Berlin am Wochenende: Bundespolizei verhängt Waffenverbot auf S-Bahn-Strecke

Da ist wohl eine zeitliche Verwechselung aufgetreten:
Die genannte Allgemeinverfügung ist vom 17.12.2018, der Morgenpostartikel wurde aber schon am 25.05.2018 um 19:13 Uhr veröffentlicht.
Den von Dir angenommenen Zusammenhang halte ich daher für wenig wahrscheinlich.
 
Das hier ein anscheinend sehr alter MoPo-Artiekel referenziert wird, hatte ich übersehen, das macht den Focus-Artikel allerdings noch wirrer.

Die Allgemeinverfügung war allerdings die für HH geltende für den 22.12. und eine Neuere gibt es bei der zuständigen BuPo nicht.
Erfaßt waren Messer aber in der Verfügung für den 22. trotzdem nicht.
 
Das hier ein anscheinend sehr alter MoPo-Artiekel referenziert wird, hatte ich übersehen,

welchen MoPo-Artikel meinst du denn?

Der Thread hier ist ein halbes Jahr alt und es geht längst nicht mehr nur noch um meinen Startbeitrag, der übrigens am Erscheinungstag des Zeitungsartikels gepostet wurde ;)
 
..., das macht den Focus-Artikel allerdings noch wirrer...

Eigentlich nicht, denn der ist vom 25.05.2018, 19:20 Uhr, wurde also gerade mal sieben Minuten nach Veröffentlichung übernommen.

Der Beitrag "Am Hauptbahnhof: Ab Freitagabend gilt das Messerverbot" stammt von Mopo. Es gibt keine redaktionelle Prüfung durch FOCUS Online.

Es ging um diese Allgemeinverfügung: https://www.presseportal.de/download/document/490750-20180523-r-agv-waffenverbot-hbfhh-25-270518.pdf
 
Danke für den Artikel!
Der gesunde Menschenverstand ist zwar möglicherweise nicht sehr weit verbreitet, aber es scheint ihn noch zu geben, wenn ich mal das Gericht bzw. den Artikel zitiere:

„Die Verfügung sei weiterhin auch deshalb zu beanstanden....
.. Die potenziell gefährlichen, aber legalen Gegenstände sind nach Ansicht der Kammer "oftmals erst aufgrund der Art ihrer konkreten Verwendung gefährlich". Der Besitz und das Mitführen dieser Gegenstände überschreite daher "für sich genommen nicht die Gefahrenschwelle". Gegenteiliges folge nicht aus den statistischen Angaben der Bundespolizei zu Vorfällen im Jahre 2018. Schließlich richte sich die Allgemeinverfügung an den falschen Adressatenkreis, denn von Personen, die Werkzeuge nicht in gefährlicher Weise benutzten, gehe keine Gefahr aus.“

Gruß
Abu
 
Da müssten einfach noch viel mehr Leute Klagen,
dann gäbe sich das mit den wirklich schwachsinnigen Verboten
die nicht verhältnissmäßig und unbestimmt sind.
 
Das das Gericht hier (mal) wieder den "falschen Adressatenkreis" einer Maßnahme rügt, ist echt bemerkenswert, hoffentlich setzt sich die Linie beim OVG fort. Das betrifft ja allgemein z.Z. viele Maßnahmen, auch über die besondere Lage von uns Messerträgern hinaus. Wenn sich da überall die falsch adressierten nach Möglichkeit zur Wehr setzen, könnte das übergreifend allen einiges bringen. Das könnte sogar politischen Druck entfalten, denn wenn die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit sowas zu ist, verlängern sich zwangsläufig auch andere Verfahren (wie z.B. Rechtshilfeverfahren in Aufenthalts- und Asylsachen) erheblich, was dann grade die Innenminister wiederum politisch in Schwierigkeiten bringen könnte ...

