Frage an die Profis: Warum ist 440C so völlig aus der Mode ?

RealShadow

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Ich wundere mich seit geraumer Zeit, warum 440 C so völlig aus der Mode gekommen ist.
Eines meiner liebsten und am häufigsten benutzten Böker - Klappmesser ist aus 440 C und ich finde an dem Klingenstahl nichts zu meckern.

Natürlich habe ich nur meine "gefühlten" Vergleiche zu meinen sonstigen Gebrauchsmessern.
Briefe öffnen, Pakete und Pappe säbeln, meinem Sohn einen Stock abschneiden, die Salami auf den Teller schneiden (und dabei auch ab und an mal den Keramikteller berühren), usw, usw, Alltagsaufgaben halt und ich bin immer wieder erstaunt wie lange der 440 c scharf bleibt.

Ist es jetzt eine reine Modeerscheinung, dass "GottunddieWelt" nur noch D2, pulvermetallurgische Stähle oder "Back to the Roots" Karbonstähle verwenden?

Gruß
 
Die Antwort darauf würde mich auch interessieren. Ich habe eigentlich die gleichen guten Erfahrungen gemacht was die Standzeit der Schärfe anbelangt. Das Nachschleifen der Klinge gelingt mir auch (besser als bei BG-42 z.B, welcher die Schärfe allerdings auch sehr lange hält). Alles in allem ein toller Stahl bei mittelgrossen Messern, meiner Meinung nach. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass C-Stähle eine feinere Schärfe annehmen und sich noch einfacher schärfen lassen, aber für mich ist 440C als Vertreter der rostträgen Stähle immer noch ein Kaufgrund.
Vor allem in englischsprachigen Foren ist mir aufgefallen, dass der 440C keine besondere Beachtung mehr findet. Liegt es daran, dass es ihn schon zu lange gibt und dass er wirklich einfach 'aus der Mode' ist?

OT: Eigentlich hat mit einer 440C-Klinge meine Messerleidenschaft erst richtig begonnen. Es war auch ein Böker, Modell 513, gekauft 2001 in Buenos Aires bei Pedro Wörns(Geschenk von meinem Vater:)). Es wurde aber laut Klingenätzung wahrscheinlich schon um 1986 gefertigt. Auf jeden Fall war dieses Messer sehr lange Mass aller Messer für mich und ich finde es brauch auch heute noch keinen Vergleich mit einem anderen meiner teilweise doch viel hochpreisigeren Messer zu scheuen.
Sorry, diese Lobeshymne musste jetzt sein:steirer:
 
Kurz und bündig, sicher auch stark vereinfacht:

Der 440er hat seinerzeit den 420 verdrängt und wurde später von den pulvermetallurgischen verdrängt. Jeweils begleitet von Marketing Kampagnen das die neuen Stähle viel besser seien.
(Was meines Erachtens für den 440c nicht stimmt, ich finde die Kombination aus gut schleifbar, standfest und gut erreichbare Schärfe auch genial.)

Sprich sowohl der 420 als auch der 440 (a,b,c) wurden durchs Marketing bei der Einführung neuer Stähle "verbrannt" und das anscheinend so nachhaltig dass sich bestimmte Firmen zz. einfach nicht trauen diese Stähle einzusetzen.

Das betrifft aber wie gesagt nur bestimmte Firmen und Märkte, der 440c ist m.E. schon noch weit verbreitet.

Der D2 hat eine Sonderrolle, der wird m.E. konstant durch teile der US Sceene hoch gehalten (Ich denke vor allem aus knallharten wirtschaftlichen Gründen, aber da kann ich irren. ).

Naja und Karbonstähle sind nun wieder eine ganz andere Liga.
Die haben halt einen richtigen Exotenstatus. Für den Massenmarkt vollkommen uninteressant, da nicht "Rostfrei". Für Freaks / Kenner hoch interessant und geschätzt wegen ihrer durch "moderne Stähle" nicht erreichbare Schärfe (Stichwort feinste Schneiden).
Deswegen sollte sich jeder Messerfreak der noch kein c-Stahl messer hat bzw. kennt sich unbedingt mal z.B. ein "rostendes" Opinel kaufen um diese Schärfe kennen zu lernen.

Ich hoffe mal diese Ausführungen waren jetzt nicht zu sehr vereinfacht und auf die Spitze getrieben. :steirer:

Gruß
El
 
Ich fürchte, in der Frage ist die Antwort schon impliziert: Mode !!!
Ferner hat speziell Böker den 440C anscheinend wirklich gut im Griff. Ich habe selbst einige Böker Messer aus 440C und bin immer noch begeistert von ihnen (unter anderem mein heiß geliebtes Valkyrie-Bowie).
Allerdings besitze ich auch die Turbine mit der X15-TN Klinge und muß ganz klar sagen: feiner auszuschleifen, höhere Schärfe und hält diese auch länger als 440C. Das Schleifen von X15-TN ist allerdings um einiges mühseliger.
Auch mein Barkie mit A2-Klinge bleibt länger als 440C auf einer höheren Schärfe und läßt sich trotzdem sehr gut schleifen, rostet allerdings bei unzureichender Pflege.

