Klingenstahl 1.4116 und deren Qualität

coner

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Hallo Leute !

Möchte heute mal über den Klingenstahl 1.4116 sprechen.
Im vorfeld möchte ich sagen, das ich Damast sowie auch Serienmesser besitze(Serienmesser von Puma,Carl Schlieper und Damaststahl von Uli Hennike als auch Robert Kaufmann).
Meine Frage an euch, es geht mir um den Werkstoff von meinen Puma Messern 1.4116 .Die bestannteile sind mir geläufig(Kohlenstoff,Silizium,Vanadium usw.)
Der Stahl steht zwischen den 1.4112 (440 B) und 1.4125 (440 C) .Kann ich davon ausgehen, dass der Stahl auch die Qualität von mindestens 440 B hat.

Oder bin ich da auf einem Holzweg gelandet.

Vanadium und Molybdän sind im 1.4116 enthalten, mit dem C gehalt von 0.45 -0.6.


Bücher besitze ich über die Materie Stahl einige, darunter
auch einen Stahlschlüssel.
Gegoogelt habe ich auch schon.

Danke für eure Antworten !


Grüße Coner
 
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Hallo,
ich bin kein Stahlexperte, aber ich glaube der 1.4116 wird hauptsächlich für Küchenmesser verwendet, da er durch seine Legierungselemente sehr resistent gegen die agressiven Mittel der Spülmaschienen ist.
Dieser Stahl wird meistens so auf 55HRC - 57HRC angelassen und ergibt einen sehr korrosionsresistenten, leicht nachschärfbaren Stahl.
Ich denke diesen Stahl kannst Du eher mit 420 / 1.4034 vergleichen, wenn auch noch rostbeständiger. Die Profis können das sicherlich belegen.
Im grossen ganzen, ein absolut korrekter Stahl, wenn er ordentlich gehärtet wurde!

Saludos
surfer
 
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Ich hab aus einer 1.4116 - Fertigklinge von Peter Abel ein Küchenmesser gemacht und bin damit recht zufrieden. Es wird rasiermäßig scharf und bleibt eine Weile scharf. Das das Messer so lange so gut schneidet kommt aber sicher zum Teil durch die Klingengeometrie - die Klinge ist sehr dünn ausgeschliffen.

In der Praxis also für mich o.k. Zur Theorie des Klingenstahls kann ich wenig beitragen ...
 
Man muß es immer wieder betonen: Wenn man sich kompetent über die Eigenschaften korrosionsbeständiger Messerstähle informieren will, sollte man die Ausführungen von Verhoeven durchlesen.
Da wird nicht geschwätzt, sondern begründet.
Es handelt sich allerdings um ca. 200 Seiten auf Englisch.
Deshalb hier eine Kurzbeschreibung, wobei ich mir die Aufzählung der Legierungselemente erspare-man kann sie im Stahlschlüssel nachlesen.

Die Stahleigenschaften werden durch den C- und Chromgehalt bestimmt.
Sie sind am ehesten mit dem 1.4034 zu vergleichen. 1.4116 ist als Ergänzung zum 1.4034 in die Palette der industriellen Messerhersteller aufgenommen worden, weil er etwas bessere Korrosionsbeständigkeit hat, was am Anfang der Entwicklung der korrosionsbeständigen Messerstähle weniger Bedeutung hatte, nach dem Aufkommen und dem Mißbrauch der Spülmaschinen aber wichtiger wurde. Dies wurde durch den erhöhten Chromgehalt und zusätzlich durch die Spritzer Molybdän und Vanadium erreicht, die C in Karbiden binden, also wie eine Erhöhung des Chromgehalts wirken.
Sehr ausführliche Abhandlungen über die Eigenschaften der beiden Stähle findet man bei Esselborn und Stüdemann.

Wenn ich die Frage richtig verstehe, soll aus der Stellung zwischen 1.4112 und 1.4125 geschlossen werden, daß der Stahl auch in den Eigenschaften zwischen diesen beiden Stählen liegt ??????.
Dazwischen liegt z.B. auch Stahl 1.4113 mit ca 0,06 % C. Daß der mit den beiden andern Stählen in keiner Weise vergleichbar ist, liegt wohl auf der Hand.