Hier ergänzend noch die Veröffentlichung des VG selber:
[h=1]Vorerst kein Verbot von gefährlichen Werkzeugen im Berliner Nahverkehr (2/2019)[/h]
Pressemitteilung vom 11.01.2019
Das Verwaltungsgericht hat ein Verbot der Bundespolizei zum Mitführen von gefährlichen Werkzeugen in Zügen und auf den Bahnhöfen im Berliner Nahverkehr vorerst suspendiert.
Im Oktober 2018 verbot die Bundespolizeidirektion Berlin das Mitführen oder Benutzen gefährlicher Werkzeuge auf dem Streckenabschnitt zwischen den Bahnhöfen Zoologischer Garten und Lichtenberg sowie auf allen dazwi-schenliegenden Stationen. Das Verbot wurde bis zum 31. Januar 2019 jeweils für die Nächte von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag im Zeitraum von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr ausgesprochen und darüber hinaus für sofort vollziehbar erklärt. Die Allgemeinverfügung sollte nicht für Personen gelten, die gefährliche Werkzeuge unter Glaubhaftmachung einer Berechtigung oder zum häuslichen Gebrauch mitführen. Hiergegen wandte sich ein S-Bahn-Nutzer.
Die 1. Kammer stellte die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wieder her. An der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung bestünden erhebliche Zweifel. Schon die Bestimmtheit der Verfügung begegne Bedenken. Denn es sei nicht klar feststellbar, welche Gegenstände von ihr erfasst sein sollten. Während sich der Begriff des gefährlichen Werkzeugs im Strafrecht nachträglich ermitteln lasse, weil sich die Gefährlichkeit aus dem konkreten Einsatz in einer bestimmten Situation ergebe, sei dies bei Verboten zum Zwecke der Gefahrenabwehr im Vorhinein nicht möglich. Unbestimmt sei zudem, unter welchen Voraussetzungen ein gefährliches Werkzeug „benutzt“ werde. Dies gelte auch für die Frage des Mitführens solcher Gegenstände „zum häuslichen Gebrauch“. Die Verfügung sei weiterhin auch deshalb zu beanstanden, weil sie den Anforderungen an die Prognose für das Eintreten einer Gefahr nicht genüge. Denn die von der Allgemeinverfügung erfassten, aber weder verbotenen noch erlaubnispflichtigen Gegenstände seien oftmals erst aufgrund der Art ihrer konkreten Verwendung gefährlich. Der Besitz und das Führen dieser Gegenstände überschreite daher für sich genommen nicht die Gefahrenschwelle. Gegenteiliges folge nicht aus den statistischen Angaben der Bundespolizei zu Vorfällen im Jahre 2018. Schließlich richte sich die Allgemeinverfügung an den falschen Adressatenkreis, denn von Personen, die Werkzeuge nicht in gefährlicher Weise benutzten, gehe keine Gefahr aus. Als Nichtstörer könnten diese schließlich nicht in Anspruch genommen werden, weil es an den dazu notwendigen qualifizierten Voraussetzungen fehle.
Gegen die Entscheidung hat die Bundespolizei bereits Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.


Beschluss der 1. Kammer vom 11. Januar 2019 (VG 1 L 363.18)
 
Last edited:
Mich würde ja tatsächlich mal interessieren, auf welcher Grundlage da Leute verdachtsunabhängig durchsucht werden. Wenn jemand da eine konkrete Idee (§) hat, ich wäre sehr dankbar. Bitte keine Spekulationen.

Gruss, Keno
 
@ cheez:

§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1, 17, 18 und 20 Gesetz über die Bundespolizei (BPolG)

Basis für das konkrete Handeln der Einsatzkräfte wäre hier Nr. 6 der Allgemeinverfügung.

Allerdings hat das Gericht die Aufschiebende Wirkung des Widerspruches wiederhergestellt und Zweifel an der Wirksamkeit der Allgemeinverfügung geäußert. Auf einer solchen Grundlage könnte nun wohl jeder Betroffene für sich unter Verweis auf den Entscheid nun ebenfalls Widerspruch einlegen und ggf. mittels Rechtsmitteln für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des selbigen vorgehen. Da die Polizei ja ggü. der Presse angekündigt hat, trotz des Entscheides weiter so verfahren zu wollen, was sie ja auch darf, da der Entscheid nur für den Einzelfall gilt, wäre das wohl die einzige effektive Möglichkeit.
 
Da die BuPo in den letzten Monaten ja allerhand konkret anlaßbezogene Allgemeinverfügungen mit Fußballkontext erlassen hat und (takitisch bewußt?) im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit immer wieder die Frage Fußball-An/Abreisen mit dem allgemeinen Vorgehen in Sachen Verbotsverfügungen vermengt hat, erscheint mir diese Passage des von blackfox dankenswert verlinkten Entscheides besonders bemerkenswert:

Anders als in Sonderzügen für (gewaltbereite) Fußballfans
-Urteil zu Alkoholverbot-
ergibt sich in dem räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung typischerweise keine Gemengelage zwischen Ansammlungen gewaltbereiter Personen, Beamten der Bundespolizei und nicht beteiligten Dritten in stark ausgelasteten oder gar überfüllten Zügen.

