faserrichtung in stahl? [Walzrichtung?]

gekitsu

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servus, liebe gemeinde.

ich sitz hier vor meinem rechner, und bin mir total unschluessig, ob sich die informations-basisdemokratie von wikipedia einen schnitzer der sonderklasse geleistet hat, oder ob ich schlichtweg keine ahnung habe.
im wikipedia-artikel zum dolch - http://de.wikipedia.org/wiki/Dolch - steht was von einer faserichtung im stahl. hier der originaltext (wikipedia scheint momentan technische probleme zu haben, deshalb nur zum sichergehen):

Im Gegensatz zum einfachen Messer, das mehr zum Schneiden ausgelegt ist, ist der Dolch zum optimalen Stechen konzipiert. Dazu ist der Verlauf der Faserrichtung des Stahls beim Dolch, anders als beim Messer. Aus diesem Grunde sind die Schneiden echter Dolche auch kaum zu schärfen. Schärft man sie, bricht diese geschliffene und somit dünne Kante leicht ab. Die Faserrichtung des Stahls beim Dolch ist so ausgelegt, dass alle Kraft linear zur Dolchspitze geführt werden kann, ohne das dabei diese Spitze bricht, wohingegen diese Faserrichtung beim einfachen Messer so verläuft, das alle Kraft linear zur Schneide geführt werden kann, ohne dass dabei die Schneide bricht.

in stahl gibts karbide, aber auf allen mikroskopischen aufnahmen, die ich dazu gesehen habe, waren das amorphe teile im stahl. des weiteren ist pulvermetallurgischer stahl ja gerade deshalb so toll, weil die legierungsbestandteile gleichmaessiger verteilt sind, etcetera, etcetera... das ist alles nichts, woraus ich mir eine "faserrichtung" in stahl erklaeren koennte.

darueber hinaus halte ich es fuer ein geruecht, dass man dolche nicht scharf kriegt ;) (ich behaupte einfach mal, dass zumindest juergen schanz alles scharf kriegt, was aus stahl ist)

ist das nun kapitaler schwachsinn, was wikipedia da hat, oder bin ich einfach nur schief gewickelt und ungebildet?
 
Gemeint ist wohl die Walzrichtung:
http://www.messerforum.net/showpost.php?p=36152&postcount=4

Zu den Details sollen sich mal die Stahlexperten hier austoben, zur Walzrichtung besteht m.E. noch kein guter umfassender Thread.
Wenn jemand doch einen guten Thread findet unbedingt hier verlinken, danke. (Ich hab nur Threads gefunden in denen Das Thema in einzelnen Posts angeschnitten wurde.)

Ansonsten würde mich mal interessieren was es mit der Walzrichtung den nun so auf sich hat. Meine Ahnung davon hält sich stark in Grenzen ...:rolleyes: :irre:

Den Titel erweiter ich mal um Walzrichtung. :)

Gruss
El
 
Last edited:
gekitsu said:
ist das nun kapitaler schwachsinn, was wikipedia da hat, oder bin ich einfach nur schief gewickelt und ungebildet?

Wenn ich in Baustoffkunde nicht völlig versagt habe: ersteres.
Bei uns wird industriell hergestellter Stahl als homogen und isotrop behandelt.

Wer schreibt denn so einen Blödsinn??? Naja, Wikis halt :irre:

stay rude
braces

Ps.: hat das was mit Feng shui zu tun? ;)
 
Last edited:
Moin,

Diese Faserstruktur kann man (IMHO) an gebrochenen Drehstabfedern, wie sie z.B. in Transportern und Geländewagen teilweise zu finden sind, sehen.

Die Bruchstellen sind nicht glatt sondern eher ausgefranst, so, als wenn man einen Ast durchbricht, wobei die Kornstruktur der Bruchstelle gleichförmig aussieht.

Da dieser Stahl gerne zum Schmieden benutzt wird, ist das Beispiel vielleicht gar nicht mal soweit hergeholt.

