Erstes "echtes" Messer: Nakiri gesucht

Man kann grundsätzliche Aussagen treffen. Eine Orientierung bietet diese Übersicht über die Schnitthaltigkeit von Stählen. In der Übersicht ist ein höherer TCC-Wert besser, d.h., der Stahl ist schnitthaltiger.

02 CATRA Edge Retention.jpg

R'n'R
 
Der Japan-Nimbus ist eben nicht tot zu kriegen.

Schärfehaltigkeit gibt es nicht. Mit den geeigneten Schleifmedien bekommt man jeden Stahl scharf. Interessant ist, wie lange der Stahl unter Beanspruchung in der Lage ist, diese herbeigeführte Schärfe zu halten. Das nennt sich Schnitthaltigkeit. Und diese Eigenschaft lässt sich sehr wohl vergleichen. Das aber auch nur unter vergleichbaren Bedingungen (Wärmebehandlung des Stahls sowie Beanspruchungsart und -dauer der Messerschneide).

Die Aussagen "Carbonstahl ist schnitthaltiger als rostfreier Stahl" oder "Aogami Super ist schnitthaltiger als rostfreier Stahl" sind per se nicht richtig. R'n'R hat ja bereits einige Beispiele für schnitthaltige rostfreie Stähle genannt und diese Liste ließe sich weiter fortführen. Aogami Super ist ein Messerstahl mit Stärken und Schwächen, wie jeder andere Stahl auch, aber kein unschlagbarer Wunderstahl.

Wenn du so großen Wert darauf legst, den "besten" Kochmesserstahl für dich zu finden, würde ich dir empfehlen, dich noch etwas weiter in die Materie einzulesen. Aber: Jeder Messerstahl, egal wie schnitthaltig, verliert bei Beanspruchung an Schärfe und wird irgendwann stumpf. Wie man dem entgegenwirkt und das Messer scharf hält, ist aus meiner Sicht mindestens genauso wichtig. Mir persönlich ist inzwischen ein unempfindlicher Stahl, der sich schnell und einfach scharfhalten lässt, wichtiger, als ein besonders schnitthaltiger Stahl, der entweder anfälliger für Ausbrüche und/oder schwieriger zu schärfen ist.

Wichtiger als der verwendete Stahl ist aus meiner Sicht der Schliff, der über die Geometrie der Klinge und damit über deren Schneidperformance entscheidet.

Edit: Über die Übertragbarkeit der von R'n'R zitierten CATRA-Tests auf andere Anwendungsfelder der Messernutzung – insbesondere als Kochmesser – wurde übrigens hier heiß diskutiert.
 
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Stahl ist ein nahezu unerschöpfliches Thema. Dennoch läßt sich Deine Frage nach der Schnitthaltigkeit vereinfacht so beantworten:
Förderlich ist der C-Gehalt, die im Rahmen der Wärmebehandlung eingestellte Härte und insbesondere der Karbidanteil. Je mehr Karbide enthalten sind und je härter diese sind, umso schnitthaltiger ist der Stahl.

Typische Legierungszusätze als Karbidbildner sind Chrom, Wolfram und Vanadium - bei zunehmender Härte. Ein Stahl mit hohem Vanadiumanteil ist demzufolge einem solchen mit wenigen oder gar keinen Legierungszusätzen an Schnitthaltigkeit überlegen.

Ist der Stahl dazu pulvermetallurgisch hergestellt und die Karbide sind klein, ist das der Zähigkeit - was Ausbrüche verhindern hilft - zuträglich.
Mit zunehmender Schnitthaltigkeit nimmt allerdings auch der Anspruch an das Schärfen zu. Es erfordert mehr Zeit und geeignete Medien.

Als Beispiel bezüglich der Legierungsbestandteile ziehen wir die folgenden Stähle heran:

Hitachi Aogami Super Blue C: 1,40-1,50 Cr: 0,30-0,50 Mn: 0,20-0,30 Mo: 0,30-0,50 Si: 0,10-0,20 V: 0,30-0,50 W: 2,00-2,50
CPM 4V: C: 1,35 Cr: 5,00 Mo: 2,95 Mn: 0,40 Si: 0,80 V: 3,85
Böhler M390 Microclean: C: 1,90 Mn: 0,30 Si: 0,70 Cr: 20,00 Mo: 1,00 V: 4,00 W: 0,60
CarTech Maxamet: C: 2,15 Cr: 4,75 Mn: 0,30 Si: 0,25 V: 6,00 W: 13,00 Co: 10
Rex 121: C: 3,40 Cr: 4,00 Mo: 5,00 V: 9,50 W: 10 Co: 9,00

