Klinge nicht hart geworden

Günther

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Ich hab grad eine Klappmesserklinge aus geschmiedetem 1.3505 gehärtet, oder zumindes wollte ich das machen.

Das Ding ist so weich, das ich sie feilen kann.Optisch sieht´s aber aus, als ob sie hart geworden wäre, mit teilweise abgeplatztem Zunder und so.

Ich hab aus 16mm Rundmaterial geschmiedet (von Hand), Normalisiert,Weichgeglüht, Spannungsarm geglüht (alles in Härtefolie) und dann bei 830°C gehärtet (mit Härteschutzlack).

Waren das zu viele Glühvorgänge, wurde dadurch das Material entkohlt?Die Klinge ist nur 2,5mm dick.

Oder kann es sein, das die Klinge schon wieder zu weit unter Temperatur war, bis ich sie ins Öl getaucht hab.

Der Ölbehälter steht etwa 3 Meter entfernt.

Das kann ich leider nicht ändern, da ich bei mienem Arbeitgeber härte, und es sich um ein großes Fass handelt.

Wie muß ich die Klinge behandeln, um noch einmal zu härten.

Soll ich noch einmal Weichglühen, da wird die Entkohlung aber vermutlich noch schlimmer werden.

Genügt Normalisieren? Vermutlich ist das bei 1% C zu wenig.

Oder kann ich die Klinge gleich wegwerfen?Wäre ncith die erste. :rolleyes:

Habe ich übertrieben mit den Glühvorgängen? Da die Klinge aus bereits gehärtetem Material geschmiedet wurden, muß Weichglühen doch sein, oder?

Ich hab zwar jetzt das Buch "Was ist Stahl", bei diesem Problem hilft es mir aber genau gar nichts. :glgl:
 
Mein Tipp, die Härtetemperatur wurde unterschritten. Es kann sich aber auch ev. eine Weichhaut gebildet haben, an einer Stelle der Schneide etwas Material wegschleifen und nochmals testen. Falls es weich ist, einfach sofort nochmals mit einer etwas höheren Temperatur härten. Normalisieren ist nicht notwendig da der erste Härteversuch wie Normalisieren gewirkt hat.

Gruß aus der Gütersloher Schmiede
Hans-Peter
 
Hallo Günther !
Es klingt geradezu unglaublich: 1.3505 nicht hart geworden ???.
Ich muß dazu vorab eine Frage stellen: Bist Du sicher, daß es dieser Stahl war ? Ich frage deshalb, weil durchaus auch Wälzlager im Handel sind, die aus einem Vergütungsstahl bestehen und nur etwa 1 mm tief aufgekohlt sind. Wenn Du also noch ein Stück des Rohmaterials hast, schneide es an der Stirnseite durch, schleife es sauber und ätze es mal an. Zeigt es dann einen dunklen Rand bei hellem Kern, ist die Sache klar.
Ist der Anschliff gleichmäßig dunkel, muß der Fehler woanders liegen.
An eine zu niedrige Härtetemperatur glaube ich eher nicht. Bei Ölhärtung könnte man mit diesem Stahl auch etwas höher gehen, aber 830 Grad sollten reichen. Die Möglichkeit der Weichhautbildung durch überlanges Weichglühen ist nicht von der Hand zu weisen. Das könntest Du überprüfen, indem Du nach Hans Peters Vorschlag vorgehst.
Ich lese hier im Forum immer wieder vom sorgfältigen Weichglühen und Einformen und "Normalisieren" bei Temperaturen um AC1. Ich denke, da ist Roman mit seinen Ratschlägen möglicherweise mißverstanden worden. Für die Erreichung bester mechanischer Eigenschaften ist das Erzielen feinen Korns durch kräftiges Verschmieden bei nicht zu hoher Temperatur beim letzten Schmiedevorgang und richtig ausgeführtes Normalisieren weit wichtiger, als das Weichglühen. Durch ausreichend starke Verformung beim letzten Schmieden bei richtiger Anfangstemperatur und nicht zu hoher Endtemperatur ist die Gefahr von Grobkorn und Korngrenzenzementit so gut wie gebannt. Will man bezüglich der Beseitigung des Korngrenzenzementits ganz sicher gehen, schließt sich dann das Normalisieren an. Dabei muß man mit der Temperatur so hoch gehen, daß genug Zementit gelöst wird, also das Netzwerk verschwindet, und so schnell abkühlen, daß es sich nicht wieder bilden kann. Das Weichglühen bezweckt in erster Linie eine gute Bearbeitbarkeit des Stahls, wird es als Pendelglühen um AC1 vorgenommen, kann es auch das Matrixkorn verfeinern. Ein Zementitnetzwerk würde dadurch auch günstig beeinflußt, weil dem Netzwerk sozusagen die Korngrenzen abhanden kämen. Eine Verfeinerung der Karbide würde dadurch aber logischerweise nicht erreicht.
Randentkohlung kann auch durchaus bei Temperaturen unter AC1 stattfinden.
Die Abkühlung vom Ofen bis zum Ölfaß kann kaum ursächlich sein. Der Wälzlagerstahl generell und schon gar der 1.3505 mit seinen etwa 1,5 % Cr. ist schon im Warmbad voll härtbar.
Was könntest Du am zweckmäßigsten machen ? Nochmal härten bei höherer Temperatur wie es Hans Peter vorschlägt, wäre sicher eine Möglichkeit. Wenn ich es zu machen hätte, würde ich die Klinge in ein Rohr mit Holzkohle und Bariumkarbonat stecken und darin erst mal oberflächlich leicht aufkohlen- ich habe das auch mal hier irgendwo beschrieben-und dann -wegen der möglichen Vergröberung beim Aufkohlen- scharf normalisieren und nochmals härten.
Berichte mal, was Du gemacht hast und wie das Ergebnis war-lernen kann man immer.
MfG U. Gerfin
 