Zur konkreten Frage: 1.4116 hat weder mit 1.4112 noch mit 1.4125 große Ähnlichkeiten. Bei beiden handelt es sich um ledeburitische Stähle mit unvermeidlichen Riesenkarbiden. Sie sind bei relativ stumpfer Klinge ungleich verschleißfester als 1.4116 und Konsorten, die aber auch trotz ihres scheinbar niedrigen C-Gehalts übereutektoidisch sind.
Zur Erinnerung: Legierungselemente wie Chrom verringern den Platz, der für den Kohlenstoff im Austenit zur Verfügung steht und wirken daher wie eine Erhöhung des C-Gehalts.

1.4116 wie auch 1.4034 entsprechen daher in der Verschleißfestigkeit einem unlegierten Stahl mit ca. 0,8 % C, obwohl sie wegen des Restaustenits bei weitem nicht so hart werden wie ein solcher Stahl.

Kurz ein Wort zur praktischen Erfahrung: Meine Mutter hatte für irgendwelche Bonuspunkte beim Einkaufen ein Messer von Zwilling in einer angenäherten Santokuform bekommen und hat es mir "geschenkt"-zu deutsch- sie wollte es selbst nicht haben.
Es ist billig gemacht, knapp 2 mm Klingenstärke durchgehend mit Flacherl, vorn mit einem recht derben Anschliff versehen.
Nachdem ich den ersten Abscheu überwunden hatte, habe ich es dünner und ballig ausgeschliffen und jetzt schneidet es ganz vorzüglich. Es läßt sich natürlich weder mit meinen Dreilagenklingen noch mit meinen Damastklingen vergleichen. Es wird nicht ganz so extrem scharf und ist empfindlicher. A b e r :Es tut seine Dienste in beeindruckender Weise, ist leicht nachzuschärfen und wird von mir im Alltag gerne benutzt.

Mit Messern aus diesem Stahl kann man bei Laien nicht protzen, beim Fachmann kann man damit andeuten, daß man Sinn für vernünftige Kompromisse hat.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Nun den Ausführungen von Ulrich ist aus Stahlseite nichts hinzuzufügen. Ich möchte jedoch nicht versäumen das Thema um die Angesprochene Geometrie nochmals zu betonen.

Im Großen und ganzen ist die Stahldiskussion und die Frage seiner Wärmebehandlung zwar wichtig aber kaum was Wert wenn man nicht die Geometrie auch mit einbezieht. Ich halte diese aus Erfahrung wichtiger als die Werkstofffrage. Die Teilnehmer meiner Schärfkurse können das glaube ich recht gut bestätigen.

1.4116 ist wie Ulrich schon schreibt der Standardstahl der Solinger Klingenindustrie. Er wird millionenfach verarbeitet zu Klingen. Vom Grundprinzip her wäre er in der Lage durchaus feine Schneiden gut zu halten Voraussetzung ist allerdings die korrekte Wärmebehandlung. Und hier wird teilweise massiv geschlampt, aus Unkenntnis falsch oder aus Kosten-Gründen unzureichend behandelt. Auch liegen oft erhebliche Zugeständnisse an die "moderne" Klingenfertigung zugrunde, sodass ich es noch nicht gesehen habe, dass man mehr als 56-57 HRC (meist noch mit viel Restaustenit drin) aus dem Stahl herausbekommen hat, obwohl er ca. 60HRC könnte. Das führt dann natürlich zwangsweise zu niedriger Schneidkantenstabilität.

Damit sind auch die Ausführen der Schneidenwinkel und die Dicke des Ausschliffes an der Warte, mit gut 45° und weit über 0,4mm, alles andere als einem Leistungsgedanken folgend. Die Daten folgen der angesprochenen Missbrauchstauglichkeit und der Angst der Hersteller von zu viel Reklamationen.

Aber genau da liegt die Leistung begraben. Und es ist schade dass man da den Japanern nicht Paroli bietet und die alten "singenden Klingen aus Solingen wieder in den Markt bringt.

Fazit: Der Stahl kann durchaus einiges leisten, wird aber aus verschiedenen Gründen nicht voll in seine Fähigkeiten geführt. Wie Ulrich bereits sagte, ist die Einteilung zwischen 1.4125 und 1.4112 falsch
 
Aus der Praxiserfahrung kann ich das gesagte nur bestätigen. Mein Cold Steel Kudu ist nach einer Geometrieverbesserung ebenfalls ein sehr schnittiges Messer.


Ookami
 
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