Die Krümmung japanischer Schwerter?

S

SteffenG

Gast
Hallo zusammen!

Mich würde der Grund interessieren, weshalb japanische Schwerter (meistens?) gekrümmt sind.
Eine Mutmassung war, dass es den Schmieden nicht anders möglich war. Was ich allerdings bezweifle.
Dann könnte ein Grund sein, dass vom Pferd aus geschnitten eine gekrümmtes Schwert einen längeren Schnitt ermöglicht.
Oder vielleicht dass man anhand der veränderten Balance die "Ausrichtung" der Klinge besser (quasi auch blind) bestimmen kann.

Das sind aber alles nur, wie gesagt, Mutmassungen. Mich würde der echte Grund interessieren und ich bin sicher, den kennt hier jemand...


Vielen Dank für Eure Antworten.
Steffen Glückselig
 
Ist hier schon öfter drüber diskutiert worden. Liegt wohl an der Schmiede- und Härtetechnik.
Benutz doch mal die Suchfunktion.

Zorro
 
Mir sagte mal ein Iaido-Ka, daß eine gerade Klinge in einer Holzscheide sich eher verkanntet beim Ziehen, als eine leicht Gebogene?
Genaueres weiß sicher der Thomas Wahl, huhu?:)
 
Hallo nochmal,

bei mir sind da doch noch einige Unklarheiten aufgetaucht.
Ich gehe jetzt also davon aus, dass die Krümmung durch's Härten entsteht. D.h. das Härten ist die Hauptursache; mitverantwortlich ist auch das einseitige Schmieden.
Soweit richtig?

Dann folgende Probleme:
Rein intuitiv würde ich annehmen, dass, da die Schneide stärker gehärtet wird als der Klingenrücken, sich das Material dort zusammenzieht und also die Krümmung in die andere Richtung gehen müsste?
Ausserdem kann ich mir vorstellen, dass eine Krümmung von ca. 20cm eine hohe Belastung für das Material darstellt und also gar nicht so wünschenswert ist?

Zusätzlich hätte ich gern noch den Begriff Härten in diesem Zusammenhang genauer definiert:
Handelt es sich nur um das "Abschrecken" des heissen Eisens in einer passenden Flüssigkeit oder wird z.B. eine Anreicherung mit Kohlenstoff auch zum Härtungsprozess gerechnet?


Vielen Dank für eure etwaigen Antworten!
Steffen Glückselig
 
Vorsicht, Wärmeausdehnung nicht mit der beim Härten bzw. beim Umwandeln auftretenden Volumenänderungen verwechseln. Die abgeschreckte Schneide überführt den Austenit in Martensit, der langsamer abgekühlte Bereich des Körpers wandelt anders um und kontrahiert, die hier auftretenden erheblichen Zugeigenspannungen (das ist ja volumenspezifische Energie) sind in der Lage, die vom Volumen her kleine Schneide zu biegen. Die Krümmung kann durchaus stark sein, das ist nur Verzerrung, nicht Verformung. Die ist lokal definiert. Denk mal an ein langes Stäbchen aus Glas. Kann man erheblich durchbiegen, aber alle Verformung ist elastisch, nicht plastisch, aber die Durchbiegung (Verzerrung) ist erheblich.

Und klar, Aufkohlen kann und wird zur Härte beitragen.
 
Hallo, vielen Dank für deine schnelle Antwort, herbert!

Original geschrieben von herbert
Und klar, Aufkohlen kann und wird zur Härte beitragen.

Dann ist also Aufkohlen Teil des Härteprozesses?



Grüsse
Steffen, der immer gern alles explizit hat :rolleyes:
 
Nun,

Aufkohlen ist nicht zwingend bestandteil des Härteprozesses.
In den meisten Fällen aber durchaus erwünscht, erreicht man doch dadurch eine eventuelle Steigerung der Härte und der Verschleißfestigkeit.

Im umgekehrten Fall kann der Stahl auch abgekohlt werden,was für Messer/Schwerter äüßerst unerwünscht ist.

Ob auf oder abgekohlt wird ist abhängigt von der einstellung der Atmosphäre / des Feuers in dem gehärtet wird.
Oxidierende Atmosphäre => Abkohlen
Reduzierende Atmosphäre => Aufkohlen

gruß

Peter
 
@Claymore: Vielen Dank für die interessante Antwort!


