Gute Stahlwahl? [75Ni8, 1.2826 und C70]

Xerxes

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Hi, leider kann ich zur Zeit vom Schmieden nur träumen. Die Uni macht mir gerade einen Strich durch die Rechnung... Aber ich habe mir einige Gedanken zur richtigen Stahlwahl für mein nächstes Schwert gemacht. Ich weiß, dass Fragen zur "idealen" Kombination für ein "Superschwert" nicht wirklich beantwortet werden können. Man muss eben Kompromisse eingehen und viele Wege führen nach Rom...

Aber ich möchte euch mal konkret fragen, was ihr von meiner Stahlkombi haltet, und ob ich evtl. etwas Wichtiges übersehen habe...

Für den Kern: Ich habe mir überlegt, für den Kern eine Mischung aus 75Ni8 und 1.2826 zu verwenden. Der 1.2826 hat angelassen sehr gute Federeigenschaften und müsste sich wegen den 1,0% Si noch relativ gut schweißen lassen. Vor allem mit dem 75Ni8. Durch die 1,1% Mn müsste die Kombi auch sehr gut zeichnen...

Als Schneileiste würde ich C70 verwenden.

Anlassen: Ich hatte mir überlegt die gesamte klinge bei 200 bis 230 grad anzulassen und den Kern selektiv auf 400-500Grad. Wenn ich das richtig sehe, bekomme ich eine Schneidleiste mit 58-60hrc und einen sehr gut federnden Kern zwischen 48 und 55hrc.

Könnt ihr das bestätigen? Oder gibt es irgendeinen Harken an der Kombi und dem Härten bzw. Anlassen, den ich übersehen habe? Oder Tips was ich ändern könnte/sollte?

Gruß Jannis
 
AW: Gute Stahlwahl?

Einer der Wahlsprüche meines Vaters war:"Viel hilft viel".
Da ist sicher was dran, es gibt aber auch den Spruch:"Weniger wäre mehr", dem ich oft zuneige.
75 Ni 8 ist eine gute Wahl, was aber soll 1.2826 ?-Für die Zeichnung ist das vollkommen überflüssig. 75 Ni 8 zeichnet auch in Kombination mit einem einfachen C-Stahl wirklich knackig.
Der Kern der Klinge soll zäh und federnd sein- da sollte man ihn im C-Gehalt in einer Größenordnung halten, daß Lattenmartensit entsteht-bei Verhoeven nachlesen !.
Für mich wäre also z.B. C 45 zusammen mit dem 75 Ni 8 erste Wahl.
Damit wären auch die Unannehmlichkeiten mit der Feuerschweißung des 1.2826 vermieden. Natürlich geht das, aber weshalb sich Probleme bereiten, wenn man es vermeiden kann. Bei der von Dir in´s Auge gefassten Kombination würde der höher legierte Kern eher härten, als die Schneidleiste. Das könnte zu unerwünschten Spannungen führen.
Wie Du das mit dem selektiven Anlassen machen willst, ist mir nicht ganz klar. Beim höheren Anlassen des Kerns muß ja die Schneide gegen die Hitzewirkung geschützt werden. Das kann man natürlich mit ein bißchen Tricksen machen, ganz einfach ist es nicht und ob es die Mühe wert ist ?.
Auch wenn ich hier mal etwas kritisiere, freue ich mich doch, mit wieviel Überlegung und Begeisterung Du an die Arbeiten herangehst. Deshalb: Nix für ungut !
MfG U. Gerfin
 
AW: Gute Stahlwahl?

Auch wenn ich hier mal etwas kritisiere, freue ich mich doch, mit wieviel Überlegung und Begeisterung Du an die Arbeiten herangehst. Deshalb: Nix für ungut !

Ach klar, um kritisiert zu werden bin ich doch hier:D Ich will ja was lernen. Außerdem hab ich ein dickes Fell...

Wie Du das mit dem selektiven Anlassen machen willst, ist mir nicht ganz klar. Beim höheren Anlassen des Kerns muß ja die Schneide gegen die Hitzewirkung geschützt werden. Das kann man natürlich mit ein bißchen Tricksen machen, ganz einfach ist es nicht und ob es die Mühe wert ist ?.

Letztes Mal hab ich die Schneidleisten mit Feuerzement eingepackt. Auf den Kern dann glühende Metallstreifen gelegt und nach Alassfarbe angelassen. Dieses Mal würde ich nen Lötbrenner nehmen. Und Hamurra-e hat mir nen guten Tip für eine Pampe zum isolieren der Schneidleiste gegeben...

Ob es der die Mühe wert ist? Weiß ich nicht genau. Aber ich dachte, dass der C45, auf die gleiche Temperatur wie die Schneidleiste angelassen, noch zu spröde ist, für ein flexibles langes Schwert. Ist dem nicht so?

Edit: Andererseits, wenn ich den c45 auf 400-500 grad anlasse, komm ich ja schon in Bereiche weit unter 40 hrc. Bei Temperaturen darüber bin ich im Bereich der Blausprödigkeit... Ein Teufelskreis. Bei welcher Anlasstemperatur hat der C45 denn die besten Federeigenschaften?

Gruß Jannis
 
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AW: Gute Stahlwahl?

