Hm, tja, da ich nun auch den gesamten Text der vorhergehenden Seiten gelesen habe, ein paar Worte von mir dazu:
1. Qualität ist eine Sache, die wie fast alles im Leben relativ ist. Ich bin erst neulich gefragt worden "Wozu brauchst du ein
scharfes Messer?" Tja, weils für mich normal ist. Für die breite Masse sind haarespaltende Klapper in der Hose nicht normal. Für der Hersteller heißt das eigentlich, dass er es sich bequem machen kann.
Wir sind hier eine Elite, die von Messern sehr gute Spaltmaße, Verarbeitung etc erwartet. Die breite Masse erwartet, dass die Dinger im Aldi erhältlich sind für 1,99, rostfrei sind und möglichst nicht so scharf, dass sie gefährlich und unheimlich werden, sind.
Die daraus resultierende Frage könnte also auch lauten: Sind wir, die hier auf Qualität bei einem EInzelprodukt bestehen genauso pingelig, wenn es um andere Sachen geht, wie zB MP3-Player, Fahrräder oder sind da nicht einige von uns auch froh, wenn sie es für'n Appel und'n Ei bei Lidl kriegen...? Qualität müsste der gesamte Markt von allen Herstellern in allen Segmenten fordern, um Änderungen im globalen Qualitätsbewusstsein herbeizuführen.
2. Victorinox...ich denke, die Art und Weise, wie Vic seine Messer baut ist (fast) unvergleichlich, selbst mit amerikanischen Firmen wie Spyderco. Während die SPyderco, Benchmade, und wie sie alle heißen für ein neues Messer neue Gussformen, CNC-Programmierungen etc brauchen, nimmt Vic und baut verschiedene Teile. Die unterschiedlichen Messertypen entstehen in erster Linie durch Neukombination. Die Flaschenöffner sehen an jetzigen Vics immer noch genauso aus, wie an meinem ersten von vor 15 Jahren. Bei Benchmade habe ich bisher keine einzige Klinge zweimal gesehen, sieht man von Baureihen ala Griptilian ab.
3. Solinger Hersteller...ich bin bekennender Striderfan. Eine strittige Marke, nicht jedermanns Sache. Viel Geld, wenig sichtbare Gegenleistung (Flachstahl mit Paracord umwickelt). Genauso bin ich aber von den BökerPlus Sachen angetan, die zu gutem Preis auch etwas bieten.
Es gibt Sammlermodelle von Herbertz, von Haller, da dreht sich mir der Magen auf halb 5. Die kosten dann aber zT das dreifache der BökerPlus. Es gilt halt doch immer noch die Regel "You get, what you pay for" - es sei denn, man zahlt den Namen mit. Und was man bereit ist auszugeben wird maßgeblich davon beeinflusst, was man vom Prdukt erwartet.
Tja...und die Erwartung ist bei uns wie der eine ganz andere, als bei der breiten Masse, siehe Punkt 1.
4. Eine Erklärung: Ich könnte mir vorstellen, dass die SOlinger Hersteller, Böker mal ausgenommen den Kreis der Sammler und Liebhaber noch nicht als potentielle Kunden erkannt hat. Die einen produzieren für Jäger, die anderen für handwerker.
Unabhängig, wofür eine Klinge gemacht wurde, wird sie jedoch immer ihren Zweck erfüllen, so dieser aus bloßem Schneiden besteht.
Und naja, dass die Dinger schneiden, das ist die einzige Erwartung, die jeder Messerkäufer an ein solches Ding hat. Welche Schnitthaltigkeit das DIng dann aufweist...mein Gott, fragt man "normale" Leute, wie sie SChärfe messen? Entweder in Rockwell oder Scoville
"Schnitthaltigkeit - was'n das?"
Wir möchten wissen, was das für ein toller neuer Stahl ist oder wieso der gerade für dieses Werkzeug der ideale ist.
Ottonormalverbraucher möchte wissen, wieso die Messer bei Aldi seit letzter Woche einen Euro teurer sind...
6. Was mich wirklich stört: Wenn sich Hersteller, Kunden, was und wer auch immer sich auf erreichten Lorbeeren ausruht. SOlingen verlässt sich darauf, dass der Stempel Solingen ausreicht, um für Qualität zu bürgen. Und viele Firmen haben verschlafen, dass die Qualität eben ein relativer Begriff ist und sich mit der Zeit wandelt. Heute gibt es die Möglichkeit, etwas im CNC-Verfahren blitzsauber zu fräsen und auch noch relativ günstig im Vergleich dazu, was man beim Handwerker zahlen müsste, der die gleiche Präzision herstellen soll.
