Hansa Spezial K-5

Cuitlahac

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Hi,

Ich habe vor mir ein Küchenmesser zu schmieden, bin mir aber noch nicht ganz klar was für Stähle ich dazu verwenden soll. Ich komme als Fahrzeugbautechniker bei der firma Schwarzmüller (LKW-Anhänger) an ziemlich viel, meiner meinung nach gutes, Material heran und horte zuhause auch schon fleissig alles was ich im Schrott finde :).

Das fängt an bei etwas härteren nicht rostfreien Stahlblechen die für Kranaufbauten verwendet werden und geht über Kugellagerstahl hin bis zu Drehmesserstählen.

Und meine eigentliche Frage jetzt. Ich habe ein Drehmesser gefunden mit der bezeichnung "Hansa Spezial K-5". "Phönix" steht auch noch oben was aber eher der Name des Messers sein wird. Es ist für ein konventionelles Drehmesser recht groß, damit ihr eine vostellung bekommt, es hat ein Gewicht von ca. 200g. Ich frage mich ob irgendjemand weis was das für ein Stahl das sein könnte und ob er überhaupt zum schmieden geeignet ist. Ich habe im Internet nichts brauchbares unter der Bezeichnung gefunden. Ich kann das Drehmesser nicht mit einer herkömmlichen Feile feilen (wenn ich über die Ecken feile macht es kaum Furchen hinein und die Feile hat mehr Schaden als das Messer :eek:) und es ritzt Glas mit Leichtigkeit ist aber kein Pulverstahl wie die kleinen goldenen Drehmesser und scheint auch rostfrei zu sein.

Ich wär auch über ein paar Tipps von euch zum Schmieden dankbar.
Damit ihr eine kurze idee davon bekommt was ich vor habe:

Wenn sich der Drehmesserstahl als so gut herausstellt wie ich hoffe das er es ist dann werde ich versuchen den harten Stahl in elastischeren Stahl einzubetten (Kugellagerstahl?) um ihm so etwas Stabilität zu geben und aber trotzdem eine harte schneide zu bekommen. In der Theorie ja eine verbreitete Technik denke ich.

freue mich auf eure Posts, Cuitlahac.
 
Drehmesser sind so gut wie ausschließlich aus Schnellarbeitsstählen gefertigt. Was sich hinter der Bezeichnung Hansa Spezial K 5 verbirgt, müßte über den Lieferanten herauszubekommen sein. Ich würde einfach mal die Funkenprobe machen: Ist der Schleiffunke wenig zerteilt und dunkelrot, handelt es sich um einen Schnellarbeitsstahl. Welcher der vielen Schnellarbeitsstähle es ist-vergl. Stahlschlüssel- ist dann ziemlich gleichgültig. Sie lassen sich bei den im Stahlschlüssel angegebenen Temperaturen schmieden. Wegen der hohen Festigkeit bei hohen Temperaturen ist das ein echter Genuß, wenn man mit dem Handhammer arbeitet. Die Verformungsarbeit würde ich gegenüber normalem Werkzeugstahl auf mindestens das Vierfache ansetzen.
Diese Stähle sind nicht korrosionsbeständig, sehr verschleißfest, in Relation zur Härte relativ zäh und wegen der recht großen Ledeburitkarbide für feinste Schneiden nicht besonders geeignet. Wegen des hohen Chromgehalts sind sie auch ohne besondere Tricks nicht mit anderen Stählen feuerschweißbar. Wegen der total unterschiedlichen Härtetemparaturen macht es auch wenig Sinn, Schnellarbeitsstähle mit normalen Werkzeugstählen zu verschweißen.
Das klingt alles nicht sehr ermutigend ! Aber Du hast die Lösung des Problems schon in der Hand. Wenige Stähle sind bei richtiger Schmiede - und Wärmebehandlung für Kochmesser besser geeignet als Kugellagerstähle. Ich an Deiner Stelle würde mal mit diesem Material Schmiede- und Härteversuche machen und dann später auf Dreilagenklingen oder Damaszenerklingen übergehen.
Die Drehmesser würde ich für Werkzeuge aufheben, bei denen es auf besonders feine Schneiden nicht so ankommt.
MfG U. Gerfin
 
Du hast recht, ermutigend ist es nicht gerade angesichts der Hoffnungen die ich mir bezüglich des Drehmessers gemacht habe. Und wie du es dir bestimmt schon gedacht hast hast du auch damit recht das die Funken sich nicht geteilt haben und dunkelst rot waren ;).

