Brauche Hilfe bei altem Böker ...

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Moin zusammen,

brauche Eure fachmännische Hilfe. Väterchen von der Tankstelle, auf dessen Grundstück ich hier stehe, hat im Mai Geburtstag. Drei Messer hat er schon von mir. Die Gelegenheit mit den alten Böker-Messerchen kam gerade passend.

Ich habe dies genommen:
Backlock, Jigged Bone, Neusilberbacken
Länge geöffnet: 193 mm
Länge geschlossen: 110 mm
Gewicht: 91 Gramm
Klinge: Inox 2,95 mm am Ricasso, kontinuierlich verjüngend (distal tapered blade)
Der Stahl wird nach sorgfältigem Schärfen extrem scharf

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Ich wüßte gern das Alter und was es für ein Stahl ist. Danke für Eure Bemühungen :)

Aus sunny Monte Gordo

R’n‘R
 
Hallo R'n'R,
Leider nur eine Teilantwort: Da ich die Quelle und Fundumstände (Geschäftsentrümpelung) erahne, taxiere ich die Herstellung auf 60er Jahre, hat also ein halbes Jahrhundert schadlos und unbenutzt überstanden. Darf "Väterchen" sich drüber freuen. :D
Zum Stahl kann ich leider nichts sagen, interessiert mich nun aber auch...

Gruß
Abu
 
Moin Abu,

danke, das hilft schon mal erheblich weiter. Quelle war genau jene. Und Stahl war OTB stumpf. Schnitt kein Papier. Ein paar ordentliche Züge über den Sinter mit anschließender SPA auf Schleifleinen von A (2.400) bis Z (12.000) haben mich in Staunen versetzt. Extrem scharf jetzt die Klinge. Haare spritzen durch die Gegend :super: ...

Der Gesamtzustand des Messechens ist beeindruckend gut. Ein paar leichte Spuren auf den Neusilberbacken haben sich mit Micro Cloth 12.000 sofort in Luft aufgelöst.

Stahl sollten wir auch noch rauskriegen ;) ...

Gruß R'n'R
 
Last edited:
Moin Abu,

wozu gibt’s die Suchfunktion - wir ha’m ja auch noch Google :p

Also, nach der Gravur auf dem Ricasso zu urteilen, liegst Du mit 60er Jahre absolut richtig. Kann man hier nachlesen (runterscrollen nach ganz unten auf Seite 10).

Auf jeden Fall vor der Umstellung des Logos 1974. Das wiederum steht hier (unten auf der Seite).


Was den Klingenstahl angeht, sieht das wohl so aus:

Typische rostfreie Messerstähle der deutschen Klingenindustrie sind 1.4034 und 1.4116 - meint Wikipedia

1.4034 aka X46Cr13 aka 420C: C:0,46 Cr:13,5

1.4116 aka 50 CrMoV 15: C:0,45-0,55 Cr:14,0-15,0 Mo:0,5-0,8 V:0,1-0,2


Roman Landes meint:

„1.4116 ist wie Ulrich (Gerfin) schon schreibt der Standardstahl der Solinger Klingenindustrie. Er wird millionenfach verarbeitet zu Klingen.“


Eine Einschätzung zum 1.4116 liefert er ebendort gleich mit dazu:

„Vom Grundprinzip her wäre er in der Lage durchaus feine Schneiden gut zu halten Voraussetzung ist allerdings die korrekte Wärmebehandlung. Und hier wird teilweise massiv geschlampt, aus Unkenntnis falsch oder aus Kosten-Gründen unzureichend behandelt. Auch liegen oft erhebliche Zugeständnisse an die "moderne" Klingenfertigung zugrunde, sodass ich es noch nicht gesehen habe, dass man mehr als 56-57 HRC (meist noch mit viel Restaustenit drin) aus dem Stahl herausbekommen hat, obwohl er ca. 60HRC könnte. Das führt dann natürlich zwangsweise zu niedriger Schneidkantenstabilität.

Damit sind auch die Ausführen der Schneidenwinkel und die Dicke des Ausschliffes an der Warte, mit gut 45° und weit über 0,4mm, alles andere als einem Leistungsgedanken folgend. Die Daten folgen der angesprochenen Missbrauchstauglichkeit und der Angst der Hersteller von zu viel Reklamationen.

Aber genau da liegt die Leistung begraben. Und es ist schade dass man da den Japanern nicht Paroli bietet und die alten "singenden Klingen aus Solingen wieder in den Markt bringt.

Fazit: Der Stahl kann durchaus einiges leisten, wird aber aus verschiedenen Gründen nicht voll in seine Fähigkeiten geführt.“


Unser Messerchen liegt bei den Geometrie-Werten nicht übermäßig schlecht. Wie gesagt beträgt die Klingenstärke am Ricasso 2,95 mm, direkt dahinter dann nur noch 2,5 mm, in der Klingenmitte 2,1 und 1 cm vor der Spitze 1,15 mm.

Hinter der Wate direkt vor dem Ricasso „sicherheitshalber“ :D 0,5 mm, in der Klingenmitte 0,4 und 1 cm vor der Spitze 0,3 mm.

Im vorderen Bereich der Klinge geht also was. Und - wie ebenfalls bereits erwähnt - das Zeugs wird prächtig scharf. Wie lange?? Keine Ahnung! ICH werd’s nicht rausfinden …

Wenn einer mehr weiß, bittesehr. Beagleboy vielleicht? Im richtigen Unterforum sind wir ja mittlerweile auch angekommen ;) ...


Gruß R’n‘R
 
Aber genau da liegt die Leistung begraben. Und es ist schade dass man da den Japanern nicht Paroli bietet und die alten "singenden Klingen aus Solingen wieder in den Markt bringt.

Gruß R’n‘R

OFF TOPICS
Ich denke uns "Deutschen" fehlt der Mut zur Tradition.
Zu viele Produkte werden aus betriebswirtschaftlicher Sicht heraus behandelt, obwohl ein "traditionelles" Produkt aus günstig fertigen lässt.
Sogar die Amerikaner (USA) laufen uns in dem Bereich schon davon.
Unser geschätzter Nachbar, die Franzosen, haben das "mir san mir" besser drauf als die Bajuwaren; und da sind wir noch´n paar Meter weit weg von Solingen.
Ich geh´ jetzt ´ne Runde flennen.
Walter
 
Hallo R'n'R,

Ja, Zalesky & Knife World sind auch für mich der Standard bei alten Bökers. Wäre doch schön, wenn BÖKER zum 150. Jubiläum eine eigene, aktualisierte Fassung herausbringen würde.

Den Stahl hast Du ja wie üblich mit detektivischer Akribie herausgefunden, für mich ein Buch mit sieben Siegeln.

Gruß
Abu
 
… Stahl …., für mich ein Buch mit sieben Siegeln

Eigentlich ja ganz einfach: Wolframstahl schlank ballig auf Null :glgl:

Und an Robert Herders Devise halten: "Dünn, derb, nagelgehend - haarscharf auf der Wate."


R'n'R
 
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