sinnvolle Qualitätstests

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Hallo liebe Mitforumianer,
ich denke seit einiger Zeit wieder über meine Messerqualitätstests nach.
Als ich mit dem Messermachen angefangen hatte war das natürlich noch kein Thema.
Erst im Laufe der Zeit hatte ich das Bedürfnis die fertigen Messer hinsichtlich der Qualität zu überprüfen.
So habe ich lange Zeit mit den fertigen Messern einfach ein paar Holzstangen, Dachlatten, Paletten etc. zerhackt, gespalten und zerhebelt. An Material habe ich einfach genommen was gerade da war. Danach war für mich „das Messer gut“.
Erst im Laufe der Zeit habe ich meine Tests etwas standardisiert und verschärft, da es hin und wieder (trotz Holzhackerei) später zu Versagern kam.
Ziel meiner Tests ist es nicht die Schnitthaltigkeit zu beweisen, sondern es geht mir nur um die Festigkeit der Klinge. Ich will Totalversager (Bruch) sicher ausschließen.
Weil ich gerne große Messer mache und dabei Klingenstärken von 5-6mm habe ist der Holzhacktest generell keine schwierige Aufgabe, selbst bei schlechter Wärmebehandlung.
Auch schlecht wärmebehandelter Stahl ist immer noch recht fest, wenn er nicht völlig falsch behandelt wurde. Bringt also nicht viele Erkenntnisse so ein Test und würde nur die extrem falsch behandelten Stähle aussondern.

cimg2714u.jpg


Hier ein Beispiel: Da war ich teilweise Schuld (Grobkorn), aber entlang der Bruchkante waren auch mineralische Einschlüsse im Stahl.

cimg0036n.jpg


cimg0014tl.jpg

Hier ein Beispiel eines gekauften Messers, das ich nicht so arg geprüft habe. Es brach bei der Benutzung (Grobkorn).

Der letzte Stand meiner Tests war:
1. .2m Betonfalltest Spitze voraus: Die Spitze soll nicht brechen und nicht übermäßig verformen.
2.: Drahtseil durchhacken auf einer Hartholzunterlage: Schneide soll nicht ausbrechen, keine übermäßige Verformung.
3.: Das Messer mit Wucht mit dem Rücken auf eine Hartholzkante schlagen (Härterisse).

Bis ich vor einiger Zeit ein gekauftes Messer „getunt“ hatte.

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=72998&highlight=schrade

Hier der Link
(ich weiß: zu hoch angelassen, Zähigkeitsmaximun etc.)
Aber: das Messer hatte alle Prüfungen überstanden.
Danach hatte ich das Messer umgeschliffen und eine Robinie gehackt.
Das Messer hat davon starke Ausbrüche an der Schneide bekommen

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=82931&highlight=d%FCnn
Hier der Link

Die Ausbrüche zeigen grobes Korn!
Was heißt: Alle meine Prüfverfahren haben hier versagt.

Ich suche jetzt ein handhabbares Verfahren um in Zukunft so etwas auszuschließen.

Wie prüft Ihr eure Messer auf Grobkorn, Einschlüsse etc?

Ich könnte mir ja einen Robinien-Test-Holz-Vorrat zulegen, aber Holz ist ja immer unterschiedlich je nach Standort etc.
Zudem, da bin ich jetzt sicher, bringt das bei grober Geometrie (Säbelschliff, Schneidfase > 5 Zehntel) die Fehler nicht zutage.

Für Anregungen wäre ich dankbar!

Grüße aus Heidelberg!
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Last edited:
Nicht nur Holz ist immer unterschiedlich, praktisch alle anderen Parameter ja auch.

Finde es gut, dass du dir zu dem Thema Gedanken machst!

Aber ich denke, man muss sich von dem Wunsch verschieden, "zu hause" so etwas wie Standardisierungen einführen zu können. Der große Unsicherheitsfaktor, neben dem Testmedium, bist du als Tester selbst. Selbst bei ein und demselben Messer wird es kaum gelingen, es 2x im selben Winkel mit derselben Kraft an derselben Stelle auftreffen zu lassen.
Angenommen, ein Messer besteht deinen "Standardtest", dann sagt das maximal etwas aus über dieses eine Messer unter genau den Bedingungen. (Was ja nicht zu unterschätzen ist!) Aber vielleicht ist das Messer auch nur zufällig in einem besonders günstigen Winkel aufs Medium getroffen?

