Das erste Messer und ein Problem...

Sebohn

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Hallo zusammen,

ich heiße Sebastian, bin 33 und habe nach über 20 Jahren Messersammeln (meine Eltern waren sehr kulant) angefangen, selber Messer zu schmieden.
Mein erstes Projekt ist ein Jagdmesser (Steckangel aus alter Autofeder, Klinge 115 x 3 mm) für einen befreundeten Jäger, der mir seine komplette Werkstattausrüstung geschenkt hat und mir so das Hobby erst ermöglichte.

Nach vielen Stunden an der selbstgebauten Holzkohleesse im Keller (ich habe einen großen alten Bierkeller mit etlichen Belüftungsschächten und einem Räucherofen, in dem die Esse eingebaut ist --> keine Erstickungsgefahr oder nennenswerten Gehirnschädenschädenschädennnnnnnhhhrrrg :glgl:),

https://photos-5.dropbox.com/t/0/AA...TZyS1zUGyiwn090LyNEu0FBEBvHUdvA?size=1024x768
https://photos-5.dropbox.com/t/0/AA...bdbjISc-7CegfBCUDNOerEbqVERFkWM?size=1024x768
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einer verbrannten Spitze, stundenlangem Feilen, Bandschleifen und Fluchen kam dann das hier heraus.

https://www.dropbox.com/sc/9gkg88bdw7feaoh/bk7XGQTzTo/3
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Der Zunder ist vom Härten, und da haben wir auch schon das Problem:

https://www.dropbox.com/s/e2hfa1wy435iwqa/Messer 2.jpg

In meiner Firma haben wir einen eigenen Werkzeugbau (WZB) mit einer kleinen Härterei (Härteofen, Ölbad, Anlassofen, Härtemessgerät). Die Jungs vom WZB helfen mir armen Bürohengst immer mit Praxistipps aus und haben auch das Härten übernommen ( mit Drahtaufhängung kurz 820°C, hängend ins Ölbad, 2h bei 200° angelassen). Die Klinge war gerade, aber es kamen nur 55 HRC statt der angepeilten 58 HRC raus. Die Jungs meinten, dass nach Entfernung der Zunderschicht eventuell 1-2 HRC mehr rauskommen könnten. Zunderschicht daheim entfernt, bis K1200 hochpoliert (nur grob), noch mal gemessen --> 54 HRC ...
OK, noch mal mit 850° C, Ölbad, 2h bei 200°C --> 53 HRC... :confused: Scheibe, was ist falsch gelaufen? Kommt der Meister, schaut es sich an, macht einen kleineren "Stempel" beim Härtemessgerät rein --> 58 HRC. Die Klinge hatte beim Messen etwas "Kippelspiel", was durch den kleineren Stempel ausgeschlossen wurde. Superglücklich nehme ich es mit und entdecke dann, dass die Klinge sich leicht S-förmig verbogen hat. Hinten beim Angelende steht es ca. 1mm hoch und hat in der Klingenmitte einen knapp 1mm hohen Bauch. Ich hoffe man erkennt es auf den Fotos. Man kann die Biegung auf einer stabilen Unterlage mit der Hand fast ganz rausdrücken, aber es federt zurück.

Die Werkzeugbauer meinten, dass man es zwischen zwei Metallplatten mit einer "Dreipunktaufhängung" klemmen und ohne vorheriges Härten wieder bei 200° C im Anlassofen "richten" könnte. Habe zwar schon die SuFu benutzt, aber es war noch nie das Problem mit 2x härten + anlassen beschrieben.

Alternativ könnte ich die Klinge heute/morgen wieder in die Esse stecken, zwischen zwei Metallplatten spannen und dann noch mal härten probieren.

Bitte keine Tipps wie "nimms locker hin". Ihr kennt es ja, erstes Messer, viel Arbeit und Herzblut reingesteckt... Da will man nicht so schnell aufgeben und das mühsam aufgegebene Rauchen will ich nicht wieder anfangen :steirer:

Schon mal vielen Dank!

Sebastian

P.S.: Den Herrn Gerfin habe ich schon angeschrieben, weiß aber nicht ob er ihm Urlaub ist.
 
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Mach es wie die Werkzeugbauer gesagt haben.

Spanne die Klinge zwischen zwei gerade Metallplatten und lege sie damit in den Ofen.

Nach dem Erkalten sollte die Klinge gerade sein.

Ein Richten mit dem Hammer sollte vermieden werden, da bei ungeübten Bruchgefahr besteht.
 