Ob dem wirklich so ist würde mich auch interessieren.



Hier ging´s auch um das Thema:

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=19105&highlight=stockremoval

Gruß
Olli
 
hm, ja, also wikipedia ist an sich ein gutes Konzept, setzt aber denkende user voraus. Und nicht jeder, der da was rein schreibt, ist dazu berufen, kompetent zu schreiben.

Ok, also denken wir mal nach, was gemeint sein könnte mit Faser. Eigentlich wäre Faser ja ein längliches Gebilde mit in sich homogener Struktur und Eigenschaften, die dann, legt man sie zusammen, einen größeren Körper bildet.

Hat man die Umformgeschichte von Stählen vor Augen, kann man sich schon vorstellen, dass es da Richtungsabhängigkeiten geben kann. Walzrichtung wurde genannt.

Und schon wird es schwer. In wiki stehts schön anschaulich, aber eben nur halbwahr, damit aber falsch.

Schluss mit der Polemik. Was passiert beim Walzen?

1. man streckt und breitet das Werkstück (ich red mal allgemein vom Walzen, egal ob kalt oder warm
2. es wird dünner
3. da das volumen bei der plastischen Verformung konstant ist (sonst würde man ja Materie vernichten), fließt der Werkstoff ganz schon gerichtet, wäre doch merkwürdig, wenn das keinen Einfluss hätte.

Hat es auch. In mikroskopischer Sichtweise und in makroskopischer.

Fangen wir, wie immer, klein an:

stellt Euch die Eisenklamotte als aus vielen kleinen Würfeln zusammengesetzt vor, auf jeder Würfelecke sitzt ein Atom, in der Mitte auch eins. Und diese Würfel liegen kreuz und quer herum, statistisch verteilt, genauer gesagt vollständig ungeordnet.

Bügelt man nun mit der Walze drüber, dann richten sich viele dieser Würfel aus, lagern sich sozusagen bequem um (ist auch ein primitives Bild, ist aber richtig und nicht aus der Welt der Sagen).

Im Extremfall liegen die nachher alle geordnet rum, nehmen wir mal der Einfachheit halber an, alle liegen wie in einem Schachbrett. Schön ordentlich halt.

Macht man alles richtig und im warmen Bereich, so bleibt der Werkstoff auch schön weich. Kompliziert wird es beim Kaltwalzen, dann wird er fester. Denkt an das Kaltdengeln von Bronze. Aber das wollen wir jetzt mal nicht betrachten.

Wir haben also ein Schachbrett, und wir machen keine Wärmebehandlung mehr, der Stahl ist ja weich geblieben.

Dass dann bei Beanspruchung die Auswirkung abhängt davon, ob man längs einer Würfelkante oder diagonal beansprucht, liegt irgendwie auf der Hand.

Diese Sache nennt man Textur. Praktische Anwendungen: wenn man eine Blechronde, also ein rundes Stück Blech, durch einen Stempeldruck in einen Becher umformen möchte, dann kriegt der Rand oben eine Wellenstruktur, die man Zipfel nennt. Der Werkstoff verformt sich je nach Richtung in der Oberfläche des Bleches halt unterschiedlich. Ist beim Napfziehen blöd. Aber bei Trafoblechen mag man das. Da orientiert man die Würfel so, dass alle schön brav auf einer Kante liegen, schön in Reihe ausgerichtet. Dann gibt es beim Ummagnetisierne keine Verlustleistung, der Trafo brummt nicht mehr.

Diese Texturen sind verdammt harnäckig, auch durch Wärmebehandlung gehen sie nicht immer weg.

Man erzeugt höchstens eine andere Textur, aber es ist sehr schwer, den ungeordneten Zustand wieder herzustellen.

so, jetzt haben wir den mikroskopischen Bereich. Wenn einer behauptet, er macht einen Dolch in dieser Hinsicht anders als ein Messer, so wundere ich mich sehr, wie er das anstellen will. soweit zu wikipedia.

