Kaufberatung Leder

ManU1996

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Hallo zusammen und ein frohes neues Jahr !

Ich bin nicht nur neu in diesem Forum, sondern auch "neu" in der Welt des Messerschleifens und hoffe, ihr könnt mir helfen eine Entscheidung zu treffen.
Ich habe neben einigen europäischen Klassikern (Zwilling) nun auch meine ersten japanischen Messer gekauft.
Zum Schleifen verwende ich einen Kombistein mit 1000 / 6000 Körnung und habe auch den Lederriemen inklusive Paste von Scherenkauf, womit ich das Messer nach dem Schleifen nochmal abziehe.
Meine Zwillingmesser verlieren je nach Gebrauch nach einigen Tagen den ersten Glanz, meine japanischen Messer halten sich durchaus länger.
Während ich bis jetzt, sobald ich merke, dass die Messer abstumpfen, wieder zum Stein gegriffen habe, will ich nun eine Möglichkeit anschaffen, wie ich (notfalls täglich vor Gebrauch) die Klingen der Messer "aufrichten" und somit das Messer "schärfen" kann.
Da ich meinen Fokus auf japanische Messer legen möchte (das härteste ist mit 65 HRC angegeben), möchte ich keinen Wetzstahl verwenden.
Ich habe gelesen, dass sich Ledrriemen dafür eignen würden.
Nun also meine konkreten Fragen:
-Kann ein Lederriemen den gleichen Effekt haben wie ein Wetzstahl ?
- Sind Lederriemen ausschließlich für europäische Messer gedacht, die weicher sind als japanische ? Oder sind sie universell einsetzbar?
- Wann und für welche Zwecke verwende ich unbehandelte und wann behandelte Lederriemen ?
Ist es also sinnvoll, eine paste aufzutragen für einen Riemen, mit dem ich täglich meine Japaner behandeln möchte ?
Ideal wäre natürlich, wenn ein Riemen sowohl zum finishen nach den Steinen verwendet werden kann als auch zum täglichen Gebrauch um die Schärfe zu erhalten.
Leider verstehe ich die Funktionsweise von Leder und Pasten nicht so gut, um mir diese Fragen selbst zu erschließen.

Habt ihr abschließend eventuell Kaufempfehlungen für mich ?

Vielen Dank und liebe Grüße,

Manu
 
-Kann ein Lederriemen den gleichen Effekt haben wie ein Wetzstahl ?

Grundsätzlich ja.

Mit beiden Werkzeugen kann sowohl ein Grat an der Schneide aufgerichtet werden als auch verkleinert bzw. entfernt werden.

Ebenfalls kann mit beiden Werkzeugen auch die Schneide fein bearbeitet werden. Beim Wetzstahl um so mehr je rauer er ist und bei Abziehledern um so mehr je aggressivere Polier- / Schleifpasten man verwendet.

Aber es sind halt unterschiedlich zu handhabende Werkzeuge und je nach Messer kann auch eines der Werkzeuge eher geeignet sein als das andere.
So besteht bei Messern mit sehr hoher Härte bei Wetzstählen die Gefahr das zu starke punktuelle Belastungen mit Ausbrüchen entstehen.

Noch ein prinzipieller Unterschied ist das Abziehen auf Leder nicht dazu geeignet sind eine definierte Flache Fase zu erstellen. Ledern verundet die Fase immer. Richtig angewendet ist das aber ein extrem langsamer Prozess.


- Sind Lederriemen ausschließlich für europäische Messer gedacht, die weicher sind als japanische ? Oder sind sie universell einsetzbar?

Lederriemen sind m.E. universell einsetzbar. Vorausgesetzt die Schleifpaste die verwendet ist ist hart genug für den Klingenstahl.

- Wann und für welche Zwecke verwende ich unbehandelte und wann behandelte Lederriemen ?

Unbehandeltes ledern hat so gut wie keine Wirkung, man ledert unbehandelt nur um bei Klingen die einen (sehr kleinen) Grat haben diesen sauber wieder aufzurichten und noch weiter zu verkleinern.
Wir reden hier dabei davon ein schon sehr scharfes Messer auf eine Schärfe zu bringen mit der man sich angenehm rasieren kann.

Ist ein Messer son einer derartigen Schärfe weit entfernt bringt Ledern ohne Pasten quasie nichts, die Wirkung ist dann einfach zu klein.

