Eden Kanso Mikrofase OOB?

Gyoza

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Hallo zusammen,

bin immer wieder mal hier im Forum als passiver Leser aktiv und habe mir schon vor 2 (?) Jahren ein Eden Kanso 20cm Gyuto gekauft. Ich denke die Messer der Serie sind mittlerweile vielen bekannt. Zu Weihnachten habe ich mir jetzt zusätzlich ein Office-, Petty- und nochmal das Gyuto (das alte geht an Mutti :super:) gegönnt. Schon beim ersten Messer ist mir aufgefallen, dass die Fase extrem schmal ist, gefühlt deutlich unter 1mm. Jetzt bei der Neulieferung das gleiche Bild durch die Bank weg: Alle Fasen extrem winzig. Meine Fasen beim Nachschärfen sind deutlich breiter! In vielen Youtube-Videos sehen die Schleiffasen auch eher so breit aus wie bei mir.

Jetzt meine Frage:

Haben die Messer im Auslieferungszustand eine Mikrofase und die eigentliche Primärfase ist wirklich so überdimensional breit, also bis zu dem etwas raueren Oberflächenteil, oder mache ich beim Schleifen etwas ganz, ganz grob falsch?

Schonmal vielen Dank!

Viele Grüße
Chris
 
Servus,

die Breite einer Schneidfase resultiert aus zwei Faktoren:

Die Dicke an der Schneidenspitze und unmittelbar darüber und dem Schneidenwinkel. Ist eine Klinge dünngeschliffen, so das sie gegen den Nagel gedrückt nachgibt und eine "Beule" wirft, also buckelt, dann ist der erste Punkt erfüllt. Wenn jetzt der Schneidenwinkel stumpf statt spitz gewählt wird, also über 36° statt unter 20° wird der zweite Punkt erfüllt.

Wenn deine Schneidfase immer breiter wird, dann aus zwei Gründen: Zum Einen wird durch einen Grundschliff mit grober ( zu grober ) Körnung die Schneide immer weiter zurückgesetzt, wenn nicht immer gleichzeitig die Sekundärfase mit ausgedünnt wird. Das bedeutet, du schleifst dein Messer nur um es scharf zu bekommen und nicht auch, um die Klingengeometrie beizubehalten. Dadurch wird die Wate, also der Bereich um und über der Schneide immer dicker. Zum Zweiten wählst du wahrscheinlich einen zu spitzen Winkel, dass heißt du schleifst zu flach. Dadurch wird die Schneidfase immer breiter.

Beispiel:

Eine ausgedünnte Klinge in stumpfen Winkel:

34295372wh.jpg


Eine nicht ausgedünnte Klinge in spitzerem Winkel

34295373cx.jpg


Bei beiden Bildern ist die Auflösung gleich.

Gruß, güNef
 
Danke für die Antwort güNef! Macht soweit für mich Sinn. Mein neues Kanso sieht eher aus wie auf deinem ersten Bild (sorry für die Bildqualität, hab nur ein Handy zur Hand, man erkennt aber glaube ich, was gemeint ist):


Hier mein altes Kanso. Wie man sieht ist da schon deutlich Material abgetragen worden.


Beziehen sich die berühmten 12-15° Schleifwinkel jetzt auf die breitere Sekundärfase oder tatsächlich auf die winzige Schneidfase/Wate? Ich glaube ich bin beim Schleifen nicht zu flach, in diversen Youtube-Vids machen die Jungs das gefühlt noch deutlich flacher. Eher habe ich manchmal das Gefühl zu steil zu sein. Irgendwie hab ich beim Denken noch den Wurm drin glaub ich. Scharf bekomm ich das Ding auf jeden Fall :D

Gruß, Chris
 
Servus,

der exakte Schleifwinkel der dünnen Fase beträgt 18° pro Seite. Die Breite Fase ist der Spyderco-Originalschliff. Ich habe früher gefühlt von Hand geschliffen und war erstaunt wie flach ich unterwegs war, nachdem ich auf ein winkelbestimmendes System umgestiegen bin.

