Shin-Gunto, gebraucht [abgespalten aus Klingenaufbau – japanische Hiebwaffen]

Andi944

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Hallo,

ich bin neu hier in diesem Forum. Ich kann gar nicht genug von Euren Beiträgen bekommen. Ist wirklich sehr interessant und viele Aspekte sind neu für mich.
ich habe vor einigen Wochen ein Katana im E-Gun ersteigert.
Der Lieferant war aus China. Ich wollte unbedingt ein Katana haben, da ich seit 26 Jahren Kampfsport (Arten) betreibe und mit 41 Jahren nun beim Aikido angelangt bin. Da wir im Training nur das Holzschwert üben und das natürlich ein großer Unterschied in der Handhabung zum "echten" Schwert darstellt, habe ich mich für ein gebrauchtes Schwert entschieden, daß als ShinGunto beschrieben war.
Nun fragt man sich sicherlich, wie ein Shin-Gunto nach China kommt.
Das waren auch meine Bedenken. Ich könnte mir aber vorstellen, daß es Regionen in China gab, die von den Japanern besetzt waren und nach Kriegsende solche Waffen dort blieben.

Als die Ware dann ankam, war mein Eindruck eher der, daß es sich um eine noch ältere Ausführung handeln "könnte" (wobei der Wunsch sicherlich auch Vater des Gedankens war).

Bei dem Katana trugen folgende Punkte zum "zweifeln" bei:

1. die Klinke war offensichtlich gereinigt, aber mit vielen Rostlunkern versehen

2. keine Seriennummer (wie bei den meisten Shin Guntos)

3. eine japanische Inschrift (aber alte Schriftzeichen, schwer zu identifizieren)

4. brüchiges Holz

5. Rochenhaut stark dunkelgrau

6. Tsuba in schwerer Ausführung, keine Gussgrate offensichtlich handnachgearbeitet.

7. Saja ist aus lackiertem Holz, Längsriss, Swasitka-Goldfolie, Holz erscheint morsch (Klang)


Ich habe dann beschlossen jemanden zu Rate zu ziehen, der sich damit auskennt (ich möchte an der Stelle keinen Namen nennen)
Die Aussage war folgende: Wahrscheinlich handelt es sich um chinesische (die Info über das Ursprungsland kam von mir) oder taiwanesiche Kopie.!!!!#

ich war natürlich zunächst enttäuscht!!!

Auf meine Nachfrage kam die Begründung:
1.) es werden schon seit den 80er Jahren Kopien angefertigt
2.) die Damastizierung ist grob


Man kann es sich denken:
ich bin mit 2 Begründungen nicht zufrieden (zumal die erste Aussage sehr allgemein ist)

Da ich oft in China bin, hatte ich versucht den Verkäufer zu kontaktieren, um ein treffen zu vereinbaren. >>> keine Antwort :-(


Also beschloss ich, den wertlosen Gegenstand (nach japanischer Philosophie ) zu meinem Schwert zu machen, indem ich selbst die Zeit und Muse aufbringe das Schwert instandzusetzen und kennenzulernen.

ich habe nun bereits über 70 Stunden geschliffen und poliert.
(die Damszierung ist nun sichtbar und scheint gar nicht mehr grob)
Damit unzufrieden wiederholten sich die Vorgänge.

Nun seh ich langsam das Ziel und stellte mir die Frage, ob erst scharfgeschliffen wird, dann geätzt wird und am Schluss die Politur erfolgt.

Wer kann mir bitte einen Rat geben, wie nun vorzugehen ist?

dazu meine eigentlichen Fragen:

1.) Reihenfolge: Polieren, Ätzen, Scharfschleifen ?
2.) Scharfschliffwinkel?
3.) was sind geeignte (+traditionelle) Werkzeuge?

Wer von Euch ist aus dem Raum heilbronn und möchte sich das Katana mal anschauen?


Gruß, Andi
 
AW: Klingenaufbau – japanische Hiebwaffen

Hallo Andi,

eines vorweg, was Du gekauft hast, ist eine Fälschung, bzw. Kopie. Basierend auf dieser Erkenntnis, sollte man alle anderen Fragen behandeln.

Ich würde an diesem Schwert gar nichts machen. Einerseits ist die Verwendung desselben aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht zu ziehen, andererseits sind die Arbeitsgänge ohne Wert(-steigerung).

Wer von Euch ist aus dem Raum heilbronn und möchte sich das Katana mal anschauen?
Das ist nicht nötig. Ich empfehle im Gegenzug, daß Du Dir originale japanische, meinetwegen auch militärische, Schwerter anschaust. Das bringt mehr, als umgekehrt.

Gruß,
Thomas
 
AW: Klingenaufbau – japanische Hiebwaffen

Hallo,
vielen Dank für die schnelle Antwort :)

jetzt stellt sich aber immer noch die Frage:

Warum ist das eine Fälschung? Und was ist das Vorbild für diese Fälschung?

da ich jetzt schon ettliche Stunden investiert habe, möchte ich doch wenigstens das "Ding" brauchbar machen.