Mir ist noch eine Unklarheit wegen der Krümmung der Schwerter aufgefallen:
Da die Krümmung durch's Härten entsteht, scheint es mir so, als ob die Schmiede gar keine Wahl gehabt hätten und eine Klinge immer krumm hätte sein müssen.
Die Krümmung kam, laut dem Buch "Schwerter, Degen, Dolche" (u.a. mit Beiträgen von Victor Harris), jedoch erst Ende des 10. Jhdts. in Japan in Mode. Davor gab's lange Zeit gerade (einschneidige) Schwerter ("chokuto") und schliesslich Übergangsformen, bei denen die Krümmung nur kurz nach der Angel, der Rest der Schneide jedoch gerade war.
So, als ob die Schmiede doch eine Wahl gehabt hätten. :confused:
Was muss also ein Schmied machen, damit ein solches Schwert gerade bleibt? Ist es dann vielleicht weniger hart?
Mir ist ausserdem gerade der Gedanke gekommen, dass die Schmiede anfangs die Klingenkrümmung vielleicht nicht beabsichtigt hatten, es sich dann jedoch herausstellte, dass die Krümmung irgendwelche Vorteile gebracht hat und deshalb bei dieser Form geblieben sind...


Interessante Sache! ;)
Grüsse
Steffen
 
Also,
meines wissens ist die Krümmung durchaus gewollt, und zwar, weil sie beim schlagen, automatisch, zu einem ziehenden Schnitt führt, und dadurch leichter das Ziel( Strohmatte, Arm, Bein:teuflisch ) durchdringt.

Es ist des weiteren durchaus möglich gerade Schwerter mit differnziller Härtung herzustellen( siehe: Paul Chen Practical Ninja-, oder KrisCutlery Korean- oder Ninja-Schwert).

Auch die frühen japanischen Schwerter (Chokutos) waren gerade, aber eine gebogene Klinge richtet eben mehr Schaden an ( siehe auch Kavallerie-Säbel).:ack:

Hier ist ein interessanter Link:
Japanische Schwerter
 
Last edited:
@slick: Danke für den interessanten Link! Den hatte ich mir schon vorgemerkt und bin jetzt dabei den Text zu lesen.

@Raimund: Es ist also schwerer gerade Klingen herzustellen. Warum waren die frühen Klingen dann gerade und erst die späteren mit Krümmung? :confused:
Und ja, die Intuition legt nahe, dass, um eine gerade Klinge zu erhalten, man eine "Gegenkrümmung" in das Schwert bringen muss. Und das ist ja bestimmt schwerer als ein gerades Schwert krumm werden zu lassen. Haben die alten Japaner im Laufe der Zeit ihr Handwerk verlernt?


Grüsse
Steffen
 
Hmm
Da es jede menge anderer Waffen, z.b. Bowiesmesser gibt die differentiel gehärtet sind , und die nicht alle gebogen sind würde ich mal sagen das sich die Klinge nicht verziehen muß, sonder, je nach vorgehensweise , kann.
So genau weiß ich das aber nicht.
Frag doch mal Claymore ( www.lindenschmiede.de ) der macht sowas doch ständig.
 
Last edited:
Differentiel gehärtet ist nicht gleich differentiel gehärtet! Bei den japanischen Schwertern wurde das gemacht , indem man den Klingenrücken mit Lehm beklebt hat, damit er beim Abschrecken länger heiß bleibt. Das verursacht die größte Verformung. Andere Möglichkeiten sind, nur den Schneidebereich der erhitzten Klinge im Abschreckmedium zu tauchen, oder nur den Schneidebereich auf Härtetemperatur zu bringen (entsprechende Glühfarbe) und dann die ganze Klinge abzuschrecken. Bei solchem partiellem Härten ist die Verformung in der Regel kleiner (zweiteres hat Markus Ballbach bei meinem Schwert gemacht, eine Verformung konnte man nicht feststellen, dazu hat aber auch die große Klingenbreite beigetragen)
Soweit ich weis, sind die ältere, gerade japanische Schwerter durchgehärtet gewesen. Ob die Krümmung bei dem Härten in Lehmmantel von Anfang an mitbeabsichtigt wurde... keine Ahnung, irgendwann haben sich diese Klingen aber in der Praxis durchgesetzt.
Also, gerade (oder fast gerade) selektiv gehärtete Klingen kann man auch machen.
Gruß,
Martin
PS: Alles ohne Gewähr! Ich bin Laie und habe alle meine "Kentnisse" von Mitlesen, Zuhören und dumme-Fragen-Stellen im Forum, bei versch. Forumtreffen sowie Rumsurfen auf verschiedenen Websites.
 
Auf die Klingenbreite kommt es an!
Eine Bowieklinge mit 40 oder 45 mm krümmt sich nicht, im Gegensatz dazu wird sich eine schmalere Klinge mit 28-30 mm durchaus auch dann krümmen wenn sie ganz durchgehärtet wird. Alles nur eine Frage des Querschnitts und der Abkühlgeschwindigkeit.
tanto-1a.jpg


Lässt sich z.B. an abgebildeter Tantoklinge deutlich erkennen, war vor dem Härten vollkommen gerade und besteht aus 1.2842, durchgehärtet, also nicht differentiel. Durchkrümmumg beträgt in der Mitte gemmesen ca. 6 mm bei ca. 180 mm länge
 
Last edited:
Japanische Klingen

...also nur so als Tipp:

es gibt bestimmt eine Million Bücher über die Fertigung von Japanischen Schwertern.
Soweit ich weiß, ist die Biegung der Klinge eher aus gestalterischen Gründen und wegen der besseren Handhabung beim Ziehen aus der Saya entstanden. Es gibt nämlich auch sehr grade Schwerter!

