Richtiger Stahl für "rostfreie" Seitenlagen?

Xerxes

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Hi Leute,

ich habe vor in der nächsten Zeit ein paar mehr Klingen mit "rostfreien" Seitenlagen und Schneidlage aus C-Stahl zu machen. Leider bin ich mit meinen bisherigen Konstruktionen mit Seitenlagen aus V2a nicht zufrieden. Das Zeug ist einfach zu weich und aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnung der Stähle beim härten, gibt es, besonders bei dünnen Klingen, einen fiesen Verzug. Auch dünnes Ausschleifen z.B. bei Kochmessern ist aufgrund der Spannungen nicht unproblematisch. Und sehr dünne Messer sind bei dieser Kombi einfach insgesamt zu weich...

Jetzt suche ich einen "rostfreien" Stahl, der folgende Kriterien erfüllt:

- Er muss die Temperaturen beim Feuerverschweißen (1100-1200 Grad) gut überstehen.

- Er sollte auch bei niedrigen Härtetemperaturen (790-850 Grad) eine ausreichende Härte annehmen.

Da ich mich mit "rostfreien Stählen einfach nicht auskenne, hoffe ich, dass ihr mir helfen könnt.

Klar, Spannungen wird man beim 3-Lagen-Aufbau nie ganz vermeiden können. Aber mir würde es schon helfen, wenn die Seitenlagen nicht so weich wären...

Dank und Gruß Jannis
 
Ok, nach etwas Suchen würde mir der 1.4034 mit 0,4-0,5% Kohlenstoff und 12,5-14,5% Chrom einfallen. Von der Zusammensetzung her, dürfte er die Schweißtemperaturen aushalten ohne zu zerbröseln...

Kann mir vielleicht jemand, der sich etwas mit rostfreien Stählen auskennt, sagen, ob dieser Stahl schon bei niedrigen Temperaturen 790-850 Grad härtet bzw. eine ausrechende Härte für die Verwendung als Tapete annimmt?

Gruß Jannis
 
Warum willst Du eine harte Aussenlage?
Mir würde eine ausreichend harte Schneidlage reichen, da kommts ja eigentlich darauf an, oder?
Wenn Du in den Bereich Leistungsdamast vorstossen willst, unterhalte Dich doch mal mit "AchimW" hier aus dem Froum, der ist da mit Sicherheit der beste Ansprechpartner!
Rostträge Stähle haben eigentlich alle eine Härtetemperatur, die deutlich höher liegt als die der einfachen Kohlenstoffstähle. Das wird so nichts werden, auch haben die meisten Haltezeiten, die beim Ausreitzen dieser rostträgen Stähle den normalen Kohlenstoffstahl wieder ins "Nirwana" schicken.
Wie gesagt, frag mal Achim...

Freddie
 
Hallo
Die Härtetemperatur des 1.4034 ist 980-1030 Grad. Deine Aussenlagen werden nicht hart werden. Mir fällt keine "rostfreie" Legierung ein die bei dieser Härtetemperatur hart wird.
 
Ich kenne mich zwar nicht spez, mit Edelstahl aus, aber im Böhler Edelstahlhandbuch ist der 1.4034 gleich mit dem N540.
Härten bei 980-1030 Grad. Abschrecken in Öl/Luft, Anlassen 100-200 Grad.
Gemäß Handbuch ist die Rostfreiheit nur gewährleistet bei gehärtetem und niedrig angelassenem Stahl. Eine Härteangabe finde ich nicht.

Hoffe, dir damit etwas geholfen zu haben.

Viele Grüße aus Lappland

Werner
 
Vergiss 1.4034 und ähnliche Stähle. Die werden bei den Temperaturen weichgeglüht, bei denen man die normalen Werkzeugstähle härtet. Soweit ich weiß verwenden alle Hersteller solcher Sandwiches immer austenitische und damit relativ weiche Stähle für die Außenlagen.

Was noch möglich wäre, ist die Verwendung eines ferritischen oder austenitisch-ferritischen (Duplex-)Stahles. Die sind wesentlich fester und zudem besser schweißbar, aber teuer und schwer zu finden.
 