Grüßle, Andi
 
Hallo Andi,

es ist natürlich schwer aus der Ferne zu sagen, um was es sich handelt, ohne wenigstens Bilder zu sehen. Eine Aufnahme der Angel mit den Schriftzeichen wäre bestimmt hilfreich. Ich denke die Fachleute hier halten sich zurück, weil Du schon über das Stadium der möglichen Einschätzung hinaus bist, indem Du selbst Hand angelegt hast. Die Politur eines japanischen Schwertes unterliegt deart feinsinnigen ästhetischen Grundlagen, daß man sie als Laie nicht sehen würde, wenn man mit der Lupe schaut. Ich bin, obwohl ich schon einige Originale gesehen und gehalten habe, absoluter Laie...
Wenn Dein Fachmann also recht hat, spricht allerdings nichts dagegen, die Klinge optisch aufzuwerten. Was Du machen möchtest, ist das sogenannte "Hybridpolieren" oder "Hybrid Polish" wie es die Amerikaner gerne bei ihren Schwertern machen - Google sollte Dich weiterbringen. Ansonsten kannst Du es mit dem Buch "The art of japanese sword polishing" versuchen, da wird stellenweise sogar auch geätzt :glgl: .

Ich würde mich sehr freuen, wenn Du den Fortgang Deiner Restauration weiter hier schildern würdest.

Grüße,

Christoph.
 
...na ja - Fälschung, weil hier versucht wurde, ein Schwert als original japanisches Shingunto zu verkaufen und es letztlich ja auch geglückt ist.
Ein individuelles Vorbild gibt's vermutlich nicht; es soll einfach ein "Japanisches Schwert" (evtl. Shingunto) sein (und eben keine chinesische Blankwaffe).
 
AW: Klingenaufbau – japanische Hiebwaffen

Warum ist das eine Fälschung?

Hallo Andi,

es ist eine Fälschung, weil es kein Original ist, so simpel ist die Antwort darauf ;) . Auch ohne das Schwert gesehen zu haben, kann anhand folgender Angabe meine Aussage bekräftigt werden: "Rochenhaut stark dunkelgrau". Es gibt bei den Originalen nur weiße (gebleichte) und schwarze (gefärbte) Same. Alle chinesischen Fakes haben eine graue, bzw. gelblich aussehende Same. Ich gehe mal davon aus, daß alle Messingteile einen alten, bräunlichen Tough haben? Das ist künstlich gealtert. Die tsuka-ito wird einen optisch auch nicht vom Hocker hauen, nehme ich mal an?

Die erwähnte "Swastika Goldfolie" ist ein oft angewandtes Fantasiegebilde an den vermeindlichen Gunto. Lackierte Holzscheide, davon abweichend erhaltene Klinge usw.

Seriennummern an (Offizier-)Guntos? Komische japanische Schriftzeichen? Sichtbare "Damaststrukturen" an der Klinge? Herkunftsland China? Preise um 150 bis 250 EUR? Alles ein Zeichen dafür, die Sachen nur als "billige" Deko zu betrachten. Ich kenne die Angebote bei der genannten Plattform aus China und Österreich, und habe mich immer schon gefragt, wann die ersten Käufer dieser Angebote in den Foren um Rat fragen.

Und was ist das Vorbild für diese Fälschung?
Es wurde als Gunto angeboten, also soll das Gunto das Vorbild darstellen. Natürlich weicht es vom Original stark ab, was Laien aber nicht sehen. Dazu bedarf es einen gewaltigen Aufwand, hier die Unterschiede von Originale und Kopien/Fälschungen zu erklären. Ich empfehle jedem Interessierten entsprechende Literatur anzuschaffen und die mühevoll erstellten Webseiten zu besuchen, das Verständnis der englische Sprache vorausgesetzt.

Nebenbei, ich suche noch Fotos von solchen Kopien, als Vergleichsobjekte. Vor ca. 5 Jahre hatte ich mit Hilfe fremder Bilder schon einmal die Merkmale von Kopien grafisch dargestellt, sie sind inzwischen aber verloren und nicht mehr online.

Es gibt viele Webseiten und Bücher über antike japanische Schwerter. Dasselbe von modernen Militärschwertern zu behaupten geht nicht. Es ist aber ein Aufwärtstrend zu beobachten, da man die Gunto nicht mehr so sehr als Abfall betrachtet, wie bisher. Ein interessantes Sammel- und Forschungsgebiet sind sie allemal.

