Vorab müßten ein paar Fragen geklärt werden, nämlich wie die Wärmebehandlung wirklich durchgeführt werden soll.
So wie ich die Frage verstanden habe, soll die Klinge in einer professionellen Härterei ganz gehärtet werden. Sie wird dort im Rahmen der Wärmebehandlung auch angelassen. Wenn noch 60 HRC übrig bleiben sollen, wird die Anlaßtemperatur bei 150 Grad oder darunter liegen müssen.
Das ist für eine Schwertklinge aus diesem Stahl sehr an der Grenze. Ich möchte sie so nicht einsetzen müssen.
Der gewählte Stahl ist von der Legierung her ein Federstahl und wird einiges an Mißbrauch mitmachen.
Im fertig gehärteten und angelassenen Zustand ist er natürlich mit Gewalt-Hammer und Amboß- in gewisser Weise verformbar, also zu "Richten"-Es besteht aber die große Gefahr, daß aus dem Richten ein Hinrichten wird. Nach der beendeten Wärmebehndlung richten zu wollen, ist grundsätzlich verkehrt.
Sollte die Klinge also professionell gehärtet werden, so wird man mit ein bißchen Verzug- viel dürfte es nach richtiger Vorbehandlung nicht sein- leben müssen.
Wird die Klinge individuell gehärtet, so gibt es diverse Möglichkeiten.
1. Noch zischwarm aus dem Härtebad nehmen, auf Verzug prüfen und
s o f o r t mit einem Holz-oder Bleihammer richten. Das verhindert mit Sicherheit den nach vollständigem Anlassen zu befürchtenden Bruch- Verzug durch Umwandlungsspannungen würde dadurch aber nicht vollständig beseitigt, da die martensitische Umwandlung gerade erst im Gange ist. Viel verziehen wird sich aber nicht mehr. So könnte man es also machen.
2. Wie es für ein japanisches Schwert eigentlich zwingend ist, nur partiell härten. Richten ist dann, falls es erforderlich ist, kein Problem. Der weiche Rücken, der die gehärtete Schneide von der Masse her weit übertrifft, läßt sich gefahrlos richten und nimmt die Schneide mit.
3. Nach dem Abschrecken läßt sich bei ca. 100 Grad relativ gut richten.
Bei dieser Temperatur wandelt der tetragonale Martensit in den kubischen Martensit um und es entsteht ein "Fenster", in dem die Verformbarkeit erhöht ist, in dem man also relativ gefahrlos und ohne Härteverlust richten kann. Das wurde auch schon mehrfach beschrieben.
Praktisch geht das am einfachsten so, daß man zwei starke Bolzen mit passendem Abstand in den Schraubstock spannt, die zu richtende Klinge mit der Schneide nach unten zwischen diese Bolzen steckt und mit der Lötlampe am Rücken leicht erwärmt. Das Ziel sind 100 Grad, also gerade so zischwarm. In diesem Zustand wird leicht und federnd in die gewünschte Richtung gebogen. Dies wird nicht punktuell, sondern an vielen Stellen allmählich vorgenommen, bis die Klinge gerade ist.
Anschließend muß insgesamt vollständig angelassen werden.
Für eine "japanische" Schwertklinge kommt ernsthaft nur die Methode 2 in Betracht, alle anderen Techniken führen zu Imitaten im japanischen Stil-Technisch muß das allerdings nicht schlecht sein.
Freundliche Grüße
U. Gerfin