Also wie gesagt der 1.4034 würde wahrscheinlich nicht in frage kommen.
Aber wenn dir V2A zu weich ist wie wäre es dann mit aufgekohltem rostfreien Stahl?
Wenn du allerdings aufkohlst geht etwas Chrom flöten.
Hier im Forum hatt auch vor nicht all zu langer zeit jemanden Stahl bis auf 1,2 % C aufgekohlt.Allerdings war meine ich der anfangswert vom C 0,7%.
Wenn ich mich recht errinner.
Ich gucke nocheinma nach.
Aber was anderes würde mir auch nicht einfallen wenn du rostfreie oder rostträge außenlagen willst die bei diesen Temperaturen härten.
Aber ich denke mal spätestens wenn sich einer der Stahlspezialisten sich hier einschaltet hast du eine fundierte Antwort.
 
hmm.. wie wäre es mit einem 1.4021 ?

übrigens.. auch wenn die rostfreien Kandidaten normalerweise bei 980-1065° gehärtet werden, werden sie auch bei 820-850 eine gewisse Härte annehmen!

Xerxes will doch keinen perfekt gehärteten rostfreien.. er will nur etwas härteres als einen (durch die Härtung der Schneidlage lösungsgeglühten (!!) 1.4301)
 
Warum willst Du eine harte Aussenlage?
Mir würde eine ausreichend harte Schneidlage reichen, da kommts ja eigentlich darauf an, oder?

Naja, bei relativ dicken Klingen geb ich dir recht. Bei Kochmessern mit Klingendicke um die 2mm ist mir die Kombi einfach zu weich. Klar, Messer mit 2mm Klingendicke sind auch nicht unbedingt für starke belastungen konzipiert:irre: Aber es geht mir auch z.B. um flexible Klingen alla Schinkenmesser etc...

Dass die Härtetemperatur von dem 1.4034 bei um die 1000 Grad ist, war mir auch bewusst. Es ging mir allerdings darum, ob der Stahl auch schon bei niedrigeren Temperaturen eine gewisse Härte annimmt???

Xerxes will doch keinen perfekt gehärteten rostfreien.. er will nur etwas härteres als einen (durch die Härtung der Schneidlage lösungsgeglühten (!!) 1.4301)

Jep, genau das ist es. Ob die Seitenlagen nun die maximale Härte annehmen ist mir relativ egal. Die Klinge soll sich bei Belastung nur eben nicht gleich verbiegen sondern bessere Federeigenschaften haben...

Vergiss 1.4034 und ähnliche Stähle. Die werden bei den Temperaturen weichgeglüht, bei denen man die normalen Werkzeugstähle härtet.

Also fällt der 1.4034 raus, da er bei den Temperaturen nicht härtet. Damit zurück zur Ausgangsfrage: Fällt euch ein rostfreier Stahl ein, der die Feuerverschweißung übersteht und bei niedrigen Temperaturen eine gewisse Härte annimmt???

Gruß und Dank

Jannis
 
Hallo Jannis,

gute Frage. Ich hatte irgend wie das Gefühl, dass jeder etwas Recht hat, aber lange kein Diagramm gefunden, das aussagekräftig ist. Aber "tatatata" im (generell sehr empfehlenswerten) Vehoeven halt doch...

http://www.feine-klingen.de/PDFs/verhoeven.pdf

Auf Seite 130 (bzw. 134 im pdf) steht da ein Ausschnitt aus einem Fe-C-Cr-Diagramm. Leider für 0,1 % Kohlenstoff, also nicht exakt passend.

Der 410 entspricht wohl etwa dem 1.4024.
Bei ca. 850 °C ist man dann gerade in dem 3-Phasengebiet, wo alpha, gamma und Karbid existieren. Wo es gamma gibt, kann auch gehärtet werden, hätte ich gesagt, wie Kababear schon geschrieben hat. Nur könnte es mMn knifflig werden mit der Rostfreiheit, weil da das im Karbid gebundene Chrom ja nicht hilft.

Gruß,
Daniel
 
Wenn Du was Federhartes haben willst, nimm das, was ich oben empfohlen habe, denn die Stähle haben eine gewisse Grundhärte. Ansonsten gibt es keine martensitischen Rostfreien, die man bei 850° C härten kann.