Anbei mal zwei wirklich gute Linktipps:
http://www.h4.dion.ne.jp/~t-ohmura/gunto_002.htm
http://home.earthlink.net/~steinrl/nihonto.htm

Das alles hilft Dir nun aber in diesem Fall nicht weiter. Im Grunde genommen kannst Du an Deinem Schwert alle Maßnahmen ausprobieren, einem Wertverlust wird es dadurch nicht unterliegen. Schleiftechniken sind hier im Forum beschrieben, und auch auf anderen Internetseiten. Nur eine kunstvolle Klingenstruktur wirst Du bei aller Mühe nicht finden.

Gruß,
Thomas
 
hallo,

das sind schon mal ein Haufen brauchbare Infos, die mir weiterhelfen.

vielen Dank

Gruß Andi
 
Hallo,

habe inzwischen die Schriftzeichen folgend entziffert:

"Metedesan Iro"

da es sich um Hiragana handelt, bin ich mir nicht sicher, ob die Silbe "San" richtig gelesen wurde.
Ich weiß von meinem Bekannten, daß auch im heutigen japanischen Schriftgebrauch das "San" gerne als Zahl geschrieben wird, da es sich wohl in der Ausprache nicht unterscheidet.
Das Zeichen auf meinem Säbel kann ich einem Schriftzeichen nicht
eindeutig zuordenen, wohl aber der Zahl 3 (San).

Macht die Inschrift "Metedesan Iro" für jemanden Sinn?
Könnte es sich um den Namen des Schmiedes oder eher um den des Kunden handeln?

Vorschläge, Ideen?

Gruß, Andi
 
Wenn deine Lesung stimmt : Das hört sich sehr nach Blödsinn an.
Es wurde lateinische Numerale benutzt während des WWII, in Ausnahmefällen auch mal Hiragana / Katakana, aber eine regelrechte Mei in dieser Form ist super, super, super selten.
In der Regel wird diese Schrift auch nur dann benutzt, wenn kein entsprechendes Kanji vorhanden ist, oder z.B: ein fremder Name buschstabiert werden soll.
Zu 99,9% findet man solche lustigen Inschriften auf Chinagurken.
Aber schön, bevor ich hier ein frohes "is nich" rausposaune :Einige Bilder wären diesbezüglich sehr sehr hilfreich, sonst bleibt´s halt eine Rate mal mit R._Thal. Runde.
 
hallo Kajihei,

Bilder kann ich leider mangels webspace nicht einstellen.
Aber ich kann sie gerne per e-mail senden.
Dazu benötige ich natürlich eine e-mail-adresse.

Die Verwendung von Hiragana ist eigentlich nicht komisch.
Es war mir schon vor dem Kauf klar, daß es sich nicht um ein Shin Gunto handelt, da alle fast alle typischen Merkmale fehlen.
es wurde lediglich als solches angeboten. ich habe diesen Säbel erworben, weil er mir sehr interessant vorkam.
Selbst nach chinesischem Wertverständnis ist der Preis mit 75 € unschlagbar.

Wenn Du Experte für japanische Schrifttypen bist, fänd ich es super, wenn Du Dir meine Bilder anschauen könntest.


Gruß, Andi
 
Ich habe mir das Foto mal "geschnappt", vergrößert und nochmal hochgeladen ;) .

Hier eine Direktansicht.

Gruß,
Thomas

inschrift.jpg
 
Ohne große Ahnung von Schriftzeichen zu haben, kann ich behaupten, daß das wenig mit Japan zu tun hat. Außerdem sehe ich keine der typischen Feilstriche, die auf den meisten Angeln der japanischen Schwerter zu finden sind.
Die Oberflächenbeschaffenheit der Angel deutet für mich auch auf ein recht neues Fertigungsdatum hin - die "verwaschene" Form auf weniger versierte Hersteller.

So wie ich das sehe kannst Du beruhigt daran werkeln ohne Dir Gedanken zu machen.

Grüße,

Christoph.


edit: Ein Beispiel von vielen Seiten im Netz auf denen man sich schöne Schwerter ansehen kann: http://nihonto.ca/swords.html
 
hallo,

hmm, daß liegt wohl auch ein bisschen an dem Foto.
ich sollte vielleicht nochmal einige machen, bei besserem Licht und hochauflösender.

Warum hat die Schrift wenig mit Japan zu tun? Bitte erklär mir das.
Die Reihenfolge der Linienführung stimmt jedenfalls mit der Hiragana-Schreibweise überein. Ist also nicht gemalt, sondern geschrieben.
Die Akzentuierung war auch damals keinen strengen regeln unterworfen.
Im Hiragana konnten sogar neue Aussprachen kreiert werden.
Dies galt wohl meist für ausländische Namen.

Wie wichtig das ist weiß ich von dem Gelächter meiner Chinesischen
Kollegen, wenn ich chinesisch gemalt habe, haha.


das ich unbedenklich das Schwert bearbeiten kann, habe ich mir schon gedacht. Es war jedenfall in so einem üblem Zusatand, daß ich wohl mit Bedacht und Geduld nichts zerstören kann.

gruß Andi
 
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