Lange Rede, kurzer Sinn: 440C hat viele gute Eigenschaften, brilliert aber in keiner und er ist halt schon lange auf dem Markt, so das inzwischen auch Messer im unteren Preisbereich mit diesem Stahl angeboten werden, was dem Ruf des Stahls sicherlich nicht zuträglich ist (jaja, ich weiß, logisch gesehen Blödsinn, aber so funktioniert dieser Marketingkrempel nunmal :rolleyes:).

Laßt Euch Eure 440C Messer nicht schlechtreden, gerade die Bökerteile sind immer noch tolle Messer :super:

Scharfe Grüße

Hoss
kein Experte, aber Messerenthusiast und Merchandising-Gegner :hmpf:

P.S.: @ El Dirko
Da haben sich unsere Antworten wohl überschnitten, aber sagen ja fast das selbe aus. Zu D2: ist m.M. auch völlig überschätzt.
 
Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Ich habe auch einige Böker Messer in 440C und kann an diesem Stahl aber absolut nichts aussetzen. Für mich taugt der leicht.

Gruss Patrick
 
Ausgehyped.
Nee, der Stahl ist schon ok, richtige Wärmebehandlung vorausgesetzt.
Eigentlich ist das ja ein rostfreier Kugellagerstahl, er ist also sicher mit hoher Sorgfalt hergestellt, was Reinheit und Homogenität angeht.
Rostfrei ist er natürlich auch, und er bildet Karbide. Daher hohe Standzeiten.
Aber er besitzt offenbar ein zu geringes Hype-Potential vor dem Hintergrund der Gigantomanie neuerer Stähle (viel von allem, das muß gut sein). Und dann gibt es noch Leute, die behaupten, das Mass aller rostfreien Stähle seien der gute 4034, oder Cronidur 30, mit kaum was drin.
Die Mischung machts.
440C ist sicher nicht schlecht für Messer, aber auch nicht so überragend, dass er etwas böte, was einfachere Stähle nicht haben.

Ich mag ihn eigentlich auch, aber weniger aus "der beste Stahl der Welt"-Gründen.

Er kann halt in der aus USA herschwappenden Welle der legierungsmäßigen Ungeheuerlichkeiten nicht überzeugend punkten (ebensowenig wie der geschmähte 4034).

Aber wer sagt denn, dass die Leute alle Ahnung haben?
Ich denke mir, Böker hat mit diesem Stahl sehr früh angefangen, und die tollsten Klingen daraus hergestellt, und die kennen "ihren" 440C sehr gut, so dass alles zur Zufriedenheit des Kunden ist.

Ist aber fast schon ein Standardstahl. Tja.
 
Zunächst, ich bin kein Profi, nur interessierter Anwender.

Ich kann nicht sehen wo 440C völlig aus der Mode sein soll, oder wo "nur noch D2" etc. verwendet wird.

Wer ist "GottunddieWelt" ?

Ich habe bisher die Einführung "neuer" Stähle (Serienmesser) später nur als ein Nebeneianderbestehen neben den etablierten Sorten wargenommen, wenn sie überhaupt geblieben sind.

Ablösen würde bedeuten, dass es das Alte nach der Einführung einer Neuerung nicht mehr, oder nicht mehr im annähernd gleichen Umfang gibt.

Im übrigen werden Modeimpulse zwar nicht selten im Kleinen gesetzt,
aber durchsetzen wird sich am Markt erst die Massenware (und die ist auch Antwort auf die Kundenbedürnisse - der Masse!).

Im Bereich Messer,..naja, welche neuen Massenbedürfnisse soll es da schon ohne Hyperei geben?

Böker z. B. machen ganz wesentlich Trends bei Sportmessern - und da ist 440C zwar nicht mehr im Focus der Warnehmung unter Halbfreaks, aber verwendet wird er weiterhin fleißig.

Wenn Mode also = Masse bedeutet. Dann ist das immernoch 440A, Aisi 420, oder (Haltet euch hurtig die Augen zu) - "Chirurgenstahl":irre:.

Die bei Serienmessern neuen Stähle gibts natürlich auch immer mal.(Ich bekenne mich zum Cronidur 30. Schön, dass der jetzt auch bei Serienmessern verarbeitet wird-weil er garnichtgammelt und trotzdem so herrlich scharf wird. Das der irgeneinen verdrängt, glaub aber ich nicht).
 
....Ich wundere mich seit geraumer Zeit, warum 440 C so völlig aus der Mode gekommen ist....

Moin,

schau Dir mal die Messer von Böker Arbolito, Puma IP, Nieto, Muela, Puli, usw. an. Die stellen die meissten ihrer Messer aus 440C her.

