Feine geschlossene Schneide durch manuelles Schärfen?

Rock'n'Roll

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Moin,

wir hatten ja letztens mehrfach die Diskussion um Edge Retention und Toughness. Und die Auswirkungen des Schärfens auf die Ergebnisse. Hier beispielsweise.

Zu den beiden Beispielbildern schreibt güNef:

So schaut eine freihand geschliffene Schneidenspitze aus, vergleichbar mit einem Handabzug auf Keramikstäben.
Nochmal SB1, selbes Messer, geschliffen auf einem geführten System progressiv bis 12k, mit Druckkontrolle, Schleifwinkel 18°

Das erweckt den Eindruck, eine manuell geschliffene bzw. geschärfte Klinge sei einer solchen mit geführtem System bearbeiteten klar unterlegen. Die Bilder könnten den Eindruck erwecken, eine feine geschlossene Schneide sei manuell nicht zu erreichen …

Was soll ich lamentieren :p. Es wird viel erzählt. Also habe ich güNef mal gebeten, mir das Lichtmikroskop zu benennen, mit dem er die Aufnahmen gemacht hat. Da Günter ja ein unzweifelhaft Guter ist, hat er mehr als ausführlich geantwortet :super:!

Ich habe dann nicht zum 600- Euro-Monster gegriffen, sondern mir eines für unter 100,- € (500fache Vergrößerung) zugelegt. Weil ich es genau wissen wollte, wie es mit meinen manuellen Schleifkünsten und den feinen geschlossenen Schneiden aussieht, über die ich meine zu verfügen.

Auf den ersten beiden Bildern die Beispielbilder von güNef. Das „etwas“ unteroptimal werksgeschliffene SB1-Messerchen und das mit geführtem System mit Druckkontrolle bearbeitete. Danach folgen

03 Attila Buffalo Tom - 1.2442
04 Boll Damast-Klappspaten - Wirtz Wolfram-Damast
05 Boll Thai Breaker - 1.2442
06 Boll Puukko Rat King - 1.2552
07 Froberg Practical Dagger - 1.2552
08 Hennicke Taschen-Klapp-Jäger - 1.2519
09 Haslauer SBH Mid Copperhead - 1.2442
10 Spyderco Caly 3.5 - Super Blue
11 Schanz DPPK2 Old School Custom - SB1
12 Spyderco Lil’ Nilakka - RWL 34
13 Herder 1922 Office - geschmiedeter Kohlenstoffstahl
14 Xerxes Baby Bull - 1.2442 - 0,1 mm hinter der Wate über die gesamte Klinge :eek:
15 Spyderco Para Military 2 - CPM Cru-Wear
16 Spyderco Para Military 2 - CPM S30V - Mod (mit mittlerweile komplett balliger Fase)
17 Zsolt Silverstar Kompakt - RWL 34 - Mod (von Flachschliff mit V-Fase nach ballig auf Null)
18 Jeremy Robertson El Patron - CPM 3V - Mod (hinter der Wate aufgeräumt)
19 Benchmade 710 - D2 - Mod (von Flachschliff mit V-Fase nach ballig auf Null)
20 Strider SNG CC - CPM S30V - Mod (von Flachschliff mit V-Fase nach ballig auf Null)

Mit den Ergebnissen bin ich mehr als zufrieden. Alle Schneiden sind geschlossen. Echt fein ;)!!

Das einzige Schärfmedium, das ich noch im Einsatz habe, ist Schleifleinen von 1,8 bis 12 K auf Mousepad. Bei allen balligen Klingen sowieso. Aber auch die Spyder mit V-Fase werden nach Gebrauch für ein konsequentes Touch-Up auf Schleifleinen abgezogen.

Irgendwann werden die Fasen leicht ballig. Beim Para Millie 2 CPM S30V habe ich das gezielt herbeigeführt. Aber auch das und ALLE Mods wurden manuell auf Naßschleifpapier mit Finish auf Schleifleinen durchgeführt.