Aber es gibt ja noch die Zeiligkeit, die sich beim Walzen oder überhaupt bei gerichteter Umformung ergeben kann, durch Ausstrecken von Einschlüsse, oder Karbiden, oder was weiss ich. Auch hier ist einzusehen, dass es eine Richtungsabhängigkeit gibt.

Wenn man also die Zeiligkeit seines Werkstoffes kennt, kann man das berücksichtigen. Der Mann, der einen Dolch macht, sollte also tunlichst 2 Gefügeaufnahmen seines Stahles machen lassen. Zwei senkrecht zueinander.

Klar, wenn man z.B. im Gesenk schmiedet, dann hat man gerichtete Warmumformung und eine Zeilige struktur, die Richtungsabhängigkeit der Eigenschaft erwarten läßt. Beim Handschmieden egalisiert man eher.
Man sollte den Werkstofffluss, der sich beim Warmformgeben entwickelt, natürlich nicht durch Schnitte unterbrechen, die "Faser" stören.


Aber, wenn ein Werkstoff mit hohem Kohlenstoffgehalt, sowas wollen wir doch eigentlich immer, seine Karbide schön globular (klasse, das Wort, oder, also kugelförmig tuts auch) ausgebildet hat durch eine Wärmebehandlung, z.B. eine Folge von Normalisieren und Weichglühen (denket an romans worte), dann sieht man diese makroskopische Struktur nicht mehr. Zumal alle Hersteller genau diese zeilige Struktur vermeiden möchten.

Das oben gebrachte Beispiel von den pulvermetallurgischen Stählen trifft den Kern der Sache exakt.

Was den weiter oben genannten mikroskopischen Aspekt angeht, so sollte der nach dem Schmieden und den Wärmebehandlungen klein sein und im Getümmel der Zeiligkeitsgeschichte untergehen. Vorausgesetzt, alles ist richtig gemacht.
Und wenn man behauptet, man nutze das beim Messer- oder Dolchmachen gezielt aus, dann staune ich schon und würde gern wissen, wie man das macht. Mir fiele kein gangbarer Weg bei käuflichem Halbzeug ein.

Klar, wenn man Stäbe zusammenschweißt, dann erzeugt man künstlich eine Faserstruktur. Ist aber im Zusammenhang mit diesem Beispiel eher unfair.

Langer Rede kurzer Sinn: ich würde die bildhafte Darstellung in Wikipedia nicht vollständig glauben, es sei denn mir läge was dran aus ethisch-moralischen oder aus Gründen der Geschlechtergleichberechtigung oder was weiss ich. Eben im Bereich des mystischen eher als des Metalltechnologischen (hab ich extra groß geschrieben).

Wie immer sind Bilder Beispiele und keine absoluten Wahrheiten. Aber im Prinzip würd ichs so sehen wie oben von mir beschrieben.

Und Dolche krieg ich auch scharf, und wenn es diese Faser in der bei Wiki beschriebenen Weise gäbe, hätten alle was verkehrt gemacht beim Stahl. Und dann wäre es auch noch merkwürdig, warum es beim Dolch anders sein sollte als beim Messer. Schärfe ist eine Sache der Integrität der Schneide bei der Fähigkeit eines Werkstoffes, sich sehr dünn bis in den atomaren Bereich hin ausdünnen zu lassen. Egal wie die Faser liegt, in letzter Konsequenz hat man am Ort des Kontaktes der Schneide mit dem Schneidgut einen Würfelanschnitt der Kornstruktur. Und wie die einzelnen Würfel des Metalls in der Faser liegen, das ist eine gute Frage. Da können sie doch wunderbar auf einem Faden gereiht alle möglichen denkbaren Lagen einnehmen, z.B. wenn die Seele der Faser durch die Diagonale geht, können alle Drehorientierungen um diese Faserachse vorkommen, ohne dass man es vorherbestimmen könnte.

Aber wir wollen es nicht so kompliziert machen. Texturforschung ist was feines. Hat aber hier keine hohe Dominanz.
 
