Rock'n'Roll
MF Ehrenmitglied
- Messages
- 5,874
Tach zusammen,
ich hab‘ mal wieder einen „Rundgang“ durch die einschlägigen Läden gemacht. Ob ich was entdecke, was ich unbedingt brauche. Bin aber nicht so wirklich fündig geworden. Zuletzt ein Blick in die Messerverkäufe hier im Forum.
Und da stieß ich auf die Schlüsselreize: Wolframstahl, Wüsteneisenholz, passable Größe - ein gebrauchter aber unbenutzter Klapper von Stefan Wollenweber. Ein paar Tage habe ich ihn umkreist, hatte Skepsis wegen der deutlich ausgeprägten V-Fase, dachte dann aber bei mir: Dem kann man ja gegebenenfalls abhelfen . Und habe zugegriffen …
Der erste Eindruck war gut. Material, Verarbeitung, Größe - paßt mir gut in den Kram. Solider Vierfingergriff, smoother Klingengang, diese schön mittig. Die Klinge ver- und entriegelt sauber, kein Spiel in irgendeine Richtung.
Mal was schneiden
Ich war mehr als gespannt. Schnitt ins Papier. Nicht wirklich. Man könnte sagen: Das Messer war stumpf. Vom langen Liegen vermutlich. Da es ja unbenutzt bei mir ankam und 2016 gebaut wurde, ist das nicht weiter verwunderlich. Bissi Korrosion der rostfähigen Klinge - und die schönste Schärfe ist dahin.
Ein paar Züge über den Sinter mit anschließender „Wellness“ auf Schleifleinen haben dem unbefriedigenden Zustand schnell und problemlos abgeholfen. 2442 nimmt wirklich eine fabelhafte Schärfe an. Kurven durch Papier, feine Schnitte, Rasur. So muß das. Aber keine wirkliche Herausforderung, was die Beurteilung der Schneidfähigkeit angeht.
Also mal ein Eukalyptusholz anschneiden. Nicht schlecht - bei gefühlt erstaunlich kleinem Gesamtschneidenwinkel. Dann ein paar Schilfrohrstangen. Da hab‘ ich dann angefangen, mich zu wundern. Sauber und gerade durch. Trotz der opulenten Fase. Der Meßschieber zeigte in der Klingenmitte 0,7 mm hinter der Wate (den Wert eines Spyderco Military oder Hasenfuß-SBH). Direkt vor dem Ricasso sogar 0,9 und einen Zentimeter vor der Spitze 0,55 mm (distal tapered blade). Am Klingenrücken direkt vor dem Ricasso sehen wir 2,2 mm, in der Mitte 1,9 und 1 Zentimeter vor der Spitze 1,2 mm.
Ich wollte es genauer wissen. Ob es sich bei der Fase möglicherweise um eine schlank ballige Fase handelt, was mir das saubere Abschneiden der Schilfrohrstengel erklären würde. Mit bloßem Auge war es nicht klar zu erkennen. Wohl das Alter …
Ein Lichtblick …
Mein Lichtmikroskop fiel mir ein. Und als erstes hab‘ ich mal abgeschnallt. Wie die im Prinzip mittlerweile gut und sauber schneidende Klinge bei 500facher Vergrößerung an der Schneide aussieht. Nicht das erste Messer - und sicher nicht das letzte - das so vom Erbauer kommt oder nach den ersten Schnitten das „Bröseln“ anfängt. Mit bloßem Auge nichts zu sehen.
Was die Fase angeht, habe ich mir dann erst gar keine Gedanken mehr gemacht. Denn bei meinen „Aufräumarbeiten“ würde sich quasi zwangsläufig ein konvexer Verlauf einstellen. Es hilft nämlich nicht wirklich, wenn man dem Elend an der Schneide nur halbherzig abzuhelfen versucht. Man muß hier aber auch nicht maschinell zu Werke gehen. Einfachste Mittel vermögen gute Ergebnisse zu erzielen. In schlichter Handarbeit.
Also 400er Naßschleifpapier auf den Tisch. Gefolgt von 1200er. Und dann die Schleifleinen-Palette rauf: 2.400, 4.000, 6.000, 8.000, 12.000! Am Ende sehen wir eine getaperte, flachgeschliffene Klinge mit jetzt fein geschlossener Schneide - und schlank balliger Fase (Gesamtschneidenwinkel 30 Grad)! Die schneidet wie Sau!! Papier, Karton, Haare, Brötchen, Schilfrohr, Eukalyptus … Und jetzt auch nicht mehr „bröselt“ !