Wenn ich mal eine Mini-Klinke in der Klinge habe - was so gut wie überhaupt nicht vorkommt - ziehe ich sie ein paar Mal über den Sinter und finishe wieder mit Schleifleinen. Alle hier gezeigten Messer sind regelmäßig in Gebrauch. Ich schone sie nicht, überbeanspruche sie aber auch nicht. Keine Klinge zeigt eine Beschädigung wie Risse oder Sägezahn. Die gefühlte Schärfe ist exzellent. Ebenso die Schneidperformance.

Was dazu kommt - keine Schärfmethode ist bequemer. Mouse-Pad und Leinen liegen im Hängeschrank direkt über dem Küchen/Arbeitstresen. Ein Griff, 10 Züge, fertig! Und was das Ergebnis angeht, lasse ich die Bilder sprechen. Was soll ich mir einen Kopf machen :drunk: …


Mal sehen ...

01.jpg 02.jpg 03 Attila Buffalo Tom.jpg 04 Boll Damast - Klappspaten.jpg 05 Boll Thai Breaker.jpg 06 Boll Rat King.jpg 07 Froberg Practical Dagger.jpg 08 Hennicke Taschenklapp - Jäger.jpg 09 Haslauer SBH Mid Kupferstecher.jpg 10 Caly 3.5 Super Blue.jpg

11 Schanz DPPK2 Old School Custom.jpg 12 Lil' Nilakka.jpg 13 Herder 1922 Office.jpg 14 Xerxes Mini Bull.jpg 15 Para Millie 2 Cru-Wear.jpg 16 Para Millie 2 S30V.jpg 17 Zsolt Mod 1.jpg 18 Jeremy Robertson Mod 3.jpg 19 Benchmade 710 Mod.jpg 20 Strider SNG CC Mod.jpg


R’n‘R
 
Guten Abend,
Anerkennung von mir! Die Ergebnisse, die du hier zeigst sind hervorragend! Jetzt gibt es auch noch ein Mikroskop im Roadhouse. Es wird wohl auch kaum so viele Leute geben, die eine so edle Stahlauswahl bearbeiten dürfen.
Ich kann mich noch erinnern, das du Landes und Verhoeven studiertest. Also ist das Grundlagenwissen nun in die Praxis geflossen und trägt Früchte. Gut ist das! Ich freu mich für dich und dass du es uns zeigst!
Mehr sag ich nicht, Roc.
 
Servus,

das Imponiert mit jetzt, dass du auf diese Spielerei angesprungen bist. :super:

Deine Schneiden sind ok, da will ich gar nicht anfangen mit dies und das. Ich denke du kannst mit deinen Ergebnissen zufrieden sein und hast jetzt auch einen Nachweis jenseits des Daumennagels. Wenn man seine eigene Ergebnisse kennt und die sind persönlich zufriedenstellend, ist die Sache der Mikrokontrolle eigentlich getan.

Spannend wird es bei fremden Messern und Neuzugängen. Da bin ich dann gespannt, was noch so kommen wird.

Vielleicht kommst du mal an ein Messer der Fischer von MG und guckst mal. ;)

Gruß, güNef
 
Moin rocco, hallo güNef - n‘Abend zusammen,

danke für die Anerkennung :)! Zufrieden war ich ja gefühlt schon lange mit meinem Verfahren. Daß das dann aus der Nähe betrachtet so gut aussieht, ist umso erfreulicher.

Was mich am meisten dabei beeindruckt, ist die Tatsache, daß sich auch hochlegierte Stähle auf diese schlichte Art und Weise gut unter Kontrolle halten lassen. Ich lege noch ein paar Beispiele auf.

01 Chris Reeve Umnumzaan - CPM S30V
02 Spyderco Para Military 2 - CPM M4
03 Spyderco Gayle Bradley - CPM M4
04 Schanz Mini Santoku - SB1
05 Spyderco Para Military - CPM S110V
06 Spyderco Brad Southard - CTS-204P
07 Haslauer “Das Böse” - M390

Wenn man mal reinschaut, dann finden sich in Carpenter CTS-204P z.B. C: 1,9 Si: 0,6 Mo: 1,0 W: 0,65 Mn: 0,35 Cr: 20 V: 4,0

in Crucible CPM S110V: C: 2,8 Cr: 15,25 V: 9,0 Niob: 3,0 Mo: 2,25 Cobalt 2,5

Und das ist ja immerhin allerhand :p!

