Entwurf für ein Kochmesser

Taperedtang

Premium Mitglied
Messages
1,069
Hallo,

letzte Woche habe ich einen Entwurf für ein "kleines" Kochmesser, mit einer etwas von der Norm abweichenden Klingenform, gezeichnet. Da es hier im Forum einige Fachleute zum Thema Kochmesser gibt, bitte ich diese sich meinen Entwurf mal anzuschauen und zu bewerten wie "praxistauglich" diese Klingenform sein wird. Ebenso interessiert mich, ob die Proportionen stimmig sind. Über Hinweise, Anregungen und Verbesserungsvorschläge würde ich mich sehr freuen.

IMG_20200504_144026149_HDR.jpg
[/URL][/IMG]

Viele Grüße

Matthias
 
Ich weiß ja nicht wie offen du für Vorschläge bist, denn natürlich hängt vieles vom eigenen Proportionalen Geschmacksempfinden ab.
Ich hab meine Entwürfe mit einem CAD-programm gemacht, weil man damit echt saubere kontinuierliche Kurven hinkriegt. Ich habe auch nur Linien gezeichnet, weil man die Proportionen damit sehr gut sieht. mm machen schon viel aus.

1. Ich würde das Messer länger und vor allem Höher machen, 4cm sind sehr knapp. Ein Kochmesser hat minimal 43mm und das halte ich auch schon für zu wenig. Ab 48mm ist es ok, darf aber gern auch 50 oder 55mm haben. Wenn man es breiter macht kann man es auch länger entwerfen bei gleicher Proportion.
2. So ein langer Flatspot ist eigentlich nur zum Salamischneiden gut. Oder man choppt hauptsächlich - dann braucht es aber nicht die hochgezogene Spitze zum Wiegen. Du merkst, die Form hat funktionale Folgen. Ein langer Flatspot ist beim Wiegeschnitt unangenehm. Will man wiegen, braucht man eine minimale Kurve. Ein - zwei mm reichen. Wie gesagt - es kommt drauf an was man mit machen will.

3. Den Radius am Kehl am Übergang von Griff und Klinge würde ich auch mal etwas größer probieren - ist aber mein Geschmack. In der Zeichnung nicht rumradieren, sondern eine neue machen, dann kannst du sie nebeneinander legen.

Flieder ist übrigens ein wirklich tolles Holz. Sehr dicht und feinpoorig und das beste ist, es riecht nach Parfüm, besonders beim sägen und schleifen.
 
Hallo tiffel,

ich bin grundsätzlich für alle Vorschläge offen, sofern sie für mich nachvollziehbar sind und natürlich auch meinem Geschmack entsprechen. Vielen Dank für die Anregungen, das was Du schreibst klingt für mich plausibel. Ich werde den Entwurf überarbeiten. Allerdings werde ich die Klingenlänge nur um max. 2 - 3 cm verlängern, da ich bewusst ein relativ kurzes Kochmesser bauen möchte. Klingenlängen von 21, 24 oder gar 26 cm sind mir zu lang auch wenn Profis gerne damit arbeiten. Wie sich die Proportionen dann entwickeln werde ich sehen. Ich teile auch deine Meinung zu Flieder. Das Bearbeiten macht, insbesondere wegen des angenehmen Dufts, Freude. Allerdings muss man aufpassen, da besonders die hellen Holzanteile sehr fleckenanfällig sind.

Gruß

Matthias
 
So, habe meinen Entwurf noch mal überarbeitet, gefällt mir jetzt ganz gut. Die Klingenhöhe habe ich auf 46 mm erhöht. Wegen der von mir beabsichtigten max. Klingenlänge werde ich die Klingenhöhe nicht noch größer machen, da mir sonst die Proportionen nicht mehr gefallen. Den Übergang von Griff und Klinge habe ich vergrößert, damit wird die Handlage sicherlich verbessert.

IMG_20200504_201628262_HDR.jpg
[/URL][/IMG]

Gruß

Matthias
 
Ich finde den langen Flatspot in Kombination mit der extrem hochgezogenen Spitze immernoch konzeptionell etwas unausgewogen. Tiffel hat es ja schon beschrieben, Flatspot ist gut beim choppen, stört aber beim wiegen und die hochgezogene Spitze bringt wiederum beim choppen nichts. Der Bogen zur Spitze verläuft außerdem so steil, dass er für die gleitende Bewegung beim Wiegeschnitt nicht optimal ist.