Wüsteneisenholz und Wolframstahl
Ein Wüsteneisenholz habe ich bereits - den Fischhautklapper von Daniel Boll. Irgendwie war ich der Meinung, das Holz müsse wohl aus Afrika stammen. Wegen Wüste … So ist das, wenn man oberflächlich unterwegs ist. Als ich jetzt mal nachgesehen habe, mußte ich feststellen, daß es stattdessen in Amerika zuhause ist. Das Verbreitungsgebiet reicht von Arizona sowie Kalifornien bis zu den mexikanischen Bundesstaaten Baja California, Baja California Sur und Sonora (nach Wikipedia). Es ist hart, schwer und zäh und hat eine höhere Dichte als Wasser (es sinkt).
Wolframstähle habe ich mittlerweile eine umfangreiche Palette zur Verfügung (2510, 2513, 2516, 2519, 2442, 2552). Und habe sie sehr schätzen gelernt. Ihrer fabelhaften Eigenschaften wegen. Sie nehmen eine superbe Schärfe an, halten diese sehr gut und glänzen durch erfreuliche Zähigkeit. Was sie befähigt, feinste Schneiden anzunehmen ohne wegzubröseln (nach dem „Einschneiden“).
Man erhält, wenn man mag, schlank ballige - über die gesamte Länge nagelnde - Klingen, mit einem Gesamtschneidenwinkel von 15 oder 20 Grad. Echte Delikatessen!
Zum hier verwendeten 1.2442 eine Einschätzung von U.Gerfin:
„…. Der Ao Gami oder "Blaue Papierstahl" gleicht dem Shiro Gami im wesentlichen, enthält aber zusätzlich ca. 1,8 % Wolfram. Das ist ziemlich exakt unser Stahl 1.2442, der früher für Bügelsägen für Eisen gebräuchlich war, seit 20-30 Jahren aber leider aus der Mode gekommen ist. Eigenschaften im Vergleich zu Shiro Gami - etwas verschleißfester mit geringerer Neigung zu Grobkorn. Das ist ein toller Stahl und wenn jemand alte Bügelsägenblätter mit rotem Funken findet - ich weiß einen Abnehmer.
1.2842 scheint im C- Gehalt niedriger zu liegen - das ist aber weniger als man denkt, da durch den hohen Mangangehalt die Eigenschaften denen eines C-reicheren Stahls ähnlich sind. Der Mangangehalt führt auch zu erhöhter Härtbarkeit, sodaß Ölhärtung völlig ausreicht, bei dünnen Querschnitten und etwas erhöhter Härtetemperatur auch schon Lufthärtung eintritt.
Die Maximalhärte der bisher genannten Stähle unterscheidet sich kaum, der Ao Gami ist eine Spur verschleißfester und schnitthaltiger als die beiden andern - merken wird das in der Praxis kaum jemand. Ginge es in die Rasiermesser und feinste Kochmesserkategorie wäre meine Reihenfolge 1.2442 - Shiro Gami - 1.2842.“
Was die Standfestigkeit von 1.2442 anbetrifft, gibt es hier im Forum einen sehr aufschlußreichen Schnippeltest von Achim Wirtz.
Alles in allem ein guter Fang !
Wollenweber-Wolfram-Klapper
1.2442 aka 115 W 8: C: 1,15 Si: 0,25 Mn: 0,35 Cr: 0,2 W: 1,8-2,1
Länge geöffnet: 197 mm
Länge geschlossen: 112 mm
Klinge: 1.2442, brüniert, kein Klingenheber
Klingenlänge: 83 mm (80 mm scharf - die Schneidfase entlang gemessen)
Klingenhöhe: 25,85 mm maximal am Ricasso
Klingenstärke: 2,35 mm an der Wurzel, Klingenmitte 1,9 mm, 1 cm vor der Spitze 1,2 mm
Klingenschliff: Flachschliff, in der Klingenmitte auf 7/10 mm ausgeschliffen und mit 30 Grad abgezogen
Die Titanplatinen inkl. separat verschraubter Wüsteneisenholz-Griffschalen (4 x Torx T10) ruhen auf 1 Stand-Off (Abstandhalter) hinten oben, dem Stoppin und der Achsschraube
Griffstärke: 15,6 mm über die gesamte Länge
Griffhöhe: 26,6 mm an der Achsschraube, zunehmend auf 27,5 mm in der Mitte und 28,7 mm am Griffende
Kein Klemmer
Kein Lanyardhole
Die Galerie
Die Jukebox mit den Black Keys - „Heavy Soul“
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
ich hab‘ mal wieder einen „Rundgang“ durch die einschlägigen Läden gemacht. Ob ich was entdecke, was ich unbedingt brauche. Bin aber nicht so wirklich fündig geworden. Zuletzt ein Blick in die Messerverkäufe hier im Forum.