Und 1.4021 fällt ebenfalls aus, nicht so sehr wegen der Härte als wegen der Rostfreiheit. Denn wenn er nicht auf entsprechende Temperatur gebracht wird, dann isser auch nicht rostfrei. Wie im Übrigen alle martensitischen rostfreien Stähle die hohe Temperatur und lange Haltezeit brauchen, um rostfrei zu werden.
 
Das mit dem Weichglühen war denke ich etwas Übertrieben.. die Weichglühtemperatur liegt für 1.4021 und 1.4034 bei ca 760Grad und Weichglühen funktioniert bekanntlich nur, wenn man langsam abkühlt (Warum wohl!)

kleiner Exkurs:

X40Cr13
Härtetemperatur / Ansprunghärte bei Öl
1150 / 53
1100 / 54
1050 / 58
1000 / 53,5
950 / 50
900 / 48
Verlauf zwischen 1000-900 ca. linear
Quelle: Atlas zur Wärmebehandlung

ein kleiner Übertrag vom D2 (selbes Temperaturfenster zum Härten)
Härtetemperatur / Ansprunghärte bei Öl / Ansprunghärte bei Luft
1030 / 63,0 / 62,0
1000 / 64,0 / 63,3
980 / 63,3 / 62,8
950 / 61,5 / 61,0
900 / 60,3 / 60,0
(Verlauf qualitativ der selbe)
Quelle:ASM Heat Treaters Guide, Ausgabe 1982

Die Ansprunghärte sollte angesichts des etwas höheren Kohlenstoffgehaltes des 1.4034 (0,46% gegenüber 0,40% Nennwert aus dem 1. Beispiel) bei ~45HRC liegen.
Aktuell dürfe die Härte der Aussenlagen bei vielleicht 20HRC liegen.

Mach einfach mal eine Versuchsklinge und schau was bei rauskommt!
Wenn es nicht allzu drängend ist, kann ich in KW1 mal ein Stück 1.4034 bei 820° in den Ofen schmeissen, dann ists keine Theorie mehr. :)

Die Rostfreiheit ist unbestritten schlechter als wenn er richtig gehärtet wird, aber einen C-Stahl sollte er um Längen schlagen.
 
Und 1.4021 fällt ebenfalls aus, nicht so sehr wegen der Härte als wegen der Rostfreiheit. Denn wenn er nicht auf entsprechende Temperatur gebracht wird, dann isser auch nicht rostfrei.

Hmm, wie dramatisch ist das denn dan mit der Rostanfälligkeit? Wenn der Stahl so zwar nicht ganz rostfrei aber sehr rostträge ist, wäre es ok für mich...

Wenn es nicht allzu drängend ist, kann ich in KW1 mal ein Stück 1.4034 bei 820° in den Ofen schmeissen, dann ists keine Theorie mehr.

Das wäre super, wenn es dir keine großen Umstände macht:super: Ich hab selber von dem Stahl nichts zu Hause und müsste ihn sonst auf gut Glück kaufen....

gruß Jannis
 
kababear, schau mal hier rein:

http://www.metallograf.de/start.htm

1.4034 Weichglühen : 750 - 850 °C

Natürlich passiert beim Abschrecken was, siehe unten.

Der 1.2379 = D2 gehört, weil billig, standardmäßig zu meinem "was wäre wenn" Programm im WB-Kurs. Damit habe ich genau das "Härten" zusammen mit 1.2842 bei 830° C MIT Abschrecken in Öl schon zigmal gemacht und dann nachgemessen. Die "Härte"werte liegen zwischen 35 und 38 HRc.

Die im Heat Treater's Guide abgedruckte Kurve vom D2 (as-quenched hardness. Effect of quenching medium and austenizing temperature....) ist unbrauchbar, weil sie bei ca. 925° C endet. Zumindest in meinem HTG.
 
Der Wunsch nach Perfektion ist verständlich, man muß aber mit den physikalischen Gesetzen leben.

Jannis wird seinem Ziel am nächsten kommen, wenn er bei V2A oder ähnlichem als Außenlagen bleibt und die Schneidlage in Relation zum Mantel etwas dicker macht, um mehr Elastizität des Ganzen zu gewinnen.