Über diese "Bahn-Konstellation" hinaus erscheint mir allgemein auch die Folgende Ausführung interessant, da sie auch auf eine statistische Argumentation bzw. Behauptung bezieht, die in ihrer Struktur nach ja schon (zumindest im sachlich/qualifizierten) Diskurs zur vorletzten Verschärfung des §42 WaffG und zum Erlaß des ggw. 42a eine Rolle spielte:

Die Bundespolizei beschreibt in der Begründung 30 Vorfälle aus dem Jahr 2018, bei denen in gewalttätigen Auseinandersetzungen ein gefährliches Werkzeug mitgeführt und/oder eingesetzt wurde. 17 der genannten 30 Vorfälle trugen sich nicht im zeitlichen und/oder örtlichen Geltungsbe-reich der Allgemeinverfügung zu und vermögen schon deshalb keine konkrete Gefahr im zeitlichen und/oder örtlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung zu belegen.Im Übrigen wurden im selben Zeitraum insgesamt 2.524 Gewaltdelikte festgestellt. Dabei wurden nach Angaben der Bundespolizei in ca. 25 Prozent der Fälle Schlag-ringe, Reizgas oder Messer verwendet (Bl. 168 d. Verwaltungsvorgangs). Bei der Verübung der weit überwiegenden Zahl der Gewaltdelikte wurden folglich keine gefährlichen Werkzeuge verwendet. Ob dieser Anteil auch Gegenstände enthält, die ohnehin einem waffengesetzlichen Verbot unterfallen, lässt sich der Darstellung der Antragsgegnerin nicht entnehmen.
Unklar bleibt aus den Statistiken der Antragsgegnerin ferner, wie hoch der Anteil der Personen war, die ein (potentiell) gefährliches Werkzeug mitführten, ohne an einer körperliche Auseinandersetzung beteiligt zu sein oder die ein (potentiell) gefährliches Werkzeug mitführten, an einer körperliche Auseinandersetzung beteiligt waren, dieses aber nicht einsetzten. Nach der Begründung der Allgemeinverfügung und dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin lässt sich ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Mitführen eines gefährlichen Werkzeugs und dessen Einsatz im Rahmen einer Auseinandersetzung nicht belegen.

Wenn sich diese gerichtliche Auffassung durchsetzt könnte im Rahmen des laufenen Programmes zur Erfassung von "Messerverwendung" bei Gewaltdelikten durch die Polizeien/Innenministerien noch sehr interessant werden.


Für die "Pilotprojekte" der beiden permanenten Verbotszonen für gefährliche Gegenstände und teilweise Glasflaschen nach RechtsVO auf Grundlage des WaffG in HH könnte es bei Durchsetzung folgender Rechtsauffassung wohl ebenfalls interessant werden, da es wohl eine große Ähnlichkeit bei der Adressatenauswahl gibt:
Soweit sich die Gefährlichkeit eines Werkzeugs definitionsgemäß erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, ist überdies die Störerauswahl fehlerhaft erfolgt. Bei Personen, die Werkzeuge nicht in gefährlicher Weise benutzen, können nicht als Verantwortliche im Sinne der §§ 17 und 18 BPolG in Anspruch genommen werden. Von ihnen geht keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus.
 
Was geschieht jetzt bezüglich der rechtswidrig eingesammelten Gegenstände und evtl ausgesprochenen Strafen?
 
das hier interessiert bestimmt nicht nur die Berliner :)

Nein, u.a. auch ganz besonders die Hamburger! Danke!


Was geschieht jetzt bezüglich der rechtswidrig eingesammelten Gegenstände und evtl ausgesprochenen Strafen?

Sofern gegen ggf. erfolgte Maßnahmen dieser Art kein fristgerechter Widerspruch eingelegt wurde, dürften die inzwischen wohl leider alle Bestandskraft erlangt haben. Ansonsten haben die laufenden Widerspruchsverfahren jetzt wohl gute Aussichten.
 