Das Para Millie CPM S110V habe ich dabei in intensivster Weise beansprucht, hatte Microausbruch, es dann wieder geschärft, weiter ordentlich rangenommen. Kann man hier im Detail nachlesen. Das Messerchen läßt sich am Ende bei alledem mit einfachen Mitteln bei Laune halten. Die Schneide ist fein geschlossen :super:

@ güNef

Hätte ich auch nicht gedacht, daß ich in DEN Bus steige. Aber es hat mir dann doch keine Ruhe gelassen. Und am Ende habe ich jetzt ein nettes Spielzeug mehr zur Verfügung. Zur gelegentlichen Benutzung. Wenn mir mal wieder langweilig ist ;)


Harte Hunde ...

01 Umnumzaan.jpg 02 Para Military 2 CPM M4.jpg 03 Spyderco Gayle Bradley.jpg 04 Schanz Mini Santoku.jpg 05 Para Military 2 CPM S110V.jpg 06 Spyderco Brad Southard.jpg 07 Haslauer Das Böse.jpg


R’n‘R
 
-Dem schließe ich mich mit offenem Mund an! Doll gemacht! Dafür, dass Du es ablehnst, Sachen unters Mikroskop zu legen ... :)
Auch finde ich mich bestätigt, was den Schleifpapier-Einsatz angeht, einfach für das "Eben mal drüber gehen".

Was soll ich sagen? Auf der einen Seite ein irrer Aufwand, aber eben genau das, was uns antreibt! Nochmal Danke fürs Zeigen!
 
Hi Peter!

Schöne Ergebnisse aus dem Forschungslabor „Geiler Schneiden Monte Gordo“.
Besonders gefällt mir Bild 15. Deutlich zu sehen ist, dass das Schärfen auf dem Mouspad auch bei ausgeprägter V-Fase funktioniert. Vorausgesetzt man hat ein Gespür für das Führen des Messers beim Schärfen. Mit etwas Übung kann man es Fühlen und Hören, ob der Winkel stimmt.

Besten Dank und schöne Grüße, Jens
 
Servus,

Mit etwas Übung kann man es Fühlen und Hören, ob der Winkel stimmt.

ja, mit ein paar Grad +/- ;)

Wenn schon mal keine Facetten in der Schneidfase sind, ist zumindest eine ruhige und geübte Hand vorhanden. Beim balligen Abziehen gibt es durch Druck und Bewegung ja eigentlich keine Chance auf eine sichtbar "verwackelte" Schneide, weil sie ja bis auf die Schneidenspitze gezielt verrundet wird. Ganz anders verhält es sich beim gradgenauen Umschleifen eines Schneidenwinkels von vormals 20° auf 36° bei einer Klinge von 240mm Länge. Hier den Winkel exakt zu treffen nur mit fühlen und hören, mag möglich sein, bestreiten werde ich das nie, aber präziser, reproduzierbarer und im Ergebnis nachweislich ist ein kontrolliert geführter Schliff. Daran führt im Falle meines Beispiels und wenn man das öfter ( praktisch an jedem neuen Messer ) macht kein Weg vorbei.

Nicht außer auch zu lassen ist auch der Vorteil, nicht auf ein jahrelang geübtes Gehör und Gefühl vertrauen zu müssen. Hat man die Funktion, die Einstellungen und Handhabung erlernt und verstanden, dann kommt man für immer damit zurecht. Dann schleift man entweder partielle die Klinge und zählt die einzelnen Züge in Serien zu einem Ganzen, je nach Klingenlänge, 3 Züge über die gesamte Schneidelänge ist 1x durchgeschliffen, oder wählt eine andere Methode. Je Länger die Schneiden, desto komplexer die Führung.