Wenn Du noch Fragen hast (trotz der vielen wirklich qualifizierten Antworten), ruf doch mal Alexander bei Katachi-Art an.
Er kann Dir dann vielleicht noch was dazu sagen!

Tel: (+49)(0) 40 460 14 48 (Deutschland)

Viel Glück!
Anja
:D
 
Seite zum Thema

Hallo nochmal,

ich habe inzwischen angefangen auf einer Seite die verschiedenen Beiträge hier und weitere Quellen zusammenzutragen.
Sie ist noch im Entstehen, wegen Zeitmangels wird es auch noch ein wenig dauern, bis sie fertig ist, aber wer will kann ja schonmal vorbeisurfen: http://gungfu.de/aikido/bokken/curve.html für Kritik und Anregungen an diesem ersten Entwurf wäre ich dankbar!


schöne Grüsse
Steffen Glückselig
 
Original geschrieben von DeadlyEdge

Soweit ich weis, sind die ältere, gerade japanische Schwerter durchgehärtet gewesen. Ob die Krümmung bei dem Härten in Lehmmantel von Anfang an mitbeabsichtigt wurde... keine Ahnung, irgendwann haben sich diese Klingen aber in der Praxis durchgesetzt.

Sind sie nicht. Auch die älteren jap. Klingen weisen die 'Jihada' genannte Linie auf, die den gehärteten Schneidenbereich optisch erkennbar vom weniger gehärteten Rest der Klinge ternnt. Die Form hat sich tatsächlich nach praktischen Gesichtsgründen entwickelt und ist gewollt. Im übrigen unterliegt sowohl die Art der Biegung als auch ihre Position auf der Klinge einem Wandel, der sich bisweilen einfach nach der 'Mode'(im Sinne von 'was der hat will ich auch haben') richtete.
 
japanische schwertkrümmung

hi ihr!

mal gucken ob das hier klappt :(

die japanischen schwerter waren (und sind) gekrümmt um die schnitteigenschaften zu verbessern, da die japanischen schwerter eben schnittschwerter waren.

sie waren nicht zum fechten im eigentlichen sinne bestimmt, sonder nur für das kurze ende des gegeners :super: (eben echte perfektionisten diese japaner)
 
Nun ja, die Krümmung kommt dem schneidenden Hieb natürlich entgegen, aber es ist so: wenn man den Herstellungsprozeß verfolgt, so kann eine Krümmung gar nicht vermieden werden, wenn man nicht die Schneidenseite von vornherein länger macht als den Rücken. Und die Krümmung nach dem Wärmebehandlen wird ja gemessen und als Qualitätskriterium gebraucht. Form follows function hier nicht, da ist erst mal die Metallurgie davor. Und dass das auch noch prima funktioniert, umso besser. Und die Krümmung müßte dann ja auch dem Aktionsradius des Schwertträgers optimal angepaßt sein.

Die Krümmung orientalischer Schwerter ist auch so eine Sache. Die Leute verwendeteen Kristallisationsdamast, also Damast, der nicht durch das Feuerschweißen von verschiedenen Lagen hergestellt wurde, sondern man erhitzte Erz mit viel Kohlenstoff, der wurde dann gelöst, mehr als 2% kein Problem, und Schmieden ließ sich das prima bei tiefen Temperaturen, auch der Schmelzpunkt des Erzes wird ja durch die Kohle lokal drastisch reduziert. Prozeßtemperatur ist das Problem gewesen. Nun hat man also einen Stahl mit viel Kohlenstoff, und nach dem Abkühlen Karbide ohne Ende, die natürlich grob sind und inhomogen verteilt. Durch das Schmieden kann man das homogenisieren, aber das Problem bleibt, dass man einen superharten Stahl hat, mit scharfer Schneide, aber eben bruchanfällig. Da muß man die Klingen eben entsprechend dick machen. Auf der Scharfen Seite schmiedet man dünn aus, die Seite wird dann länge, das Säbeldings wird krumm. Is so. Und paßt dem Anwender auch noch gut in den Kram. Also, dicke Klinge, starke Krümmung, schönes homogenes MUster. Wärmebehandlung stimmt, Schmieden stimmt, gutes Schwert. So einfach kann manchmal die Werkstofftheorie sein.
 
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