@ cheez:

§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1, 17, 18 und 20 Gesetz über die Bundespolizei (BPolG)

Basis für das konkrete Handeln der Einsatzkräfte wäre hier Nr. 6 der Allgemeinverfügung. [...]

Habe ich mir durchgelesen. Finde aber nichts, was wo konkret steht, dass und in welchem Umfang /durchsucht/ werden darf. Also zur Abwehr einer OWI digital rektales Abtasten zB? Wo findet sich das?

Konkret - im Hamburger PolG steht zB (IIRC) dass in den Gefahrenzonen mitgeführte Gegenstände (Rucksack etc) durchsucht werden können. Menschen allerdings nicht.

Wo finde ich im BPolG oder meinetwegen im Berliner PolG konkret, dass die Polizei verdachtsunabhängig Personen /durchsuchen/ kann?

Besten Dank,
Keno
 
Habe ich mir durchgelesen. Finde aber nichts, was wo konkret steht, dass und in welchem Umfang /durchsucht/ werden darf. Also zur Abwehr einer OWI digital rektales Abtasten zB? Wo findet sich das?

Konkret steht das nicht drin, das war auch im mehrfacher Hinsicht einer der Schwachpunkte der Verfügung mit entsprechenden Folgen für die Gerichtsfestigkeit selbiger. Mit genannter Nr.6 versuchte sich die BuPo pauschal zu allen Maßnahmen zu ermächtigen, die für eine Überwachung der Einhaltung notwendig waren, und ohne entsprechende verdachtsunabhängige Durchsuchungen lassen sich halt rein faktisch Verstöße i.d.R. gar nicht feststellen.

Konkret - im Hamburger PolG steht zB (IIRC) dass in den Gefahrenzonen mitgeführte Gegenstände (Rucksack etc) durchsucht werden können. Menschen allerdings nicht.

Hier muß man zwischen "Gefährlichen Orten" und Waffenverbotszonen aufgrund der Rechtsverordnung auf Grundlage des WaffG unterscheiden. Für letzteres wurde die Ermächtigung zu verdachtsunbhängigen Durchsuchungen mit der Novelle von 2012 in § 4 II DatPolG neu eingeführt.

Wo finde ich im BPolG oder meinetwegen im Berliner PolG konkret, dass die Polizei verdachtsunabhängig Personen /durchsuchen/ kann?

Für das BPolG ergab sich das aus der von mir schon genannten Paragraphenkette i.V.m. Nr. 5 der Allgemeinverfügung (s.o.) bzw. hätte sich für den Geltungszeitraum der AllgVf ergeben, wenn sich die BuPo mit ihrer Rechtsauffassung vor Gericht durchgesetzt hätte, was ja zum glück wieder nicht eingetreten ist.
Berliner Polizeirecht gilt hier nicht, weil Berlin unzuständig für Bahnen und Bahnhöfe.


Allgemein:
Hier gibt es übrigens eine anonymisierte Version des OVG-Entscheides, der AFAIK noch nicht offiziell Veröffentlicht ist. Wesentlich neue Erkentnisse lassen sich daraus aber eher nicht gewinnen, da vor allem die Ausführungen des VG aus dem schon bekannten Entscheid bestätigt werden.
 
Last edited:
Nach der vorläufigen Beerdigung der Bundesratsini aus Bremen und Niedersachsen hat die IMK letzte Woche in Kiel wieder einen Beschluß für weitere gefaßt, der wohl aber wieder hauptsächlich auf "Zonen" in Bereichen mit hoher Personendichte oder hohem Publikumsverkehr abzielt, u.a. Schulen und ÖPNV. Von daher kriegt die Argumentationslinie des VG+OVG Berlin wohl demnäcvhst noch verstärkte Bedeutung.

Nachtrag @ Cheez:
In HH hat kürzlich hatte der Senat der Bürgerschaft den obligatorischen jährlichen Bericht zu Maßnehmen in den "Zonen" vorgelegt, bemerkenswerter Weise wurden anscheinend Maßnahmen im Bereich der "Waffenverbotszonen" gar nicht mehr auf die VO gem. WaffG und die verdachtsunabhängige Kontrollermächtigung im PolDatG für diese Zonen gestützt, sondern nur noch auf die allg. Ermächtigungen im PolDatG zu verdachtsunabhängigen Kontrollen an "gefährlichen Orten".
 
Back