Aogami bezieht seine Standfestigkeit im wesentlichen aus Wolfram. CPM 4V ist ein sehr ausgewogener Stahl mit guter Zähigkeit und besserer Schnitthaltigkeit - bedingt durch die Vanadiumkarbide. M390 ist noch schnitthaltiger aufgrund des hohen Anteils an Chrom, Vanadium und Wolfram und zudem gut rostträge. Maxamet oder Rex 121 gehen deutlich in Führung mit ihrem hohen C-Gehalt und den extrem hohen Anteilen an Vanadium, Wolfram und Cobalt.

Die Gefügebilder von Aogami Super, CPM 4V (Karbidanteil 8 %) und Rex 121 (Karbidanteil 32 %) veranschaulichen den Zusammenhang (die weißen Bestandteile sind die Karbide).

01 Blue-Super2-resized.jpg 02 4V-1000x 8 % Carbide Volume.jpg 03 1000X-REX-121 32 % Carbide Volume.jpg

Das dazu. Für Deine Nakiri-Entscheidung schließe ich mich Bukowski an und empfehle, den Schwerpunkt Deiner Entscheidung nicht von möglichst hoher Schnitthaltigkeit abhängig zu machen.

R’n‘R
 
Bitte entschuldigt die späte Rückmeldung, ich hatte mit der Uni leider ziemlich viel zu tun.

Ich habe noch ein wenig gestöbert und bin dabei auf -> dieses <- Messer gestoßen. Kann mir jemand von euch was dazu sagen? Optisch finde ich es extrem schön, vor allem der Griff sagt mir sehr zu. Wäre nett, wenn die Experten hier im Forum ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnten. "Taugt" ZDP-189 grundsätzlich was? Kennt man Yoshida Hamono?
 
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Danke für den Link. Den Artikel habe ich - wenn ich auch nicht alles verstanden habe - dennoch mit großem Interesse gelesen.

Hat jemand von euch persönliche Erfahrungen mit diesem Stahl beim Einsatz als Küchenmesser gemacht? Vielleicht sogar mit diesem spezifischen Modell? Immerhin habe ich hier ja gelernt, dass der verwendete Stahl maximal die Grundlage für die Qualität des Messers ist und es ebenso auf Schliff und Geometrie ankommt. Daher wäre insbesondere Nutzererfahrung sehr wünschenswert.
 
Ich kann etwas persönliche Erfahrung zum Stahl beitragen. Allerdings nicht bezüglich Küchenmessern. In meinem Bestand befinden sich zwei Spyderco Caly 3.5 - eines mit einer Klinge aus ZDP-189, das andere mit einer solchen aus Aogami Super Blue. Beide Klingen haben die absolut identische Geometrie.

Und was das Schärfen angeht, tut sich der ZDP-189 deutlich schwerer. Es ist kein Hexenwerk, aber es fordert einen schon heraus. Der Aogami läßt sich ganz klar leichter auf höchste Schärfe bringen.

Der ZDP-189 ist allerdings auch erheblich schnitthaltiger. Man muß sich entscheiden zwischen sehr hoher Schnitthaltigkeit und leichter Schärfbarkeit. Wetzen zum Scharfhalten z.B. kannst Du beim ZDP mit seinem hohen C- und Chromanteil und 65+ HRC vergessen.

R’n‘R
 
Weil in deinem Link von "rostträge" die Rede ist: Falls du den Stahl aus diesem Grund in Erwägung ziehst, die Korrosionsresistenz hält sich bei ZDP-189 in Grenzen, einfach nach dem Kochen feucht liegenlassen würde ich ihn nicht.
 
Vielen Dank, das hilft mir sehr weiter. Ich schärfe tatsächlich lieber seltener und dafür aufwändiger. Insofern wäre ja ZDP-189 für mich recht gut geeignet.

Die Rostfreiheit ist mir ehrlich gesagt total egal, ich hätte auch mit Aogami oder Shirogami kein Problem. Ich mache auch mein VG-10-Shun immer direkt nach dem Schneiden sauber und trocken und verstaue es. Bezüglich Rost mache ich mir daher keine großen Gedanken.