Und da stieß ich auf die Schlüsselreize: Wolframstahl, Wüsteneisenholz, passable Größe - ein gebrauchter aber unbenutzter Klapper von Stefan Wollenweber. Ein paar Tage habe ich ihn umkreist, hatte Skepsis wegen der deutlich ausgeprägten V-Fase, dachte dann aber bei mir: Dem kann man ja gegebenenfalls abhelfen . Und habe zugegriffen …
Der erste Eindruck war gut. Material, Verarbeitung, Größe - paßt mir gut in den Kram. Solider Vierfingergriff, smoother Klingengang, diese schön mittig. Die Klinge ver- und entriegelt sauber, kein Spiel in irgendeine Richtung.
Mal was schneiden
Ich war mehr als gespannt. Schnitt ins Papier. Nicht wirklich. Man könnte sagen: Das Messer war stumpf. Vom langen Liegen vermutlich. Da es ja unbenutzt bei mir ankam und 2016 gebaut wurde, ist das nicht weiter verwunderlich. Bissi Korrosion der rostfähigen Klinge - und die schönste Schärfe ist dahin.
Ein paar Züge über den Sinter mit anschließender „Wellness“ auf Schleifleinen haben dem unbefriedigenden Zustand schnell und problemlos abgeholfen. 2442 nimmt wirklich eine fabelhafte Schärfe an. Kurven durch Papier, feine Schnitte, Rasur. So muß das. Aber keine wirkliche Herausforderung, was die Beurteilung der Schneidfähigkeit angeht.
Also mal ein Eukalyptusholz anschneiden. Nicht schlecht - bei gefühlt erstaunlich kleinem Gesamtschneidenwinkel. Dann ein paar Schilfrohrstangen. Da hab‘ ich dann angefangen, mich zu wundern. Sauber und gerade durch. Trotz der opulenten Fase. Der Meßschieber zeigte in der Klingenmitte 0,7 mm hinter der Wate (den Wert eines Spyderco Military oder Hasenfuß-SBH). Direkt vor dem Ricasso sogar 0,9 und einen Zentimeter vor der Spitze 0,55 mm (distal tapered blade). Am Klingenrücken direkt vor dem Ricasso sehen wir 2,2 mm, in der Mitte 1,9 und 1 Zentimeter vor der Spitze 1,2 mm.
Ich wollte es genauer wissen. Ob es sich bei der Fase möglicherweise um eine schlank ballige Fase handelt, was mir das saubere Abschneiden der Schilfrohrstengel erklären würde. Mit bloßem Auge war es nicht klar zu erkennen. Wohl das Alter …
Ein Lichtblick …
Mein Lichtmikroskop fiel mir ein. Und als erstes hab‘ ich mal abgeschnallt. Wie die im Prinzip mittlerweile gut und sauber schneidende Klinge bei 500facher Vergrößerung an der Schneide aussieht. Nicht das erste Messer - und sicher nicht das letzte - das so vom Erbauer kommt oder nach den ersten Schnitten das „Bröseln“ anfängt. Mit bloßem Auge nichts zu sehen.
Was die Fase angeht, habe ich mir dann erst gar keine Gedanken mehr gemacht. Denn bei meinen „Aufräumarbeiten“ würde sich quasi zwangsläufig ein konvexer Verlauf einstellen. Es hilft nämlich nicht wirklich, wenn man dem Elend an der Schneide nur halbherzig abzuhelfen versucht. Man muß hier aber auch nicht maschinell zu Werke gehen. Einfachste Mittel vermögen gute Ergebnisse zu erzielen. In schlichter Handarbeit.
Also 400er Naßschleifpapier auf den Tisch. Gefolgt von 1200er. Und dann die Schleifleinen-Palette rauf: 2.400, 4.000, 6.000, 8.000, 12.000! Am Ende sehen wir eine getaperte, flachgeschliffene Klinge mit jetzt fein geschlossener Schneide - und schlank balliger Fase (Gesamtschneidenwinkel 30 Grad)! Die schneidet wie Sau!! Papier, Karton, Haare, Brötchen, Schilfrohr, Eukalyptus … Und jetzt auch nicht mehr „bröselt“ !