So wie R'n'R praktisch alles was kommt, ballig werden lässt, wenn es nicht schon ballig ist vereinfacht seine Methode. Es gibt immer nur die gleichen Schleifmittel und die gleiche Methodik. Mein Prinzip ist gleich und anders. Ich schleife alles was kommt auf 36° Schneidenwinkel um. Die Einstellungen sind schon fix. Gilt natürlich nur für Küchenmesser. Das hat sich sowas von bewährt. Immer der gleiche Winkel und der immer zuverlässig getroffen, ist extrem materialschonend beim Schärfen. Es wird wirklich nicht mehr abgetragen als nötig, sowohl vom Stahl, wie auch vom Stein. Ich sehe da nur Vorteile. Den stumpferen Winkel habe ich bei Geometrien unter 0,20mm an der Wate im Schneidgefühl noch nicht als negativ ausmachen können. Eine deutlich verbesserte Stabilität der Schneide hingegen schon. :D

Schleifen und Kontrolle sind ein weites und spannendes Feld und ich hätte nie gedacht, dass mich das mal so interessiert. ;)

Gruß, güNef
 
Moin Jens,

Mit etwas Übung kann man es Fühlen und Hören, ob der Winkel stimmt.

Gut, daß Du das anführst. In der Tat klappt das mit etwas Routine ausgezeichnet. Grob gesagt, wenn es nicht mehr kratzt, „liegt“ man richtig. Man kann an den Mikros auch gut sehen, wie sich das Abziehen auf Mousepad mit der Zeit auf die V-Fasen auswirkt.

Führen wir uns aus den obigen Bildern folgende vier Para Millies noch einmal vor Augen:

01 Para Military 2 - Cru-Wear
02 Para Military 2 - CPM M4
03 Para Military 2 - CPM S110V
04 Para Military 2 - CPM S30V

Das Cru-Wear habe ich noch nicht allzu oft benutzt und nur kurz mal abgezogen. Das CPM M4 hat schon mehr geschnitten und häufiger das Mousepad gesehen. Das CPM S110V hat richtig was geleistet, ein Micro-Ausbruch mußte weg.

Beim Para Military S30V - meinem ersten und seit 5 Jahren „in Betrieb“ befindlichen - habe ich es zudem bewußt drauf angelegt und die komplette Fase ballig ausgeschliffen. Das muß nicht so ausgeprägt werden - wie Jens schon sagt - man kann es fühlen und hören. Nur - bissi ballig wird es halt mit der Zeit. Was aber der Performance null Abbruch tut. Gefühlt schneiden die Para Millies alle gleich gut in Papier und Holz. Und - wie güNef schon sagt - hier wird alles irgendwie ballig. Mehr oder weniger :fat:!

Der Vorteil, den man erhält, ist eine stabilere Schneide. Auch wenn sie nicht sehr breit ist - die kleine ballige Mimimikro-Fase stabilisiert. Beim S110V-Millie ist der ballige Anteil an der Fase etwa 1/6. Real ist sie etwa 1 mm breit, der ballige Anteil beträgt also hier knappe 0,2 mm. Beim S30V-Millie ist die ganze Fase (1 mm) ballig.

Nachdem ich alles mögliche durchprobiert habe - Sharpmaker, Shaptons, Sinterrubin, Schleifpapier, Naßschleifpapier, Leder mit Diamantpaste, Schleifleinen - bin ich schon aus reiner Bequemlichkeit beim Schleifleinen hängengeblieben. Seitdem ich dann festgestellt habe, daß es für meine Belange bei keiner Klingengeometrie einen gefühlten Nachteil gibt und ich den balligen Schliff eh über alles stelle, ist das MEIN Ding. Die Mikro-Bilder bestätigen mich weiter darin, hier für mich die richtige Wahl getroffen zu haben.

Mikroballig, balliger .....

01 Para Millie 2 Cru-Wear.jpg 02 Para Military 2 CPM M4.jpg 03 Para Military 2 CPM S110V.jpg 04  Para Millie 2 S30V.jpg


R’n‘R
 
Last edited:
Eine schöne Dokumentation und je nach dem, an welchen Fetisch man sich gebunden fühlt, ein für oder wider zum balligen Schliff.

