehers. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Abdrücke im eigentlichen Sinn, sondern die Macken sind erhaben!?!?!
Ich habe bisher keine praktische Erfahrung mit Richthämmern und dachte eigentlich, daß man Klingen quasi durch leichtes Einkerben richtet.
Wie kann das also mit den erhabenen Hubbeln zusammenpassen?

Beste Grüße!
 
Da kann ich dir auch wenig zu sagen. Aber am schnellsten erfährst du sicher etwas, wenn du bei Borger nachfragst. Und das anschließende Berichten hier im Forum nicht vergessen ;-)

Gruß

Uli
 
Soweit ich das richtig in Erinnerung habe, steht zu Wolf Borgers Härteservice in seinen Geschäftsbedingungen, dass das Richten nur mit ausdrücklichem Auftrag, bzw. nur nach Rücksprache mit dem Kunden ausgeführt wird - wenn überhaupt. Den genauen Wortlaut kann ich jetzt nicht aus dem Ärmel schütteln, müsste ich auch erst nachlesen, jedenfalls ist es nicht mit inbegriffen - war es zumindest vor Jahren nicht.

1.2379 kann ggf. schon mal mit seltsamer Oberfläche vom Härten zurückkommen, ich weis es mit Bestimmtheit jedoch nur vom Salzbadhärten, da ist es mitunter vom verwendeten Salz abhängig. Die "Beulen" sind dann aber eher wie Streussel über die gesamte Oberfläche verteilt und nicht nur um einen Punkt herum. Ein Richthammer hinterlässt keine vorstehenden, eckigen "Beulen" oder Erhebungen, sondern feinere Kerben, wie Du schon richtig geschrieben hast.

Gruß Andreas
 
Das kann ich für D2 bestätigen. Auch ich hatte nach dem Härten längliche rechteckige Spuren im Stahl an Stellen, wo kein Richthammer hinhauen würde. Scheint eine D2-Besonderheit zu sein.

Wenn es erhaben ist, schleif es weg. Nicht Staunen, nur Wundern!

PP
 
Hey!

Danke für alle bisherigen Erklärungsversuche!

Bei Wolf Borger hatte ich zu diesem Thema bisher noch nicht nachgefragt, da er immer recht beschäftigt scheint. Zumindest waren seine bisherigen Mails immer ziemlich kurz. Und bei soviel vorhandener Fachkompetenz im Forum wollte ich erst mal hier nachfragen. Werde ihn jetzt aber aus Wissensdurst heraus mal kontaktieren und hoffen...

Die oberflächliche Veränderung ist schon erstaunlich. Mir ist schon beim Bearbeiten des Flachstahls eine leichte bandartige oder auch streuselige Struktur aufgefallen, wenn man mal anpoliert und genau hinsieht. Das sah aber trotzdem alles eher gleichmäßig und sehr fein aus. Ähnliches hatte ich bei D2 aber auch erwartet. Die angeblich sichtbaren Karbidwölkchen, u.s.w.... Von angesprochenen Monsterstrukturen war aber nichts zu erkennen. Die müßten dann ja durch gewaltige Gefügeunterschiede entstehen?!?! Quasi fast einschlußartig.
Hmm. Der Stahl war von Recknagel und dürfte wohl erste Sahne gewesen sein.......

Sollte diese Erscheinung tatsächlich ein werkstoffspezifisches Phänomen sein, dann würde mich eine wissenschaftliche Erklärung brennend interessieren.

Sollte ich von Wolf Borger Erhellendes erfahren, landet es selbstverständlich hier im Thread.


Bis denne...
 
Last edited:
Ich habe voriges Jahr ein Stück 1.2379 von Böhler bearbeitet, das über die gesamte Länge (parallel zum Flacheisenrand) einen ca 0,5 mm breiten Striefen aufgewiesen hat, der irgenwie "anders" als das restliche Material war. Nach dem Ätzen blieb dieser Streifen hell ... zuerst dachte ich, ich hätte ungenügend entfettet oder beim Satinieren etwas übersehen oder verkratzt. Ich habe die Klinge dann nochmal satiniert und wieder geätzt - der Streifen ist aber geblieben. ´Dürfe auch im Material gelegen sein ....

Gruß, C.
 
Es spricht eigentlich alles dafür, daß es keine Richthammerspuren sind, sondern Karbidseigerungen.

