Das BW-Taschentool - So gefällts mir

Sledge Homer

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Hallo alle zusammen.

Vor einigen Wochen kam ich auf die Idee, mir einen neuen EDC zuzulegen, um meine "immerdabei" Ausrüstung aufzubessern.

[Bilder sind hoffentlich unten, für alle die nicht die ganze lange Story lesen wollen. Hoffentlich, da ich hier zum ersten mal versuche welche einzustellen.)

Sonst immer mit einem einfachen kleinen Taschenmesser bestückt, wollte ich etwas mit breiterem Einsatzspektrum. Zu Deutsch: Zange, Bithalter für Standard-Bits, Eine ordentliche Klinge, schnitthaltig, aber nicht zu dick oder zu kurz um nen Apfel zu zerschneiden. Klein und handlich genug, um auch in der Hosentasche nicht zu stören. (Wobei ich da ne hohe Toleranzschwelle habe).

Das naheliegendste, was ich gefunden habe, wäre das Leatherman Skeletool gewesen, leider ist die Klinge für meine Begriffe einen Tick zu kurz. Abgesehen davon bin ich mehr ein Fan der standartmäßigen Taschenmesser Drop-Point Klingen, deren universellen Charakter ich schätzen gelernt habe. Hinsichtlich Gewicht fand ich aber beim testen des Skeletools heraus, dass es schon recht nahe an meine Grenze, für ein Taschenmesser das in der Hosentasche nicht stört, stößt. Die Schweizer hingegen haben das Problem, dass sie, wenn das Einsatzspektrum passend wird, leider auch recht dick werden, ich mag meine Messer die dicker als hoch sind. Das NewRanger von Wenger hingegen ist mit 13cm geschlossen zu lang. Dann fand ich beim stöbern im Netz das BW-Taschentool. Preislich ließ es allerdings eher auf billigen Plunder schließen, auch wenn es bei einem Händler mit 440er Stahl angegeben ist, was aber nichts heißen muss. Auch die technischen Daten sahen fragwürdig aus:
10 cm lang geschlossen (ok)
198g Gewicht (Skeletool hat 154g und liegt nah an der Grenze)

Trotzdem gekauft und festgestellt:

- zu dick
- zu schwer
- kein Bithalter
- Für meine Begriffe überflüssige Holzsäge (Was ne kurze Säge von nem Taschenmesser sägen kann, sollte die Klinge schneller wegschnitzen können)
- Olivgrüne Griffschalen, die echt nicht mein Fall sind

Qualität: nicht berauschend, aber für den low-budget Preis... überraschend gut. Stramme Federn, Zange kann man nicht mit ner richtigen Kombizange vergleichen, aber tut ihren Dienst. Klinge auch besser als erwartet, wenngleich verbesserungsfähig.

Also dachte ich mir, versuchst du dich mal an deinem ersten Taschenmesser- Umbau. Ich habe zwar schon ein paar feststehende Messer gemacht, meist mit Fertigklingen, 3 mit selbst ausgefeilten. Aber was Folder oder gar Slipjoints angeht, war meine Erfahrung gleich null.

Aber egal, probieren geht über studieren.
Anforderungen des Umbaus:

- Das Heft muss dünner werden. Höhe des Heftes 2,2cm was das absolute erträgliche Maximum wäre, besser wäre unter 2cm zu kommen.
- Holzsäge, wie oben gesagt, soll raus, da unsinnig, wodurch man schon Platzsparpotential hat
- Das Gewicht: 198g sind zu viel für die Hosentasche. Besser wären so um die 150g.
- Griffschalen: Schöner dürfte kein Problem sein
- Ein Bithalter soll rein
- Eine Eisensäge fänd ich auch nicht soo verkehrt
- Die Pinzette der Schweizer weiss man spätestens zu schätzen, wenn man einen Splitter im Finger hat...

(Ab hier beginnt der Bericht über die Arbeiten, die nötig waren. Wens nicht interessiert, bitte überspringen)

Also erstmal das Taschentool zerlegt und geguckt wie die Mechanik funktioniert. Sehr interessant, was man da sieht, wirklich clever gemacht die Dinger. Bis auf die Tatsache, dass die Löcher der zangenangel 3,2mm durchmesser hatten der Pin aber nur 2,5mm dick war.

Dann angefangen zu tüfteln:
Holzsäge raus, kein Problem
Bessere Klinge: Selber machen.
Nächstes Problem: Wo kann man den Bithalter unterbringen? Im Rücken des Heftes: Vielleicht, Anstelle des Korkenziehers. Den ich zwar für nicht so wichtig halte, da ich bislang nie in die Verlegenheit kam, aufs Taschenmesser zurückgreifen zu müssen, um ne Weinflasche zu öffnen. Aber durch das entfernen der Säge wäre somit kein Platz mehr für die Ahle, von der ich zwar nicht weis, wozu sie gedacht ist, die mir aber am TM schon oft gute Dienste gelistet hat.
Andere Option: Auf der gegenüberliegenden Seite der Zange war nichts, lediglich die Verankerung der Federn. Also: Federn umarbeiten, Bithalter anfertigen. 2 der federn haben 2,5mm dicke, die dritte 1,6, also passt der 5mm Bithalter genau dahin, wo die beiden 2,5er Federn liegen. Bleibt noch die 3. Feder, die aber nicht zur Zange geht, sonden lediglich als Platzhalter fungiert.... Das Metallsägeblatt einer Eisensäge ist dünner...

Soviel zur Planung.

Bleibt die Arbeit...