In meiner Lehrzeit ab 1989 war man bei uns im Betrieb recht bestrebt auf die Walzrichtung im STahl zu achten, da die Belastbarkeit eine höhere ist (angeblich), genau wie bei Holz.

Böhler bietet beim K110 (1.2379) Bleche an, bei denen man nicht mehr auf die Walzrichtung achten muß, da der Stahl abwechselnd von allen Seiten gewalzt wird, war sogar mal in einem Messer Magazin.

Wenn die das machen, sollte das schon was auf sich haben.
 
Dann scheinen die Effekte aber wohl im niedrigen (unter)einstelligen Prozentbereich zu liegen. Ich habe noch nie davon gehört, daß jemand Rücksicht auf die Walzrichtung nimmt. Und Richtungsabhängige Formeln, wie z.B. bei Holz üblich, habe ich bei Stahl auch noch nicht gesehen. Kann man die Walzrichtung durch irgendeinen Trick erkennen?

stay rude
braces
 
Mir erscheint das nicht so esoterisch...
Ein Freund von mir, der Metallbaumeister ist, hat mir auch schon von Holzänlicher Struktur (von Stahl) erzählt. Damals hatte ich allerdings überhaupt keine Ahnung, und erstmal blöd geguckt.
Warscheinlich spielt es bei messern auch keine große Rolle (oder doch?)
schon eher für riesen Stahlträger die etliche tonnen und mechanische einwirkungen ertragen müssen.Walzrichtung ist bei den dimensionen warscheinlich eh klar...

und zum Wikipedia artikel: ich denke daß eher die geometrie in dem vergleich Dolch-Messer gemeint war. Ein Dolch ist halt zum stechen und nicht zum schneiden (siehe die ersten A-F Dolche, die hatten gar keine Schneide bzw. die war abgerundet).

Grüße,

Robert (BTA)
 
Das vollständige Kreuzwalzen, also nicht unter allen richtungen, sondern längs und quer, ist eher schädlich als nützlich.

Und wir reden über moderne Werkzeugstähle, bei denen man sich keine durch Walzen hervorgerufene Anisotropie leisten möchte. Es gibt durchaus Anwendungen, bei denen eine Anisotropie nützlich ist.

Aber in dem Zusammenhang, den der Wiki Artikel schildert, eher nicht.

Das mit der Faserstruktur ähnlich wie bei Holz gibt es. Wir reden aber über Messerstähle, im wesentlichen also über Werkzeugstähle oder chemisch resistente.

Bei Blattfedern kann z.b. eine Faserstruktur unter Umständen nützlich sein, bei Turbinenschaufeln treibt man es z.T. im Extremfall so weit, dass man sogar eine gerichtete Erstarrung einsetzt. Und mit dem in Querrichtung dann geringeren E-Modul kann man dann leben.

Achtung, Walzanisotropie beeinflußt nicht nur das Verhalten bei plastischer Umformung, sondern auch bei elastischer Verformung.
Bei Uhrenfedern hat man das früher ausgenutzt zur Erhöhung der Gangreserve. Die ersten grundlegenden Forschungen auf der Textur kommen aus der Uhrenindustrie.

Überall ist ein Körnchen Wahrheit zu finden, aber man sollte einiges entmystifizieren, damit ein klares Bild übrig bleibt.

Und wer beim Dolch das reine Stecherlebnis sucht, der sollte aus Stabilitäts- und Effizienzgründen eine alte Dreikantfeile herrichten. Es gibt kaum was Besseres dafür. Die Grabendolche der Franzosen bezeugen das.

Das Fairbairn Sykes ist als Messer ja eher eine Enttäuschung. Zu nix außer zum Stechen zu gebrauchen, und auch das nur bedingt, wenn das Ziel härter wird.
 
cold steel wirbt glaub ich bei seinen wurfmessern damit, dass die stabiler wären, weil sie in walzrichtung ausgestanzt wären. deshalb wird wohl angeblich auch immer die walzrichtung markiert, damit die rohlinge auch in der richtigen ausrichtung ausgestanzt werden...

