Sorry, viel. Sitze ich gerade "auf der Leitung", aber deine Aussage steht doch im Widerspruch zu der Zwilling-Werbung...
"Die innere dunkle Fläche weist eine stehende Bambusfaser auf, welche dem Messer deutlich weniger Widerstand entgegensetzt und daher dessen Schnitthaltigkeit länger bewahrt." ... nach der Bambus eben gerade dafür geeignet wäre, die Schnitthaltigkeit der Messer länger zu bewahren. Zwilling schreibt nicht, dass die Bretter länger halten, sondern (vereinfacht ausgedrückt), dass die Messer länger scharf bleiben.
Du stimmst prinzipiell zu, sagst aber gleichzeitig das Gegenteil, dass nämlich die Messerschnitthaltigkeit bei Bambus eher abnimmt....
Was stimmt denn nun?
Ich könnte es mir einfach machen und behaupten, dass nur ich Recht habe. Es ist aber beides unter der Betrachtung, dass es sich um eine Werbeaussage handelt, richtig:
- eine stehende Faser setzt dem Schneidvorgang im Allgemeinen weniger Widerstand entgegen, UND das Brett hält länger (technische Voraussetzung ist ein dickes Brett, damit es hält, oder sogar ein Metallband am Umfang, um ein Durchbrechen zu verhindern).
- Bambus ist von allen denkbaren Hölzern am wenigsten geeignet, weil er durch seinen Quarzanteil ziemlich abrasiv wirkt.
Hier muss man sehen, dass Bambus in seinen Herkunftsländern in großen Mengen ohne besondere Pflege gedeiht und daher sehr billig ist. Traditionell ist Bambus ein gutes Grundmaterial für viele Einsätze, die Verwendung nimmt aber, wie bei anderen Naturstoffen auch, in unseren Zeiten ab.
Hier hat nun ein Importeur (z.B. auch IKEA) eine günstige Quelle für ein Produkt entdeckt, das in seine Verkaufspalette passt, und schon wird es mit entsprechenden Werbeaussagen vermarktet.
Fazit: natürlich funktionieren die Bambusbretter auch. Kein Mensch wird nun Versuchsreihen machen, in denen er die Schnitthaltigkeit seiner feinen Küchenmesser in Abhängigkeit vom Schneidbrettmaterial prüft. Aber absolut gesehen sind weichere Hölzer OHNE diesen hohen Quarzgehalt viel besser geeignet.
Ein weiteres Beispiel, nur um die Zusammenhänge nochmals aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten: wenn hier ein Importeur/Hersteller günstig an Mooreiche herankäme und daraus Schneidebretter herstellte, könnte er mit Argumenten wie "besonders edel", "Jahrtausende lang abgelagert", "traditionelles Material, das schon bei unseren Vorfahren in Gebrauch war" den Verkauf unterstützen. Tatsächlich enthält aber Mooreiche extrem viele Mineralien (bis nahezu zur Verkieselung) und wäre als Schneidunterlage FAST so schlecht geeignet wie eine Granitplatte (nur leicht übertrieben....).
Weiteres Fazit: werbliche Aussagen müssen nicht völlig falsch sein, enthalten aber auch nicht immer die nackte Wahrheit für den Verbraucher.
Gruß
sanjuro
P.S. Du kennst doch die Strohscheiben aus rundgelegtem Stroh, auf die man hier bei uns mit Pfeil und Bogen schießt. Am Rand ist das Material relativ weich, in der Mitte recht fest.
In Japan verwendet man für das Übungsschießen mit dem traditionellen Langbogen aus Bambus (KYUDO) Scheiben aus Reisstroh (MAKIWARA), bei denen das Stroh LÄNGS in Schussrichtung liegt. Diese Scheiben halten extrem lange im Gegensatz zu den bei uns üblichen, bei denen der Pfeil im rechten Winkel auf die Strohhalme trifft und sie zerstört.
Das ist das gleiche Prinzip wie das bei den Schneidebrettern angewendete.