Sehr ermutigend finde ich allerdings was du über meinen Kugellagerstahl gesagt hast und was ich mittlerweile so schon im Forum darüber gelesen habe. Ich bin froh das ich den auch alleine ausschmieden und bearbeiten kann- fällt eine menge Arbeit weg.
Kannst du mir vielleicht wenn du es weist noch verraten bei welchen Temperaturen ich den Stahl härten und anlassen soll? Mir wäre schon geholfen wenn mir jemand die ungefähre Farbe des Stahls beim abschrecken verraten kann denn zum genauen Temperatur messen habe ich ohnehin nichts :rolleyes:.
 
Das Härten nach Glühfarbe will gelernt sein. Je nach der Raum- oder Außenbeleuchtung erscheinen die Glühfarben ganz unterschiedlich. Wenn man immer unter den gleichen Bedingungen härtet, kann man die richtige Glühfarbe und damit die Temperatur einigermaßen einschätzen. Es gibt aber für leicht legierte Stähle einen einfacheren und sichereren Weg: Besorg Dir einen starken Magneten-er kann gar nicht stark genug sein- und verlängere ihn mit einem passenden Stück Eisen. Mit dem am Magneten hängenden Eisen berührst Du das Härtegut. Der Magnetismus verschwindet bei 768 Grad und das ist eine gute Härtetemperatur für reine C-Stähle und leicht legierte Stähle. Wenn die Temperatur schön gleichmäßig im gesamten Werkstück erscheint und der Magnet nicht mehr greift, kannst Du noch 1-2 Minuten halten und dann wird in Öl abgeschreckt. Nach dem Abschrecken sollte eine Klinge aus Wälzlagerstahl 65 HRC oder mehr haben. Das wird durch Anritzen einer Glasflasche überprüft. Die Klinge aus Wälzlagerstahl wird den Ritztest spielend bestehen. Bei entsprechender Erfahrung kann man den Test auch mit Härteprüffeilen machen, das Glasritzen ist aber einfacher.
Danach wird noch zwei mal bei 180-200 Grad angelassen und Du hast eine Klinge, die auch höchsten Anforderungen genügen müßte.
Oberflächenreaktionen beim Härten kann man mit Härteschutzlacken oder Pasten oder auch mit einer ganz dünnen Lehmschicht weitgehend vermeiden. Dann muß nur noch geschärft werden- am besten von Hand und auf nassen Steinen.
Das sind mal so grobe Anhaltspunkte. Feinheiten der thermomechanischen Behandlung haben wir immer wieder bis ins Einzelne hier diskutiert. Das muß durch Lesen- hier im Forum, bei Roman oder Dr. Verhoeven- vertieft werden. Das klingt manchmal mühsam, es macht aber wirklich Freude, mit den eigenen Händen und dem Kopf Werkzeuge zu schaffen, die in dieser Qualität sonst nicht zu haben sind.
MfG U. Gerfin
 
Man hört es immer wieder, dass Leute damit Probleme haben, die Temperatur von Stahl nach der Glühfarbe zu beurteilen. Ich glaube, dass das daran liegt, dass 7 % aller europäischer Männer eine Rot-Grün-Schwäche haben. Das bedeutet, ihnen erscheint hellrot wie Normalsichtigen dunkelrot.