Experimente mit martensitischen rostbeständigen Stählen führen, wie Achim zu Recht schreibt, nicht zum Ziel.
Die Sache ist sogar noch deutlich problematischer als es hier schon angesprochen wurde.

Bei den Härtetemperaturen ordentlicher Werkzeugstähle tut sich bei 1.4034 und Konsorten härtemäßig wenig bis nichts.
Es ist auch müßig, darüber nachzudenken, ob sichnicht doch schon bei 800 oder meinetwegen auch 850 Grad-was leicht legierte Werkzeugstähle gerade noch so aushalten könnten- in den korrosionsbeständigen schon Austenit gebildet hat, der beim Abschrecken wenigstens zu einer teilweisen Härtung mit Härtewerten von ca 30 HRC oder darunter führen könnte.
Die Sache hat nämlich einen weiteren Haken: Bei so deutlicher Unterhärtung wären wenige Karbide gelöst, die Grundmasse wäre dadurch an Chrom verarmt und deshalb nicht korrosionsbeständig.

Die Hoffnung, durch die vielleicht 9 % Chrom in der Grundmasse sei doch wenigstens ein bißchen Korrosionsbeständigkeit gewährleistet, ist trügerisch.
Die Korrosionsbeständigkeit steigt nicht linear mit dem Chromgehalt, sondern sprunghaft bei ca. 5 % Chrom in der Grundmasse auf etwas günstigere Werte gegenüber dem chromfreien Zustand und dann erst wieder bei 12 % in der Grundmasse. Zwischen 5 und 12 % ist eine nennenswerte Verbesserung nicht festzustellen.

Beim Anlassen des unterhärteten Zustands könnte es zudem passieren, daß Kohlenstoff aus dem Martensit ausgeschieden wird und sich sofort mit dem in der unmittelbaren Umgebung befindlichen Chrom verbindet.
Dadurch entsteht in der unmittelbaren Nachbarschaft der Chromkarbide eine an Chrom verarmte Zone.
Das ist der Grund, daß ein Korrosionsmaximum entsteht, das stärker wirkt, als es dem völlig weichgeglühten Zustand entspräche.

Gut dargestellt sind diese Zusammenhänge bei Rapatz, S. 600 ff mit weiteren Literaturhinweisen.

Generell kann man sagen, daß die Kombination von Stählen, die in der Wärmebehandlung nicht zueinander passen-sei es im Damast oder im Dreilagenstahl- eine Fehlkonstruktion ist.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo, vielen Dank euch allen für eure Antworten und euer Engagement.

Ulrich, das war sehr aufschlussreich, es lohnt sich wohl wirkich nicht, in dieser Richtung weiter zu suchen. Schade, die Kombi mit rostfreien Flanken und C-Stahl Schneidlage finde ich besonders für Küchenmesser sehr interessant...

Zu deinem Literaturhinweis, ich bin noch immer auf der Suche nach der neuesten Auflage vom Rapatz. Ist schwieriger als ich dachte. Ich hab schonmal beim Verlag nachgefragt, aber scheinbar wird er auch nicht mehr gedruckt. Nach Weihnachten werd ich weiter suchen...

Euch allen frohe Weihnachten:)

Gruß Jannis
 
Zu deinem Literaturhinweis, ich bin noch immer auf der Suche nach der neuesten Auflage vom Rapatz. Ist schwieriger als ich dachte. Ich hab schonmal beim Verlag nachgefragt, aber scheinbar wird er auch nicht mehr gedruckt. Nach Weihnachten werd ich weiter suchen...

Hee, hab gerade von meinen Eltern die vierte Auflage von Rapatz' "Die Edelstähle" bekommen (die fünfte Auflage war leider nicht mehr zu bekommen). Jetzt arbeite ich mich erstmal durch die Lektüre. Schon auf den ersten 20 Seiten ist mir vieles klar geworden. Sehr informativ, umfangreich und trotzdem gut geschrieben:super:

Gruß Jannis
 
Wo ist denn das Neid-Smiley?
Ich seh schon, ich muss dem Christkind auch viel resoluter sagen: DAS und sonst NIX!

Viel Spaß beim Schmökern!
 
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