Der Spyderco Abspeck-Thread (Ausdünn-Walkthrough ohne Strom)

Bukowski

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Moin

Auf Wunsch von @NineFinger folgt eine kurze Zusammenfassung meiner Ausdünn-Aktion eines Spyderco Endura VG-10.

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Mit einer Materialstärke von gut 0,6mm hinter der 1mm breiten Fase machte mir das Messer keinen Spaß. Die Klinge musste Federn lassen.

Mise en Place
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  • Atoma 400 (für Taschenmesser reicht mir die Körnung, trägt noch zügig ab und hinterlässt nicht ganz so tiefe Riefen wie gröbere Körnungen)
  • Shapton Pro 1000
  • ein Satz Starcke Matador Nassschleifpapier
  • große Klemmzwingen
  • Wasserflasche, Steinhalter, Duct-Tape
auf dem Bild nicht zu sehen:
  • ein festes Stück Leder (etwa im Format des Schleifpapiers), das bei Druck kaum nachgibt
  • Spyderco 302M und 302UF
Walkthrough
Als erstes Klebe ich den Griff nahtlos mit Duct-Tape ab, weil ich keine Lust auf Schleifschlamm im Klingengang o.ä. habe.

Für das Ausdünnen von Messern aller Art haben sich bei mir Diamantplatten durchgesetzt, da sie Formstabil sind und sich nicht mit Metallabrieb zusetzen, während des Schleifvorgangs also weder abgerichtet noch geöffnet bzw. mit SiC-Pulver behandelt werden müssen, um den gewünschten "Biss" zu erhalten. Außerdem tragen Diamant-Schleifmittel auch hochlegierte Stähle ohne Einschränkungen ab.

Mit der Diamantplatte dünne ich die Klinge aus und gebe ihr eine möglichst gleichmäßige, leicht konvexe Geometrie:

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Dazu lege ich die Klinge annähernd flach auf die Platte und hebe den Klingenrücken während der Schleifbewegung leicht an. Die noch vorhandene alte Schneidfase dient mir dabei als Indikator, wie weit ich in den einzelnen Segmenten der Klinge schon gekommen bin und wo ich ggf. nachsteuern muss, damit es gleichmäßig wird. Um das Klingenprofil nicht zu verändern versuche ich dabei einen kaum sichtbaren Teil der alten Schneidfase zu erhalten. Der wird später normalerweise vom Nassschleifpapier verwischt.

Wenn die alte Schneidfase über den gesamten Schneidenverlauf beidseitig eine gleichmäßige, kaum sichtbare Linie bildet und ich ansonsten auch mit der Formgebung zufrieden bin, glätte ich die Riefen der groben Körnung mit dem Shapton Pro 1000.
Der Stein ist Splash&Go, trägt gut ab, ohne allzu tiefe Riefen zu hinterlassen, setzt sich kaum zu und muss durch seine harte Bindung nicht so häufig abgerichtet werden, deswegen mag ich ihn für sowas ganz gern.

Danach klemme ich ein Stück 240er Schleifpapier auf dem Leder mit den Klemmzwingen am Tisch fest, befeuchte es und ziehe die Klingenflanke mit gleichmäßigen Bewegungen quer über das Papier. Dabei wird die Klinge – ohne den Winkel vom Ricasso zur Kante des Schleifpapiers zu ändern – so bewegt, also Klingenrücken oder Griff minimal angehoben oder gesenkt, dass alle Bereiche der Klingenflanke eine gleichmäßige Satinierung erhalten.
Dabei unbedingt darauf achten, die Messerspitze nicht versehentlich abzutragen!

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Man kann je nach Gusto mit dem Papier noch feiner werden oder auch gröber starten und sich ggf. den Shapton sparen, ich habe nach dem 240er schon Schluss gemacht:

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Durch den Vorgang stumpft die Klinge natürlich ab, deswegen schleife ich am Ende noch eine mini V-Fase mit dem Spyderco 302M an und poliere und entgrate kurz mit dem Spyderco 302UF.

Das geht selbstverständlich auch mit jedem anderen Stein / jeder anderen Progression, der/die euch taugt.
Bei den Spydercos muss ausschließlich der Medium-Stein (extrem selten) abgerichtet werden. Außerdem können die Steine trocken verwendet werden. Das spart Zeit, weil Wässern, Reinigen und Abrichten wegfallen (Nachteil der Steine: kleines Format und kaum Feedback).

Die Klinge ist jetzt so dünn, dass die Schneidfase in Windeseile angeschliffen ist:

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200-fach vergrößert

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Fertig.


Die gesamte Aktion hat knapp zwei Stunden gedauert.

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Und schon macht's wieder Spaß:steirer:
 
Last edited:
Hallo Bukowski,

mit einer so umfangreichen Ausführung hätte ich nicht gerechnet. Dankeschön!

Noch eine Frage: das ganze war bei dir der Umfang von Minuten / Stunden / Tagen?

Ich bin am Ausdünnen interessiert, da ich auch Messer habe, die eine Diät vertragen könnten ;) gut, nicht nur die. 😂

Ich traue mich nur nicht so richtig, weil mir händische Arbeiten (ohne Führung, Anschläge, Hilfsmittel) die symmetrisch sein sollten meist nicht symmetrisch gelingen. 😒
Ich bewundere es um so mehr wie andere immer wieder so toll hin bekommen.

