Erka
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Hallo,
ich habe wieder mal ein paar Fragen an die Leute, die sich mit der Wärmenbehandlung auskennen. Da ich sicher eh schon genug Fehler dabei mache (Härtetemperatur, Haltedauer etc.), möchte ich wenigstens versuchen, die Schritte die ich kontrollieren kann so gut wie möglich zu machen
Zu den Temperaturen bei mehrfachen Anlassen habe ich Unterschiedliches gelesen:
Erstes Anlassen bei höherer Temperatur, oder zweites Anlassen bei höherer Temperatur. Gibt es hier wirklich ein richtig oder falsch, oder ist das eine Glaubensfrage, oder sind einfach nur die Unterschiede im Ergebnis so minimal? Oder kommt's auf den Stahl an? Was wäre dann die richtige Abfolge bei niedriglegierten Kaltarbeitsstählen?
Und wie wird nach dem Anlassen abgekühlt (auch dazu habe ich unterschiedliches gefunden): In raumwarmen Wasser abschrecken oder nur an der Luft abkühlen lassen?
Das (erste) Anlassen soll doch möglichst unmittelbar nach dem Härten erfolgen, um mögliche Spannungsrisse zu verhindern. Spannungen, die durch den Härtevorgang enstanden sind, sollen sich also durch die erhöhte Temperatur leichter ausgleichen können. Wie verträgt sich das damit, dass bei Stählen, die nach den Empfehlungen tiefgekühlt werden sollen, das Tiefkühlen auf mind. -70°C / 1 Stunde direkt nach dem Härten/Abschrecken und noch vor dem Anlassen erfolgen soll? Durch die tiefen Temperaturen müsste sich doch die Gefahr von Spannungsrissen noch erheblich erhöhen, und das widerspricht doch auch den Erfahrungen, das selbst eine Brotzeitause zwischen Härten und Anlassen schon zu lange sein kann? Oder nimmt man das (höhere?) Risiko einfach in Kauf zugunsten der im Erfolgsfall deutlich besseren Eigenschaften?
Und nochmal zum Tiefkühlen:
Roman hat in (mindestens) einem Beitrag hier geschrieben, dass Tiefkühlen 1. nur bei den höher legierten Stählen erforderlich ist, und 2. nur bei "richtig kalten" Temperaturen (also <= -70°C) Sinn macht. Im Merkblatt 450 des Stahlinformationszentrums ist in Kapitel 3.3 "Abkühlen" ein Diagramm mit dem Zusammenhang zwischen Kohlenstoffgehalt, Abkühlungstemperatur und Martensitgehalt für unlegierte Stähle abgebildet. Demnach erfolgt bei z.B. 0,8% Kohlenstoff eine vollständige Martensitbildung erst bei ca. -70..-80°C; ab 0,6% Kohlenstoff wird bei Raumtemperatur kein Ende der Martensitbildung erreicht. Die Kurve verläuft leicht gekrümmt aber stetig.
Daraus würde ich lesen, dass jedes weitere Abkühlen unter die Raumtemperatur (also z.B. auch der heimische Gefrierschrank mit seinen vielleicht -25 °C) die weitere Umwandlung in Martensit fördern würde, also in jedem Fall besser wäre als gar keine "Tief-"Kühlung. Und würde das nicht bedeuten, dass auch bei un- oder niedriglegierten Stählen ein Tiefkühlen nützlich wäre, oder ist am Ende gar keine 100% Martensitbildung wünschenswert?
Ich gehe mal davon aus dass Roman dies wie üblich nicht ohne Grund geschrieben hat, vielleicht kann mich jemand über diese scheinbaren Widersprüche aufklären.
Grüße
Rainer
ich habe wieder mal ein paar Fragen an die Leute, die sich mit der Wärmenbehandlung auskennen. Da ich sicher eh schon genug Fehler dabei mache (Härtetemperatur, Haltedauer etc.), möchte ich wenigstens versuchen, die Schritte die ich kontrollieren kann so gut wie möglich zu machen
Zu den Temperaturen bei mehrfachen Anlassen habe ich Unterschiedliches gelesen:
Erstes Anlassen bei höherer Temperatur, oder zweites Anlassen bei höherer Temperatur. Gibt es hier wirklich ein richtig oder falsch, oder ist das eine Glaubensfrage, oder sind einfach nur die Unterschiede im Ergebnis so minimal? Oder kommt's auf den Stahl an? Was wäre dann die richtige Abfolge bei niedriglegierten Kaltarbeitsstählen?
Und wie wird nach dem Anlassen abgekühlt (auch dazu habe ich unterschiedliches gefunden): In raumwarmen Wasser abschrecken oder nur an der Luft abkühlen lassen?
Das (erste) Anlassen soll doch möglichst unmittelbar nach dem Härten erfolgen, um mögliche Spannungsrisse zu verhindern. Spannungen, die durch den Härtevorgang enstanden sind, sollen sich also durch die erhöhte Temperatur leichter ausgleichen können. Wie verträgt sich das damit, dass bei Stählen, die nach den Empfehlungen tiefgekühlt werden sollen, das Tiefkühlen auf mind. -70°C / 1 Stunde direkt nach dem Härten/Abschrecken und noch vor dem Anlassen erfolgen soll? Durch die tiefen Temperaturen müsste sich doch die Gefahr von Spannungsrissen noch erheblich erhöhen, und das widerspricht doch auch den Erfahrungen, das selbst eine Brotzeitause zwischen Härten und Anlassen schon zu lange sein kann? Oder nimmt man das (höhere?) Risiko einfach in Kauf zugunsten der im Erfolgsfall deutlich besseren Eigenschaften?
Und nochmal zum Tiefkühlen:
Roman hat in (mindestens) einem Beitrag hier geschrieben, dass Tiefkühlen 1. nur bei den höher legierten Stählen erforderlich ist, und 2. nur bei "richtig kalten" Temperaturen (also <= -70°C) Sinn macht. Im Merkblatt 450 des Stahlinformationszentrums ist in Kapitel 3.3 "Abkühlen" ein Diagramm mit dem Zusammenhang zwischen Kohlenstoffgehalt, Abkühlungstemperatur und Martensitgehalt für unlegierte Stähle abgebildet. Demnach erfolgt bei z.B. 0,8% Kohlenstoff eine vollständige Martensitbildung erst bei ca. -70..-80°C; ab 0,6% Kohlenstoff wird bei Raumtemperatur kein Ende der Martensitbildung erreicht. Die Kurve verläuft leicht gekrümmt aber stetig.
Daraus würde ich lesen, dass jedes weitere Abkühlen unter die Raumtemperatur (also z.B. auch der heimische Gefrierschrank mit seinen vielleicht -25 °C) die weitere Umwandlung in Martensit fördern würde, also in jedem Fall besser wäre als gar keine "Tief-"Kühlung. Und würde das nicht bedeuten, dass auch bei un- oder niedriglegierten Stählen ein Tiefkühlen nützlich wäre, oder ist am Ende gar keine 100% Martensitbildung wünschenswert?
Ich gehe mal davon aus dass Roman dies wie üblich nicht ohne Grund geschrieben hat, vielleicht kann mich jemand über diese scheinbaren Widersprüche aufklären.
Grüße
Rainer
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