Unter der Vorraussetzung, dass du normalsichtig bist, empfehle ich, den Wälzlagerstahl 100 Cr 6 nach einer Farbtabelle bei 850 bis 870 Grad abzuhärten in heißem Öl. Dabei darf aber keinesfalls Sonne auf das Werkstück scheinen, da sonst die Glühfarbe nicht erkannt werden kann.
Wichtig ist, sofort danach anlassen bei 180 Grad. Nach meiner Erfahrung genügt aber einmaliges Anlassen.
Die Klinge wird dann eine Härte haben, die auch durch teuerste Stähle nur unwesentlich übertroffen werden kann.
 
Also leute ich muss euch wirklich meinen dank aussprechen, danke!
Wie schnell und gut einem hier geholfen wird ist unübertroffen.

Ich notiere mir alles was ihr geschrieben habt bezüglich härten usw. und werde über Weihnachten wenn ich Urlaub habe mein Messer schmieden. Wenn es was geworden ist und es euch interessiert dann werde ich Bilder hochladen und berichten wie es mir dabei gegangen ist.

Übrigens: Ich werde ein Wälzlager mit der Aufschrift
"FRANCE LD TIMKEN ® Y32310 ISOCLASS"
verwenden.
Ich hatte ein paar Lager ohne Aufschrift auch herum liegen aber nachdem was ich hier schon gelesen habe gibt es selbst da Unterschiede in der qualität, sprich billig und markenlager. Ich denke halt, auch wenn es vielleicht eine etwas dumme Logik sein mag, das ein Lager mit so einer Aufschrift vermutlich aus besserem Stahl bestehen wird als eines ohne Aufschrift.
 
Wälzlagerstahl

.....Unter der Voraussetzung, dass du normalsichtig bist, empfehle ich, den Wälzlagerstahl 100 Cr 6 nach einer Farbtabelle bei 850 bis 870 Grad abzuhärten in heißem Öl.....
Das ist zu warm. Ich halte es für gewagt, die Empfehlungen von Ulrich Gerfin zu verwerfen; es gibt hier weit und breit niemanden, der auf diem Gebiet kompetenter wäre und mehr Erfahrung hätte.

Gruß

sanjuro
 
...
Übrigens: Ich werde ein Wälzlager mit der Aufschrift
"FRANCE LD TIMKEN ® Y32310 ISOCLASS"
verwenden.
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Ich denke halt, auch wenn es vielleicht eine etwas dumme Logik sein mag, das ein Lager mit so einer Aufschrift vermutlich aus besserem Stahl bestehen wird als eines ohne Aufschrift.
Das wird eine Teilenummer (P/N) sein, die lässt aber keinen Rückschluß auf die konkrete Legierung zu.
Timken ist zwar der weltgrößte Wälzlagerhersteller, aber wenn Du mal auf der HP von Timken surfst, wirst Du bestenfalls eine grobe Verwendung (ansatzweise Klassifizierung der Lagersorte) für Lager dieser P/N finden, aber nicht die konkrete Zusammensetzung.

Auf deren HP zu lesen ist aber in jedem Fall empfehlenswert, allein wegen der sehr umfangreichen Werkstoff-, Verwendungs- und Herstellungsinformationen !

Gruß Andreas
 
Es gibt aber für leicht legierte Stähle einen einfacheren und sichereren Weg: Besorg Dir einen starken Magneten...

Bedeutet das im Umkehrschluss, das die Prüfung auf eine vollständige Austenitisierung mit einem Magneten bei hochlegierten (z.B. rostträgen) Stählen nicht / nicht korrekt funktioniert?
Meine bislang in den Beiträgen wo der Magnettest erwähnt wird keine Unterscheidung zwischen leicht- bzw. hochlegierten Stählen gelesen zu haben.

Gruß tribernium
 
Ob die Curie-Temperatur für alle Stähle exakt bei 768 Grad C liegt, oder ob nicht gelöste Karbide einen Restmagnetismus aufrechterhalten könnten, können wir hier vernachlässigen.
Der Grund, warum bei höher und hoch legierten Stählen der Magnet-Test nicht funktioniert, ist ein anderer: Hochlegierte Stähle enthalten meist Elemente, die recht stabile Karbide bilden. Zur Verdeutlichung will ich mal einen Modellstahl mit Vanadium annehmen, den es in dieser Form nicht gibt-warum, wird sich dann gleich zeigen.
Vanadium bindet Kohlenstoff zum Vanadiumkarbid VC, in dem 1 % Vanadium 0,16 % C bindet. Stellen wir uns nun mal einen Stahl mit 1 % C und 5 % Vanadium vor. Im weichgeglühten Zustand hätte das Vanadium 0,8 % des Kohlenstoffs in Karbiden gebunden. Aus Erfahrungen mit den Schnellarbeitsstählen weiß man aber, daß das VC sich erst bei ca 1.100 Grad zu lösen beginnt. Ohne Karbidlösung stünde dann aber für das Verspannen des Gitters und die daraus resultierende Härtung nur ein Kohlenstoffanteil von 0,2 % zur Verfügung, was für eine ordentliche Härtung nicht ausreichen würde.
Das ist ein vereinfachendes und übertriebenes Modell, das aber zeigt, warum höher legierte Stähle von höherer Temperatur gehärtet werden müssen. Schon die 12-prozentigen Chrom-Schnittstanzenstähle brauchen Härtetemperaturen um 1.000 Grad, die korrosionsbeständigen härtbaren Stähle liegen noch etwas höher und bei den Schnellarbeitsstählen geht man über 1.200 Grad.
Auch deutlich untereutektoidische Stähle werden von einer Temperatur über dem Curie-Punkt gehärtet, weil bei ihnen, wie das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm zeigt, bei dieser Temperatur noch nicht aller Ferrit umgewandelt ist. Wegen der nicht ausreichenden Härte spielen diese Stähle für Klingen nur eine geringere Rolle. Schon bei 0,5 % C ist die Umwandlung Ferrit-Austenit bei der Curie-Temperatur vollzogen, sodaß auch da die Magnetprobe wieder gute Härteergebnisse liefert.
MfG U. Gerfin
 
Zu Beitrag Nr. 7:
Nach meiner langjährigen Erfahrung beim Härten von Wälzlagerstählen wird die Maximalhärte des 100 Cr 6 bei 770°C nicht erreicht, bei Ölabschreckung würde ich nicht unter 830°C gehen. Diese Erfahrung deckt sich auch mit Angaben im Stahlschlüssel.

Zu Beitrag Nr. 8:
Kleine Wälzlager werden üblicherweise aus 100 Cr 6 gefertigt, größere aus höher legierten Wälzlagerstählen. Im großen Stahlschlüssel gibt es eine Tabelle, wo genau angegeben wird, welcher Stahl für welche Lagergröße verwendet wird. Die großen Wälzlagerhersteller in Deutschland verwenden so diese Stähle und auch Timken weicht nur geringfügig davon ab.
 
Zu Beitrag Nr. 7:
Nach meiner langjährigen Erfahrung beim Härten von Wälzlagerstählen wird die Maximalhärte des 100 Cr 6 bei 770°C nicht erreicht,bei Ölabschreckung würde ich nicht unter 830°C gehen. Diese Erfahrung deckt sich auch mit Angaben im Stahlschlüssel.

Also erst mal ist es so, dass Ulrich in dem Beitrag einen Hinweis gibt, mit welchem einfachen Mittel man das Überschreiten dieser Temperaturgrenze feststellen kann. Da dies in der Regel ein Prozess ist, der im Schmiedefeuer stattfindet, also in einem Feuer dessen Temperatur weit höher liegt, gibt der magnet eben nur einen Anhaltspunkt, dass man die Grenze überschritten hat. Wenn man dann, was beim 100Cr6 für eine vollständige Austenitisierung und damit eine vernünftige Leistung unbedingt erforderlich ist, auch noch 4 bis 5 Minuten hält, liegt man in der Regel die paar Dutzend Grade Celsius über dem Curie-Punkt, die es braucht, um das Material vernünftig zu härten.

Dann ist hinzuzufügen, dass man diese Aussage auch ansonsten für sich genommen nicht stehen lassen kann, denn es kommt nicht so sehr auf die Abschreck- sondern vor Allem auf die Austenitisierungs-Temperatur an. Ist der Stahl korrekt austenitisiert, kann er durchaus zwischen Ofen und Öl auf bis zu ca. 700° C abkühlen ohne dass es zu Härteverlust kommt, denn der Prozess der Rückumwandlung beginnt bei diesen Stählen erst um die 700° C und erst nach 2 oder mehr Minuten, vorausgesetzt, die Temperatur wird nicht noch weiter unterschritten. Diesen Effekt kann man sich zunutze machen, da bei so einer niedrigeren Abschreckung auch der auftretende Stress deutlich verringert ist.

Was die Angaben im Stahlschlüssel angeht, so sind die sicher nicht falsch, aber für die Messerherstellung mit Vorsicht zu geniessen respektive anzupassen. Die Angaben für 100Cr6 zum Beispiel sind gedacht für die Herstellung von Lagern mit Kugel- und Rollendurchmessern bis 30 mm. Das sind massive Teile, die zum Teil erheblich anders auf die WB reagieren wie eine Küchenmesser-Klinge, die von 3 auf 0,5 mm Dicke geschliffen ist.

Achim
 
Last edited:
Zu Beitrag Nr. 10:
Das genannte Beispiel beschreibt doch eigentlich weiterhin einen Test um die Autenitisierung des Materials abschätzen zu können. Nur eben nicht mehr bei der Curie-Temperatur von 768 Grad C, welche für den Stahl ja auch nicht ausreichend wäre - sondern bei einer für den Stahl korrekteren Temperatur (im Beispiel wahrscheinlich knapp über 1100 Grad C).
Da das Vanadiumkarbid sich erst bei dieser Temperatur zu lösen beginnt, lässt auch erst bei diesen Temperaturen die Magnetisierbarkeit des Materials nach. Der Magnettest soll ja in diesem Fall nicht zum "abpassen" der Curie-Temperatur dienen, sondern eher dazu zu "kontrollieren" ob das Zeug "gar" ist. Das dies nicht der einzige Faktor zur Entscheidung, ob das Material vollständig austenitisiert ist, dienen sollte, ist klar.
Das eventuell noch stabilere Karbide jede zum Härten sinnvolle Temperatur überstehen, ohne in Lösung zu gehen und somit den Test verfälschen oder sinnlos machen können, ist auch nachzuvollziehen.

Hab ich das Beispiel nun fehlinterpretiert, oder verschiebt sich die Temperaturgrenze, ab der der Magnet nicht mehr greift im günstigsten Fall wirklich in den Bereich, welcher zum Härten eben dieses Materials passender wäre?

Gruß tribernium
 
...
Zu Beitrag Nr. 8:
Kleine Wälzlager werden üblicherweise aus 100 Cr 6 gefertigt, größere aus höher legierten Wälzlagerstählen...

Richtig, das geht aber nicht aus der angegebenen Teile- oder Typennummer dieses Lagers hervor, und der Kollege hat nicht dazugesagt, wie groß sein Lager ist ;)
Die Lager könn(t)en aus 1.3501, oder auch aus aufgekohltem Lagerstahl sein, was die Schmiedeeignung herabsetzt - das wiederum weis ich von Achim und Roman. Darum nachforschen, zu welcher speziellen Gruppe von Lagern es gehört, um die Sorte einzugrenzen.

Ich habe einige kg Timkenlager mit anderen P/N für *eine* spezielle Verwendung, eine Analyse ergab einen schwankenden C-Gehalt in der Randschicht, was auf eine aufgekohlte Randschicht hindeuten *kann* - eine Ätzung kann da weitere Klarheit schaffen.

Gruß Andreas
 
@Cuitlahac
Übrigens: Ich werde ein Wälzlager mit der Aufschrift
"FRANCE LD TIMKEN ® Y32310 ISOCLASS"verwenden.

eine Analyse ergab einen schwankenden C-Gehalt in der Randschicht, was auf eine aufgekohlte Randschicht hindeuten *kann*
Das kann ich nur bestätigen.
Timken Colmar stellt sehr viele Lager aus "Einsatzstahl" mit einem C-Gehalt von ca. 0,2 - 0,25% her. Wenn man so was erwischt ist man gekniffen. Deshalb vorher untersuchen: Funkenprobe Rand - Kern oder ätzen wie Andreas schon sagte.

Klaus
 
Also, ich schreib auch mal die groben Maße meines Wälzlagers:

Außendurchmesser ca. 110mm
Durchmesser des Lochs ca. 50mm
Höhe gesamt ca. 45mm

Ich habe auch noch andere Lager zur verfügung. Wenn ich das richtig verstanden habe soll ich darauf achten, wenn ich es anschneide/schleife, ob sich die Funken bei tieferen Schichten verändern und nicht mehr aussehen wie die eines unlegierten werkzeugstahls im funkenbild...richtig?
Sollte sich allerdings nichts verändern ist das Lager geeignet für meine Zwecke?
 
Ja genau.
Wenns einatzgehärtet ist hat der Rand so ca. 1,1%C und der Kern halt nur um die 0,2%C. Den Unterschied sieht selbst ein ungeübtes Auge beim Funkentest. Du brauchst nur auf die Menge der C-Explosionen im Funkenbild zu achten.

Klaus
 
Ich habe mich wohl mißverständlich ausgedrückt: Restkarbide könnten eine Spur von Magnetismus hinterlassen, die aber bei der per Hand ausgeführten Magnetprobe nicht spürbar sein wird. Meine Spekulation bezog sich auch nur auf Sonderkarbide. Das Eisenkarbid selbst wird schon bei 215 Grad paramagnetisch, wird also nicht mehr vom Magneten angezogen. Der Verlust des Ferromagnetismus zeigt also schon recht zuverlässig das Überschreiten der Temperatur von 768 Grad C an. Aus diesem Grunde ist die Magnetprobe bei hoch legierten Stählen nicht brauchbar.
Sie ist auch nicht wirklich exakt, weil bei der Überschreitung von 768 Grad die Erwärmung ja nicht zum Halten kommt. Das macht für die Praxis aber nicht viel aus: Die Vorstellung, daß es für die Stahlsorte X eine exakt einzuhaltende optimale Härtetemperatur gibt, ist verführerisch- aber falsch.
Das fängt schon damit an, daß sich unterschiedliche Chargen eines und desselben Stahls in ihrer Zusammensetzung und Reaktion auf Wärmebehandlungen unterscheiden. Dann gibt es eine Faustregel, wonach Temperatur und Haltedauer in einem gewissen Austauschverhältnis stehen. Ich habe mit Hilfe dieser Austauschregel selbst Schnellarbeitsstähle aus dem Schmiedefeuer mit guten Ergebnissen härten können.
Auch die Aufheizgeschwindigkeit spielt eine Rolle: Bei den blitzartigen Aufheizzeiten der Induktionsheizung kann man den an sich richtigen Temperaturrahmen bei besten Ergebnissen weit überschreiten.
Als Anhaltspunkt für die Praxis kann man etwa folgendes sagen: Die im Stahlschlüssel vorgeschlagenen Härtetemperaturen sind korrekt. Für kleine Massen kann die Durchwärmzeit vernachlässigt werden. Für unlegierte und leicht legierte Stähle gibt die Magnetprobe einen guten Anhaltspunkt für den Temperaturrahmen. Bei sehr schneller Erwärmung kann der Temperaturrahmen überschritten werden (Vorsicht -das setzt doch einiges an Erfahrung voraus !). Grundsätzlich sind längere Haltezeiten auf Temperatur unproblematischer als eine Erhöhung der Temperatur. Bei reinen C-Stählen braucht es keine Haltezeit, je mehr sonderkarbidbildende Elemente beigemischt sind, desto länger wird die Haltezeit. Bei den leicht legierten Stählen, von denen wir hier reden, genügen 5 Minuten aber jedenfalls.
Das soll die Sache nun nicht unnötig verkomplizieren, sondern im Gegenteil zeigen, daß es einen Zeit- und Temperaturrahmen gibt, innerhalb dessen man mit Sicherheit mit guten Ergebnissen rechnen und innerhalb dessen man sich um das Optimum bemühen kann.
MfG U. Gerfin
 
Einige für Wälzlager benutzte Stahlsorten sind auch gut geeignet zur Herstellung von Messerschneiden. Zur Identifizierung des Werkstoffes ist eine Spektralanalyse oft zu aufwendig (Kosten ca. 40 Euro). Deshalb möchte ich ausführlicher auf die Frage eingehen, wie man den Werkstoff eines Wälzlagers mit einfachen Mitteln identifizieren kann und welche Werkstoffe verwendet werden. Ich empfehle folgendes Vorgehen:

Durchtrennen, Trennfläche anschleifen und anätzen mit verdünnter Salpetersäure (ca. 2 bis 5%-ig).
Bleibt die geätzte Fläche blank, besteht das Teil aus einem rostfreien Stahl,
wird nur die Randschicht (ca. 1 mm) dunkel angeätzt, handelt es sich um Einsatzstahl,
wird die gesamte Fläche dunkel, ist es ein durchhärtender Stahl.

Aussagekräftig ist auch eine Funkenprobe, eine Feilprobe oder auch eine Bruchprobe speziell bei einsatzgehärteten Teilen, wo die gehärtete Randschicht ein feineres Gefüge im Bruchbild zeigt, als der ungehärtete Kern. Zur näheren Bestimmung hilft jetzt ein Größenvergleich:

Die Sorte 100Cr6 (W3) ist der weltweit mit Abstand am häufigsten verwendete Wälzlagerstahl. Er wird für Wälzkörper und Ringe bis ca. 25 mm Wandstärke benutzt. Bei Abmessungen von 25 bis 50 mm verwendet man 100CrMn6 (W4) und über 50 mm 100CrMo7-3 (W5). 100CrMnMo8 (W7) findet für Großlagerringe von etwa 100 bis 200 mm Wandstärke Anwendung. Für kleine Wälzkörper und dünnwandige Ringe bis ca. 10 mm Wandstärke wird neben dem 100Cr6 auch die Sorte 100Cr2 (W1) benutzt.

Der häufigste Einsatzhärtungsstahl in Deutschland ist 17MnCr5 (16MnCr5, EC80) sowie für Großlager ab 20 mm Wandstärke 17NiCrMo14. Anstelle 17MnCr5 werden im englischsprachigen Ausland häufig Ni-Cr-Mo-legierte Sorten verwendet.

Bei Lagern, wo der Innenring durch eine Welle ersetzt ist, z. B. bei Wellen von Elektromotoren im Kfz -Bereich, besteht die Welle oft aus induktiv randschichtgehärteten C-Stählen wie Ck45, Cf54 oder Ck60. Häufig ist aber auch die Welle aus 100Cr6 wie bei Lagern für Wasserpumpen in Kfz-Motoren.

Bei temperaturbeständigen Lagern (z.B. Turbinen) verwendet man bis ca. 300 °C die Sorte 80MoCrV42-16 und bis ca. 450 °C die Sorte X82 WMoCrV6-5-4 (S 6-5-2).

Bei korrosionsbeständigen Lagern ist X45 Cr13 dominierend. Seltener verwendet werden die auch für Messerklingen geeigneten Sorten X102CrMo17, X89CrMoV18-1 und X105CrMo15-4, der ähnlich ist dem AISI 440 C und dem BG 42.

Bei gebrauchten Lagern werden die angegebenen Häufigkeiten in Deutschland sicher realistisch sein, aufgrund der bei einzelnen Metallen extremen Preissteigerungen in letzter Zeit, könnten sich die Häufigkeiten der verschiedenen Legierungen verschieben.
 
Zur Verdeutlichung will ich noch mal die Quintessenz aus Stevenjulians informativen Beitrag ziehen:
Die vier Kategorien der Wälzlagerstähle kann man mit einfachen Mitteln identifizieren: Die Ätzprobe hilft insbesondere die korrosionsbeständigen und die einsatzgehärteten Sorten erkennen.
Die Funkenprobe entlarvt die mit der Ätzprobe nicht leicht zu unterscheidenden Werkzeugstähle und Schnellarbeitsstähle, weil bei letzteren der Funke wenig sprüht und rot ist.
Für die Verwendung für Messerklingen bedeutet das:
1. Die korrosionsbeständigen Wälzlager sind zur Herstellung von Monostahlklingen vorzüglich geeignet. Man kann sie von der Härtung her über einen Kamm scheren, ohne zuviel zu verderben: Härten von 1000-1050 Grad, Haltezeit 10 Minuten, Ablöschen in Öl, Anlassen bei 200 Grad werden in allen Fällen ordentliche Ergebnisse zeitigen. Der am geringsten legierte Stahl dieser Kategorie ähnlich 1.4034 wird leicht überhärtet und überzeitet sein, die hochlegierten könnten umgekehrt etwas längere Haltezeiten vertragen. Wer perfekte Ergebnisse haben will, müßte halt die Kosten der Analyse auf sich nehmen und eine exakt angepasste Wärmebehandlung durchführen. Viel besser wird es dadurch auch nicht- die Verbesserung wird im Bereich von 5-25 % liegen.
2. Die durch den roten Funken identifizierbaren Schnellarbeitsstähle sind ebenfalls für Monostahlklingen einsetzbar. Die Verschleißfestigkeit ist ähnlich D 2 bei wesentlich besserer Zähigkeit und deutlich besserer Schärfbarkeit. Die Wärmebehandlung sollte durch einen entsprechend ausgerüsteten Fachmann vorgenommen werden, setzt sonst viel Erfahrung und Wissen voraus.
3. Die durch den dunklen Ätzrand bei hellem Inneren zu erkennenden
Einsatzstähle sind als Monomaterial zu weich. Wegen ihres hohen Mangan- und teilweise Nickelgehalts zeichnen sie im Damast sehr schön, brauchen aber einen Partner, der genug Kraft- will sagen Kohlenstoff- mitbringt.
4. Die durch das gleichmäßig dunkle Ätzbild und den hellen, lebhaft sprühenden Schleiffunken gekennzeichneten Wälzlagerstähle der Kategorie Werkzeugstahl- 1.3501, ..03, ..06 und 1.3520 sind sowohl für Monostahlklingen wie für Verbundstähle hervorragend geeignet. Der für unsere Zwecke Wertvollste ist der 1.3501, da er am wenigsten Chrom hat und deshalb am besten schweißt.
Die Stähle dieser Kategorie sind für den Laien nicht zu unterscheiden. die Kosten einer Analyse kann man sich sparen, da die Wärmebehandlung für alle etwa gleich ist. Sie sollte sich nach dem 1.3501 richten, die höher legierten könnten bei dieser Behandlung leicht unterhärtet sein (nicht alle Karbide gelöst- dadurch geringe Härteeinbußen), in der Praxis wird das niemand merken.
Ich kann mich recht gut an die Begeisterung der amerikanischen Kollegen beim Treffen Damaszenerstahl 1993 in Hagen erinnern-Steve Schwarzer, Al Pendray, Bill Dauksch:-ball- bearing steels outcut everything!-ganz unterschreiben würde ich das nicht, aber es ist schon was dran.
MfG U. Gerfin
 
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