Grüße NineFinger
 
Danke für eure Resonanz!

@NineFinger Die gesamte Aktion hat knapp zwei Stunden gedauert. Also alles im Rahmen.

Ich kann dir nur ans Herz legen, schnapp dir ein günstiges Messer und fang an. Nach ein paar Messern wirst du dich fragen, wieso du es nicht schon früher versucht hast.

Wichtig dabei ist, immer wieder Blickkontrolle: "Wo hab ich geschliffen? Wollte ich dort überhaupt Material abtragen? Wie weit muss ich noch?" usw. Und nicht einfach 'ne halbe Stunde drauf los :D Dann wird das schon.
 
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@Bukowski
Tolle Leistung! :super: Du hast ein schon gutes Messer, zu einem noch besseren gemacht! Sehr sauber gearbeitet, ich wünsche Dir viel Schneidfreude damit. Bei mir gibt es zwischenzeitlich nur noch "dicke" Schneidengeometrien, wenn es zwingend erforderlich ist. Fein ausgeschliffene Schneiden machen einfach zuviel Spaß. :D::

Gruß
Matthias
 
Moin @Bukowski

kann mich den Vorrednern nur anschließen...toll geworden !

Wat ne Schrubberei...ich mach sowas nur wenn ich muss:sleep:....da fehlt mir die Geduld.

Gruß

Micha
 
Toller Workflow Bericht mit einem ziemlich professionellen regrind Ergebnis.

Warning! Für den ersten Versuch in jedem Fall ein Messer nehmen, bei dem es nicht so sehr drauf ankommt, wie es hernach aussieht oder wenn eine ungewollte Geometrie bei rauskommt.

Für ein rundum gelungenes Ergebnis wie bei Daniel‘s Spinne braucht‘s dann schon Erfahrung und skills.

grüsse, pebe
 
Danke für den tollen Bericht @Bukowski. Wenn ich mal Zeit habe, werde ich das auch an einem alten Messer ausprobieren. Kann ich das 1:1 auf Küchenmesser übertragen oder würdest du da etwas anders machen?
 
Danke, freut mich, wenn's gefällt.

Warning! Für den ersten Versuch in jedem Fall ein Messer nehmen, bei dem es nicht so sehr drauf ankommt, wie es hernach aussieht oder wenn eine ungewollte Geometrie bei rauskommt.
Ja, beim ersten Versuch sollte man besser noch mit zurückhaltenden Erwartungen starten.
Ein günstiges gebrauchtes Endura eignet sich zB hervorragend ;)

Kann ich das 1:1 auf Küchenmesser übertragen oder würdest du da etwas anders machen?
Bei Küchenmessern würde ich je nach Klingenlänge, Ausgangslage und gewünschtem Ergebnis entsprechend mehr Zeit einplanen. Soeine kleine Taschenmesserklinge ist offenkundig eine andere Hausnummer, als ein 26cm Güde Alpha auszudünnen. Letzteres würde ich mir ohne elektronische Unterstützung ehrlich gesagt nicht antun. Da muss einfach zuviel Material weg. Wenn es allerdings nur darum geht, die Fase etwas zurückzusetzen, um das Messer ein bisschen performanter zu machen, geht das auch manuell mit vertretbarem Aufwand.

Bei einem längeren Küchenmesser eine gleichmäßige Geometrie über die gesamte Klingenlänge hinzubekommen erfordert auch etwas mehr Geschick / Knowhow, als bei einem kleinen Folder.

Beim Vorgehen an sich würde ich aber grundsätzlich nichts ändern, nur mit einer gröberen Diamantplatte (Atoma 140 oder DMT XXcoarse) starten.
 
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Angeregt durch @pebe 's Slicer-Suche habe ich die Tage in einem kurzen Freizeit-Intervall endlich ein lang gehegtes Vorhaben umgesetzt:

Die Überarbeitung eines Spyderco Para 3 mit K390 Klingenstahl.
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Das Messer hatte ich im Juli 2021 hier im Marktplatz für einen aus meiner Sicht guten Preis erworben. Es war allerdings offenbar häufig genutzt und geschärft worden, sodass mir die Materialstärke über der Fase von Anfang an zu stabil war:

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Nun also – wie gehabt und im Startpost konkret beschrieben – erst auf der Diamantplatte mit 400er Körnung konvex ausgedünnt:

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Dann das Klingenfinish mit Starcke Matador Nassschleifpapier 240er Körnung aufgehübscht und angepasst:

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Und schließlich Quick&Dirty mit dem Spyderco Sharpmaker eine neue Fase gesetzt:

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Fertig. :steirer:

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Netter Nebeneffekt war, dass ich eine neue DMD Diamantplatte, die mir ein lieber Freund und Forenmitstreiter freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, mit dem flächigen Schleifen der K390-Klinge schonmal einbrechen konnte. Die Diamantplatte stelle ich aufjedenfall an andere Stelle noch im Detail vor, denn sie hat bei der Aktion einen guten Eindruck hinterlassen...

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Gut's Nächtle. :super:
 
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