Puli Messer Vorstellung (gewerblich)

Marco Rohwer

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Hallo zusammen,

ich würde heute gern mal die Marke Puli-Messer aus Ungarn der etwas breiteren Masse vorstellen. Hin und wieder sind Puli Messer ja bereits im Forum aufgetaucht … Zeit für den Blick ins Detail!

Puli Messer gehören in Deutschland vermutlich zu den stärksten Vertretern der „ungarischen Fraktion“ und werden bei uns nicht nur von Jägern, sondern auch von Outdoor-Freunden und Sammlern gern genommen. Der besondere Reiz dieser Messer liegt wahrscheinlich in der extrem hohen Verarbeitungsqualität und in den für Handarbeit sehr moderaten Preisen. Man liest es immer mal wieder: „wer ein Puli hat, braucht kein anderes mehr“… (ist natürlich Quatsch 😉)

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Woher kommen nun also die Pulis, und wer steckt dahinter?

Szabados Karoly, gelernter Werkzeugmacher aus der ungarischen „Stahlstadt“ Dunaujvaros (früher Sztálinváros = Stalinstadt (was für ein Name…)) wurde im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht zum Messermacher.
„Nicht ganz legal“, wie er im Nachhinein schmunzelnd zugibt, doch dafür überaus erfolgreich.
Die Arbeitsbedingungen in der Stahlindustrie waren zu jener Zeit bestimmt nicht die gemütlichsten, dennoch schreckte Szabados nicht davor zurück – um seinem Wunsch nach einem eigenen Messer nachzukommen – die Grenzen des Erlaubten etwas auszudehnen.
Zusammen mit einem Kollegen entriegelte man täglich kurz vor Schichtende einen der Lüftungsschächte des Stahlwerkes, um spät in der Nacht heimlich wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu können und das eigene Messer zu fertigen.
Diese Doppelschichten blieben lange Zeit unbemerkt und die in dieser Zeit gefertigten Messer übertrafen schnell Alles, was man zu jener Zeit in Ungarn bekommen konnte. Aber irgendwann passierte es dann doch! Man wurde entdeckt! Es folgenden Lohnentzug und Strafschichten. Und die Messer-Karriere des jungen ungarischen Messermachers Szabados schien fast beendet. Aber eben nur fast!

Glücklicherweise fiel eines dieser „Stahlwerkmesser“ dem Direktor des Stahlwerks (einem aktiven Jäger) in die Hände. Dieser war so begeistert, dass er fortan für sich, Freunde und Jagdgenossen „halboffiziell“ Messer bei Szabados bestellte, die dieser als „Nebentätigkeit im Werk herstellen durfte (eine „win-win“ Situation wie man heute sagen würde).

Der „Virus“ war entfacht, die Qualität nahm wöchentlich zu und so dauerte es nicht mehr lange, bis Szabados aus dem Stahlwerk „auszog“ und seine eigene Messermanufaktur gründete. Als gelernte Werkzeugmacher, war es ihm ein Leichtes die notwendigen Maschinen selbst herzustellen. Und wie alles was Szabados in die Hand nahm, war die Qualität überragend. Noch heute, etwa 50 Jahre nach der Gründüngung der Manufaktur, arbeitet Szabados mit denselben Maschinen.

Inzwischen gehört Szabados zu den anerkannten Altmeistern (und Gründungsmitgliedern) der ungarischen Messermachergilde, der nie auch nur eine Sekunde zögert, sein umfangreiches Wissen an die nächste Generation weiterzugeben (wie ich selbst dankbar bestätigen kann).

„Klassisches Design gepaart mit ungarischer Phantasie, beste Verarbeitungsqualität gepaart mit höchstem Gebrauchsnutzen“ diesem Leitsatz folgt Szabados heute genau wie vor 50 Jahren. Für seine außergewöhnlich schönen, handgefertigten Jagdmesser verwendet er überwiegend 440C-Stahl, aber auch RWL-34 und pulvermetallurgischer Damast. Die Griffschalen werden aus natürlichen, ausgesuchten Materialien wie z.B. Hirschhorn und verschiedenen Holzarten (Wenge, Thuja, Amboina, Padouk, Ebenholz) gefertigt.

Nach wie vor versteht sich Szabados in der ersten Linie als Handerker, der alle Arbeitsschritte (bis hin zur Lederscheide) selbst und per Hand vornimmt (nur im Härteofen lässt er seine Messer mal kurz los).
Natürlich geht diese einfache und zugegeben langsame Herstellungstechnik zu Lasten der Stückzahlen, aber wer braucht schon hohe Stückzahlen, wenn der Nicht-Messersammler bis zu seinem Lebensende (und vermutlich noch weit über die nächste Generation hinaus) definitiv nur ein Puli-Messer benötigt. Qualität und Preisleitung sind sicherlich kaum zu schlagen.