Gruß
Olli
 
Genau ..
von Böker abgesehen (da stimmt meiner Meinung nach noch überwiegend Preis und Qualität in der Relation) überwiegend Hersteller von Messern im unteren bis maximal mittlerem Preisbereich (Puma ist die Ausnahme, die liefern immer wieder Mal unglaublich schlechte Qualität zu einem unglaublich hohen Preis .. eingefleischte Fans des Berglöwen, bitte nicht böse sein :rolleyes: , ich betrauere immer noch die verlorengegangene Qualität der Pumamesser der 70ziger und 80ziger Jahre ).

Natürlich ist meine Beobachtung subjektiv eingefärbt, da ich mich mittlerweile nur noch für bestimmte Messer interessiere.
Von Tops abgesehen (die verwenden für einige Messer 440 C), sehe ich 440 C nur ganz selten.
Mein Augenmerk liegt überwiegend auf Cold Steel, Spyderco, Tops, Extrema Ratio, Zero Tolerance, Strider, Szabo, Emerson und dann natürlich von Hand gefertige Messer.

Böker, Kershaw und Benchmade sind einige wenige, die noch "hochwertige" Messer aus 440 C fertigen.

Auch gerade bei den Handgemachten. Wieviele Projekte und Bilder gab es hier in letzter Zeit mit 440 C Klingen von unseren namhaften Künstlern am Bandschleifer?
Kein Einziges (oder es ist mir bei der "Suchen" - Funktion entgangen).

Ich erkenne einen klaren Trend in den letzten paar Jahren, weg von 440 C.

Was kommt, das kommt, muss ja nichts schlechtes sein, andere Stähle sind auch gut und vergleichbar oder auch besser (ich bin auch sehr zufrieden mit meinen handgefertigten D2 - Messern).
Ich wunderte mich nur, vielleicht hätte es ja einen deutlich nachvollziehbaren Grund gegeben, warum 440 C, außerhalb der "Großserienproduktion" weniger Hersteller, nicht mehr verwendet wird.

Danke für die Antworten :cool:
 
Böker, Kershaw und Benchmade sind einige wenige, die noch "hochwertige" Messer aus 440 C fertigen.

Linder fertigt mit den Messern der Serie Mark 1 und Mark 2 IMHO auch gute Messer.

Ich habe im letzten Jahr einmal einen Messermacher gefragt, ob er mir ein Messer aus 440 c Stahl machen würde - der hat mich angeschaut, als wenn ich ihn nach dem Bau eines Raumschiffes gefragt hätte ... :D
 
Zur Frage, wie Moden wechseln können, eine kleine Anekdote, die ich so ziemlich wörtlich erlebt habe und in einem Bericht für Borgers Messerheft geschildert hatte.

Bei einem der ersten Treffen bei Wolf Borger stand ein Anfänger ehrfurchtsvoll vor den in der Tat perfekt gearbeiteten Messern eines Profis. Nach einer ganzen Weile der Bewunderung wagte er zu fragen:"Welchen Stahl verwenden Sie denn für Ihre Messer?" Antwort:"440C, ausschließlich 440 C!"-"Und warum?" "Weil es der beste ist!" " Und was halten Sie von 1.4111 ?" "Können Sie vergessen, wegschmeißen !" "Aber der ist doch eigentlich ganz ähnlich (Anmerkung: Stimmt nicht- er ist besser!) und im Stahlschlüssel steht, daß er noch härter wird" "Aha, wenn er ähnlich ist, wird er auch gut sein!"-Ende des Gesprächs.
440 C = 1.4125 war damals neben 154 CM und D2 der Renner. Man hatte Tests mit den üblichen Papierschneidemaschinen gemacht und kam zum Ergebnis, daß er etwa die dreifache Standzeit des 1.4034 hatte und fand das enorm.
Diese Testergebnisse stimmen auch, sie sagen aber nicht alles über einen Stahl aus. Genau genommen sagen sie nur aus, daß der Stahl 1 unter den exakten Testbedingungen dem Stahl 2 überlegen ist. Bei gleicher Anfangsschärfe, relativ hohem Prüfdruck und derbem Schneidenwinkel (ca 40 Grad) war kein anderes Ergebnis zu erwarten.

Daß Stahl 1 für eine stabile Schneide einen größeren Schneidenwinkel verlangt und im Bereich extremer Schärfe gegenmüber Stahl 2 Nachteile hat und weniger zäh ist, kommt dabei nicht zum Ausdruck.

440 C ist ein guter, korrosionsbeständiger Stahl mit hoher Verschleißfestigkeit. In dieser Eigenschaft wird er kaum hinter den modernsten und exotischsten Legierungen zurückstehen.
Die Nachteile aller ledeburitischen Stähle teilt auch er.

Als vielseitig verwendbarer, verschleißfester und gut korrosionsbeständiger Stahl wird er seine Stellung behaupten. Wo man mit neuen "Wunderstählen" protzen will, hat er seinen Reiz für immer verloren.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
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