Wie kommen Legierungselemente aus den Erzen in den Stahl ?

Ich habe hier auch eine Analyse eines Eisenerzes (Limonit) und einer Schlacke aus einem eigenen Verhüttungsversuch. Der Versuch blieb leider bis auf einige stecknadelkopf grosse Eisen-Perlen (von denen ich noch dazu keine mehr habe und daher auch nicht analysieren kann) erfolglos.
Erz: ........Schlacke:
SiO2 : 46,1.......44,4
Fe2O3: 45,8.......33,3
Al2O3: 6,78.......8,7
P2O5: 0,33.......0,28
CaO: 0,22........22,0
MgO: 0,22........1,12
K2O: 0,18........0,71
TiO2: 0,12........0,18
CoO: 0,09........0,04
V2O5: 0,05........0,04
MnO: 0,03........0,11
SO3: 0,02........0,1
Cr2O3: 0,01........0,04
CuO: 0,007......0,005
(Methode: RFA, Angaben Gew.%)

Man sieht, dass sich hier eine Spekulation über "Wie kommen die Legierungselemente... in den Stahl", außer Si und S, erübrigt, da das Erz an sich so rein ist. Beim Mangan ist es sogar so, dass ich über die Ofenwandung (Ton) mehr eintrage als über das Erz selbst. Der hohe Calzium-Anteil in der Schlacke kommt vom gebrannten Kalk der zugesetzt wurde um die Schlacke auf einen Schmelzpunkt von ca. 1150°C zu drücken.
Ich will dieses Ergebnis aber keinesfalls verallgemeinern, aber es zeigt doch, dass eine Mittelwertbildung über eine (willkürliche?) Auswahl von Artefakten keine Auskunft über die Herkunft oder das Fehlen von Legierungsbestandteilen geben wird. Außer wie gesagt beim Si und P. Ich habe hier ähnlich Bedenken wie Hephaistos.
Es wäre auch mal interessant Analysen von üblichen Eisenerzen also sowohl primären wie auch sekundären (Limonit, Raseneisenerz...) zusammenzutragen um zu sehen, was man sich da einhandeln könnte.
(Ein Mn haltiges Erz wurde ja von U.Gerfin schon erwähnt.)
Oder wir fragen einfach jemanden der sich damit auskennt (Geonol?).



Gruß

MythBuster
 
Also Werte von Erzen besorgen ist kein Problem. EInschließlich Art und Herkunftsort kenne ich da eine Sammlung, die keine Wünsche offen lässt.

Die von mir oben angegebenen Werte waren zudem keine Mittelwerte sondern jeweils Tiefst- und Höchstwert bei 5 Messungen am selben Stück Querschnitt aus dem Stahl. Ich habe alle Einzelwerte zur Verfügung, sollte das aber bei Interesse lieber abfotografieren, weil ich keine Lust auf die Tipperei habe. Ich habe zudem noch einige Analysen von im Rennofen gewonnenen Materialien aus den letzten Jahren. Dabei zeigen sich im Stahl beim Mangan (wenn ich mich recht erinnere, habe die Daten zur Zeit nicht hier) Werte zwischen 0,01 und 1 %.
 
Um der Überschrift dieses Treads Rechnung zu tragen, wären wir jetzt auf dem richtigen Weg.
Ich denke es wäre das Ideal jeweils die Analyse der Erzsorte neben die Analyse des daraus Verhütteten Stahls zu setzen.
Wie das dann Chemisch vonstatten geht bliebe noch zu klären, dass es von Statten ginge wäre aber klar.

Es wäre unheimlich nett wenn wir auf die Erfahrungswerte von AchimW zurückgreifen könnten. Fotographieren ist doch eine top Lösung :super:

Ich habe morgen Termin mit 2 Leuten promoviert in Geologie der andere in Geographie , spezialisiert auf Erze, mal sehn was dabei rauskommt, möglicherweise sind die Mai mit von der Partie.

