Gyotu - Balbach Damast / Pappelmaser / Elforyn

TL_Knives

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Grüße an alle,

anbei mein neustes Projekt.

Zunächst die Fakten:

Form: Gyotu inspiriert mit ausgeprägter Ferse
Gesamtlänge: ca. 33cm
Klingenlänge: ca. 20cm
Stahlsorte: Balbach DSC INOX Damast
Dicke: ca. 2mm am Rücken
Griffmaterial: Pappelmaser rot / Elforyn / G10 schwarz - weiß - schwarz
Pin: 10mm Edelstahl
Liner: G10 weiß

Das gute Stück wurde von einem Arbeitskollegen mit ziemlich genauen Vorstellungen bestellt. So war die ausgerundete Ferse ein unbedingtes "must-have".

Erfahrungen und Verlauf des Projektes:

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Hier die fertige Design Schablone aus Aluminiumblech. Die ursprüngliche Idee beeinhaltete noch die Absicht eine alte römische Münze in den Griff einzulassen. Im Laufe des Projekts wurde jedoch davon Abstand genommen.

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Hier der Fortschritt bis zur Wärmebehandlung. Insgesamt muss man festhalten, dass der Stahl sich wirklich hervorragend bearbeiten lässt. Besonders fiel auf, dass die Wärmeentwicklung am Bandschleifer extrem niedrig war.

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Hier der Weg zum Spiegelfinish nach der Wärmebehandlung.

Wie üblich beließ ich circa 0,5-0,6 mm Materialstärke an der zukünftigen Schneide. Dennoch war nach der Wärmebehandlung ein minimaler! Härteverzug erkennbar. Interessamterweise jedoch nicht im Verlauf der Schneide, sondern in Form einer leichten Torsion oder Rotation gen Spitze. Da die Klinge ohnehin noch leicht auszudünnen war, konnte dieses Manko zum Glück noch behoben werden.

Die Ätzung wird von Balbach mit HCL oder vergleichbar bei 50 Grad empfohlen. Vorher wird eine Spiegelglanzoptik angeraten. Dennoch probierte ich zunächst erstmal das altbewährte FeIIICl aus. Insgesamt 3x 5 Minuten.

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Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Ggf. funktioniert es mit HCL vielleicht noch besser oder schneller, aber bisher hat das gute FeIICl noch alles kleinbekommen :)
(Die 5 dunklen Punkte auf der Klinge sind die Spiegelung der Handykamera)

Als nächstes stand der Griffbau auf dem Plan. Ursprünglich war als Trennung zwischen der Pappel und dem Elforyn lediglich ein schwarzer Liner geplant. Nach ein bisschen "rumgetüftel" erschien mir die Lösung mit drei Linern in einem Paket aber sehr viel eleganter. Hiermit habe ich schon ein paar mal gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist jedoch, dass man das "Linerpäckchen" separat verklebt und nicht alles auf einmal.

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Das war erst das zweite mal, dass ich Elforyn verwendet habe. Meine Erfahrung damit ist zwiespältig. Er trägt sich beim Schleifen und Grifffinish viel viel schneller ab, als das restliche Material. Wenn man nicht extrem vorsichtig arbeitet, nimmt man mehr Material weg, als man wollte oder produziert eine unbeabsichtigte Vertiefung. Der optische Eindruck hingegen - nach Körnung 1000/1500 - ist jedoch wirklich überzeugend. Beim abschließenden Polieren am Bock ist dringend wieder zur Vorsicht geraten. Auch hier passiert es schnell, dass man noch Material abträgt, obwohl man das nicht wollte. Zudem führt es zu einer verschmierten Optik. Letztendlich empfehle ich den Bereich mit P1000-1500 zu finishen und danach mit Krepp abzukleben.

Das Schärfen habe ich diesmal erstmalig mit meinem neuen Spielzeug ausprobiert. Das TSPROF Kadett. Da auch hier im Forum immermal wieder das Thema Schärfsysteme behandelt wird, kann ich nur sagen das Gerät ist tatsächlich den exorbitanten Preis wert. Äußerst robust, sehr präzise und sehr angenehmes arbeiten.

Hier die Bilder des fertigen Messers.
Falls Ihr noch Fragen zum Ätzen, dem Schärfsystem und/oder den verwendeten Materialien habt - legt los!

