Alltagstauglichkeit von handgeschmiedeten Japanischen Messern

Hanzō

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Hallo liebe Forengemeinde,

ich habe mich in den letzten Wochen immer wieder gefragt wie es mit der Alltagstauglichkeit oben genannter Messer aussieht. Ich bin durch Zufall auf das Shiro Kamo Orca gestoßen und das Video mit den Vergleichsschnitten (https://www.youtube.com/watch?v=7cAVoDR3y_c) fand ich schon irgendwie beeindruckend. Mit meinen "industrielleren" Messern lässt es sich auch gut arbeiten aber wie im Video zu sehen ist, ist sowas schon nochmal ne andere Nummer. Wie verhält es sich bei solchen Kingen mit der Empfindlichkeit, der Schnitthaltigkeit und wie schwer/einfach sind diese zu schärfen?

Auf https://www.japanische-kochmesser.ch/ heißt es:

Die Aussenhaut des 3-lagigen Messers mit dem R2 Kernstahl ist aus rostbeständigem Stahl, als Schneidelage kommt ebenfalls nicht rostender R2 Pulverstahl mit ca. 63-64 HRC zum Einsatz welcher eine sehr lange Schnitthaltigkeit hat und sehr einfach nachgeschliffen werden kann.

Alles in allem wäre das ja dann ein quasi perfektes messer, denn hohe Schneidfreudigkeit, Schnitthaltigkeit, Rostträgheit und einfaches Schärfen ist doch eigentlich alles was man braucht? Oder übersehe ich da etwas?

Gruß
 
Servus,

tja, dass ist eigentlich eine lange Geschichte.

Da unterscheidet man zuerst grob in traditionell geschmiedete Messer, dass heißt drei Lagen, Yasuki-Stahl, hohe Härte, wassergehärtet ( spröde ) und zu spitzer Schleifwinkel ( auf Null ohne Schneidfase )

Dann gibt's technologisch westlich orientierte Manufakturen die moderne Stähle verwenden, aber im klassischen Wa-look, recht dünn bis sehr dünn und moderate Winkel ( Ashi 30° Schneidenwinkel bis extrem siehe Takamura 18° Schneidenwinkel ) Diese Messer sind meist Monostahl und nicht so hoch gehärtet und daher weniger empfindlich.

Das Kamo Orca ist ein Extrembeispiel. Durch den extrem dünnen Schliff ist es natürlich viel empfindlicher als ein durchschnittliches Solinger Kochmesser, schneidet aber in einer völlig anderen Liga. Ausgelegt sind solche Messer auf möglichst geringen Brettkontakt und Zugschnitt. Dennoch würde ich den spitzen Werksschliff mit einem deutlich stumpferen Winkel ausstatten. Bei diesem Messer können das durchaus Winkel sein, die einem Jagtmesser gut zu Gesicht stehen, so um die 40° Schneidenwinkel, weil die Klinge über der Schneide so dünn ist, dass ein stumpfer Winkel nicht gespürt wird. Das bringt zwar eine etwas stabilere Schneidensituation, aber von robust und für jedermann tauglich ist das noch weit weg.

Ingesamt ist die Alltagstauglichkeit von traditionellen japanischen Messern unter europäischen Gesichtspunkten schlecht, um es mal hart und ungeschminkt auszudrücken. Es bedarf einer Liebhaberei und vor allem eine intensive Beschäftigung mir dem Thema und bestimmte Massnahmen um mit solchen Messer zufrieden und schadlos arbeiten zu können.

Hingegen die klassischen Manufakturmesser wie Ashi, Yusuke, Konosuke, aus modernen und moderat gehärteten Schwedenstählen in mikroprozessorgesteuerten Härteöfen, die sind zwar dünn, aber nicht sonderlich empfindlich und schneiden dennoch um Welten leichter und besser als die meisten europäischen Kochmesser, ohne das Divenhafte traditioneller japanischer Messer.

Gruß, güNef
 
Vielen Dank für deine Antwort!

Wo bekommt man solche Messer denn? Würde mich da gerne mal etwas schlauer machen was Kosten ect. betrifft. Hab per Google irgendwie nicht wirklich was gefunden :/

Gruß
 
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