D 2 ist vom Verzug her ein sehr gutmütiger Stahl, sodaß Richten so gut wie nie erforderlich ist-richtige Wärmebehandlung vorausgesetzt. Davon kann man hier sicher ausgehen.

Man muß sich aber einfach mal ein Gefügebild von D 2 oder sonstigen Ledeburitstählen in Längs- und Querrichtung ansehen.

Von der Stirnseite gesehen sieht der Stahl wie gepunktet aus, weil die Karbide -im günstigsten Fall- gleichmäßig verteilt liegen.

Schleift man ihn in Längsrichtung an, so sieht man, daß sich die Karbide in Bändern angeordnet haben.

Das führt zwangsläufig dazu, daß die Eigenschaften des Stahls in Längs- und Querrichtung stark voneinander abweichen. In Längsrichtung stören die vielen und großen Karbide relativ wenig, da sie gleichmäßig verteilt sind. In Querrichtung läge die Belastungsebene aber gleichgerichtet mit den Karbidbändern. Da die Bindung der Karbide zur Grundmasse deutlich schwächer ist als die Bindung der Matrixkörner untereinander, führt das zu einer Schwächung. Die Festigkeitswerte in Längs- und Querrichtung verhalten sich etwa wie 2 : 1.

Man hat versucht, dem durch besondere thermomechanische Behandlungen zu begegnen-vereinfacht-durch abwechselndes Stauchen und Längsverformen eine gleichmäßige Karbidverteilung in alle Richtungen zu erzielen. Man nannte die so erzeugten Stähle Regulitstähle.
Ob das heute noch gemacht wird, weiß ich nicht. durch die PM-Technik sollte das an sich überholt sein.

Da alle Ledeburitstähle Primärkarbide enthalten, die beim Erwärmen unter dem Schmelzpunkt nicht gelöst werden können und beim Walzen oder Schmieden allenfalls zertrümmert und in Längsrichtung mitgeführt werden, ist diese Zeiligkeit bei Ledeburitstählen unvermeidlich-wenn man eben nicht auf die PM-Technik zurückgreift.
Das führt zu schlechter Polierfähigkeit: Als man für die Prägung der alten 5 Markstücke aus Silber in den Prägestanzen aus Haltbarkeitsgründen Prägestempel aus Chromschnittstählen-also D 2 und seine Verwandten einsetzte, war es mit dem Silberglanz vorbei. die Münzen blieben matt, weil sie das Karbidbild der Stempel abbildeten.

Schlimmer ist aber eine weiter Erscheinung, die bei hoch- und überlegierten Stählen auftreten kann: Die Seigerung.
Sie entsteht, wenn nach dem Guß der Stahl nicht gleichmäßig erstarrt-was er, außer bei ganz kleinen Stücken, auch gar nicht kann.
Dann können sich Karbide an bestimmten Stellen vermehrt sammeln.
Nach dem Schleifen und -versuchten- Polieren sehen diese Stellen der Karbidanreicherungen wie Grind aus. Die Erscheinung wurde auch so genannt. Polieren lassen sich diese Stellen überhaupt nicht mehr. Im Gegenteil wird der Kontrast zwischen noch einigermaßen polierter gesunder Klinge und dem grindigen Teil noch stärker hervorgehoben.

Ledeburitstähle zeigen nach eifrigem Polieren oft eine Art Orangenhaut. Das ist aber gleichmäßig verteilt und damit kann man leben. Es ist einfach eine Folge des Karbidreichtums.

Grind ist sehr viel unangenehmer, da er optisch stört und die grindigen Stellen auch mechanisch geschwächt sind.

Von außen kann man das nicht sehen. Dem Lieferanten ist daher an sich kein Vorwurf zu machen. Es ist ein Fehler der der Natur der stähle entsprechend vorkommen kann.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Da kann ich mich nur anschließen.:super::super::super:
Herzlichen Dank für die ausführliche Erklärung. Man wird halt immer noch schlauer.
Werde das Messer jetzt mal fertigmachen und dem Betatester übergeben. Mal schauen ob er es kaputt bekommt.

Beste Grüße...
 