Im Post #8 sieht man, dass die originale Schneidfase ballig "verrundet" wird, wie es güNef anmerkt. D.h. aus dem originalen Spyderco-Schneidwinkel von 40° werden, naja, ...60° ? Da ist es kein Wunder, dass die Schneide stabil ist.
Dass das im Alltag funktioniert beweist R'n'R's Eukalyptustest. Tatsächlich schärfer dürfte aber die originale Schneidfase sein, weil da der Winkel kleiner ist. Allerdings hat R'n'R im praktischen Gebrauch keinen Unterschied feststellen können, so dass die theoretisch höhere Schärfe bei einer praktischen Nutzung keine echte Rolle zu spielen scheint oder eben erst beim Fisch filetieren zum tragen kommt...

Also zurück zur Erkenntnis, dass die Dicke "hinter der Wade" und die darauf folgende Geometrie wesentlichen Einfluss auf das Schneiden hat. Und hier fühlen sich die (Para-)Military's ja nicht sooo schlecht an.

Bleibt die Frage an R'n'R: Schleift Du Deine Küchen-Schneidteufel auf dem Mousepad flacher als die Wald-und-Wiesen-Messer? Meine Hypothese lautet "JA".

@all: Wie kann der Querschnitt mit vertretbarem Aufwand vermessen werden?
 
Moin klingler,

da bereits ein Gesamtschneidenwinkel von 40 Grad aus meiner Sicht als Geometrie-Junkie stumpf ist, klingen die Zahlen, die Du nennst, echt besch…. Wenn es denn so wäre :p

Zunächst verlassen Para Militaries das Werk in Golden mit einem Gesamtschneidenwinkel von knapp 30 Grad. Kann man nachlesen und ich habe mir eine kleine Meßvorrichtung geschaffen, die diese Werte bei all meinen Paras, Para-Millies und Militaries bestätigt.

Denn darf man nicht vergessen, daß die Mikro-Fotos mit 500facher Vergrößerung daherkommen und den balligen Anteil deutlich überzeichnen. Ich lege - zitiere wieder Jens „man kann es hören und fühlen“ - beim Abziehen auf den Schleifleinen die Schneiden quasi flach, wie Golden sie geschaffen hat, auf und ziehe ohne Druck ab. Also im Prinzip so, als würde ich die V-Fase auf einem Stein unverändert nacharbeiten wollen.

Dabei ergibt sich rein technisch zwangsläufig im Lauf der Zeit eine geringe Balligkeit an der Schneidenspitze, weil sich die Schleifleinen ein wenig aufwölben beim Abzug. Hängt auch von der Härte der Unterlage ab. Hartes oder weiches oder gar kein Mousepad. Das beeinträchtigt im Ergebnis den Gesamtschneidenwinkel so gut wie überhaupt nicht, wenn man es so macht.

Ich habe gerade noch mal sorgfältig geprüft. Das Ergebnis der Gesamtschneidenwinkel:

Nagelneues Para Millie: +/-30 Grad
Para Millie S110V: +/-30 Grad
Para Millie S30V: +/-30 Grad

Da meine Meßeinrichtung nicht ultragenau ist, kann das von - sagen wir mal 28 bis 32 Grad Gesamtschneidenwinkel variieren. Aber bei rund 30 Grad schneiden alle Messerchen nach wie vor in Holz und Karton ein. Auch das S30V, dem ich eine komplett ballige Fase angeschliffen habe. Dazu hatte ich es zunächst mit Naßschleifpapier bearbeitet und minimal auch was hinter der Wate abgetragen, so daß es etwas flacher aufliegt. Dann ballig auf Schleifleinen ausgearbeitet.

Daß ballige Schneiden zu einem deutlich gröberen Gesamtschneidenwinkel führen müssen, ist ja sowieso grundsätzlich nicht so (fett oder schlank und gestreckt ballig). Meine Boll und Froberg sind ein gutes Beispiel. Nehmen wir die Klinge meines Practical Dagger von Thomas: Flachschliff bis runter auf 0,3 mm, von da ballig auf Null, Gesamtschneidenwinkel 20 Grad …

Meine Küchenmesserchen sehen nicht schlechter aus. Eben gerade auch dort nochmal nachgesehen. Das Mini Santoku von Schanz zeigt 20 Grad Gesamtschneidenwinkel, das ultrafiligrane Baby Bull von Xerxes beißt mit 15 Grad zu :apple: ...