Ist es also sinnvoll, eine paste aufzutragen für einen Riemen, mit dem ich täglich meine Japaner behandeln möchte ?

IMHO ja.
Ein Riemen mit einer Mitleren oder auch feinen Paste eignet sich dafür.

Ich verwende Leder mit vier verschieden groben Pasten, mit der gröbsten kan man dann auch kleine ausbrüche in der Schneide (also welche die ich nur mit einer Lupe erkenne) weg ledern.

Die oben angesprochene Verundung der Schneide empfinde ich als nicht wirklich sehr dramatisch. Sprich ich kann meine Messer durchaus eine ganze Weile mit ledern immer wieder "auffrischen". Aber es geht halt nicht endlos, irgendwann muss man dann halt doch wieder kurz auf einen Schleifstein.

Ich selber bekomme freihand geschliffen das letzte bischen Schärfe aber nur mit Ledern hin. Ohne Ledern bin ich dazu anscheinend zu unbegabt / doof.
Seit ich ein Schleifsystem habe das den Winkel führt bekomme ich die Messern durchs Ledern nicht mehr schärfer als mit eines das ich mit feinsten Schleifmittel geschärft habe.

Soweit mein senf / meine Erfahrung dazu. Vielleicht finden sich ja noch einige Leute die was ergänzen oder auch andere Erfahrungen gesammelt haben.

Gruß
Dirk
 
Danke erstmal für deine ausführliche Antwort!

Das klärt einiges, wirft aber auch neue fragen auf :D
Noch ein prinzipieller Unterschied ist das Abziehen auf Leder nicht dazu geeignet sind eine definierte Flache Fase zu erstellen. Ledern verundet die Fase immer. Richtig angewendet ist das aber ein extrem langsamer Prozess.
Was genau ist mit "Fase" gemeint und welche Auswirkung hat das abrunden dieser ?
IMHO ja.
Ein Riemen mit einer Mitleren oder auch feinen Paste eignet sich dafür.
Kannst du da vielleicht eine Paste empfehlen ? Man liest ja von bis zu #100000 !?
Was wäre für das tägliche Abziehen und das finishen nach dem #6000 Stein da wohl angemessen ?

Und spielt die Qualität des Leders eine Rolle ?
Bei unbehandelten Ledern bestimmt, aber wenn ich ohnehin eine Paste auftrage ?

LG
Manu
 
Was genau ist mit "Fase" gemeint und welche Auswirkung hat das abrunden dieser ?
Wenn man auf Steinen eine gerade Klinge schärft führt das im Idealfall zu zwei planen Flächen die die Schneide bilden. Das sind die Fasen. Beim schärfen auf elastischem Material erzeugt man konvexe Flächen. Was besser ist liegt an der Anwendung und den Fähigkeiten des Schärfers.

Ledern kann den Schneidenwinkel vergrößern und die Schneide polieren. Nach häufigem ledern ergibt das eine Schneide die Schärfetests besteht, aber problematisches Schnittgut wie weiche Tomaten nicht mehr einschneidet.

neben einigen europäischen Klassikern (Zwilling)
Die Klassiker kann man ewig mit einem guten Stahl scharfhalten.

meine ersten japanischen Messer
Meine schärfe ich mit wenigen Zügen auf einem feinen Stein sobald die Schärfe nachlässt.
 
Danke für deine Erklärung. Es gibt einfach so viel zu lernen und berücksichtigen, das hätte ich bis vor kurzem nie gedacht!
Meine schärfe ich mit wenigen Zügen auf einem feinen Stein sobald die Schärfe nachlässt.
Verwendest du einen Wasserstein oder hast du einen, der trocken verwendet werden kann ?
Ich habe leider nur Wassersteine und möchte eben spontan und kurzfristig für Schärfe sorgen...
 
Wie wär's mit dem Spyderco 302uf? Ein Stein, den man auch trocken verwenden kann.
 
Wasserstein, splash and go
braucht es dafür nicht eben solche speziellen Wassersteine, die kein Wasser aufnehmen?
Ich habe mich damals zum Kauf eines KAI Kombisteins überreden lassen. Kann zur Qualität nichts sagen... fühlt sich ganz gut an und war günstig. Sowohl der Verkäufter als auch der Packungszettel warnten aber davor, den Stein zu benutzen ohne ihn vorher 10 min eingelegt zu haben.
Würdest du mit einem solchen Stein auch "splash and go" deine Messer abziehen ?