Der Entwurf erinnert mich ein bisschen an ein Haumesser bzw. eine Mischung aus Nakiri hinten und deutschem Kochmesser vorne.

In welcher Schnitttechnik schneidest du denn dein Gemüse am liebsten? Wiegeschnitt, Choppen, Zug- oder Schubschnitt? Ich würde versuchen die Klingenform darauf auszurichten.
 
Hallo Bukowski,

durch deine und tiffels Hinweise ist mir klar geworden, dass die Konstruktion eines Kochmessers komplexer ist als ich dachte. Somit werde ich auch, nachdem ich mir nochmal über alles gründlich Gedanken gemacht habe, meinen aktuellen Entwurf anpassen. Dabei muss ich aber aufpassen, dass ich schließendlich nicht genau beim Standard deutschen Kochmesser lande (was grundsätzlich nicht schlecht ist), da ich ja etwas Eigenständiges entwickeln möchte. Danke für die Unterstützung.

Gruß

Matthias
 
Dessen bin ich mir bewußt. Vielleicht sollte ich mich gerade am Anfang mehr an bewährtem orientieren. Nichtsdestotrotz möchte ich schon meine eigene "Handschrift" mit einbringen.

Gruß

Matthias
 
Als Allround-Messer finde ich das Klingenprofil des klassischen französischen Kochmessers bzw. Gyutos am ausgewogensten, weil es mit leichtem Flatspot beim Choppen funktioniert, ohne dass die Klinge beim Wiegen hinten zu ausgeprägt auf's Brett knallt. Das Profil entfaltet sein Potential aus meiner Sicht aber erst bei längeren Klingen ab 21cm.

Um 18cm Klingenlänge könnten vielleicht das Profil des K-Sabatier 200/8 7 inch oder das Herder K5 eine Inspiration sein.

Wie du selber sagst, die Konstruktion eines Kochmessers ist sehr komplex und der Verlauf des Klingenprofils ist nur ein Parameter (der bei minimalen Änderungen das Schneidverhalten maßgeblich beeinflusst), neben dem Anschliff aber sicherlich der maßgeblichste für die Schneideigenschaften.
 
Last edited:
Interessante Anregung, mein Entwurf des Griffs ähnelt dem Griff des Herder K5 und die Klinge des K-Sabatier gefällt mir. Ich könnte mir gut eine Kombination aus beiden vorstellen, allerdings mit einer etwas weniger spitzen Klinge. Ich denke, da muss ich noch eine Nacht darüber schlafen und dann nochmal zu Zeichenbock und Bleistift greifen.
 
Last edited:
Ja prima, bei einer etwas sanfter abfallenden Klingenspitze kommt das meinen Vorstellungen schon sehr nahe.
 
Ich habe, nachdem ich mir nochmal Gedanken gemacht habe, meinen Entwurf erneut überarbeitet. Das Ergebnis deckt sich jetzt mit meinen Vorstellungen von einem Kochmesser. Ich hoffe, dass keine wesentlichen "Konstruktionsfehler" mehr vorhanden sind. Und natürlich ist die Form eines Kochmessers auch Geschmacksache, sofern es denn "funktioniert". :)

IMG_20200505_114742553_HDR.jpg
[/URL][/IMG]

Gruß

Matthias
 
Vielleicht wäre ein Fingerrest noch eine Möglichkeit, bei der Konstruktion etwas mehr Klingenlänge rauszuholen. Empfinde ich außerdem sehr komfortabel im Pinchgrip.

Ob ein Messer funktioniert, entscheidet sich dann auf dem Brett ;) Ich bin gespannt.
 
Ich würde den Griff noch etwas höher ziehen damit die Finger beim Schneiden keinen Brettkontakt bekommen.
Bei meinen Küchenmessern gestalte ich den Rücken so, das ich damit das Schnittgut auf dem Brett schieben kann.
Von der Spitze her gesehen sind ca. zwei Drittel des Rückens gerade geschliffen und die Spitze ist etwas weiter unten angesetzt ,
ganz dezent Bowiemäßig, das schont die Schneide.
Grüße
 
Ich möchte mich bei allen die mich hier unterstützt haben bedanken (ganz besonders bei Bukowski). Durch die wirklich guten Hinweise und Ratschläge habe ich ein deutlich besseres Verständnis zu Kochmessern gewonnen. Ich habe viele Vorschläge berücksichtigt manche auch nicht, da ich ein Stück weit an meinen Vorstellungen festhalten werde. Ich werde natürlich darüber informieren wie es weitergeht. Allerdings bekomme ich diese Woche 4 Klingen (die ich auch gezeigt habe) aus der Härterei zurück, um die ich mich auch kümmern muss. Auch hierüber werde ich berichten.

