AW: Härten von Klingen
Vom Ergebnis her ist die Sache wohl klar.
Da ich aber immer wieder mal genau mit der Vorstellung konfrontiert werde, die Schakaa geäußert hat, ist es möglicherweise sinnvoll, die Frage etwas ausführlicher zu erörtern.
Das Grundprinzip der martensitischen Härtung beruht darauf, daß Kohlenstoff in der Elementarzelle des Austenits auf Zwischengitterplätzen gelöst ist und durch die schnelle Abkühlung beim Härten dort eingefangen und eingesperrt wird. Dadurch wird das Gitter verspannt und dadurch entsteht die Härte. Diese vereinfachte Darstellung trifft auf alle umwandlungshärtenden Stähle -also so gut wie alle- Ausnahmen Ausscheidungshärter, etwa Maraging-Stähle- zu.
Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, daß in unlegierten und leicht legierten Stählen relativ viel Raum ist, in dem der Kohlenstoff entweichen kann. Er löst sich natürlich nicht in Nichts auf, sondern verbindet sich mit dem Eisen zu Karbiden oder mit geeigneten Legierungselementen zu Sonderkarbiden.
Solche Stähle sind umwandlungsfreudig, weil der Kohlenstoff schnell aus dem Gitter entweichen kann. Sie müssen daher schroff abgeschreckt werden, damit er "eingesperrt" werden kann.
Extrem reine Stähle werden daher in größeren Dimensionen selbst in Wasser nur am Rande oder gar nicht richtig hart und werden deshalb in Salz-oder Laugenlösungen abgeschreckt (Das hat n i c h t s mit der Salzbadhärtung zu tun).
Das Bestreben des Kohlenstoffs, seinen Platz im Austenit zu verlassen, ist nicht in allen Temperaturbereichen gleich. Über AC 1 fühlt er sich auf seinem Plätzchen wohl und will gar nicht heraus, darunter denkt er ans Wandern, bei etwa 500 Grad ist seine Wanderlust am größten und erlahmt dann wieder. Einzelheiten kann man den ZTU-Schaubildern entnehmen.
Für die Härtung entscheidend ist daher die Abkühlungsgeschwindigkeit zwischen ca 800 und 500 Grad C.
Damit kommen wir zu der von Schakaa angesprochenen Frage.
Wenn die Abkühlung so schnell geschieht, daß man die Temperaturspanne der größten Beweglichkeit des Kohlenstoffs so schnell durchläuft, daß er nicht entweichen kann, findet die martensitische Umwandlung statt und der Stahl wird hart.
In welchem Medium die Abkühlung stattfindet, ist dabei völlig gleichgültig.
Hauchdünne Scheibchen selbst der umwandlungsfreudigsten Stähle werden daher selbst in der Luft hart.
Wenn die dünne Schneide schon auf dem Weg von dem Ofen zum Öl abkühlt, muß sie auch martensitisch umwandeln.
Gleichwohl ist Schakaas Beobachtung nicht ganz falsch.
Wenn die Zeitdauer bis zum Eintauchen ins Härtemedium zu lang ist, kommt es zwar schon auf dem Weg zu einer teilweisen martensitischen Umwandlung. Dieser Martensit in der Schneidenspitze wird aber durch den restlichen, noch heißen Klingenkörper angelassen - und zwar im Zweifel zu hoch - und erweicht dadurch wieder.
Freundliche Grüße
U. Gerfin