Beim Kern hast Du ja nicht nur den C 45, sondern den C 45-75 Ni 8 Damast mit dementsprechend schon höherem C-Gehalt und erhöhter Anlaßbeständigkeit. Ehrlich gesagt, halte ich diese Kombination schon bei 200 Grad Anlasstemperatur für ziemlich unverwüstlich.
Die Blausprödigkeit brauchst Du nicht zu fürchten. Im Blaubereich der Anlaßfarben liegst Du im Bereich zwischen 220-300 Grad, der eine gewisse Versprödung mit sich bringt.
Die Anlaßsprödigkeit im Bereich zwischen 450-500 Grad ist von der Blausprödigkeit zu unterscheiden und beruht auf anderen Mechanismen. Bei schnellem Ablöschen nach dem Anlassen tritt sie nicht oder nur abgeschwächt auf. Eine gute Beschreibung dazu findet sich bei Hanns Benninghoff: "Wärmebehandlung der Bau- und Werkzeugstähle".
Ob das mit dem Abdecken mit Hitzeschutzpampe wirklich so funktioniert ?.
Ich hätte es mit Einklemmen zwischen passende Holzbretter und möglichst schnellem Erhitzen mit einem Schweiß- oder starken Lötbrenner versucht.
Die Federhärte ist bei 450-500 Grad sicher gut, wieweit die Schneide wirklich geschützt wird, ist die entscheidende Frage. Wenn Du mit passenden Holzlatten als Abdeckung arbeitest, siehst du sofort, wieweit die Hitze gelaufen ist, weil sich auch unter dem Holz die Anlassfarben bilden.
MfG U. Gerfin
 
AW: Gute Stahlwahl?

Hallo U. Gerfin, Hallo Xerxes,
Mit Holz alleine geht es schon recht gut wenn man das Holz Nass macht besser und noch besser wenn man zusätzlich ne Pambe (welche ist warscheinlich egal, aber meine funktioniert für mich) nimmt.
Ohne Holz und nur Pampe geht ebenfalls sehr gut.
Ich hab da schon einige erfolgreiche Versuche hinter mir, aber jeder muss selber damit experimentieren. Schließlich hat jeder seine eigene Rutine.
wenn ich mit der Pambe arbeite dann härte ich erst die gesamte Klinge, lass sie dann Normal an, verpack dann die Schneide und geh dann mit dem brenner ans Werk, der nicht abgedeckte Teil wird alle Farben durchlaufen, aber der abgedeckte bleibt völlig unberührt. Keine Anlassfarbe, kein härte verlusst, soweit ich das mit meinen Mitteln feststellen kann.
Xerxes wenn du mit Holz und Pambe arbeitest dann schneide zwei Planken auf den ungefähren umriss der Klinge, also zwei hälften, schneide dann eine Rinne in die Mitte des Holzes (ich bin da brutal und mach das meistens mit der Flex, stinkt zwar aber naja...) schmier die Pambe in die Rinne, Schwert rein bauen, erhitzen und das wars.
Wie gesagt, mach erst ein paar versuche wegen ablauf und so...viel glück und viel spaß und nicht vergessen, Erfahrungsbericht machen und Bilder zeigen :steirer:
 
AW: Gute Stahlwahl?

Ok, hört sich gut an. Kann aber wie gesagt noch ne Weile dauern.

Ich glaub ich werde einfach mal einen Flexitest mit C45/75Ni8 Damast mit unterschiedlichen Anlassstufen machen. Vielleicht kann ich daraus live für mich neue Erkenntnisse ziehen.

Die konstruktion mit Holz ist gut. Ich werd mir, wenn es soweit ist, was gutes überlegen und euch die Bilder Zeigen. Bis dahin arbeite ich nur in meinem Kopf:hmpf:

Edit: Eine Frage noch.

Im Blaubereich der Anlaßfarben liegst Du im Bereich zwischen 220-300 Grad, der eine gewisse Versprödung mit sich bringt.

Das ist mir noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich das richtig sehe, hat man beim Anlassen zwischen 280 grad (Violett) und 340 grad (Blaugrau) eine Blaufärbung (Jedenfalls nach der Anlasstabelle die ich ausm Netz gezogen hab). Tritt diese Versprödung/Blausprödigkeit nur bei 220-300 Grad auf, oder auch noch bei höherer Anlasstemperatur? Z.B. 320 Grad (Hellblau)?

Gruß Jannis
 
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Das mit den Anlassfarben stimmt nicht so genau. Da es sich um Oxydschichten handelt, deren Farbe durch ihre Dicke bestimmt wird, kann man nicht eine bestimmte Farbe einer exakten Temperatur zuordnen.
Die üblichen Tabellen geben die Farben für kurze Anlasszeiten von wenigen Minuten an. Bei einer Stunde Anlasszeit wird die Farbe lichtblau schon bei 230 Grad erreicht. Ich habe darüber schon ausführlicher berichtet. Nachzulesen ist es einfach und klar bei Rapatz- s. 65 f.
Das Zähigkeitsmaximum bei 200 Grad findet sich sowohl im normalen Schlagversuch, wie auch-wesentlich ausgeprägter- beim Verdrehschlagversuch.
Zu beachten ist, daß korrosionsbeständige Stähle die Anlassfarben eben wegen ihrer geringeren Neigung zur Oxydation erst bei etwa doppelt so hohen Temperaturen zeigen. Das war mit ein Grund, weshalb man diese Stähle für besonders wenig schnitthaltig hielt-man hatte sie viel zu heiß geschliffen und sich in Sicherheit gewiegt, weil man keine Anlassfarben sah.
Der Zähigkeitsabfall zwischen 200 und 300 Grad bei leicht legierten Werkzeugstählen ist an sich bekannt.
Urs Wyss schreibt dazu kurz und bündig: "Es sei deshalb nochmals darauf hingewiesen, daß dieses Temperaturgebiet zwischen 200 und 375 Grad gemieden werden sollte, ausgenommen bei Stählen mit einem höheren Siliziumgehalt".
MfG U. Gerfin
 
Ok, danke. Viele neue Infos, viel Lektüre die ich mir zulegen muss...

Gruß Jannis
 
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