Mein Rokka Korpisoturi – kurze Leidensgeschichte (anfangs) und große Freude (später)
So, nach vielen Irrungen und Wirrungen dank des segensreichen Zutuns von GLS ist jetzt endlich mein (neu bestelltes, diesmal mit Utiliclip versehenes) Rokka Korpisoturi angekommen, also eigentlich schon vor einer Woche. Der Kundendienst bei Lamnia ist toll. Ich hatte denen geschrieben, dass sie die weiteren Nachforschungen wegen zu erwartender Misserfolge einstellen sollten. Das wäre meine gute Tat für den armen Burschen, der bei GLS schuftet.
Da haben die mir geschrieben, sie wollten bei guten Taten nicht hintanstehen und haben einen Rabatt gewährt.
Ich wollte ja mal berichten.
Die Scheide
Tja, der erste Eindruck: komische Scheide
Der zweite: Mann, hält die das Messer aber fest
Nachdem ich zunächst das Rokka für eine Weile in eine passende Lederscheide umquartiert habe, habe ich mich jetzt doch mit der im eigenwilligen Stil gestalteten Originalscheide angefreundet.
Mit Daumengegendruck und leicht drehendem (wirklich, nur leicht) Ziehen geht das fast ruckfrei raus.
Damit ist es einsatzbereit, und es kann losgehen.
Die Scheide ist, wie schon gesagt, eigenwillig, macht aber einen hervorragenden Job, und für den Clip braucht es schon etwas Gewalt, um ihn zu öffnen, aber dafür hält er auch gut am Hosensauminnenbund fest.
Der erste äußere Eindruck
Das Messer selbst: sieht natürlich superfunktional aus, der Griff aus grünem Kunststoff passt wunderbar in meine (nicht sehr große) Hand, das Messer sitzt quasi wie angegossen.
Die Klinge selbst ist ja aus dem vortrefflichen Stahl 80CrV2 hergestellt, die auch pflichtschuldigst Patina annimmt (dazu später mehr).
Der Glasbrecher sieht gefährlich und gemein aus, obwohl er sehr klein ist. Die Öse hätte ich mir etwas größer gewünscht, ich fädele normalerweise eine fertige Schlaufe aus Paracord durch und stecke das andere Ende (meist mit Diamantknoten verziert) dann durch die Schlaufe. Dann kann ich den Fangriemen bei Bedarf abnehmen, aber die Öse ist dafür zu eng. Also kommt ein Stück Paracord durch das Loch unten an der Scheide und wird bei Bedarf als Fangriemen eingesetzt. Im Küchenalltag ist das mit dem Fangriemen eher unproduktiv und führt bei meiner besseren Hälfte zum Augenverdrehen („der schon wieder…..“)
Die Klinge
Gemäß diverser Quellen ist der Stahl 80CrV2 dreifach wärmebehandelt, einmal auf Federhärte, dann der hinten herausschauende Glasbrecher mit integrierter Öse auf hohe Härte, und die Klinge selbst ist im Schneidenbereich etwa 6 mm hoch (an der Flanke gemessen) induktiv gehärtet. Das sieht man sehr deutlich an der Härtelinie (in der Tat, das ist eine echte Härtelinie). Die Induktivhärtung erlaubt sehr hohe Härten bei lokalisierten Bereichen. Man sagt, die Härte sei mehr als 61 HRC. Kann ich so ohne weiteres nicht nachprüfen, aber ich glaube da mal.
In der Vergrößerung sieht man die Härtelinie als weißen feinen Strich sehr gut:
Der Klingenrücken ist nicht ganz gerade, sondern ab dem ersten Drittel sehr leicht nach vorn zur Spitzen hin abgewinkelt, fast unmerklich, verleiht dem Messer aber eine schöne Linie.
Der Klingenquerschnitt ist rhombisch, auf dem Mittelgrat ist sie 5 mm dick, auf dem Rücken 4 mm.
Eine Schleifkerbe hat es (noch) nicht.
Die Winkelverhältnisse sind in dem Bild unten (nicht maßstäblich) eingezeichnet:
Der Schliff ist von dem Mittelgrat flach bis auf Null, also ohne Mikrofase, wie sich in der Vergrößerung zeigt:
Mit den ermittelten Daten ergibt sich also ein Flankenwinkel=Schneidfasenwinkel von knapp 20°.
Damit ist die halbe Klingendicke a bei 1 mm von der Wate entfernt also
Also ist die Klinge 1 mm über der Wate 0,34 mm dick. Na gut, das war einfach, da wir keine Sekundärfase haben.
Der Werksschliff zeigt Riefen vom maschinellen Schleifen, die Fase ist nicht, auch nicht in Teilbereichen, poliert.
