Funkenerosion im Messerbau..eine Alternative

derPeter

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Hier im Forum wurden schon viele Bearbeitungs- und Herstellungstechniken
von Messern vorgestellt und diskutiert.
Die bekanntesten wären da wohl: Schmieden, Schleifen, Fräsen und Feilen.

Ich möchte hier eine Technik vorstellen, die hier im Forum, so glaube ich,
noch nicht aufgetaucht ist.

Es handelt sich hierbei um die sogenannte Drahterosion oder auch Drahtschneiden genannt,
wobei der Begriff „Schneiden“ so nicht stimmt.

Viele Metaller unter euch werden diese Fertigungstechnik wahrscheinlich kennen, trotzdem
möchte ich für die anderen kurz beschreiben, wie diese Technik funktioniert und wo sie angewendet werden kann. Bitte habt etwas Nachsehen, wenn ich die Erklärungen etwas kurz
und salopp halte, da ich das Ganze auch für Nicht-Fachleute schreiben möchte.:super:

Bei dieser Technik wird ein Werkstück funkenerosiv bearbeitet.
Die Maschine besteht im Grunde aus einem Steuerschrank, der 5-Achsen CNC-Steuerung, einem Aufspannsystem in einem Wasserbecken und einem großem Filtersystem.

Das Werkzeug bei diesen Maschinen ist ein beschichteter Spezialdraht , den man in verschieden Stärken verwenden kann (Durchm. 0,05 bis 0,3mm)

Das Aufspannsystem(bzw. das Werkstück) dient hierbei als Masse und der Draht als Anode. Bei der Bearbeitung berührt der Draht das Werkstück nicht! Durch die präzise Steuerung der Spannungen am Draht entsteht zwischen Werkstück und Draht ein sogenannter Plasmaspalt
in dem unter örtlich hohen Temperaturen das Material abgetragen wird.

Stellt euch ein Beispiel vor: Über einer Wiese tobt ein irrsinniges Gewitter!!In jeder Sekunde
schlagen tausend Blitze pro qm ein......stellt euch danach die Wiese vor.
:steirer:

Dieser Prozeß läuft ungefähr so am Werkstück ab, allerdings immer begrenzt auf wenige
hundertstel mm. Das Werkstück befindet sich dabei völlig unter Wasser, dessen Leitwert auf ca. 8 Microsiemens gesenkt ist.
Der Draht läuft von einer Spule ab, ist danach verbraucht und wird kleingehäckselt.

===unten gehts weiter===
 

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Mit dieser Technologie ist man in der Lage alle elektrisch leitenden Metalle/Werkstoffe
mit höchster Präzision zu bearbeiten.
Als da wären: Messing, Kupfer, Silber, Alu, Hartmetall und alle Stähle. Völlig egal ob gehärtet oder weich.
Besonderer Vorteil: Bei gehärteten Werkstücken (Stempel, Matritzen oder auch Messer)
findet keine negative Beeinflussung der Härte statt!

Es sind Werkstückhöhen von 0,2mm bis 200mm möglich und das Ganze mit einer Genauigkeit bis zu 0,003mm . Je nach Werkstückhöhe können Oberflächen bis 0,2 RA erzeugt werden.

Ich nutze diese Maschinen für meinen privaten Messerbau als Ergänzung zum Schmieden und Feilen meiner Klingen, wobei ich die Klingenrohlinge meistens aus ungehärtetem Stahl
erodiere und die Feinbearbeitung von Hand in meiner Werkstatt mache, das macht mehr Spaß.

Schmieden und echte Handarbeit stehen bei mir allerdings an erster Stelle , aber es ist halt eine tolle Ergänzung.

Der unschlagbare Vorteil bei dieser Technik liegt darin, daß allerfeinste Konturen möglich sind, daß man die unmöglichsten Durchbrüche fertigen kann, und alles mit höchster Genauigkeit. Man muß nur an den entsprechenden Stellen sogenannte Startbohrungen setzen, in denen der Draht einfädeln kann.

Auch konische Schnitte bis 30 grad pro Seite sind durch die U und V-Achse möglich, was es mir erlaubt, die Schneide entsprechend vorzuarbeiten.

Das beste ist, daß man bereits gehärtete Klingen / Werkstücke problemlos bearbeiten kann, für die Maschine ist das kein Unterschied.

Ich habe versucht ein paar Fotos zu machen, auf denen man ungefähr erkennen kann, wie das so funktioniert. Auf dem besonders dunklen Foto kann man erahnen wie das bei der Bearbeitung aussieht (der helle , blaue Lichtpunkt, ist die Stelle , an der der Draht im Eingriff ist.