Wüsteneisenholz und Wolframstahl
Ein Wüsteneisenholz habe ich bereits - den Fischhautklapper von Daniel Boll. Irgendwie war ich der Meinung, das Holz müsse wohl aus Afrika stammen. Wegen Wüste … So ist das, wenn man oberflächlich unterwegs ist. Als ich jetzt mal nachgesehen habe, mußte ich feststellen, daß es stattdessen in Amerika zuhause ist. Das Verbreitungsgebiet reicht von Arizona sowie Kalifornien bis zu den mexikanischen Bundesstaaten Baja California, Baja California Sur und Sonora (nach Wikipedia). Es ist hart, schwer und zäh und hat eine höhere Dichte als Wasser (es sinkt).
Wolframstähle habe ich mittlerweile eine umfangreiche Palette zur Verfügung (2510, 2513, 2516, 2519, 2442, 2552). Und habe sie sehr schätzen gelernt. Ihrer fabelhaften Eigenschaften wegen. Sie nehmen eine superbe Schärfe an, halten diese sehr gut und glänzen durch erfreuliche Zähigkeit. Was sie befähigt, feinste Schneiden anzunehmen ohne wegzubröseln (nach dem „Einschneiden“).
Man erhält, wenn man mag, schlank ballige - über die gesamte Länge nagelnde - Klingen, mit einem Gesamtschneidenwinkel von 15 oder 20 Grad. Echte Delikatessen!
Zum hier verwendeten 1.2442 eine Einschätzung von U.Gerfin:
„…. Der Ao Gami oder "Blaue Papierstahl" gleicht dem Shiro Gami im wesentlichen, enthält aber zusätzlich ca. 1,8 % Wolfram. Das ist ziemlich exakt unser Stahl 1.2442, der früher für Bügelsägen für Eisen gebräuchlich war, seit 20-30 Jahren aber leider aus der Mode gekommen ist. Eigenschaften im Vergleich zu Shiro Gami - etwas verschleißfester mit geringerer Neigung zu Grobkorn. Das ist ein toller Stahl und wenn jemand alte Bügelsägenblätter mit rotem Funken findet - ich weiß einen Abnehmer.
1.2842 scheint im C- Gehalt niedriger zu liegen - das ist aber weniger als man denkt, da durch den hohen Mangangehalt die Eigenschaften denen eines C-reicheren Stahls ähnlich sind. Der Mangangehalt führt auch zu erhöhter Härtbarkeit, sodaß Ölhärtung völlig ausreicht, bei dünnen Querschnitten und etwas erhöhter Härtetemperatur auch schon Lufthärtung eintritt.
Die Maximalhärte der bisher genannten Stähle unterscheidet sich kaum, der Ao Gami ist eine Spur verschleißfester und schnitthaltiger als die beiden andern - merken wird das in der Praxis kaum jemand. Ginge es in die Rasiermesser und feinste Kochmesserkategorie wäre meine Reihenfolge 1.2442 - Shiro Gami - 1.2842.“
Was die Standfestigkeit von 1.2442 anbetrifft, gibt es hier im Forum einen sehr aufschlußreichen Schnippeltest von Achim Wirtz.
Alles in allem ein guter Fang !
Wollenweber-Wolfram-Klapper
1.2442 aka 115 W 8: C: 1,15 Si: 0,25 Mn: 0,35 Cr: 0,2 W: 1,8-2,1
Länge geöffnet: 197 mm
Länge geschlossen: 112 mm
Klinge: 1.2442, brüniert, kein Klingenheber
Klingenlänge: 83 mm (80 mm scharf - die Schneidfase entlang gemessen)
Klingenhöhe: 25,85 mm maximal am Ricasso
Klingenstärke: 2,35 mm an der Wurzel, Klingenmitte 1,9 mm, 1 cm vor der Spitze 1,2 mm
Klingenschliff: Flachschliff, in der Klingenmitte auf 7/10 mm ausgeschliffen und mit 30 Grad abgezogen
Die Titanplatinen inkl. separat verschraubter Wüsteneisenholz-Griffschalen (4 x Torx T10) ruhen auf 1 Stand-Off (Abstandhalter) hinten oben, dem Stoppin und der Achsschraube
Griffstärke: 15,6 mm über die gesamte Länge
Griffhöhe: 26,6 mm an der Achsschraube, zunehmend auf 27,5 mm in der Mitte und 28,7 mm am Griffende
Kein Klemmer
Kein Lanyardhole
Die Galerie
Die Jukebox mit den Black Keys - „Heavy Soul“
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
Last edited: