Stahl duch schmieden verdichten, geht das?

seal

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In einem Fernsehbeitrag wurde mal gesagt, das der Stahl des Laufes einer Heckler&Koch durch hämmern auf das richtige Maß noch höher verdichtet würde.
Frage 1: Funktioniert das nur mit kaltem hämmern?
Frage 2: Lässt sich diese Verdichtung des Materials auch durch schmieden erzielen?
Frage 3: Ist diese Verdichtung (wenn sie stattfindet) ein Vorteil gegenüber dem Stahlstab, der in der CNC-Fräsmaschine in Form
gebracht wird?

Viele Grüße
Tom
 
Wenn man mal darüber nachdenkt, dass "verdichten" dem Wortlaut nach eine Steigerung der "Dichte", also des spezifischen Gewichts bedeutet, so wird schon klar dass das nicht möglich ist. Dadurch würden nämlich sämtliche physikalischen Grundlagen ad absurdum geführt. Oder um es nochmals ganz deutlich zu sagen: Flüssigkeiten und feste Stoffe können nicht verdichtet werden!
 
Was das "Verdichten" angeht sehe ich das genauso wie Armin.

Möglicherweise ist eher "Verfestigung" gemeint, aber auch das scheint mir zweifelhaft.

Ich könnte mir dagegen vorstellen, dass etwas ganz anderes gemeint war:
Wenn ich mich recht erinnere gibt es inzwischen Rohre, die nicht mehr "gezogen" sind, als Züge und Felder mit Drall enthalten, sondern glatt sind.
Allerdings nicht mit rundem, sondern "unrundem" Querschnitt, wobei sich die Achse dieses Querschnitts um die Rohrlängsachse dreht (damit auch beim Glattrohr ein Drall erzeugt werden kann).
Diese Rohrinnenform wird erzeugt, indem ein Werkzeug durch das Rohr geschoben wird und das Rohr durch Hämmern auf dieses Werkzeug abgeformt wird.
 
Hobby, was du da meinst sind sogenannte Polygonläufe, gabs meines Wissens schon vor 20 Jahren bei der Bundeswehr fürs MG.

Ansonsten geh ich davon aus, dass hier zwischen Kaltverfestigung und Verdichten verwechselt wird.
 
Ich bin da

echt kein Spezialist, es hat mich blos mal interessiert ob ihr Stahlfachleute an diese Möglichkeit glaubt.
Natürlich hat die Heckler&Kock einen Polygonlauf aber in der Reportage wurde das kreisrunde Hämmern als "verdichten" bzw. härten bezeichnet.
Da besteht natürlich auch die Möglichkeit das die dichterische Ader mit den Redakteuren durchgegangen ist.
Belassen wir es dabei
Tom
 
durch eine kaltverformung wird die versetzungsdichte erhöht. versetzungen sind fehler in der gitterstruktur des metalls.
eine erhähung der versetzungsdichte erhöht die härte, vermindert aber stark die fähigkeit zur plastischen verformung
 
Vom Thema abweichend möchte ich mich hier mal darüber ausheulen, dass in Fernsehbeiträgen, z.B. auf Pro7, Kabel1, N24 etc., die Kommentare des Sprechers sehr oft die Tatsachen völlig verdrehen.

Ich bin dazu übergegangen, bisweilen den Ton ab zu schalten und die Bilder pur zu geniessen.

MfG
newtoolsmith
 
Das geht

mir auch oft so, speziell wenn die Sprecher mit Zahlen um sich werfen die jeder Grundlage entbehren.
Da sieht man gleich das der Redakteur keine Ahnung hat was er da schreibt und der Sprecher keinen Dunst hat was er das vorlträgt.
Ungefähr aus dieser Ecke scheint dann auch das "Verdichten" von Stahl zu stammen :argw: .
Tom
 
kababear said:
durch eine kaltverformung wird die versetzungsdichte erhöht. versetzungen sind fehler in der gitterstruktur des metalls.
eine erhöhung der versetzungsdichte erhöht die härte, vermindert aber stark die fähigkeit zur plastischen verformung


Ich denke das ist durchaus beabsichtigt, da ein plastisches verformen bei
einen Pistolen- oder Gewehrlauf doch eher unerwünscht ist...
 
da die plastische verformung aber deutlich eingeschränkt, und die gitterstruktur stark geschwächt ist, können sich u.u. risse bilden, die zu einem schlagartigen versagen des bauteils (hier gewehrlauf) führen.

alle mir bekannten lauf-stähle waren auf maximale 50hrc härtbar. wenn hart und unverformbar also in diesem segment gut ist, warum keinen 2842 @ 60hrc bei der anwendung?

antwort:
man will einen duktilen (verformbaren) werkstoff, weil der bei überlast sich verformt und man sieht, dass da was schiefgeht.
wenn der lauf schlagartig längs aufreißt tut das normalerweise ziemlich aua!

ein bischen kaltverformung: ja bitte.
möglichst viel? nein
 
jep, sehe ich auch so. Darum macht man ja meist nur eine verschleißfeste Schicht drauf (Hartverchromen bei MG-Lauf, nitrieren bei div Pistolenschlitten, ...), aber der Kern bleibt zäh.
 
1. Stahl kann man nicht durch Schmieden verdichten. Das gehört zur Dichtung. Wenn man die Versetzungsdichte erhöht, nimmt die Dichte des Stahls sogar (geringfügig) ab.

2. Was Waffenläufe angeht: Maschinenwaffen enden durch Verschleiß, Hochdruckbeaufschlage Läufe durch Ermüdung.
Auf jeden Fall verformt sich beim Schuß das Rohr an der Innenwand leicht plastisch, und das jedesmal. Das macht auf Dauer alles kaputt. Es sei denn, man ergreift Gegenmaßnahmen. Kaltverfestigen von außen bringt Tangetiale Druckeigenspannungen ins Material, die den durch den Schuß entstehenden Zugspannungen von innen entgegenwirken. Da sie Lebensdauer umgekehrt proportional zur 4. Potenz der Tangentialspannung ist, lohnt sich unter dem Strich jede noch so kleine Reduzierung der wirkenden Spannungen deutlich.
 
Hochverdichtet

Ach wenn Ihr mich jetzt haut;
auf meinem Kochmesser von Will & Sohn steht ganz groß "HOCHVERDICHTET" :confused:

Was soll mir das jetzt sagen?
Vor der Wärmebehandlung zur bessern "Gefügebildung" geschmietet/kaltgewalzt?

Dieser Punkt irritiert mich seitdem ich das Messer besitze. Die müssen sich doch irgend was dabei gedacht haben. :confused:
 
Ver-Dichtung und Wahrheit

ups said:
Auch wenn Ihr mich jetzt haut; auf meinem Kochmesser von Will & Sohn steht ganz groß "HOCHVERDICHTET" . Was soll mir das jetzt sagen? ........ Die müssen sich doch irgend was dabei gedacht haben.

Ei sicher haben die sich was dabei gedacht, und zwar: 'da schreiben wir jetzt was drauf, das alle "Experten" beeindruckt'. Und so geschah es denn auch.....

Gruß

sanjuro
 
Zu dem Verdichten würd ich meinen: Das ist noch ein Rest aus der früheren Eisen-/Stahlherstellung als die Dichte tatsächlich durch schmieden erhöht wurde, weil noch viele Fremdstoffe enthalten wahren. In alten Schlosser und Schmiede Bücher sieht man einen Ansteig der Spezifischen Dichte, die der weiteren Verarbeitung vom Eisen zum Schmiedeeisen und Stahl darstellt. Bessere Läufe wurden kaltgehämmert (verschiedene Quellen die auch Aufpreise nennen).
Es hatt anscheinend noch Niemand an die Läufe aus ineinander geschrumpften Röhren zum aufbau von geziehlten Spannungen gedacht die als innerstes eine sehr verschleißfeste Schicht(Röhre) besitzen.
Zu Armin II :
Das Flüssigkeiten und Feststoffe nicht verdichtet werden können erhebe ich Einspruch. Man kann alles immer noch weiter verdichten bis ein schwarzes Loch entsteht, ob danach noch was möglich ist ist ja unbekannt. :hehe: Nun, bei den normalen technischen Bedingungen wird der Stahl (z.B.) nur wenig verdichtet. Anders sieht das bei Geologischen bzw. Petrologischen Hochdruckversuchen aus. Dabei rücken die Atome dichter zusammen und es endstehen neue Stoffe mit anderen Eigenschaften, wie die bekannte umwandlung von Graphit zu Diamant.
Schöne Grüße
Geonohl
 
Last edited:
Man muß zweierlei unterscheiden:
Durch Kaltverformen kann man beachtliche Festigkeitssteigerungen erzielen. Das klassische Beispiel sind Klaviersaitendrähte, die durch Patentieren eine enorme Festigkeit erreichen. Die Dichte wird dabei aber nicht erhöht, sondern nur durch Erhöhung der Versetzungsdichte ein höherer Spannungszustand erreicht.
Die Vorstellung von der Erhöhung der Dichte durch Schmieden-besonders im Gesenk- stammt aus der Zeit, als Eisen und Stahl noch solche Mengen von Verunreinigungen enthielten, daß das spezifische Gewicht mit einer Spanne von 7,5-7,8 % angegeben wurde. Da konnte durch Herausquetschen der Verunreinigungen das spezifische Gewicht und damit die Dichte tatsächlich erhöht werden.
Damit es deshalb nicht wieder zu Diskussionen kommt: Schnellstähle haben in der Tat ein höheres spezifisches Gewicht als normale Werkzeugstähle. Das liegt aber an der hohen Legierung mit dem sehr schweren Wolfram und nicht an einer Verdichtung.
MfG U. Gerfin
 
Tatsächlich gibt es mehrere Möglichkeiten, einen brauchbaren Waffenlauf zu fabrizieren, im Speziellen geht es um die Herstellung des Zug-Feld-Profils.
Folgende Möglichkeiten gibt es:
Knopfziehen (sehr häufig):
Eine Profilknopf wird durch den Laufrohling zwangsgezogen
Erodieren:
Mit einer Erodierelektrode werden die Züge aus dem Vollen herauserodiert.
Wird aber wegen des hohen Zeit- und Energieaufwands kaum mehr gemacht.
Spanbahnziehen:
Mit einer Spannadel wird jeder einzelne Zug mehrfach abgefahren, bis die gewünschte Zugtiefe ausgezogen ist.
Kalthämmern:
Was du meintest, war das Kalthämmern.
Tatsächlich wird hierbei ein übermaßiger Rohling auf ein sehr hartes Negativprofil mit einem Ringhammer aufgehämmert - allerdings kann Stahl nicht ohne weiteres (also ohne dass es den Aggregatszustand ändert) verdichtet werden; dh. liegt die Vermutung nahe, dass das Material vertrieben wird, deswegen müsste sich der Rohling längen.
Das Kalthämmern ist angeblich das einfachste Verfahren und wird entsprechend häufig gemacht. Es ist neben dem Knopfziehen das häufigste Verfahren, Anwender sind H&K, Heym und auch Steyr.

Alle Angaben ohne Gewähr, weil ich's jetzt aus dem Kopf geschrieben habe. Wenn da noch genaueres Interesse besteht, muss ich nochmal nachschlagen...
 
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Verdichten von Stahl durch schmieden

Hallo,
meine Vorredner haben Recht.
Das spez. Gewicht von Stahl kann natürlich nicht erhöht werden.
Wohl aber werden durch schmieden durch Verformung der Gitterstruktur des Stahls gewisse Verfestigungseffekte erreicht die hier sicherlich gemeint waren.
Was beim Schmieden eigentlich passiert ist, das die "Körnerstruktur" des Stahls verformt wird. Hierdurch verhakt und verfestigt sich sozusagen die Molekuare Gitterstruktur und deren Gleitebenen werden daran gehindert sich leicht zu bewegen.
Grüße
 
Die Dichte von echten Damaststahls ist höher, als bei jeder Monostahl (ich rede da von echten Klingen)
Die alten Schmiedemeister liesen den Eisen lange Zeit (in der Erde begraben) rosten, danach bekamen sie sehr reinen, besseren stahl, wenn sie die gerosteten Stücke zu einem Paket machten. Das zusammengeschweistes Paket wurde wieder dünngeschmiedet und musste nochmal rosten - und danach erst zu einer Waffe geschmiedet.
 
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