Es gibt ja Versuche, unter Laborbedingungen einheitliche Testverfahren mit reproduzierbaren Ergebnissen zu schaffen. Das führt dann z.B. zu diesen Tests, bei denen eine eingespannte Klinge maschinell in kombiniertem Zug-/Druckschnitt durch einen Papierstreifenstapel geführt wird. Eine Aussage über die allgemeine Qualität der Klinge erhalte ich damit aber noch lange nicht. Allenfalls Vergleichswerte für genau diese Eigenschaft, mit Kraft X im Winkel Y Z-mal durch dasunddas Papier schneiden zu können.


Du suchst ein handhabbares Verfahren, um Erlebnisse wie mit dem getunten Schrade auszuschließen. Ich will dir da auch nicht reinreden, von der handwerklichen Seite her kann ich wenig beitragen.

Dennoch, wie ich das sehe, sollte das Verfahren vorher beginnen, nämlich bei auf den Werkstoff angepasster Wärmebehandlung und Geometrie, immer im Hinblick auf den geplanten Einsatzzweck.
Liest sich bescheuert und neunmalklug. :D
Was man aber auf jeden Fall vermeiden sollte ist, ein Messer auf das Bestehen eines Testverfahrens hin zu konstruieren!


Wahrscheinlich hilft dir das jetzt herzlich wenig. :irre:
 
Nachtrag:
Ich will damit nicht sagen, dass solche Qualitätstest sinnlos sind, im Gegenteil! Nur sollte man eben vorsichtig sein, was die Aussagekraft angeht.


Und eben fand ich in Romans Buch ;) einen Absatz, der wunderbar dazu passt:
"Auf den Werkstoff bezogen bedeutet dies, dass derjenige Werkstoff unter der Voraussetzung der richtigen Wärmebehandlung und Geometrie die größte Stabilität bereit stellt, der die größte Sicherheit gegen elastische und plastische Verformung sowie Bruch, bezogen auf den Anwendungsfall, aufweist."
(Messerklingen und Stahl, 1. Aufl. 2002, S. 124. Hervorhebung von mir)
 
Last edited:
Eine wirkliche Standardisierung ist natürlich, wie auch Headshrinker schon andeutet, unter Werkstattbedingungen ziemlich schwierig.

Einige Kleinigkeiten könntest Du aber bestimmt zumindest vereinheitlichen:

Ich könnte mir beispielsweise Vorstellen, Hacktests an einem weicheren Metall durchzuführen (Kupfer oder Alu zum Beispiel). Das bekommst Du in einheitlichen Größen, Formen und Härtegraden.
Biegetests könnten anhand von festgelegten und messbaren Winkeln erfolgen. Dazu könnte ich mir eine Schablone zum Unterlegen vorstellen, oder einen fertigen halbkreisförmigen Gegenstand, den Du gegen die Klinge drückst.

Es gibt bestimmt noch viele andere Möglichkeiten, aber diese fallen mir spontan zum Thema ein.
 
Hallo Messerfreunde,
danke für die Antworten!
Ich bin da am Grübeln:
Spielt denn der geplante Anwendungsfall wirklich eine große Rolle?
Ich will ja nur sicherstellen dass die WB in Ordnung war und das Beste aus dem jeweiligen Stahl herausgeholt hat.
Die Fehler die ich suche sind:
Ist die Härte so wie ich es haben wollte? Das kann ich relativ leicht nachprüfen (Feile, Drahtseil).
Gibt es Härterisse? Hier hoffe ich über den Schlag mit dem Rücken auf das Hartholz Gewissheit zu bekommen.
Das halte ich bis jetzt eigentlich für unproblematisch, sollte ja eigentlich für jedes Messer gelten.

Mein eigentliches Problem ist das Grobkorn und Einschlüsse.
Wenn die Fase etwas stärker ist, hält auch eine grobkörnige, gehärtete und angelassene Schneide das Drahtseilhacken problemlos aus.
Das ist zumindest meine Erfahrung.
Es ist schon ein beeindruckendes Material der Stahl!!!
Ich denke das hat mit der überwiegenden Druckbeanspruchung zu tun wenn ich das Drahtseil sauber durchhacke.
Beim Festbeißen und Verkanten der Schneide in hartem Holz kommen ja auch Biegebeanspruchungen zustande.Das kann der Grobkornstahl wohl nicht so gut vertragen.