Hallo Ulrich,

es handelt sich mit Sicherheit um 3505. Ich schmiede alte Führungssäulen aus Tiefziehwerkzeugen um.Die sind laut Händlerkatalog 1.3505.

Ich hatte bisher nie dieses Problem.

Ich könnte mit Blutlaugensalz aufkohlen, wenn das was bringt. :confused:

Die Sache mit dem pendeln um einzuformen hab ich immer noch nirgens nachlesen können.
Ich hab mir jetzt aus USA einen Rapatz bestellt für 17 Euro incl. Versand bestellt, ein echtes Schnäpchen.

Mal sehen, ich hoffe, das Buch bringt mich weiter als " Was ist Stahl".

Bisher dachte ich wirklich, Weichglühen ist bei C- Gehalten ab 0,8% zwingend nötig.

Wenn ich Dich richtig verstehe, geht es in erster Linie um den letzten Schmiededurchgang, dabei muß man im idealem Temperaturfenster Schmieden.

Sollte ich bei einem vorhergehendem erhitzen etwas zu hoch sein (wie beim Schweißen), kann ich das so wieder in Ordnung bringen?

Auch das das Material bereits gehärtet war stellt also kein Problem dar.
 
Hallo Günther !
"Die Edelstähle" von Franz Rapatz ist eine ausgewachsene Monographie von etwas über 1000 Seiten. Da steht schon einiges mehr drin als in dem als Einstieg gedachten "Was ist Stahl" von Leopold Scheer. Fertige Antworten für alle Fragen findet man auch da nicht, sicher aber Denkanstöße und Grundregeln, mit deren Hilfe man Probleme angehen kann.
Die Idee, die hinter dem Pendelglühen um AC1 steht, ist folgende: Bei Überschreitung des AC1-Punktes wandelt sich der Ferrit in Austenit um und beim Erkalten gibt es die Umwandlung in der umgekehrten Reihenfolge. Durch dieses häufig wiederholte Umkörnen wird die Matrixstruktur günstig verändert. Wenn sich Ferrit in Austenit umwandelt, bleiben die Korngrenzen nicht identisch erhalten, sondern verändern sich. Da Ferrit im Stahl durch die im Ferrit nicht löslichen Karbide durchsetzt ist-Perlitstruktur + freie Karbide- bilden sich jeweils neue Strukturen, die feiner sind, als die Ausgangsstruktur. Grobkorn der Matrix kann man also schon durch das Pendeln um AC1 ganz gut beseitigen.
Bei untereutektoiden Stählen - bei reinem C-Stahl geht man da von etwa 0,78 % C aus- bei Zumischung nennenswerter Mengen von Legierungselementen sind es deutlich weniger- braucht man sich um Korngrenzenzementit, also um die Ablagerung von Karbiden auf den Grenzen des Matrixkorns keine Gedanken zu machen: Beim Erwärmen auf Härtetemperatur und je nach der Art der Karbide kurzem oder längerem Halten lösen sich die Karbide vollständig und können also kein störendes Netzwerk mehr verursachen. Bei diesen Stählen ist also ein Pendelglühen um AC1 zur Kornverfeinerung die gegebene Maßnahme.
Bei übereutektoiden Stählen genügt das nicht, da bei Temperaturen knapp über AC1 die Karbide nicht völlig in Lösung gehen. Bei 1,5 % C- wohlgemerkt bei reinen C-Stählen- liegt im weichgeglühten Zustand der Karbidanteil im Stahl bei über 20 %. Da sich die Karbide bevorzugt auf den Korngrenzen abscheiden, besteht also die Gefahr, daß sich um die Matrixkörner ein Netzwerk von Karbiden bildet, das die Korngrenzen entscheidend schwächt. Ein solches Netzwerk kann aber nur entstehen, wenn die Karbide beim Schmieden Zeit hatten, sich sozusagen gemütlich die Stellen auszusuchen, wo sie sich ablagern wollten. Im Beispiel eines C-Stahls mit 1,5 % C könnte das Netzwerk der Karbide bei etwa 1000 Grad C gelöst werden, was bei dieser Temperatur aber einen gewissen Zeitraum in Anspruch nehmen würde.