Ich hoffe, ich habe euch mit diesem Thread nicht zu sehr gelangweilt!
Natürlich wäre es auch möglich Klingenrohlinge nach genauer Zeichnung oder DXF-Datei zu erodieren. Wer Interesse hat und auch das Material stellt, kann mir gerne eine Mail schicken.

Grüße, Peter
 

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Ich kenne einige Messermacher, die Klingen drahten. Aber keiner hat eine eigene Maschine, sondern kann die Maschine in der Firma nutzen.

Deshalb gehe ich davon aus, daß erodieren beim Messermachen nicht so oft besprochen wird...........................:hehe:

Aber Dein Angebot finde ich Klasse. Werde ich mir merken....................:super:


PS: Finde ich von Deinem Arbeitgeber toll, daß Du die Maschinen nutzen kannst. Ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Oder bist Du Dein eigener Arbeitgeber...........
 
Vereinzelt habe ich auch schon von Leuten gehört, die Klingen drahterodieren lassen.
Aber ich hab's noch nie mit so schönen Bilder gesehen! :super:

Wie lange dauert der Vorgang für eine Klinge wie oben gezeigt?

Grüße Rainer
 
Hallo Thomas
Nein, ich bin nicht selbstständig:) Und daß ich die Maschinen in der Firma benutzen kann, finde ich auch sehr gut und klasse von meinem Cheffe!
Wir haben da eine tolle Abmachung. Wenn ich die eine Maschine am Samstag oder Sonntag benutze, dann lasse ich die andere für ihn mitlaufen und mache nebenbei Aufträge für die Fa.fertig.
So hat jeder etwas davon.:super:

Wenn du mal was brauchst, dann rühr dich. Wäre halt gut, wenn ich mich nicht um das Ausgangsmaterial kümmern muß.
 
@Rainer
Ja nach Materialstärke und Umfang der Schneidkontur ist die bearbeitungszeit unterschiedlich. Für so eine Klinge ca.50min.
Man kann aber auch 30 Flachstähle übereinander spannen und die Kiste Nachts alleine laufen lassen....am nächsten Tag nur die Anbindung trennen und man hat gleich 30 Klingen, ohne viel Aufwand. Der größte Aufwand entsteht beim Designen und Programmieren.
Der Vorteil: hatt man mal eine gaaanz tolle Klinge entworfen, so läßt sich das ganze reproduzieren (ich persönlich mag aber lieber Einzelstücke und keine Serien)
Gruß, Peter
 
@ Buddelbär
Das Material , das beim erodieren abgetragen wird , wird mit der Hochdruckspülung aus dem Schneidspalt gespült und landet am Ende in der Filteranlage. Das gereinigte Wasser wird wieder zurückgepumpt.
Stell dir das ganze vor wie Laubsägearbeiten, nur genauer, mit Strom und anstatt in Holz, in Stahl.;)
 
@Peter
Ich komme gern auf Dein Angebot zurück. Das Material kommt dann selbstverständlich von mir.
Aktuell habe ich aber keinen Bedarf. Es ist aber immer gut zu wissen, wenn jemand etwas erodieren kann.
 
Bei den feststehenden Messer ist es ja per hand noch gut machbar :)
Aber bei den Foldern ist so ein Machinchen bestimmt ne Arbeitserleichterung hoch 10. Besonders bezüglich der Mechanik.
Ich mach mir ja schon länger Gedanken über nen Folder und hab immer wieder das Problem mit der Passung nach dem Härten im Kopf. Mit der hier vorgestellten Lösung könnte man dann ja Die Klinge erst nach dem Härten, bezüglich Verschlussmechanismus in Form bringen. Also perfekte Passform erzielen. (wenn ich das alles richtig verstanden habe :) )

Gruß Max
 
Ich selbst hab die Küchenmesser die ich hier irgendwann mal vorgestellt hatte per Draterosion aus den Blechen geschnitten.

Das ist für Fixed zwar ganz angenem, jedoch würde Plasmaschneiden, oder Wasserstrahlschneiden genauso ausreichen.
Im Vergleich zu Flex und Schleifbock ist der Aufwand auf jedenfall höher.

Für Folder jedoch könnte die Draterosion ihr volles Potential ausspielen, wenn das Messer sowiso im CAD geplant wurde, nochbesser wenn 5 Stück auf einmal geschnitten werden können.
 
@ peter
vielen Dank für die sehr guten Bilder und die gute Erklärung des Verfahrens!
Ich hätte da noch eine Frage:
Wie verfährt die Maschine für den Radius an der Schneide?
Oder drehst du dabei die Klinge?
Naja evtl. bin ich dafür a bissl zu dumm, aber fragen darf man ja mal ;-)

Gruß Jakob
 
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