Ebenso wurden Entwicklungen auf dem Stahlmarkt verschlafen. Man kann darüber streiten, ob es nun Kohlenstoffstahl oder rostträger Stahl sein soll, aber dass zB 420er nicht gerade state of the art ist, darüber müssen wir uns hier nicht wirklich unterhalten. Und zwar auch unabhängig davon, dass auch 420er seine Daseinsberechtigung hat bei bestimmten Zwecken, Tatsache ist, dass er in der Industrie oft nicht diesen Zwecken zugeführt wird und in Taschenmesser verbaut wird, denen ein 440C besser gestanden hätte.
Böker hat das zB verstanden. Da gibt es noch die alten Titan-Griff-Messer mit 4034-Klinge. Die kosten auch noch ihr Geld.
Bei den neueren Modellen mit ähnlichem Preis findet sich 4034 nur noch sher vereinzelt (und jetzt bitte nicht davon anfangen, dass 4034 auch gut gemacht sein kann, de facto ist es ein wenig weich im Vergleich zum möglichen).
ALlgemein zum Thread:
Ich bin der Meinung, ein Forum ist dazu da, um genau solche Dinge einmal äußern zu können, ohne dass alles auf die Goldwaage der Wissenschaft gelegt wird. SChließlich wollte der Threadstarter keine wissenschaftliche Dissertation schreiben, sondern lediglich seinem Unmut über für ihn unangenehme und ärgerliche Umstände Luft machen.
WO soll er es denn sonst äußern? In der FAZ oder der BILD?
Hätte er das an die betreffenden Firmen geschrieben, dann wäre es für diese ein weiterer vieler Einzelfälle geworden.
Hier aber müssen sie sich vllt Gedanken dazu machen, dass einige Leute diesem Tex zustimmen....und es vllt doch nicht nur Einzelfälle sind...
Es gibt da noch einen einfachen Zusammenhang: Wir sind umso wichtiger für die Hersteller, je mehr der Bereich Kaufberatung ausgebaut wird und je mehr Leute ihre Messer aufgrund unserer Empfehlungen kaufen. Denn das bedeutet, je mehr von ihren Produkten hier empfohlen werden, desto mehr verkaufen sie, Prinzip Stiftung Warentest.
Der Verweis auf die Suchfunktion ist da sicher nicht immer das, was uns in den AUgen der Hersteller wertvoll macht...
die brauchen uns kaum als Expertenforum, die haben ihre eigenen Physiker und Metallurgen im allgemeinen, die
können uns aber als unabhängige Tester brauchen unter Umständen, wenn ihre Produkte aufgrund unserer Tipps mehr gekauft werden, da müssen zwar einige Umstände zusammenkommen, aber so wäre es noch am denkbarsten für mich.
Und als unabhängige Tester ist es geradezu unsere Pflicht, auch mal etwas allgemeines zu sagen und zu schreiben zu einem Standort, denn das ist ja Solingen nuneinmal.
Für Ottonormalverbraucher mag Solingen mehr sein, ein Qualitätssiegel, für uns hier, die wir uns mehr mit der Materie befassen, ist Solingen ein Standort wie auch Seki, Japan und Golden, Colorado.
Und die letztgenannten haben doch einen recht guten Ruf in Bezug auf Qualität und müssen sich nicht verstecken.
Was die Vorzüge der SOlinger traditionellen Taschenmesser angeht: Naja, eine dünne Klinge hat mein UKPK auch...
Man kann also folgendermaßen urteilen:
- Die alteingesessenen Solinger Unternehmen, die nicht groß genug sind, um im internationalen Rampenlicht wie Böker oder Benchmade gerade auf dem Markt der professionellen und passionierten Messernutzer (Militär, Polizei, Sammler, Liebhaber) mitzuspielen haben nie für unser Klientel produziert. Die produzieren für Ottonormalverbraucher, der froh ist, wenns wenig kostet, oder er ein Stück Solingen in der Hand hält und der in erster Linie zweimal im Jahr damit die Brotzeit schneidet. Die Frage ist nun, ob der Zug schon abgefahren ist, um auf den Zug von benchmade, Böker etc aufzuspringen - wenn sie das eben überhaupt wollen.
- Alternativ kann man sagen, die haben gepennt und tuns immer noch. Damit setzt man unsere Maßstäbe in unserem kleinen Bereich der Messerliebhaber an und vergleicht im Prinzip Handarbeit der Fabrik mit Handarbeit von Messermachern wie Jürgen Schanz und anderen Forumiten. Handarbeit ist nicht gleich Handarbeit sondern wie auch Qualität relativ. Sie als Entschuldigung für Mängel zu nehmen, ist in unseren AUgen nicht gerechtfertigt, in meinen auch nicht; aber auch Sihct eines Ottonormalverbrauchers, der von Ipod und anderem Hightechspielzeug unserer Zeit perfekte Maschinenarbeit gewöhnt ist nachvollziehbar.
Für uns ist der Mensch, der Hand an ein Messer legt ein Liebhaber, ein Künstler.
Für Ottonormalverbraucher ist er im allgemeinen Markt zunehmend das schwächste Glied in der Kette von prefket programmierten Maschinen...
soviel mein Beitrag zu diesem Thema.