Viele Grüße

Timo

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Servus,

optisch sehr eigenständig und den Bildern nach, sehr sauber gefertigt. Welchen Schleifwinkel hast du gewählt? Die Schneidfase ist extrem breit, entweder ist der Winkel sehr spitz gewählt, oder aber die Klinge ist über der Schneide mit einigen Reserven versehen, was auf eine robuste Charakteristik des Gyutos schließen lässt.

Gruß, güNef
 
@ güNef:

Ja, das stimmt. Im Grunde aber ein bisschen von beidem. Das war wie beschrieben der Erstversuch mit dem TSPROF Kadett. Bei diesem Modell kann man den Schärfwinkel nicht nach Grad einstellen. Ein zusätzlicher digitaler Winkelmesser ist erforderlich. Der Erstanschliff war bei circa 20 Grad. Bevor ich ein Küchenmesser ausliefere besteht die "Qualitätskontrolle" darin, dass ich einmal mit dem Messer koche ;-) So sieht und spürt man direkt, ob alles so funktioniert, wie es soll. Hierbei stellte ich fest, dass durchaus noch ein wenig mehr geht. Es war zwar bereits recht scharf, glitt aber noch nicht zu meiner Zufriedenheit durch das Schnittgut. Also zurück in die Werkstatt und nacharbeiten. Aufgrund der Dicke der Klinge im Zuge der zukünftigen Schneidfase von 0,4mm ergab sich bei einem Schärfwinkel von jetzt circa 14 Grad ein optisch sehr hohe Schneidfase.

Grüße
 
Schließe mich an - sehr schöne Arbeit!
Danke auch, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, das Bauen zu beschreiben und z.B. die Infos zum Elforyn und dem Damast weiter gibst - lese ich gerne sowas.

Auch mir ist die Schneidfase aufgefallen. Info zus Stärke wären nett.

Torsion an der Spitze ist interessant, sowas kannte/ hatte ich noch nicht. Der Damast ist aber ja nicht tordiert, richtig?


Viele Grüße,
Torsten
 
Servus,

Bevor ich ein Küchenmesser ausliefere besteht die "Qualitätskontrolle" darin, dass ich einmal mit dem Messer koche ;-) So sieht und spürt man direkt, ob alles so funktioniert, wie es soll. Hierbei stellte ich fest, dass durchaus noch ein wenig mehr geht. Es war zwar bereits recht scharf, glitt aber noch nicht zu meiner Zufriedenheit durch das Schnittgut.

ein Messer vor dem Auslieferungsfinish selbst auf Funktion zu testen ist auf jeden Fall so lange der richtige Weg, bis du dir beim schleifen völlig sicher bist, das die Geometrie einen perfekten Verlauf hat und das kann dauern. ;)

Selbst erfahrene Messermacher testen noch das Profil, also wie rund das Messer am Brett läuft, die Spitze und ob sie widerstandslos durch eine Zwiebel flutscht, die Gesamtgeometrie, vor allem über der Schneide ( nagelgängig, oder knapp davor ) und die Schnittgutfreisetzung ( reduziertes anhaften von Schnittgut ) bevor sie final fertigen und ausliefern. Wenn ein Messer dann flüssig und rund im Wiegeschnitt am Brett läuft, durch eine dünn ausgeschliffene Schneide leicht schneidet, durch eine feine Spitze sich alles exakt präparieren lässt und zu guter Letzt durch eine ballige Kurve vom Klingenrücken zur Schneidenspitze verlaufend das Schnittgut von der Flanke weggeführt wird, das stimmen schon mal 90% der Klinge. Wenn dann noch der Schneidenwinkel richtig gewählt und der Schliff sauber gesetzt ist, dann sind an die 100% an Funktion erreicht. Stahlwahl und Schleifmittel & Schleiftechnik sorgen dann noch für weitere spezielle Eigenschaften ( Standzeit, Schneidkantenstabilität, Schärfbarkeit, Pflege usw. ) und werden, abgestimmt auf Anwendung und Schnitttechnik immer weiter individuell anpassbar.

Oberflächenfinish und Passungen schauen eh schon sehr sauber gemacht aus.

Gruß, güNef
 
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