Zum Biegen der ganzen Klinge:
Ich bin unsicher ob das hier helfen würde grobes Korn oder Einschlüsse zu erkennen.
Ich härte fast immer differenziell, meistens 12842.
Wenn ich sicher wäre so die Fehler zu erkennen würde ich jede Klinge vor der Montage auf 90° biegen.
Aber das glaube ich eigentlich nicht.
Zudem müßte ich jede Klinge dann wieder begradigen. :D Das gelingt mir nicht so gut.

cimg0044r.jpg


Ein Gedanke kam mir noch:
Wenn die groben Klingengeometrien so robust sind trotz falscher WB, dann werden die allerallerwenigsten Messerbesitzer das überhaupt bemerken.

Grüße aus Heidelberg
less
 
Naja, Einschlüsse sind natürlich ein Thema für sich. Aber zum Grobkorn würde mir noch einfallen, am Erl einige Zentimeter stehen zu lassen, die definitiv ab müssen. Diese könntest Du dann verbiegen oder brechen wie Du willst und hast eine Bruchstelle, die Du untersuchen könntest.
Das geht natürlich nur mit gleichmäßig wärmebehandelten Klingen und sorgt für Verschnitt, aber Du könntest definitiv sicher sein.
 
Wenn die groben Klingengeometrien so robust sind trotz falscher WB, dann werden die allerallerwenigsten Messerbesitzer das überhaupt bemerken.
Also ich finde diese Qualitätstests schon irgendwie sinnlos. Wenn, wie oben bemerkt, aufgrund der Klingengeometrie trotz suboptimaler WB keine Nachteile für den Gebrauch entstehen, worin bestehen dann die Nachteile?
Bei industriell gefertigten Messern sollte der Hersteller schon mal gelegentlich ein Messer vom Band nehmen und testen. Dabei könnten auch polierte Flächen unter dem Mikroskop betrachtet werden, was sicher besser objektivierbar ist, als mechanische Beanspruchungen.

Bei uns Messermachern ist ja aber jedes Messer etwas anders, jede Klinge wird individuell behandelt. Selbst wenn die WB absolut einwandfrei war, tut das sicher keinem Messer gut, auf nem Drahtseil rumzuhacken oder es im Schraubstock zu verbiegen. Dass die Verarbeitung einwandfrei ist, dafür bürgt jeder Messermacher mit seinem Namen. Ein Stück Vertrauen ist natürlich von Seiten der Kunden notwendig, aber für mich selbst kann ich sagen, dass ich kein Messer verkaufen würde, von dem ich nicht selbst 100%ig überzeugt bin (zumindest was die Verarbeitung angeht - Ästhetik ist was anderes). Und schlechte Arbeit spricht sich ja auch herum...

Beste Grüße
Hannes
 
Hallo Mitforumiten,
danke für die Beiträge.
@Goderich:
Wenn ich ein neues Material habe oder aus irgendwelchen Gründen besonders vorsichtig bin mache ich genau das: Reststücke des Materials mithärten und die Bruchflächen beurteilen.
Bei solchen Messern bin ich dann schon sehr zuversichtlich dass alles in Ordnung ist.
@Hephaestos:
Natürlich ist es jedem selbst überlassen, ob und was für Tests er macht.
Für mich kam das Thema durch versagende Messer (selbstgemacht und gekauft) immer mehr in den Vordergrund.
Sinnlos ist so ein Test für mich aber auf keinen Fall.
Im Gegenteil: Für mich ist ein Messer das erfolgreich Tests bestanden hat deutlich wertvoller als ohne Tests.
Ich weiß dann einfach dass das Messer "dieses oder jenes " aushält ohne zu brechen etc. Das ist für mich als User ein unbezahlbarer Mehrwert. So ein Messer hat ein ganz eigenes Gefühl beim Nutzen.
Das sieht vieleicht jeder anders, ich sehe es eben so.
Das "Härtekontrollzeichen" einiger Hersteller geht ja auch in diese Richtung.
Die Tests sollen die Messer ja nicht ernsthaft beschädigen. Und Sie sollen einfach durchzuführen sein.
Im Moment denke ich an eine stellenweise Politur und Anätzung.
Ich habe zwar vor Jahrzehnten mit solchen Proben hantiert, aber ich habe das selbst noch nie durchgeführt.