Bei schnellem Erhitzen auf die Schmiedeanfangstemperatur von etwa 1000 Grad sind die Karbide also wohl noch nicht vollständig gelöst, ein Netzwerk liegt aber sicher nicht mehr vor. Wird nun kräftig geschmiedet und verformt, bleibt das Matrixkorn klein und die Karbide scheiden sich beim Abkühlen klein und gut verteilt aus. Gelingt es, diesen guten Gefügezustand im gesamten Werkstück zu erzielen, so ist für optimale Ergebnisse nach dem Härten eigentlich kein weiterer Zwischenschritt erforderlich. Man wird trotzdem Normalisieren und zwar aus zwei Gründen: Es gelingt in der Regel eben nicht, beim Schmieden alle Teile des Werkstücks gleichmäßig auf die richtige Ausgangstemperatur zu erhitzen und zur Erzielung des gewünschten feinen Matrix- und Karbidgefüges gleichmäßig stark zu verformen. Es besteht also immer die Gefahr, daß das Gefüge ungleichmäßig ausfällt und insbesondere an möglicherweise leicht überhitzten und nicht genügend verformten Stellen Grobkorn und Korngrenzenzementit auftritt. Das wird durch Normalisieren auf eine einheitliche und brauchbare Struktur gebracht.
Scharfes Normalisieren bringt eine für das anschliessende Härten gute Struktur hervor, führt aber zu einem recht festen und schlecht bearbeitbaren Gefüge. Dem begenet man dann durch Einformen der Karbide und Erweichung der Struktur durch Weichglühen. Für das Härteergebnis bringt das eigentlich nur dann noch eine gewisse Verbesserung, wenn durch das Pendeln um AC 1 das Matrixkorn gleichmäßig verfeinert wird.
Überlege aber mal Folgendes: Die für die mechanischen Eigenschaften optimale Struktur extremer Feinkörnigkeit von Matrix und Karbid wird bei den superplastischen Stählen von Sherby erreicht-Das ist ein anderes Thema, sollte aber zeigen, wo die Schwerpunkte liegen, die es zu beachten gilt.
Zur konkreten Problematik: Aufkohlen mit Blutlaugensalz gibt wohl nur dünne Oberflächenschichten. Holzkohle mit 10- 40 % Bariumkarbonat ist die klassische Mischung für die Pulveraufkohlung. Es gibt auch zuverlässig wirkende fertige Aufkohlpulver im Handel. Auch das ist wieder ein Thema für sich, aber Du hast ja jetzt bald eine vorzügliche Anleitung.
MfG U. Gerfin
 
So ich hab jetzt noch einmal versucht das störrische Ding zu härten.

Dieses Mal mit 870°C, wieder nicht hart geworden.Also eine neue machen, wieder einmal. :rolleyes:

Ich hätte da noch Führungsbuchsen aus 3505.Grob gesagt handelt es sich dabei um ein gehärtetes und geschliffenes Rohr mit einer sTärke von 4mm.

Jetzt dachte ich mir, ich schneide mir da eine Scheibe ab, biege diese in glühendem Zustand möglichst gerade, normalisiere mehrmals und schleife sie dann auf der Flachschleifmaschine auf Maß.