Ookami
 
Ich kann mich an einen Fernsehbericht über die Herstellung von Rasiermessern erinnern: Hier wurden die Schmiederohlinge DIAGONAL von der Stange abgeschnitten!
Aber warum?
Sicher nicht wegen der besonderen Ausrichtung, sondern weil das einfach den geringesten Materialverlust beim Ablängen erzeugte.
 
Hallo Ihr

Hm, ich hatte so ein ähnliches Thema in einem anderen Forum auch gerade...

Was für uns noch von Bedeutung ist und oft vergessen wird:

- Wird ein Messer o.ä. mit feiner Geometrie (fein kann durchaus noch 6 mm Rücken bedeuten) frei Hand geschmiedet, dürfte nach meinem Theoriewissen jegliches Walzgefüge nach spätestens 2 bis 3 Hitzen doch eigentlich von selbst "wegnormalisiert" sein!

- Wenn nicht, so kommt dann immer noch die Wärmebehandlung. Und wer sich hier an z.B. Roman oder Ulrich (bzw. einfach die richtige WB)hält, wird nochmals 2 bis 3 mal Normalisieren. Spätestens dann sollte eigentlich kein "Faserverlauf" mehr vorhanden sein!

Das "gerichtete" Warmumformen (z.B. Gesenkschmieden) bei hochbelasteten Teilen (klassisches beispiel: Kurbelwelle, starke Querschnitte!) zum absichtlichen Erhalt der Faserstruktur funktioniert natürlich schon, ich denke aber, dass diese häufig propagierte Methode hauptsächlich aus kostengründen entwickelt wurde. Ich bin mir eigentlich sicher, dass sich genauso hohe Festigkeitswerte auch mit aufwändigeren WB einstellen ließen (dann aber "volles Programm" mit Normalisieren, Weichglühen, Härten, mehrfaches Anlassen). Das ist natürlich teuer! Deshalb wird hier mMn. der Faserverlauf bewußt genutzt. Ich würde das aber nicht auf Messer übertragen, hier sehe ich keinerlei Vorteile gegenüber einer sauberen WB.
Dieses "kosten - Nutzen - Problem" hat schon vielfach zu den erwähnten Mißverständnissen geführt...
Ferner dürfte es bei unseren feinen Geometrieen fast unmöglich sein, einen vorhandenen Faserverlauf über die ganzen Umform- und WB Vorgänge sauber zu erhalten (zumal dieser, wie ja bereits ganz richtig gesagt, bei modernen Walzwerzeugnissen seitens der Walzwerke tunlichst vermieden wird).

Bitte korrigiert mich, wenn ich völlig daneben liege. Ach ja: das alles gilt natürlich hauptsächlich für un- und niedriglegierte Stähle. Bei hochlegierten kenne ich mich nicht so gut aus.
 
Interessantes Thema.

Vielleicht stammt das mit dem Faserverauf noch aus den Zeiten des Raffinierstahls, da sollte es schon eine größere Rolle spielen.

Gruß Walter
 
Hallo Walter

Stimmt, hatte ich vergessen. Altes Material hat natürlich tatsächlich IMMER eine Form von Faserverlauf...
 
Einiges zur Verwirrung

1. Jerry Busse hat bestätigt, mal im Suff Rohlinge gegen die Walzrichtung ausgeschnitten zu haben.

2. Crucible Metals, die den S30V herstellen, bewerben eine höhere Belastbarkeit beim Kerbschlagbruchversuch, im Vergleich zum 154CM oder 440C, wenn mit der Walzrichtung geschlagen wird. In der anderen Richtung sind alle drei Kandidaten gleich. Die Wetrbung müßte jedem, der einmal sich für S30V interessierte bekannt sein.