Hallo Stahlophil oder Stahlfreund,

ich bin doch erstaunt, hier eine zwar geschäftliche aber dennoch private und somit vertrauliche Korrespondenz zwischen uns beiden per drag and drop zu finden.
Nicht, daß es da was zu verbergen gäbe, aber es gehört (m)ein Einverständnis dazu. Ich war bisher der Meinung, meine Korrespondenz findet nicht im öffenlichen Raume statt, wenn ich das nicht ausdrücklich so will. Andernfalls ist das ein Vertrauensbruch, um es mal gelinde auszudrücken. Mir geht es dabei nicht um den Inhalt, sondern um das Prinzip und um persönliche Rechte. Im Umkehrschluß um die Rechte eines jeden von uns, die man doch beachten ( nicht verachten!) sollte wie seine eigenen.

Ich darf auch kurz auf den Kommentar eingehen:

Zitat: "Ohne Zeit für groß und klein oder Fehlerkorrektur." Zitat Ende.

Wie kommt man dazu, hier Interpunktions- und Orthographiefehler einer privaten Korrespondenz zu kommentieren?

Nun, ich habe in den mails nachgeschaut. Es fehlen bei meinen mails tatsächlich zwei Kommata. Diese Kommata erstatte ich hier (,,) mit einer Entschuldigung für das Versehen und zum Kopieren und Einsetzen an den fehlerhaften Stellen. Ich habe mir nur gedacht: „Mensch Meyer, der hat beim Lesen seine eigene Fehler mitgezählt und nun dir in die Schuhe geschoben“.

Das Sachliche wurde ja von Ulrich Gerfin bestätigt und noch viel besser als durch mich erklärt, sodaß dies als erledigt zu betrachten ist.

Im Übrigen: Wehret dem Internetexhibitionismus!

Gruß
Wolf Borger


der angesprochene Beitrag wurde gelöscht, - Gruß chamenos
 
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@ u. gerfin:

Ist das Phänomen der "Grind"-Bildung auch bei z.B. SB1/Niolox zu erwarten und wie würde das denn in etwa aussehen (evtl. schuppig,
oder erhaben verkrustet, regelmäßig oder ohne Struktur, ggf. auf ein Gebiet beschränkt)?

Herzlichen Dank!

Gruß

Wyatt
 
@ Wolf:

Sehr geehrter Wolf,

vielleicht haben Sie in diesem Thread ein paar Dinge in den falschen Hals bekommen. Sollte dies so sein, tut es mir leid und sollten Sie darauf bestehen werde ich entsprechende Stellen sofort löschen.

Als in meinem Thread von "kurz angebunden" und "ohne Zeit für groß und klein" die Rede war, meinte ich das keinesfalls negativ. Ich wollte damit keinerlei Schreibschwächen kommentieren oder Ihnen schlechten Service unterstellen. Ich meinte es vielmehr im Sinne von "vielbeschäftigt". Und ich denke Sie haben tatsächlich Besseres zu tun als Materialfragen zu beantworten. Als ich mich bei Ihnen dafür per Mail bedankt habe war das durchaus aufrichtig gemeint.
Oder sind Sie wirklich der Meinung, daß ich bei Ihnen kaufen oder Sie um Rat fragen würde, während ich Sie nebenbei im Messerforum anschwärze?

Ob Ihre Mail an mich wirklich vertraulicher Natur war und die Veröffentlichung als Zitat somit einen Vertrauensbruch darstellt oder als rechtlich problematisch anzusehen ist, scheint wohl Auslegungssache zu sein. Schließlich habe ich nur eine völlig unpersönliche und fachlich richtige Erklärung zum Thema 1.2379 von Ihnen zitiert. Das ist für mich jetzt nicht gerade sozialer Sprengstoff sondern eher Werbung für Sie. Vielleicht wäre es aber besser gewesen Sie vorher um Erlaubnis zu fragen.
Wie gesagt, ist so gut wie gelöscht, wenn Sie es wünschen. Es liegt eigentlich nicht in meiner Absicht die Rechte anderer zu mißachten.


Ich hoffe Sie verstehen, daß keine Eintragung die ich im Messerforum getätigt habe darauf abzielt jemanden zu schaden. Auch das zitieren Ihrer Antwort erschien mir im Rahmen des Themas nur sinnvoll um Materialinfos weiterzugeben.

Ich werde die strittigen Stellen umschreiben. Auch das Zitat werde ich löschen.
Ich hoffe wir können uns da wieder irgendwie vertragen. Es war nicht so gemeint.


Beste Grüße...
 
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