Dadurch würde ich mir viel Schmiedearbeit sparen.

Dann aus diesem "Flachmaterial" die Klinge schleifen.

Das sollte doch funktionieren, oder gibt das irgendwelche Probleme mit dem Gefüge?
 
na Günter das sind probleme...

Wenn die Klinge jetzt wurscht ist, brich sie ab und schau vielleicht hast Du ja doch ne Weichhaut daruf oder das ding ist tatsächlich nicht hart geworden.
 
Scharfes Normalisieren bringt eine für das anschliessende Härten gute Struktur hervor,

Hallo Ulrich,
Vielleicht sollte man noch dazu folgendes bemerken.

Das Ausführen solcher Prozesse ist nun nicht jedermanns Sache, ein scharfes normalisieren kann zwar handwerklich sehr leicht durch ein gutes schmiedefeuer durchgeführt werden, jedoch steigt bei geringer Erfahrung natürlich die Gefahr, dass man dabei eine ganze menge falsch macht.
Auch das Abhärten durch scharfe Austenitisierung (extreme aufheizgeschwindigkeiten) bei erhöhten Temperaturen kann sehr große Leistungspotentiale freisetzen, ähnlich dem Induktionshärten. Allerdings ist es auf der handwerklichen Seite mit erhelichen Risiken verbunden, welche nur mit großer Erfahrung und Übung einiger maßen in den Griff zu bekommen sind.
Als Beispiel ist das einschätzen der Glühfarbe bei so bearbeiteten Teilen ein ein entscheidender Indikator für die Temperatur und die Behandlung und der ist IMHO Tagesformabhängig.
Aus eigener Erfahrung brachut man da schon eine ganze Weile, bis man sich da wieder "justiert" hat, wenn es bei wenig erfahrenen Schmieden überhaupt kurzfristig gelingt.
Daher möchte ich auch vor übergroßer euphorie warnen, zu glauben " machen wir das mal mit mehr Power dann wird das Ergebnis gleich x mal so gut.

Die Diskussion zeigt aber schön den Ausblick wo es noch hingehen kann mit der Leistungsoptimierung es ist jedoch wie immer eine Richtung die uns die alten Forscher vergangener Generationen bereits eröffnet haben und welche man nur noch aus der vorzüglichen bereits lange jahrzehnte bestehenden Literatur wie Rapatz & Co auch nachlesen kann. :super:
 
Hallo Günther !
Ich würde mir das Wundertier, das partout nicht hart werden will, zu gerne einmal anschauen. schick es mir oder bring es zu einem Treffen- vielleicht nach Kolbermoor- einmal mit. Das Rätsel, daß ein an sich hoch härtbarer Stahl nicht hart wird, muß doch zu lösen sein.
MfG U. Gerfin
 
Hallo Ihr Lieben

Ich halte folgenden Satz aus dem ersten Posting für extrem wichtig:

"Ich hab grad eine Klappmesserklinge aus GESCHMIEDETEM 1.3505 gehärtet, oder zumindes wollte ich das machen."

Kann es nicht sein, das das Ding einfach gründlich entkohlt ist???

Nach meiner Erfahrung passiert das sehr leicht, wenn man nahe der Endform (feine Gometrie) noch zu heiß schmiedet. Noch leichter natürlich, wenn man generell recht "warm" unterwegs ist.

Da kann Das Feuer noch so sehr aufkohlen, beim Luftkontakt ist alles wieder hinüber.

Unterschiedliche Stähle sind da natürlich unterschiedlich empfindlich. Der von mir meist verwendete Federstahl 55 Si 7 (für Schwertklingen, meist stumpfe für `s Training) ist da enorm anfällig, was hauptsächlich am Si liegt.

warum komme ich eigentlich drauf???

...Hab´ grad ein ähnliches Problem... :irre:
 
@ Ulrich:

Handelt es sich dabei um das Treffen, von dem in dem Buch " Die Kunst des Schmiedens" von Bergland die Rede ist?

Wenn ja, wann ist das denn und wo genau? Würd mich schon interessieren.

Es kommt ja nicht oft vor, das eine Schmiedeveranstaltung in meinem Umkreis statt findet.

@ Arno:

Ich tippe auch auf entkohlung, ich hab den Stahl schon zimlich gequält. :haemisch:

Bei so dünnen Klingen ist es ratsam aus Flachmaterial zu schleifen und auf das schmieden zu verzichten.
 
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