Wie wär's mit dem Spyderco 302uf?
Das sieht schon sehr verlockend aus. Allerdings möchte ich gerade ungern so viel Geld (80 Euro das günstigste, was ich gesehen habe) für Schleifutensilien ausgeben.
 
Wie wär's mit dem Spyderco 302uf? Ein Stein, den man auch trocken verwenden kann.

Das sieht schon sehr verlockend aus. Allerdings möchte ich gerade ungern so viel Geld (80 Euro das günstigste, was ich gesehen habe) für Schleifutensilien ausgeben.
Der Spyderco 302F ist auch nicht gerade ein Schnäppchen, aber doch ein paar Euro günstiger als der UF. Wenn du Nassschleifpapier zur Hand hast (schon in etwas feineren Körnungen als das grobe Zeug aus dem Baumarkt), dann kannst du die Keramikoberfläche auch durchaus verfeinern und eine Art UF erzeugen.
 
Sowohl der Verkäufter als auch der Packungszettel warnten aber davor, den Stein zu benutzen ohne ihn vorher 10 min eingelegt zu haben.
Würdest du mit einem solchen Stein auch "splash and go" deine Messer abziehen ?
Ich habe keine Hemmungen so etwas auszuprobieren. Wenn der Stein das nicht mag wird er abgerichtet. Wenn du nicht abrichten kannst, lass das lieber. Wichtig ist mir aber etwas anderes.

Eine dünn ausgeschliffene Schneide freihändig auf einem feinen Stein nachzuschärfen erfordert Sorgfalt. Mein Ziel ist mit wenig Abtrag die Schneide durgehend zu erneuern. Mal eben schnell kann ich das auch, aber dann muss ich öfter auf einen groben Stein um meine Fehler zu korrigeren.

Die Zeit zum einweichen ist nicht alles. Der Stein sollte auch so liegen das der Winkel gut gehalten werden kann und Bewegungen nicht eingeschränkt werden. Ein wenig Konzentration ist auch nicht schlecht beim schärfen. So dauert das auch nicht viel länger, aber ich habe viel länger Freude damit. :)
 
Und wenn du dir einen feinen Splash & Go Stein besorgst, da gibt's recht gute "günstige"..
Imanishi Bester 4K z.B. oder den K1040 Kombistein aus dem Japan-Messer-Shop.
Den kannst du in der Küche lagern, bei Bedarf auf die Arbeitsplatte auf ein nasses Spültuch, kurz mit Wasser benetzen und los... so zum Beispiel. Deine Messer benötigen auch nicht jeden Tag einen Touch-Up, wenn du mit Erfahrung und Konzentration schärfst, ohne rumzueiern.
 
Sooo ich danke euch erstmal alle für eure Antworten.
Ich habe mich vorerst für einen Lederriemen mit Siliciumcarbid-Paste entschieden, und gucke wohin mich das bringt.
Das ist erstmal die günstigste Option... Wenn ich meine Schleiftechnik mit der Zeit verfeinere, will ich mir ohnehin auch neue /bessere Steine besorgen, wo dann vielleicht auch ein splash and go bei sein wird.
Bis dahin muss aber gespart und vor allem an der Technik gearbeitet werden.

Nochmal danke für alle Antworten und liebe Grüße !
 
Meine persönlichen Empfehlungen:

Aufrichten der Scheide: am besten mit einem polierten Wetzstahl. Es gibt aber auch für Ziehklingen zum Anziehen eines Grates Stahlstäbe zu kaufen, siehe "Ziehklingenstahl" bei "Feine Werkzeuge".
Ich selbst habe dazu einen ganz gewöhnlichen Wetzstahl mit groben Rillen rundherum glatt geschliffen mit billigen Diamantplatten und dann mit Stahlfix poliert.
Dieser polierte Wetzstahl funktioniert prima bei meinem Santoku aus pulvermetallurgischem HAP40-Stahl mit 64-68 HRC. Er trägt nichts ab, sondern richtet die umgebogene Schneide auf.

Pastenleder: ist ein weiches Schleifmittel, das Stahl abträgt und nicht aufrichtet. Die damit behandelten Flächen werden an den Rändern abgerundet (konvex).

unbehandeltes Leder: schleift kaum und dient bei sehr dünnen Schneiden zum Aufrichten dieser, z.B. bei Rasiermessern.
 
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