Gruss unsel
 
Hallo Achim, das klingt ja spannend, Du hast Werte vom Erz und den daraus gewonnenen Eisen (und ich wage kaum zu fragen, auch von der Temperatur?) bitte, zeig sie uns!

In Archeometry 52(1):131-145 (2010) habe ich noch was sehr aktuelles und sehr interessantes zu eben dieser Thematik gefunden. Wenn ich das mal auf die schnelle interpretiere (Mittelwerte auf S.13) wurde hier aus einem Magnetit Erz mit 1% Mangan ein Eisen mit 0,0155% (155ppm) produziert, also eine Abreicherung.
Co wurde von 15ppm auf 60ppm
Ni von 14ppm auf 308ppm
Cu von 4ppm auf 96ppm
As von 13ppm auf 173ppm angereichert. Diese Abreicherung beim Mn und die Anreicherung bei Ni, Co, As, Cu (wenn auch auf sehr niedrigen Niveau, aber wenn nicht mehr da ist...) entspricht schon mal genau den Tendenzen aus dem Ellingham Diagramm.
Leider wird wird auch hier nicht näher auf die Temperaturmessung eingegangen, hier wird von 915°C gesprochen (wo und womit gemessen? und 915°C scheinen mir unrealistisch niedrig). Etwas weiter unten (s.14) wird von einer idealen Temperatur auf Grund der Schlackenzusammensetzung von 1100-1200° gesprochen.

Gruß

MythBuster
 
Hallo Achim, das klingt ja spannend, Du hast Werte vom Erz und den daraus gewonnenen Eisen (und ich wage kaum zu fragen, auch von der Temperatur?) bitte, zeig sie uns!

Die Rede war von Erz und Erzanalysen, nicht von Erz und daraus gewonnenem Eisen. Letzteres wäre aber auch eventuell möglich, aber dafür muss ich ein paar alte Kontakte in Frankreich ausgraben. Ich weiß, dass das CNRS-Forschungszentrum Nantes zusammen mit der Hispamebro solche Versuche zumindest mit Rennöfen mit natürlichem Zug gefahren hat, bei denen alle Faktoren nach wissenschaftlichen Maßstäben erfasst wurden. Zuletzt gesehen habe ich das vor 7 Jahren in Paimpont. Mal sehen, ob ich da was finden kann.

Was sich für eine solche Untersuchung anbieten würde, ist der Rennofenversuch, den wir in der 24. KW in Witten durchführen. Dafür bekomme ich 1,5 t Magnetit-Erz mit Analyse sowie 3,5 t geköhlerte Holzkohle aus Kiefer. An den Ofen eine Sonde anzuschließen wäre nicht das Problem, ebensowenig wie eine Analyse der Ergebnisse, die wir ohnehin machen werden. Dann hätten wir die von Dir gewünschten Werte zusammen.
 
Hallo,

Die Frage bleibt also nach wie vor bestehen, wie die Legierungselemente aus dem Erz in den daraus reduzierten Stahl gelangen.
Ich glaube ich habe den ensprechenden Fachmann gefunden.
Er ist ein waschechter Wissenschaftler, in Rente, nett mit reichlich Stil.
Promoviert in Physik und Geomorphologie.
Er ist brennend an dem Projekt Rennofen Interessiert, allerdings nur unter
nachvollziehbaren Konditionen.
Also nicht das allerseits beliebte Herstellen von Eisen unter egal welchen Regeln der Kunst.Er wird zu unserem Treffen in Neuhäusgen erscheinen.
Das werden wir trotzdem so halten wie gehabt, aber wer will kann ein bestimmtes Erz, in ein und dem selben Ofentyp unter verschiedenen Voraussetzungen verhütten. Ich denke mal dass ich mich diesesmal haupsächlich darauf konzentrieren werde, und zwar mit unserem Bohnerz.
Er bemerkte übrigends dass Legierungselemente die in Erzen in Form von Oxiden enthalten sind, in der Reduktionszone bei niedrigen Temperaturen dh. in nicht flüssiger Form migrieren.
Ähnlich wie im Pulfermetalurgischem Verfahren diffundieren im Molekularen Bereich an der Oberfläche der Stäube die Elemente miteinander. Es wäre also durchaus möglich Mangan oder andere Metalle in einer Klinge vorzufinden, voausgesetzt deren Oxide waren in den jeweiligen Erzen.
Ich bitte darum mich nicht mit diesen Aussagen festzunageln. Ich habe es heute morgen nochmal nachgefragt und so wie ich es verstanden habe hier wiedergegeben.
Wie gesagt der Mann ist in Neuhäusgen zugegen. Ob Interessierte sich per Email an Ihn wenden dürfen, muss ich erst fragen.