Bom fim de semana

R’n‘R
 
Last edited:
Den gröberen Schneidenwinkel habe ich aus den Fotos geschlossen, da sich der Werksschliff in Richtung Schneidkante verliert, aber am Klingenspiegel noch zu sehen ist. Aber das scheint durch die hohe Auflösung zu täuschen.
 
Ja, täuscht gewaltig. Mit bloßem Auge unter Sonnenlicht ist auf Anhieb überhaupt kein Unterschied zu erkennen. Lediglich bei ganz genauem Hinsehen und Kippeln der Klinge sieht man an der Schneide des S110V z.B. einen ganz leichten Glanz.

Ich habe gerade ein paar meiner Bark River - die ja nicht unbedingt als sonderlich schlank ballig daherkommen - winkelmäßig gesehen überprüft. Und folgende Gesamtschneidenwinkel festgestellt :

attachment.php


Bei allen habe ich nach Erwerb auf dem Mousepad etwas nachgeholfen. Insbesondere beim Kephart, von dessen Winkel ich - wo es doch eine so schön dünne Klinge hat - enttäuscht war. Das Mini Aurora kam fast so, wie es jetzt ist, von BRKT. Mein liebstes Bark River!! Aber selbst die vergleichsweise "fett" balligen Gunny und Fox River gehen für mich mit den jetzt etwa 30 Grad voll in Ordnung.

Was hinter der Wate los ist, kommt ja erst wirklich zum Tragen, wenn die Klinge irgendwo durch muß. Durch Tomaten z.B., besser noch Möhren :glgl:! Oder durch Hölzchen, Stöckchen, Schilfrohr. Da meine Hauptbeschäftigung aber nicht Durchschneiden ist, sondern das Abtragen von Unebenheiten an der Oberfläche (Verästelungen wegschneiden und Rinde abschälen, bis aus einem derben Eukalyptusprügel ein echter Handschmeichler geworden ist, spielt der Gesamtschneidenwinkel die Hauptrolle.

Und da bin ich halt durch meine Customs von Attila, Boll, Froberg, Schmoll und Schanz sehr verwöhnt. Und reagiere empfindlich beim ersten Schnitt, wenn ich eine Klinge steil halten muß, um sauber einzuschneiden. Mit den Para Millies komme ich daher gut klar, owohl sie hinter der Wate deutlich hinter den Customs mit 0,3 mm oder weniger zurückfallen. Der flache Gesamtschneidenwinkel von 30 Grad reißt das für meine Belange wieder raus. Im Ergebnis hab' ich jetzt auch noch die Para Noia :adoration: ...


R'n'R
 

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Hallo R’n‘R,

danke für den interessanten Beitrag; ich würde das auch gern mal ausprobieren. Nehme an, Du arbeitest mit Micromesh? Deshalb zwei Fragen:
- Wie nennt sich Dein Schleifleinen genau, und kannst Du eine Bezugsquelle empfehlen? Danke Dir und

Gruß Knaster
 
Moin Knaster,

angefangen habe ich mal mit einem Sortiment Micro Mesh MM von Dictum. Funktioniert prima. Die Pads haben die Größe 15x8 cm.

Ich bin dann irgendwann auf etwas größere, dazu preiswertere Pads gestoßen. Sie heißen Micro Cloth und sind 18x9 cm groß. Habe mir Januar 2017 zwei Sätze der folgenden Größen bestellt:

DSC09411.jpg

Die reichen mir definitiv aus. Ein Satz reicht bei mir gut 6 Monate. Dann sindse aber auch für Messerchen hin. Lassen sich anschließend noch für Griffe, Kanten und Sonstiges weiter gebrauchen.

Deutlich besseres Handling bei den Maßen. Gehen auch für größere Messer gut. Performance ist gefühlt gleich. Die Optik stimmt ja auch. Ergebnisse in diesem thread alle mit Micro Cloth. Bezugsquelle ist der Onlineshop „Schleifartikel.com“. Innerhalb Deutschland versandkostenfrei. Sehr netter Kontakt über email ...