Welche Steine wären denn für solch ein ZDP-Messer empfehlenswert? Muss man da wegen der großen Härte was beachten? Habt ihr spezifische Produktempfehlungen? Welche Körnungen braucht man denn? Was ich bisher so gelesen habe, wird wohl meist 1000 und 6000 als Anfang empfohlen.
 
Steinberatung in der Küchenmesserberatung wird nicht gern gesehen, dafür gibt's die Rubrik "Wartung und Pflege".

Die Frage, die bleibt: taugen Schliff, Wärmebehandlung und Verarbeitung des Messers :)
 
Oh, alles klar. Ich dachte, das wäre in Ordnung, weil es ja im direkten Kontext zu dem Messer steht, das gesucht wird
Aber dann erstelle ich dafür natürlich einen neuen Thread an passender Stelle.
 
Kurzes Update: Nach einem super netten Telefonat mit dem Inhaber des verlinkten Shops habe ich mich für das Yoshida Hamono aus ZDP-189 entschieden. Ich werde weiter berichten, wenn es dann angekommen ist. Vielen Dank noch einmal für eure tatkräftige Unterstützung.
 
So, ich kann abschließendes Feedback geben: Das erste gelieferte Messer war, offen gesagt, eine Rübe. Der Griff hatte zwischen vorderem und hinterem Holzteil eine riesige Lücke und die Schärfe wirklich mies. Der Betreiber des Shops war sehr nett und hat mir ohne jegliche Probleme einen Ersatz zukommen lassen. Das neue Messer hat einen Griff ohne spürbare "Naht" und ist deutlich schärfer als das erste Exemplar. Auch sonst bin ich mit der Verarbeitung und Nutzbarkeit sehr zufrieden, erste Schnitttests waren sehr gut, selbst der Trauben-Test hat ohne weiteres geklappt (mag er auch für die Praxis extrem unnötig sein).

Ein echtes Highlight ist für mich auch die Form des Griffs. In Vergleich zur Kastanienform des Shun ist die Oktagonform des Yoshida Hamono deutlich griffiger und lässt sich besser kontrollieren, wozu natürlich auch das deutlich kleinere Gewicht beiträgt. Insoweit kann ich sagen, dass ich mit dem Messer sehr zufrieden bin. Das "Montagsmodell" ist zwar ärgerlich, lässt sich aber verschmerzen.

Vielen Dank noch einmal an alle, die bei der Suche und Auswahl geholfen haben!
 
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So, ich kann abschließendes Feedback geben: Das erste gelieferte Messer war, offen gesagt, eine Rübe. Der Griff hatte zwischen vorderem und hinterem Holzteil eine riesige Lücke und die Schärfe wirklich mies. Der Betreiber des Shops war sehr nett und hat mir ohne jegliche Probleme einen Ersatz zukommen lassen. Das neue Messer hat einen Griff ohne spürbare "Naht" und ist deutlich schärfer als das erste Exemplar. Auch sonst bin ich mit der Verarbeitung und Nutzbarkeit sehr zufrieden, erste Schnitttests waren sehr gut, selbst der Trauben-Test hat ohne weiteres geklappt (mag er auch für die Praxis extrem unnötig sein).

Ein echtes Highlight ist für mich auch die Form des Griffs. In Vergleich zur Kastanienform des Shun ist die Oktagonform des Yoshida Hamono deutlich griffiger und lässt sich besser kontrollieren, wozu natürlich auch das deutlich kleinere Gewicht beiträgt. Insoweit kann ich sagen, dass ich mit dem Messer sehr zufrieden bin. Das "Montagsmodell" ist zwar ärgerlich, lässt sich aber verschmerzen.

Vielen Dank noch einmal an alle, die bei der Suche und Auswahl geholfen haben!
servus icecube, ich habe ein ähnliches anforderungsprofil wie du und war dankbar diesen thread schonmal lesen zu dürfen.
wie schaut es inzwischen mit deinem messer aus?
lg
 
Bitte entschuldigt die späte Rückmeldung, ich hatte mit der Uni leider ziemlich viel zu tun.

Ich habe noch ein wenig gestöbert und bin dabei auf -> dieses <- Messer gestoßen. Kann mir jemand von euch was dazu sagen? Optisch finde ich es extrem schön, vor allem der Griff sagt mir sehr zu. Wäre nett, wenn die Experten hier im Forum ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnten. "Taugt" ZDP-189 grundsätzlich was? Kennt man Yoshida Hamono?
Gibt es hierfür evtl. noch eine Bezugsquelle?
Bzw. wie ist die genaue Bezeichnung ?
 
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