Es gibt viele Videos im Netz die Zeigen, wie japanische Messer direkt auf der Primärfase liegend geschliffen werden, also auf Null geschliffen, ohne stützende Sekundärfase. Diese Methode dünnt zwar immer die Wate aus, nimmt aber der Schneidenspitze jede Stabilität.

Ein Eden Kanso hat ausgeliefert eine zarte Sekundärfase angeschliffen und diese gilt es zu erhalten. Ich empfehle nur mit hoher Körnung und 18° Schleifwinkel die Schneidenspitze scharf zu halten. Ziel ist es, so wenig wie möglich und soviel als nötig abzutragen, um so ein ausdünnen zu verzögern. Viele schleifen mit zu grobem Korn und tragen deshalb viel mehr Material als nötig ab und setzen sehr schnell die Schneide so weit zurück, dass ein ausdünnen unumgänglich ist, weil das Messer dann seine Charakteristik ändert und sich von einem vormals leichten Schnitt immer weiter entfernt.

Wenn es die Schneide verträgt, dann ist die sanfteste Art ein Messer scharfzuhalten, dass vorsichtige Wetzen mit einem Wetzstahl ( Mikrofeinzug/Polierzug ). Mit dieser Methode erfolgt kein nennenswerter Abtrag und er ist materialschonend wenn richtig gemacht. Die Schneidenspitze wird zwar mikroskopisch mehr belastet, weil sie auszufransen beginnt. Ein feiner Naturstein erzeugt unter dem Mikroskop eine deutlich schönere, geschlossenere Schneidenspitze, trägt aber dennoch mehr an Material ab, als ein glatter Stahl, aber einen Tod muss man halt sterben. :D

Gruß, güNef
 
Hi,

jetzt wird ein Schuh draus! Bei meinem alten Kanso ist schon soviel Material weg, dass die Klinge gute 5mm schmäler ist als beim brandneuen! Das war aber auch mein erstes gutes Messer und ein Versuchskaninchen. So wie ich das verstehe verhält es sich ja dann ungefähr so wie mit einseitig geschliffenen: Man schleift erst die breite Fase ein wenig und versetzt damit die Shinogi-Linie (=Ausdünnen) und schärft dann die sehr schmale Sekundärfase. Mit dem Unterschied, dass das Ausdünnen durch Ansetzen einer Sekundärfase mit stumpferem Winkel verzögert wird.

Ich frage mich aber, wieso das mit den zwei Fasen bei Japan-Messern eigentlich so selten erwähnt wird? So wie ich das verstehe verhält es sich ja ungefähr so wie mit einseitig geschliffenen: Man schleift erst die breite Fase ein wenig und versetzt damit die Shinogi-Linie (?) und schärft dann die sehr schmale Sekundärfase. In allen Tutorials heißt es immer nur: Schleifwinkel ca. 12° und ab geht die Post.

Auf jeden Fall ist die Theorie jetzt drin, als nächstes geht es auf den Stein. Da bin ich übrigens gut aufgestellt: Chosera 3k und ein Kitayama 8k auf dem Weg...(und als kleines Weihnachtsgeschenk hat sich auch ein Kamo-to mit Honba-Zuke in den Warenkorb verirrt :D:D)

Vielen Dank nochmal güNef! Deine Ausführungen waren wirklich extrem erhellend und hilfreich!:super:
 
So ganz auf Null geschliffen wird es praktisch nicht geben, weil man das Messer ja Abziehen muss d.h. vom Grat befreien muss. Das erfolgt normalerweise sowieso in einem etwas stumpferen Winkel, sodass auch ein auf Null geschliffenes Messer unter dem Mikroskop eine winzige Mikrofase aufweist. Je nach Stahl ist es aber schon sinnvoll, diese Mikrofase etwas ausgeprägter anzubringen als es für das reine Abziehen erforderlich ist, um der Schneide mehr Stabilität zu geben.
 
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