Gruss Rom.
 
Hier noch ein (aus dem Englischen übersetzter) Kommentar aus "Swords of the Viking Age" von Ian Peirce. Das Schwert, um das es geht, ist auf Seite 26 und datiert aus dem 5. bis 6. Jahrhundert. Es weist eine wurmbunte Klinge auf und stammt aus England. Die Klinge wurde offenbar von der BAM in Berlin untersucht und es gibt einen (leider hier nicht vorliegenden) Untersuchungsbericht von einem Herrn Christian Segebade.

Im Text wird darauf hingewiesen, dass insbesondere das Material der Schneidleiste signifikant hohe Mengen von Chrom, Molybdän, Niobium sowie Spuren von Hafnium, Yttrium und Thallium enthält. Es wäre sicher interessant, einmal den gesamten Untersuchungsbericht zu sehen.
 
Ich hatte diesen thread eröffnet, weil ich bestimmte Aspekte der Diskussion mit V. Hollmann vertiefen wollte.

Er hatte ja in dem Punkt recht, daß Silizium und Mangan bei niedrigen Reduktionstemperaturen im Rennfeuer nicht aus den Erzen ins Eisen übergehen.

Wäre die von ihm gezogene Konsequenz, Legierungselemente könnten überhaupt nur über die Schmelze in das Eisen gelangen und diese Temperaturen seien vor der Industriealisierung der Eisentechnik nie erreicht worden, richtig, so hätte es den klassischen Schweißdamast nur auf Phosphorbasis und damit in höchst mäßiger Qualität geben können.

Reduktionstechniken, Rennfeuer u. dergl. sind nicht meine Materie und ich habe mich daher nicht sehr ins Tiefe gehend eingelesen.

Ein paar Grundzüge kann man aber festhalten:

Auch im ältesten Herstellungsverfahren, der direkten Reduktion im Rennfeuer oder ähnlichen Fuerstätten hielten sich die Temperaturen nicht immer an die Vorschriften. Es entstand -ungewollt- bei hohem Aufkohlen und dadurch niedrigem Schmelzpunkt auch Guß, der beispielsweise in Merv (Seidenstraße) im Tiegel mit Eisenspänen erneut aufgeschmolzen wurde um seinen zu hohem C-Gehalt an die Eisenspäne abzugeben, sodaß man einen brauchbaren hoch kohlenstoffhaltigen Stahl erhielt.

Ohne Schmelze ist schließlich Wootz nicht denkbar.

Wie sich die übrigen möglichen Legierungselemente im Rennfeuer verhalten, ist für mich nicht völlig geklärt-Vanadium und seltene Erden scheinen relativ leicht mitreduziert zu werden -vergl. wieder die Entstehung von Wootz.

Neben der direkten Reduktion im Rennfeuer ohne Schmelze greifen zweistufige Verfahren mit der Erzeugung f l ü s s i g e n Roheisens und dem Frischen = Entkohlen relativ weit in die Vergangenheit zurück.
Das sogenannte wallonische Verfahren, bei dem die "Ofensau" aus Roheisen auf dem Frischherd niedergeschmolzen wurde, um durch den erneuten Zutritt von Sauerstoff den C-Gehalt auf brauchbare Anteile zu senken, ist im 16. Jahrhundert Stand der Technik.
Im Prinzip ähnlich arbeitet das Puddelverfahren, das im 18 Jahrhundert aufkam.