Also ersmal das Wichtigste: Die Klinge: Als Stahl hab ich mich für den SB1 entschieden, da ich schon viel drüber hier im Messerforum gelesen hab, aber ihn noch nicht getestet. Eigentlich bin ich eher rostanfällige Stähle gewohnt, aber mal testen. Besonders, da man Dank klimawandel im Sommer doch manchmal ganz schön ins Schwitzen kommt. Die Klinge habe ich als Rohling von Jürgen Schanz ausschneiden lassen, um mir ein bischen Arbeit zu sparen und auf 2,5 mm bringen lassen. Zur Härte empfiehl er mir bei den Abmessungen (2,5 cm Rückenstärke, über die volle Höhe verjüngt) und der Anforderung universeller Einsatzfähigkeit 60 HRC, was sich mit meiner Einschätzung deckte. Das Loch der Angel hab ich allerdings auf 3mm statt 2,5mm erweitert, nach dem Motto dicker hält besser.

Dann der Bithalter und die Federn: Bithalter ausgearbeitet und im ständigen Testverfahren die Federn und den Bithalter einander angeglichen.

klinge und Bithalter zum härten geschickt und die zwichenzeit genutzt um über die Platzhalterfeder nachzudenken. Keine Befestigung auf der Gegenseite. Andererseits 1,6mm um noch was einzubauen. Metallsägeblatt: 0,6mm Dicke... Unterlegscheibe aus Neusilberblech: 0,5mm... würde passen. => Einen 2mm Pin angefertigt, ein Loch an einem passenden Punkt in der Nähe des Mittelpins durch die eine Feder und die Seitenplatine gebohrt, in der feder bis zur halben Dicke mit einem 2,5mm Bohrer nachgeborht und die Feder mit dem Pin an der Platine befestigt. (natürlich so, dass der Mittelpin für noch durch das ursprüngliche Loch geht). Dann den überstehenden Pin auf der Federseite abgeschliffen. Eisensägeblatt ausgearbeitet und an die Feder angepasst.

Klinge und Bithalter kamen vom Härten zurück: Problem, das ganze System war nach dem Testzusammenbau dann doch zu stramm. Den Bithalter konnte man nicht ohne schmerzende Finger aufbekommen. Ein paar Korrekturschliffe später saß es dann aber passend. Gut zu öffnen, und gut stramm wenn offen. Mann kann ihn sogar noch strammer spannen, indem man einfach die Zange ausklappt. (Dann ist er wirklich schwer einzuklappen)

Ein Problem bleib: Da die Neusilberscheibchen sehr klein sein mussten, um nicht mit den Federn zu kollidieren und da ich beim Bithalter ein wenig .... öhm... unsauber ... und in der Aufregung weiterzukommen reichlich ... stümperhaft... gearbeitet habe, läuft er nach hinten hin ein klein wenig schmaler zu, wärend er vorne genau 5mm Kantenlänge hat. Für den Bitadapter kein Problem.Aber daurch streift er über die Eisensäge, deren gewellte Zahnreihe beim ein- und ausklappen leicht gegen Bithalter oder Platine stößt. Wenn man drauf achtet ist es aber nicht wirklich ein Problem, das Sägeblatt ist flexibel, man kann es also um die Hndernisse herumführen, vorausgesetzt man klappt den bithalter vor dem einklappen der Eisensäge erstmal aus.

Blieben noch die Schalen:

Als Material hab ich mich für Juma Golden Dragon entschieden. Ich hatte schonmal ein messer mit Juma Carnelian gebaut und fand das material leicht zu bearbeiten und toll zu polieren. Also war das projekt hier genau das Richtige um das Golden Dragon zu testen. Das Ergebnis kann sich meiner Meinung nach sehen lassen.

Also: Griffschalen ausgeschnitten, Löcher für die Überstehenden Pins angebohrt und eine Führung für die Pinzette eines alten Schweizers eingefräst. Dann die Griffschalen so dünn ausgeschliffen wie möglich, so dass die pinzettenführung nicht gefärdet wird. Mir ist dabei übrigens aufgefallen, dass Juma biegsam wird, sobald es beim schleifen warm wird. Also war bei diesem teil erhöhte Vorsicht geboten, hat aber geklappt. Dann die Schalen aufgeklet und fertig.

Zu dem Messer ist zu sagen: Ich bin begeistert!

1. Es erfüllt meine Anforderungen weitgehend:
- Dicke des heftes: 1,9cm
- Gewicht: 162g (etwas mehr als gewollt, ist aber noch angenehm in der Hosentasche tragbar)
- liegt gut in der Hand
- Die Juma-Griffschalen machen einiges her
- Alle tools funktionieren einwandfrei
- Die Klinge ist klasse. Ehrlich gesagt bin ich von dem Stahl schwer beieindruckt. Für einen rostfreien mit 60 HRC ist er meines Empfinden nach äußerst zäh. Ich habe einen recht agressiven Schneidenwinkel angelegt und damit eine etwas dickere Dacklatte angeschnitzt / angespitzt, mit kräftigen Schnitten. 7mm dicke Späne gingen in einem zug runter, anschließend bleib immernoch kein Haar am Unterarm stehen. Die Schärfbarkeit würde ich ebenfalls als sehr gut beurteilen (machte wenig Mühe).

So, genug geredet, ich probiere jetzt mal ein paar Bilder von dem Ergebnis einzustellen. (Bitte verzeiht meine Fähigkeiten als Fotograph) Ich hoffe, der Bericht gefällt euch und bedanke mich an dieser Stelle für diverse Hilfestellungen, die ich hinsichtlich Messerwahl, Messerbau und allem, was damit zusammenhängt bislang hier im Messerforum gefunden habe.

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Und hier noch der Holzkantel, an dem ich zu Testzwecken rumgeschnitzt habe:
Für ein Taschenmesser gings erstanlich gut durch und ich finds beeindruckend, dass die Schärfe danach immernoch zum rasieren taugt.

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