Die Abmessungen der Klinge (Länge, Breite, Dicke) sind völlig in Ordnung und passen sehr gut zu dem allgemeinen Gebrauch eines solchen Messers.
Untersuchungen auf Fehler
Aufgeschreckt durch Berichte über fehlerhafte Bindung des Griffes an der Klinge habe ich akribisch mit einem dünnen Blatt Papier (es war ein 5-Euro-Schein) die Spalte überprüft. Alles in Ordnung.
Schneiden und Ergonomie
Outdoor war noch nicht, alle Messer haben erst mal Küchendienst.
Ich war ja äußerst skeptisch wegen der doch recht dicken Klinge.
Also erst mal Schärfetest. Phantastisch! Das Messer ist sehr scharf und schneidet geräuschlos (fast jedenfalls) Papier, Leder läßt sich damit ausschärfen, und bei weichem Holz fliegen die Fetzen (das war ein Exkurs von der Küchenarbeit).
Bislang im Test: Knoblauch, Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Pepperoni (die mit der zähen Außenhaut) und Schalotten, dann Wurst vom Stück (Salami und so), Speck, Käse, Brot, Brötchen, Zerkleinern von Kräutern wie Basilikum, Salbei, glatter Petersilie, Röllchenschneiden beim Schnittlauch.
Ich war überrascht, wie einfach das Messer durch alles hindurchglitt. Bei den Zwiebeln, die ich meist erst halbiere, gibt es einen Spaltprozess, bei dem das Messer auf das Schneidbrett hämmert (kein Schaden an der Schneide, wie mein Mikroskop mir zeigte), aber dann läßt sich im ziehenden Schnitt alles super fein schneiden, und vielleicht wegen der rhombischen Form der Klinge klebt auch nicht alles so fest, besonders wenn man große Zwiebeln und Tomaten schneidet.
Meine Sorge, ob man damit dünne Scheiben von Salami oder Speck schneiden kann, waren unbegründet, das geht. Transparent dünn geht auch, wenn auch nicht gut, aber so dünn mag ich ses auch nicht.
Vom Schneidverhalten war ich sehr angenehm überrascht, das hätte ich so nicht erwartet. Möhren waren noch nicht dabei, aber gestern habe ich eine große Kohlrabi erst von den harten Stellen am Stiel und an der Spitze befreit, das ging wegen der Schärfe ganz hervorragend, und dann mit dem Rokka geschält. Eine lange Spirale, sauber abgetrennt. Ich muß schon sagen, dass mich das sehr gefreut hat.
Vor allem konnte man das Messer sehr gut im „Schnitt über dem Daumen“ führen, da hilft die durchdachte Ausgestaltung des Griffes. War alles sehr angenehm.
Überhaupt liegt das Messer sehr angenehm und ausgewogen in der Hand. Das sind natürlich alles subjektive Eindrücke. Aber die subjektiven Eindrücke gestalten ja auch meine Vorlieben und Eindrücke.
Noch hält die Schneide, und zum Unmut bei meiner Frau liegen oft die Notizzettel aus dem Zettelkasten mit vielen teils gekurvten Einschnitten rum.
Und: ich hab mich noch nicht geschnitten.
Und gut finde ich auch, dass das Messer, wenn man es auf den Tisch legt, die Klinge nicht auf die Unterlage kommen läßt.
Ich weiß noch nicht, ob ich die Scheide weiter mit Clip oder mit der beiliegenden Schlaufe oder ohne alles tragen werde.
Normalerweise trage ich Messer in der Tasche/im Rucksack, und so gut wie nie am Gürtel.
Allermeistens „kopfunter“ in der linken Hosentasche. An der Scheide anfassen, mit rechts ziehen, Scheide wieder in die Hosentasche.
Die Montage mit den Schrauben und der Gegenplatte erlaubt da ein hohes Mass an Variabilität. Lässt sich ja auch hinten am Rücken im Hoseninnenbund tragen.
Gesamteindruck nach kurzer Nutzung, fast nur in der Küche
Ich bin froh, dass ich es mir gekauft habe. Es ist führig, gut gemacht, ergonomisch gut gestaltet und mit einer gut ausgestalteten Klinge versehen. Der Griff ist geschmeidig und gut geformt, er läßt auch verschiedene Griffarten problemlos zu, und das Messer vermittelt den Eindruck, unempfindlich gegen Beanspruchung zu sein.
Bald geht es mal raus! Stöckchen schnitzen!
Und: jetzt trau ich mich auch raus damit, denn die Klinge hat schon eine schöne bläuliche Patina angenommen, die auch genau anzeigt, mit welchen Partien der Klinge man meist schneidet.