Wer sich in die Materie ein bißchen einlesen will, dem seien zwei Bücher zur Lektüre empfohlen: 1. Sehr umfassend, wenn auch manchmal mehr erzählend als technisch präzise: Johannsen, "Die Geschichte des Eisens " und Samuels, "Optical Microscopy of Carbon Steels", mit einer kurzen präzisen Zusammenfassung der Entwicklung und aufschlußreichen Mikroskopaufnahmen u. a. auch des Materials eines Nagels aus der Römerzeit oder eines Ankers aus Puddeleisen aus Kapitän Cooks Zeit.

Wenn Ihr schön fleissig weiterforscht und berichtet, werde ich mich freuen. Für mich ist das Thema erst mal abgehakt.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo U Gerfin,

Ich bitte dich darum uns die Rennfeuerfraktion erstmal nicht resignierend aufzugeben.
Erstens haben wir Personal unter uns, die hauptberuflich Chemische Analysen von Erzen sowie den Ergebnissen dem verhüttetem Stahl zu machen im Stande sind, um diese deinemTread möglichst bald zuzuführen. Nein es werden ohne zuviel Zeit vergehen zu lassen auch die Erzeugnisse des Rennfeuers umgehend zu der gewünschten Wurmbunten Klinge weiterverarbeitet. Möglich dass es nicht gleich die Replik eines Schwertes sein wird, evtl.ein Dolch. Aber den Beweis wollen wir nicht Schuldig bleiben.
Ich muss dir aber auch sagen , dass mir Herrn Hollman und seine Argumentationen egal sind.
Schlussendlich gab es längst vor unserer Zeit Wurmbunte Klingen.
Dass ich mich diesem Abenteuers angenommen habe, liegt nicht an dem erwähntem Herrn, sondern vielmehr an unsern längst verstorbenen Ahnen den virtuosen Schmieden .
Also konzentrieren wir uns auf den Chemischen Beweis , und lassen uns nicht von einem einzelnen Mann unter Druck setzen.

Nichts für Ungut,
Bei aller Sympathie Bohr Rom.
 
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Hallo,

inzwischen habe ich die Analysen von unsel´s und meinem Rennofenversuch in Luxemburg.

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Wenn man die Gehalte in der Erzmischung und des daraus erhaltenen Eisens vergleicht, sieht man in eindrucksvoller Weise die Vorhersage aus dem Ellingham Diagramm (s. Thread 64) bestätigt!
Man sieht, dass As(0,8%!), Co, P, (Ni:0,1% hab ich vergessen) im Eisen angereichert wurden wogegen kein Cr, Mn, V, Ti nachweisbar sind. Al und Si liegen bestimmt in Form ihrer Oxide, als Schlackeeinschlüsse im Eisen vor, ihre Angabe als Metall ist hier irreführend.
Bemerkenswert ist der hohe Arsen-Gehalt von 0,8% im Eisen und das Fehlen von Arsenoxid in der Schlacke. Beim Öffnen des Ofens ist die Schlacke dem Luftsauerstoff ausgesetzt, wodurch Reste von As in der Schlacke wieder zu As2O3 (Arsenik) oxidiert, welches flüchtig ist. Wegen seiner Flüchtigkeit wird Arsenik auch als Hüttenrauch bezeichnet (Holleman Wiberg/ Lehrbuch der anorganischen Chemie/ 1985/100.te Auflage/S.675). Weiter wird hier auch erwähnt, dass man das Arsen durch rösten des Erzes loswird.
@unsel eventuell hätten wir unser Erz stärker rösten sollen.
Ergänzend muss man also noch sagen, dass As als "zeichnendes Element" im Renneisen in Betracht gezogen werden sollte (neben Phosphor).

Gruß

Mythbuster
 
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