Viele Grüße und bleibt gesund!

Matthias
 
Jetzt finde ich es funktional schon viel besser in der dritten Variante. Die Nieten sitzen noch nicht richtig. Nicht mittig und sie schwimmen auch noch ein bisschen optisch. Im vorderen Drittel ist der Klingenschwung zu stark. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass du die Spitze nicht weiter runterziehen willst aus ästhetischen Gründen. Wenn also die Höhe der Spitze gleich bleibt und auch das hintere Ende der klinge an der selben stelle, kannst du das Messer trotzdem weniger bauchig machen. Verbinde einfach mal als Hilfslinie Spitze und Ende mit einer Geraden, dann siehst du den Bauch besser. Der Klingenschwung ist dabei nicht gleichmäßig, also z.B. kein Kreissegment, sondern er ist an der Spitze stärker gekrümmt und wird nach hinten fast flach.
Von der Funktion kommst du beim Wiegen dabei hinten höher (gerade bei einem kurzen Messer ist das wichtig) und hinten ist die Schneide nur ganz wenig gekrümmt. Dadurch gewinnst du Schneidenlänge mit wenig Krümmung. Ich hoffe du kannst das gedanklich nachvollziehen.
 
Verbinde einfach mal als Hilfslinie Spitze und Ende mit einer Geraden, dann siehst du den Bauch besser. Der Klingenschwung ist dabei nicht gleichmäßig, also z.B. kein Kreissegment, sondern er ist an der Spitze stärker gekrümmt und wird nach hinten fast flach.
Von der Funktion kommst du beim Wiegen dabei hinten höher (gerade bei einem kurzen Messer ist das wichtig) und hinten ist die Schneide nur ganz wenig gekrümmt. Dadurch gewinnst du Schneidenlänge mit wenig Krümmung. Ich hoffe du kannst das gedanklich nachvollziehen.

Ich bin mir tatsächlich nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. So wie Du schreibst ist der nicht gleichmäßige Klingenschwung ja gewünscht, weil er die beschriebenen Vorteile bringt. Insgesamt ist also alles gut. Du empfiehlst nur im ersten Drittel den Klingenschwung etwas abzuflachen und die Klinge insgesamt etwas weniger bauchig zu machen, ist das so?
 
Nochmal ein neuer Entwurf, so wie ich den Änderungsvorschlag verstanden habe. Das sieht, aus meiner Sicht, harmonischer aus als zuvor. Die Diskussion hier macht mir Freude, ich bin wirklich erstaunt wie sich hierdurch mein Entwurf von der 1. bis zur 4. Variante gewandelt hat, ob irgendwann auch ein gutes Kochmesser entsteht wird sich zeigen.

 
Last edited:
Ja es sieht harmonischer aus. Die Krümmung ist aber auch noch durchgehend gleich. Kann man machen so wie es jetzt ist. Trotzdem finde ich eine starke Krümmung zur Spitze hin und ein flache Krümmung gegen den Griff funktional besser. Es muss auch nicht viel sein. Man kann das Schnittverhalten ermitteln, indem du den Umriss auf einen Karton oder dünnes Stück Sperrholz (z.B. von ner Orangen/Mandarinenkiste) überträgst und ausschneidest. Damit dann auf einem Brett wiegen/"schneiden", dann merkst du die Auswirkungen 1:1. So wird sich dann auch die echte Klinge anfühlen. Und so wie es sich für dich dann richtig anfühlt, so ist es dann auch richtig.

Beim Griff ist mir noch aufgefallen, dass die Krümmung unten, der Bauch, weniger stark ausgeprägt ist und dadurch der Übergang vom Griff zur Klinge dick wirkt, obwohl er gar nicht dicker geworden ist. Das ist z.B. auch so eine optische Lehre, die man beim Anschauen der Linien gewinnt. Die eine Krümmung hat eine optische Auswirkung auf die Gegenkrümmung. Wenn die eine Krümmung stark ist, wirkt die andere schwach, weil man sie zueinander in ein Verhältnis setzt. D.h. wenn man die ein Krümmung verändert muss man manchmal auch die andere verändern, weil es sonst unausgewogen ausschaut.
 
Back