Hat jemand so etwas schon mal gemacht und ist das sehr arbeitsaufwendig?
less
 
Also es gibt viele Messermacher die geschmiedete aber auch nur geschliffene Messer, einem Testlauf machen lassen, vor allem wenn sie selber gehärtet haben.
Das machen die in der Regel bevor sie den Rest der Klinge machen Griff usw. Ist auch irgendwie logisch, denn selbst wenn man seinen Stahl kennt
und man im laufe der zeit seine WB optimiert hat, kann es dennoch zu Flüchtigkeitsfehlern kommen oder man hat eben so einen Tag an dem man lieber im Bett geblieben wäre.
Außerdem kann es sein dass der Stahl selber Legierungsschwankungen unterliegt und darum mal völlig anders reagiert als erwartet. (was in usa anscheinend öfter vor kommt)
Für den Privaten Hobbymessermacher kein großes Problem, weil das eine oder andere Hrc nicht ins Gewicht fällt und man keine 3000€ dafür bekommt. Aber wenn man davon Leben will dann muss man schon hinter seine Ware stehen oder sollte es zumindest.

Viel der Amerikanischen Messermacher,andere sicher auch, testen darum ihre Klingen. Was ich bisher gesehen habe ist bei fast allen gleich.
Feilenprobe oder Härtetest
Nagelprobe
Holzhacken
Ein-zwei Hiebe in ein Stück Baustahl ob die klinge ausbricht
leichter Biegtest
Papierschneiden und Arme Rasieren

danach wird die schneide wieder stumpf gemacht und der rest vom Messer kommt dran.

Wenn das für die gut genug ist dann reicht das für mich auch :steirer:
Ich mach es ähnlich, hacke dabei regelmäßig in Baustahl und lass die Spitze den Betonboden küssen. Davor hab ich aber erst meine Härtetests gemacht und dem Stahl den ich habe angepasst.
 
Hallo Hephaestos,
ein Nachtrag, ich habe deine Frage gar nicht beantwortet:

Also ich finde diese Qualitätstests schon irgendwie sinnlos. Wenn, wie oben bemerkt, aufgrund der Klingengeometrie trotz suboptimaler WB keine Nachteile für den Gebrauch entstehen, worin bestehen dann die Nachteile?

Die meisten Messer werden nicht missbraucht und halten ewig.
Ich will dass meine Messer auch den Missbrauch ohne Totalverlust sicher überstehen.

Hier liegen ja Leistungsreserven verborgen, eventuell kann ich die Geometrie noch wesentlich verfeinern.
Ich habe bis jetzt meine (derben) Messer am Sweet Spot auf 0,8 mm zuletzt auf 0,5 mm Stärke an der Fase bei Flachschliff geschliffen.

Jetzt versuche ich es mal mit 0,3, ich habe gerade einen kleinen Hauer in Arbeit um das auszuloten.

Wenn das hält, ist es ein wesentlich besseres Messer als meine 0,8 - 0,5 mm Teile.
Und das ist es was ich will: das bessere Messer!


Grüße
less
 
Ich finde Qualitätstests prinzipiell sinnvoll.
Ich schreib jetzt mal aus meiner User-Sicht.
Mir ist mal zu Urlaubsbeginn ein Serienmesser beim leichten Holzhacken an der Parierstange abgebrochen.
Hätte ich mit einem Test vorbeugen können?
Welches Ergebnis hätte ein Hacktest daheim gebracht? "Standardisierte" Tests kann ich für mich kaum durchführen.
Und das Wichtigste, nämlich die Testauswertung ist noch schwieriger.
Vielleicht hätte besagtes Messer einen Hacktest daheim gerade noch überstanden.

Damals bin ich zu folgenden Schluss gekommen:
Ein neues Messer wird überbeansprucht. Überbeansprucht bedeutet für mich, dass ich das Messer bewusst etwas härter benutze, als ich es normalerweise gebrauchen würde. Nach dieser Phase muss es sich noch möglichst lange beim normalen Gebrauch bewähren, bevor ich es auf eine Tour mitnehme. Nur ein bewährtes Teil darf mit.
Wirklich befriedigend ist das allerdings auch nicht.
 
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