3. Das mit dem Holz habe ich auch mal als vergleich gebracht, bin aber eines anderen belehrt worden. Gerade die Schmiede verneinen diese Richtungsgeschichte bei moderner Herstellung. U. Gerfin hat sich auch mal ganz nett dazu ausgelassen.

4. Die Bedeutung der Zeiligkeit und so weiter wäre noch auf die Zeiten des Gussstahls zurück zu führen, der erst noch geschmiedet werden mußte.

Hier ein Thread zum Thema, ab Beitrag #19 ff
 
Last edited:
Hallo

Kann es sein, daß es sich um eine überlieferte Wahrheit handelt, die zu anderem Zwecke mißbraucht wurde?

Vor etwa 26 Jahren habe ich in der Berufsschule gelernt Bleche hätten einen Faserverlauf.
Das geschah vor dem Hintergrund des Verzuges, eines Stanzteiles z.B.

Vor ca. 4 Jahren habe ich es im Rahmen einer Technikerausbildung wieder ´beigebracht` bekommen.

Ich könnte mir vorstellen, das die von Herbert beschriebenen Vorgänge beim Walzen Störungen (Spannungen ?)bewirken.
An der Oberseite evtl. andere als an der Unterseite.

So ist es wohl möglich, bei bestimmten Anwendungen auf die Walzrichtung achten zu müssen.

Warum das Faserverlauf heißt, konnte mir noch keiner erlären, außer mit der Holzfasererklärung, die ich für nicht plausibel halte.

Also beim Dolch ist das offenbar eine Durchmischung von Handwerkerweißheiten mit Mythen aus der Dolchherstellung.

Stefan
 
Hallo Ihr

Immer langsam...

Hier stapeln sich nämlich schon wieder haufenweise unterschiedliche Dinge:

- Bei Baustahlblechen trifft durchaus zu, dass diese einen "Faserverlauf" vom Walzen her haben. Bei solchen, einfachen Werkstoffen ist es dem Walzwerk und auch dem Anwender (z.B. einem Schlosser) auch ziemlich wurscht. Das einzige, was man da vielleicht noch feststellen kann, ist, dass z.B. beim scharfkantigen Abkanten solcher Bleche die Ränder etwas leichter einreißen, wenn man mit der Faserrichtung biegt. Aber selbst das ist in der Praxis normalerweise schlicht egal.

- Bei höherwertigen Werkstoffen (die ja für Messer ausschließlich in Frage kommen), Wird normalerweise schon beim Walzen sorgfältiger vorgegangen. Anschließend werden solche Erzeugnisse in aller Regel normalisiert! Man muß da aber wirklich im Einzelfall beim Hersteller nachfragen!

Dann wären da noch unterschiedliche Messerfertigungsverfahren (was ein Wort) anzusprechen:

- Beim Schmieden dürfte es, wie ja bereits gesagt, egal sein.

- Beim "stock removal" macht es u.U. durchaus Sinn, auf die theoretische Faserrichtung zu achten. Allerdings eher nur dann, wenn man auf das Normalisieren verzichtet, was uns zum nächsten Punkt bringt:

Industrie und Hobby:

- Bei industrieeller Fertigung wird in der Regel nicht das volle Programm der WB gefahren, weil schlicht zu teuer. Daraus resultieren dann die besagten Ergebnisse bei Kerbschlagversuchen bzw. diese werden erst dann notwendig!

- Bei "Customs" von guten Messermachern sollte also zu erwarten sein, dass auf die Zuschnittausrichtung und/oder sorgfältige WB geachtet wird. Dann isses wieder ziemlich egal, denke ich.

Material (un- bis hochlegiert):

Ich bräuchte hier echt selbst noch etwas Hilfe z.B. von Ulrich oder Roman, da ja sehr viel hochlegierte Stähle verwendet werden, bei denen die Sache u.U. wieder anders aussieht. Die sind generell schwieriger zu Walzen und durch die großen Karbide dürfte auch ein Faserverlauf der Grundmatrix in den meisten Fällen vorhanden sein. Zeilig angeordnete Karbide sind i.d.R. NICHT durch WB beeinflussbar, so dass man hier wirklich auf die Walzrichtung bzw. besser noch sehr sorgfältig hergestelltes Material (teuer!) achten müßte. Auf der Homepage von Böhler sind einige, unterschiedliche Walzverfahren und deren Anwendungsgebiete knapp aber gut beschrieben.