R’n‘R
 
Hallo R’n‘R,

super, dann werd ich mir das mal bestellen und sehn, wie ich damit zurechtkomme. Danke Dir und

Gruß Knaster
 
@ Rock'n'Roll
Welches Mikrokop hast du für die Aufnahmen verwendet?
Die Bilder sind sehr überzeugend.
 
Auf güNefs Empfehlung hin habe ich hier zugegriffen. Und nix bereut :super: ...

So heißt es: "KKmoon USB Portable Mikroskop OTG Funktion 8LED digitaler Zoom Lupe mit Halter". Falls der Link mal futsch ist.


R'n'R
 
Servus,

ich habe ein von Hand geschliffenes sehr dünnes Kochmesser aus SB1 bekommen, mit deutlich unter 0,20mm über der Wate. Der erste Schliff war am Band. Am Band geschiffen ist es so gut wie unmöglich keine "Wellen" einzuschleifen. Später wurde die Klinge von Hand abgezogen, ob mit Stäben, Stahl oder Steinen kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Durch die "wellige" Basis an so dünnen Stellen kommt es zu einem "Overgrind", hier überspitzt dargestellt:

31094801tb.gif


An so einer Stelle ist mir die Schneide kollabiert, ohne Fehler in der Schnitttechnik gemacht zu haben, dass ist je nach Impact und Overgrind verschieden, trotzdem interessant zu sehen:

31094525gz.jpg


Man sieht an der Schneidfase noch die groben Riefen vom Bandschliff und dann mit etwas stumpferen Winkel den "neuen" Schliff.

Nach einer Reparatur schaut das jetzt so aus:

31094524fz.jpg


Ich zeig das deshalb, weil unter dem Mikroskop die pauschalierten Eigenschaften eines Stahles immer mit der Ausführung des Schliffes in Zusammenhang stehen. Du kannst einem qualitativ höherstehenden Stahl durch einen miesen Schliff die eigentliche Leistung nehmen und einer einfachen Legierung mit einem perfekten Schliff den "Rücken" stärken.

Ich bin erst am Anfang meiner "Experimente", aber wie du selber sehen kannst, bringt einem das schon ein wenig vorwärts. ;)

Gruß, güNef
 
Last edited:
Moin güNef,

Du kannst einen qualitativ höherstehenden Stahl durch einen miesen Schliff die eigentliche Leistung nehmen und einer einfachen Legierung mit einem perfekten Schliff den "Rücken" stärken.

Das ist ja nichts Neues :p! Und hat nichts mit Mikroskopie zu tun.

Und Ausbrüche bemerke ich auch ohne Mikroskop mit dem Fingernagel. Behebe das dann schlicht manuell und gut iss.

Wie der Zufall es will, ergab es sich gerade heute, daß ich aus gegebenem Anlaß mit zwei Messerchen experimentiert und sie dazu ausnahmsweise sehr hart rangenommen habe. Das Ergebnis: Mikroausbrüche in beiden Klingen.

Da ich ja jetzt auch so’n Hightech-Spekuliereisen habe, konnte ich es natürlich nicht lassen, die Klingen mal drunterzulegen. Vor und nach der Reparatur.

Die ersten beiden Bilder zeigen die Klinge meines Military 52100. Bild 1 mit Mikroausbruch, Bild 2 mit anschließenden leichten Zügen über den Sinter und dann Finish mit Schleifleinen 4 und 6 K.

Die zweiten beiden zeigen mein Para Millie S110V. Bild 3 mit Mikroausbruch, Bild 4 mit anschließenden leichten Zügen über den Sinter und Finish mit 4, 6, 8, 12 K Schleifleinen. 6 K hätten auch gereicht.