Also das mit der Dreipunktaufhängung oder nur zwei Platten? Und Härteofen oder Anlassofen?

Und sieht man eigentlich die Bilder? Habe heute zum ersten Mal Dropbox benutzt...
 
Die Klinge fest zwischen zwei große platten spannen, die sich nicht verbiegen. Dann alles zusammen bei 200°C in den Ofen.

Stellen, Legen oder Schweben ist egal.
 
Dann probieren wir mal die zwischen zwei Neodym-Magneten schwebende Variante aus. Danke, ich berichte dann ob die für jeden daheim im Backofen mögliche Methode funktioniert und alle Verzugsprobleme löst.
 
Hallo,

interessant in diesem Zusammenhang ist auch welchen Stahl ihr verwendet? Wenn ich alles richtig gelesen habe, habt ihr ja 2 Stunden angelassen, dass kann für eine Stahlsorte zuviel/zulang sein und für eine andere genau richtig. Zumindest könnte ich mir dadurch das Härteproblem mit nur 54-55 HRC erklären.

Zum Verzug wäre vielleicht noch anzumerken, dass die Wärmebehandlung nach dem Schmieden komplett durchlaufen werden sollte - zumindest mehrmaliges Normalisieren usw. Nicht nur wegen des feineren Korns wegen, sondern das Gefüge entspannt sich dadurch auch besser und ihr beugt so Spannungen und eventuellen Härteverzug vor.

Die Dünnen Querschnitte von Messerklingen unterliegen nicht immer den Angaben in den Stahldatenblättern zu Haltezeiten Temperatur und Anlassen - eine verbrannte Messerspitze könnte bedeuten, dass hier was im argen liegt.

Zum Schmieden Härten und Anlassen findet ihr hier im Forum genügend Fachliches zu den gängigsten Messerstählen. Werkzeughärtereien gehen da meist ein klein wenig anders heran.

Gruß knifefaan
 
Hallo knifefaan,

Wie gesagt ist es eine alte Autofeder (spiralförmig), keine Ahnung was für ein Stahl das genau ist.
Die Werte und Zeiten habe ich in einem Thread aus einem anderen Internetforum abgelesen.

Edit: habe es von www.messerforum.net/archive/index.php/t-8883.html

Die 54 HRC nach dem ersten Härten kommen wahrscheinlich auch von dem Messfehler mit dem zu breiten Stempel. Die zwei Stunden Anlassen haben beim ersten Mal keinen Verzug verursacht. Ebenso die beim Schmieden verbrannte Spitze, die großzügig abgeschnitten wurde.

Also kann ich aus fachmännischer Sicht den Richtversuch wie unten beschrieben bei 200 Grad machen oder doch erst im Feuer richten, normalisieren, härten, anlassen?

Schon mal danke!
 
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Hallo Sebohn,

versuchen könnt ihr das Richten so, an der Härte ändert das dann aber nichts - eventuell wird das "Zeugs" noch weicher. Besser wäre das Messer in Schutzfolie oder Rohr nochmal Weichzuglühen, Normalisieren Härten und Anzulassen. Muss man nicht machen, ich würde es aber machen.

ich halte mich da an so ein "unwissenschaftliche Faustregel", maximal eine halbe Stunde danach und auch nur dann wenn das Messer noch ziemlich warm also noch nicht ganz zur ruhe gekommen ist, solche Aktionen durchzuführen. (Kommt aber immer drauf an...)

Grüße knifefaan
 
Dann probieren wir mal die zwischen zwei Neodym-Magneten schwebende Variante aus. Danke, ich berichte dann ob die für jeden daheim im Backofen mögliche Methode funktioniert und alle Verzugsprobleme löst.

Hi Sebohn,

das wird nicht funktionieren. Die Neodym-Magneten sind über 80 Grad C keine Magneten mehr.

Gruß

BMW_Buddy
 
Hallo Sebohn,

versuchen könnt ihr das Richten so, an der Härte ändert das dann aber nichts - eventuell wird das "Zeugs" noch weicher. Besser wäre das Messer in Schutzfolie oder Rohr nochmal Weichzuglühen, Normalisieren Härten und Anzulassen. Muss man nicht machen, ich würde es aber machen.

ich halte mich da an so ein "unwissenschaftliche Faustregel", maximal eine halbe Stunde danach und auch nur dann wenn das Messer noch ziemlich warm also noch nicht ganz zur ruhe gekommen ist, solche Aktionen durchzuführen. (Kommt aber immer drauf an...)

Grüße knifefaan

Die Härte ist ja auch nicht das Problem, da die 58 HRC erreicht wurden. Vielleicht hast Du das überlesen. Es geht nur ums Begradigen. Wenn dabei 1 HRC draufgeht, macht das nix. Ich probiere es erstmal so, wenns nicht klappt dann wie von Dir beschrieben.

@ BMW_Buddy

Das war nur als Witz gemeint. Aber danke für den Hinweis, wusste ich nicht.
 
Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, sehen Sie nichts.:grief:

Hat weder zwischen drei Stahlstifte noch bloß zwischen zwei Platten gespannt was gebracht. Wäre auch zu schön gewesen...

Hat einer Tipps wie man in der primitiven Holzkohleesse vernünftig normalisieren kann? Bin wie gesagt Anfänger.
 
Du willst doch eigentlich nicht normalisieren sonder spannungsfrei glühen.
http://www.metallograf.de/start.htm?/grundlagen/waermebehandlung.htm

Die Spannungen sind es schließlich die dir den Stahl verziehen.
Das erledigt sich bei mir meist gleichzeitig mit dem Weichglühen.
Nach der Arbeit lege ich noch ein zwei Schichten Holzkohle auf die Esse, dann kommt der Rohling oder auch gleich mehrere Rohlinge. Wenn dieser etwas unter Magnetisch ist wird die Luft abgeschalten und es kommt noch eine dickere Schicht Holzkohle. (evtl die Kohle schon etwas früher anglühen lassen)
4-5 Stunden später ist der Rohling weich und entspannt.
Darauf achten das der Rohling in der Abgeschalteten Esse nicht noch weiter aufheitzt. Das Bekommt man aber ganz gut ins Gefühl.

Darüber hinaus: noch warm gleich nach dem Härten mit dem Hammer am Amboß/im Schraubstock richten. Das klappt wunderbar und gibt kaum Verluste.

Grüße,
Eisenbrenner
 
Vielen Dank für die Tipps.

Woher weiß ich wann er kurz unter magnetisch ist (= fast nicht mehr magnetisch)? Wenn der Magnet nicht mehr richtig greift?

Und kann man sich das spannungsarm glühen mit dem von Dir beschriebenen Richten direkt nach dem Härten nicht sparen? Sprich ich härte morgen nochmal und beseitige sofort vor dem Anlassen den Verzug?
 
Hallo Sebastian,

  • schmiede Die nächste Klinge mit geringerer Wärme, pass auf, damit Du Dir nicht wieder einen Teil "anbrennst".
  • Nach dem Schmieden lässt Du die Klinge langsam im Feuer auskühlen: lege die warme Klinge in ein dickwandiges Stahlrohr, das Stahlrohr ins Feuer, mach das Stahlrohr hellkirschrot bis dunkelorange, dann die Luft aus und das Feuer ausgehen lassen. Wenn Du dann die Klinge am nächsten Tag aus dem Feuer nimmst, ist sie so weich, dass Du sie leicht feilen kannst.
  • Als erstes dann mit einer Schruppscheibe auf dem Winkelschleifer entzundern, die Zunderschicht ist so hart, dass sie Dir innnerhalb von ein paar Umdrehungen selbst ein neues Schleifband ruinieren kann.
  • Wenn Du nun den Rest mit Bandschleifer und Feile in Form gebracht hast, nimm die Klinge und stelle Sie im Härteofen auf den Rücken, es geht relativ leicht, wenn man sich aus einem Stück U-Stahl einen Kamm macht indem man alle 5- 10 mm mit der Trennscheibe einen Schnitt bis zum Rücken macht.
  • Beim Schleifen solltest Du generell darauf achten, dass keine allzu tiefen Riefen in der Fläche und in der Schneide sind, sie bieten einem Härteriss eine sehr gute Anfangsmöglichkeit. Alle Fein-/ Schleifarbeiten, die Du vor dem Härten machst ersparen Dir später unnötige Arbeit. Allerdings, die Zunderschicht musst Du ja eh wegmachen, also macht zu fein schleifen auch keinen Sinn ;-) (Ich höre bei 240er Korn vor dem Härten auf.)
  • Der Übergang von Klinge zum Griff, speziell bei Steckangel/ Spitzerl Messern sollte keine scharfen Ecken haben, hier immer auf einen kleine Radius achten, hier entstehen auch gerne Härterisse!
  • Dreimal Normalisieren reicht in der Regel und zum Härten brauchst Du mit Sicherheit keine Stahlplatten zwischen denen Du Deine Klinge einspannen kannst. Die sogenannten Pfetten haben ihren Aufgabenbereich in anderen Klingendimensionen. Bei Verwendung von Pfetten musst Du beim Härten auch Sorge dafür tragen, dass die Wärme aus der Pfette verschwindet bevor die Klinge abkühlen kann. Damit alleine wirst Du Dir schon schwer tun.
  • Zum Härten legst Du die Klinge wieder auf dem Rücken in den Kamm im Ofen. Nachdem die Klinge die gewünschte Härtetemperatur erreicht hat, hälst Du sie für jeden Millimeter Klingendicke ca. 1 Minute und nimmst sie dann heraus und kühlst sie unmittelbar in auf ca 60 - 70° C vorgewärmten Öl ab.
  • Wenn die Klinge soweit abgekühlt ist, kannst Du im Bereich der Restwärme innerhalb von ein bis zwei Minuten einen eventuellen Verzug durch vorsichtiges Biegen richten.
  • Nachdem die Klinge zufriedenstellend gerichtet ist, kommt sie mit der passenden Anlasstemperatur für ein bis zwei Stunden in den Anlassofen.
  • Fertig!


Freddie
 
Hallo Freddie,

Super, diese Beschreibung sollte man auf der ersten Seite pinnen! :super:

Danke dass Du Dir die Mühe gemacht hast.

Vorgestern kam das Bergland-Buch "Die Kunst des Schmiedens", denke da werden auch noch jede Menge Praxistipps drinnen sein.

Grüße,

Sebastian
 
Hallo zusammen,

nach vorangegangenem "weichglühen" (ich komm mit den Glühfarben noch nicht ganz zurecht) habe ich es mit der Dreipunktmethode problemlos richten können. Es ist jetzt samt Kydex-Scheide fertig und wechselt heute den Besitzer :jammer:, anbei ein paar Bilder.

Griff aus Eiche, über Nacht in Ballistol wegen dunklerer Farbe und dann 3 Schichten Topoil drauf. Parierelement Neusilber.

https://www.dropbox.com/s/ehu1a1a2irvsudp/1.jpg

https://www.dropbox.com/s/b6nfddaqkgg3jh7/2.jpg

https://www.dropbox.com/s/rrkr5ibt6acbido/3.jpg

https://www.dropbox.com/s/eqx5weerw63uizx/Foto%20%281%29.JPG

https://www.dropbox.com/s/8apmm5z18wye2qn/Vorderseite.jpg

https://www.dropbox.com/s/mwmsody7g95yvhh/R%C3%BCckseite.jpg

Und ein Tipp für Anfänger, Neusilber und WIG-Schweissen klappt wohl nicht so ganz... Die Klinge war mit einer nassen Mullbinde geschützt und wurde von einem Profi versucht zu schweissen.

https://www.dropbox.com/s/q3rioatdfxp9jdh/WIG.jpg

Eine richtig üble Arbeit, ich wollte die Klinge schon wegschmeissen...

An alle vielen Dank für die Tipps, tolles Forum hier :super:

P.S.: Wie kann man die Bilder direkt anzeigen lassen? Irgend wie kommen bei mir dann nur die Symbole...
 
Last edited:
.....Und ein Tipp für Anfänger, Neusilber und WIG-Schweissen klappt wohl nicht so ganz... Die Klinge war mit einer nassen Mullbinde geschützt und wurde von einem Profi versucht zu schweissen....

Na dann hätte Dir aber der Profi aber sagen müssen, dass das nicht geht... ... (Weich-)Löten wäre da die bessere Lösung gewesen!
Oder aber sauber auf Passung feilen und zusammenstecken, das wäre dann die klassische Lösung gewesen!

Ist aber trotzdem noch brauchbar geworden!


Freddie
 
Wir haben natürlich vorher zwei Probestücke verwendet, da hat es einwandfrei funktioniert...
Auf der anderen Seite haben wir dann weichlöten probiert, da ist das Lot aber nicht in den Spalt gelaufen und hat sich in das Neusilber eingebrannt. Wenn das auf dem ganzen Parierelement so wäre, sähe es sogar gut aus.

Und sauber feilen, wie soll ich sagen... Bin da noch Frischfleisch ohne jegliche Erfahrung und bringe das noch nicht sauber genug hin.
 
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