Es ist aber auf jeden Fall generell angesagt, sich beim Materialhersteller (falls bekannt) schlau zu machen, wie das vorliegende Material hergestellt und ggf. wärmebehandelt wurde! Und, wenn man `s nicht weiß: Normalisieren, dann hat sich das Problem (bei einfacheren Stählen) erledigt!
 
@arno, waltern, diesel, exilant: yep.
wenn man einen teuren Stahl für ein Messer kauft, und einem der Hersteller erzählt, man müsse auf die Walzrichtung achten, dann hat er was verkehrt gemacht. Sofern er den Stahl weichgeglüht verkauft.
In der Mythologie wird mangels Wissen oft viel erzählt, (versteht mich nicht mis), was sich so anschaulich darstellen läßt und durchaus auf vernünftigen Beobachtungen fußt.
Aber wenn mir jemand erzählt, er achte beim Herstellen von Dolchen und Messern jeweils anders auf die Walzrichtung, na ja.

Kriegt der das zeug als Tafel? Woher kennt der dann die WR?

Ich hab schon ein paar Werkstoffe verarbeitet, die ich gekauft habe, werkzeugstähle weichgeglüht. Längs- und Querschliffe zeigen nix, Texturaufnahmen hab ich keine machen können.
Das geht mit Röntgenbeugung. Da ermittelt man die Lage der Würfel direkt. In meiner neuen Firma kann ich das auch. Wenn jemand da wirklich meint, er hätte orientierte Werkstoffe, dann her mit einer Probe. Briefmarkengröße reicht. Plangeschliffen, wenn möglich geätzt, muß aber nicht. Nicht hart bearbeitet.

Diese röntgenographisch nachweisbare Textur setzt erhebliche Verformung (plastischer Art, kalt oder warm) und/oder Wärmebehandlungen voraus. Bei mehrphasigen Werkstoffen, wie es nunmal unsere Stähle mit genügen C sind, ist es sehr schwer, überhaupt was zu sehen, wenn alle alles richtig gemacht haben.

Vielleicht liegt es ja daran.

Vor zehn Jahren oder so hat eine Firma alufolie zu Haushaltszwecken auf den Markt geschmissen, die mehr als doppelt so dick war wie die Markenfabrikate. Da gab es den berühmten Hähnchentest. ein gefrorenes Hähnchen (glaub ich) wurde fallen gelassen, und die Folie hielt. Is ja toll, aber wer tut das. Die Jungs hatten den Trick noch nicht raus, dass man sehr dünne Folien bekommt, wenn man die doppelt geschlagen walzt (drum ist ja auch eine Seite der Alufolie blank, die ander matt. Letztere lag innen beim Doppeltwalzen). Aber flugs wurde das zum Marketingvorteil umgemünzt. Nichtkönnen als Vorteil. Tja.

Ach so, ja, Polemikmodus off.
 
Mahlzeit auch,

mal was zum Thema Fasern:
In der Metallbearbeitung werden verschiedene Gewindebohrer verwendet,
u.a. den normalen Gewinde"schneider", welcher den Gewindegang spanabtragend herstellt,
aber auch die sog. Gewinde"former", die Gewindebohrungen werden vorgebohrt mit einem
größeren Kernlochbohrer (als beim Gewindeschneiden)
und das Werkzeug formt dann den Gewindegang mittels plastischer Verformung des Materials.
Uns hat man immer erzählt, der Vorteil am Gewindeformen ist der nicht
unterbrochene Faserverlauf und somit eine höhere Festigkeit.

Gruß, Simon
 
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