Über das Ergebnis kann ich nicht klagen. Die Schneiden fein geschlossen. Sieht 500fach vergrößert nicht so elegant aus wie Deine Klinge. Aber ob die Stabilität deswegen schlechter ist, das werden wir nie herausfinden. Ich jedenfalls bin mit der Standzeit und der Schneidkantenstabilität meiner Messer sehr zufrieden. Was das S110V abkann, darauf hatte ich ja bereits hingewiesen. Kann man im Review nachlesen. Heute - das war einfach zu viel des Guten :glgl:

Was Dein Messerchen angeht, bleibt die Frage, wie sich die von Dir nun „perfekt“ geschärfte Klinge unter exakt gleichen Bedingungen verhalten hätte/würde. Schneidkantenstabilität kannst Du ja schlecht in eine Klinge hineinschärfen. Nur den unvermeidlich einsetzenden Verschleiß hinauszögern.

Wenn ich mir dazu den thread vor Augen führe, in dem Dimm und Bastl Wastl gegeneinander angeschärft haben, kam im Ergebnis heraus, daß mit der geführt und kontrolliert geschärften Klinge 350 anstatt 250 komplette Mahlzeiten machbar waren.

Da frage ICH mich als Mensch und Messi, ob das wirklich belastbar ist und wenn - ob ich dafür den Aufwand mit dem System betreiben muß. 250 Essen reichen bei mir für mehr als ein Jahr :black_eyed: ...

Womit wir wieder beim Thema dieses threads wären. Feine geschlossene Schneide durch manuelles Schärfen? Unbedingt!!


Military 52100

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Para Military S110V

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R’n‘R
 

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Servus,

Das ist ja nichts Neues! Und hat nichts mit Mikroskopie zu tun.

da bin ich doch anderer Meinung. Die Meisten wollen unbedingt exotische Stähle, aber schaffen es dann nicht sie adäquat zu schärfen, damit sie ihr Potential ausspielen können.

Und Ausbrüche bemerke ich auch ohne Mikroskop mit dem Fingernagel. Behebe das dann schlicht manuell und gut iss.

Dann ist es ja schon zu spät. ;) Eine "Welle" in der Schneide wie der dargestellte Overgrind, den siehst du makroskopisch nicht und spürst du mit keinem Fingernagel, aber sie ist da und wartet nur darauf einzubrechen. Mit dem Mikro eine neue Schneide inspiziert und ich sehe solche "Fehlstellen/Sollbruchstellen und repariere das, bevor ein "Eckerl" wegbricht und ich dann mehr zurücknehmen muss als mir lieb ist und ich bei ganz großem Pech auch noch ausdünnen muss.

Wie der Zufall es will, ergab es sich gerade heute, daß ich aus gegebenem Anlaß mit zwei Messerchen experimentiert und sie dazu ausnahmsweise sehr hart rangenommen habe. Das Ergebnis: Mikroausbrüche in beiden Klingen.

Du schonst nach eigenen Angaben deine Messer nie, du meidest nur Missbrauch wie der Teufel das Weihwasser! :teuflisch

Je öfter du unter's Mikro schaust, desto öfter werden sich die Zufälle häufen! :haemisch:

Schneidkantenstabilität kannst Du ja schlecht in eine Klinge hineinschärfen. Nur den unvermeidlich einsetzenden Verschleiß hinauszögern.

Das sehe ich auch etwas differenzierter als du, bzw. wir scheitern an den Begrifflichkeiten.

Wenn ich ein japanisches Messer kaufe, bekomme ich fast immer eine sehr dünn geschliffene Schneide mit zu spitzem Winkel und dadurch mit fragiler Schneidkantenstabilität, die die eigentliche Standzeit lügen straft, jetzt unabhängig vom Stahl. Das kann ich mit geändertem Schneidenwinkel und eventuellem rücksetzen der Schneidenspitze unbestritten verbessern. Mit einer solchen Massnahme kann ich wie durch ein Wunder choppen ohne das sich die Schneide umlegt, oder ausbricht. Gegen die natürlich entstehende Parabel durch Verschleiß nützt natürlich nichts und hier führt der Stahl und der Zweck und der Schnitt die Regie. Auch ist der Rahmen der Möglichkeiten recht eng, aber das ich mich dem Werksschliff beugen muss verneine ich.

Oder anders gesagt: A bissl was geht immer, dass gilt auch für die geschlossene Schneide durch manuelle Methodik! :steirer:

Gruß, güNef
 
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