Schaut einfach mal selbst: www.porta-hun.eu (Achtung: gewerblich)
(Für Forumsmitglieder gibt es bis Ende April 2019 einen Rabatt auf die Pulis. Gebt euch einfach zu erkennen)

VG, Marco

der Workshop:
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Hallo Marco,

Das ist echt eine Webadresse, bei der mir das Herz aufgeht! Ungarn ist für mich wie eine zweite Heimat, und das seit meiner frühesten Kindheit. Ich kenne Ungarn seit der Wende, meine Eltern kamen schon seit´73 regelmäßig in das Komitat Vezprem- trotz aller damaligen politischen Umstände. Über Puli Messer muss man ja nicht viel schreiben- sie sind durchwegs makellos! Was ich aber bei dieser Gelegenheit fragen möchte: habt ihr schon mal daran gedacht, auch ungarische Taschenmesser einem größeren Publikum vorzustellen? Es gibt ja eine ganze Reihe, verschiedener traditioneller Modelle- und auch genügend Hersteller, welche sich- was die Qualität angeht- nicht verstecken müssen! Da reicht die Spannweite von Einzelfertigung( z.b. Kocsis Ferenc ), bis hin zur Messermanufaktur( z.b. Révész)...
Leider sind diese Messerformen im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt, obwohl sie -42a konform, gerade in Deutschland interessant wären, und bewährte Gebrauchsmesser sind....
Zumindest ich hätte großes Interesse, meine Sammlung ungarischer Taschenmesser weiter zu vergrößern:steirer:

( Sollte mein Post unerwünscht sein, da es ja um Puli Messer geht-bitte löschen!)
 
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Vielen dank für diese sympathische Vorstellung,
der Blick auf die HP hat echt Appetit gemacht;)

Viel Erfolg wünscht
Excalibur
 
Danke für das nette Feedback! ☺
Ich lebe seit knapp 15 Jahren in Ungarn und habe bisher nur wenige Tage bereut (und das lag dann meist am Palinka) 😉. Tolles Land!

Das mit den ungarischen Taschenmessern ist so eine Sache…
Es gibt sehr viele Hersteller aber nur sehr, sehr wenige, die eine gleichbleibend gute Qualität liefern. (Wenn man Puli Messer als Benchmark nimmt, muss der Anspruch natürlich hoch sein.)

Kocsis ist ohne Frage das Maß aller Dinge. Besser geht es meiner Meinung nach nicht. Jedes Messer ist ein Volltreffer, wobei man bei manchen anderen Herstellern oft lieber „aussuchen“ sollte.
Leider baut der gute Feri nur noch selten Taschenmesser und die sind i.d.R dann auch super schnell weg.

Aber die Idee ist gut: das ungarische Taschenmesser verdient eine Vorstellung! Ich poste gern mal ein paar Bilder meiner kleinen Kocsis und Polyak-Sammlung.

VG, Marco
 
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Ja, das wär doch mal was- ein Vorstellungsthread für ungarische Taschenmesser!
Bei schönem Wetter muss ich mal meine bescheidene Sammlung ablichten- sind ja nicht allzu viele
3 Fejesgörbe, eins davon von Kocsis, und ein modernes Maskara in Niolox... ist zwar in meiner Werkstatt entstanden, hat aber klar erkennbare ungarische Wurzeln.
Ich finde auch die preiswerteren Messer als User ganz brauchbar- z.t. mit 12C27 und verlöteten Backen- preislich vergleichbar mit Au Sabot, aber alles auf Hochglanz poliert, nicht satiniert!


Lg
 
Hallo Marco,

ich finde deinen Vorstellungsbeitrag auch sehr gut.
Ich bin schon sehr lange im Besitz eines Puli Messers, habe ich vor Jahren auf der IMA in München direkt am Stand von Herrn Karoly gekauft.
Die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis sind wirklich TOP.
Allerdings würde ich mir persönlich bei den heute verwendeten, rostfreien Hochleistungsstählen, eine satinierte Klinge und satinierte Backen wünschen.
Die Zeit der hochglanzpolierten Klingen bei Gebrauchsmessern ist doch eigentlich vorbei.

Grüße
Andreas
:steirer::steirer::steirer:
 
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