Gasesse mal anders - Blechdose und Benzinlötlampe

Ramón

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Hallo,

Nachdem ich immer wieder Starklichtlampen und Benzin-Lötlampen wieder auf Vordermann gebracht habe und mit beiden Gerättypen arbeite, ist mein Blick immer wieder am Brennstoffstrahl hängen geblieben, welcher aus der Düse der Geräte austritt. Sowohl Starklichtlampen, als auch Benzin-Lötlampen und Heizlampen nutzen das Prinzip der Venturi-Düse. Gas-Venturi-Brenner wurden hier im Forum ja bereits besprochen.
So war der Schritt nicht groß auf die Idee zu kommen die Möglichkeiten des Schmiedens zu erweitern. Beim durchforsten des Internets bin ich dann darauf gestoßen, dass jemand eine genial einfache Idee hatte: Eine Gasesse aus einer Suppenbüchse, oder einem Farb/Mülleimer zu bauen. Suchergebnisse findet man unter "Soup can forge" oder "Paint can forge". Im Prinzip geht es nur darum auf einfachstem Wege und mit wenig Mitteln das Schmieden zu ermöglichen. Wie Gasessen werden die Büchsen dann mit Schamottmörtel oder zusätzlich mit Steinwolle ausgekleidet. Youtube bietet viele Anleitungen und Schmiedevideos zum Thema.
Die geringe Größe und die Materialien (Suppenbüchse,...) mögen vielleicht wenig Anziehungskraft erzeugen, aber die Idee besitzt einen nicht zu verachtenden Vorteil. Duch die geringen Abmessungen können sie sehr wirtschaftlich sein. Nur ein kleiner Brennraum der Suppendosenesse muss auf Temperatur gebracht werden und die ganze Esse ist klein und schluckt daher weniger Energie als eine größere, unter den selben Gesichtspunkten gebauten Esse. Durch die Abmessungen eignet sich diese art von Esse gut für kleine Messer.
Ich bin auf einen englischsprachigen Forenbeitrag gestoßen, der genau diese Ideen vereinigt.
https://imgur.com/gallery/R8voD

Die Idee war, eine kleine, transportable Esse zu bauen. Zusammen mit meinem 20 Kg Amboss könnte ich mich dann zum Schmieden niederlassen, wo ich will. Deshalb sollte die Esse nicht nur mit einfachen rechten Winkeleisen auf eine Unterlage verschraubt werden, wie es in den meisten Videos und Bildern im Internet zu sehen ist, sondern ich wollte ein starres Rahmengestell haben.
Also habe ich mit dem Sammeln von Material begonnen.
Durch einen Zufallsfund habe ich auf dem Sperrmüll Quadratrohrrahmen entdeckt und aus der Gastronomie habe ich mir eine ~8 Liter Suppendose beschafft.

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Die Dose ist 23 cm hoch und hat ein 5 cm Loch für den Brenner auf halber Höhe oder Länge (Wie mans nimmt), und ein Zweites ist im Dosenboden, damit auch ein langes Werkstück in die kleine Esse passt. Das Loch für den Brenner ist an die Größe meiner Barthel-Lötlampe angepasst und ich habe innerhalb der Offnung genug Freiraum, um mit der Positionierung der Lötlampe zu experimentieren. Bedenken habe ich nur deshalb, weil der Brennerdüsenmantel aus Bronze oder Messing ist und nicht dafür ausgelegt ist von der freien Umgebung Wärmetechnisch isoliert zu werden. Ich rechne damit, dass die Lötlampe deshalb nicht zu weit in die Brenneröffnung der Esse gesteckt werden darf ohne sie zum Schmelzen zu bringen. Aber mal sehen.
Die beiden Rechteckrahmen sind mit der Dose verschraubt. Danach musste nur die Keramikwolle eingepasst und alles mit Mörtel abgedeckt werden. Natürlich wurde eine Öffnung für den Brenner freigelassen.

Jetzt sieht es so aus:

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Der nächste Schritt besteht darin ein Gestell für die Lötlampe auszukunkeln und mit dem Rahmen zu verschrauben.
Ich denke ich werde vor Weihnachten nicht mehr dazu kommen, doch nach und nach werde ich den Beitrag auf den neuesten Stand bringen.

Ciao!
 
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Hallo,

Nachdem ich alle Interessierten auf die lange Wartebank gesetzt habe, bin ich endlich dazu gekommen meine Pseudo-Gasesse einzuweihen. Ich habe lange darauf gewartet und möchte euch meine Ergebnisse nicht vorenthalten.

Verwendet habe ich einen minimalistischen Aufbau:

Esse
große BAT Lötlame
20Kg-Amboss
Hammer
Lappen
3 Stücke Stahl:
20x3 Flachprofil Baustahl
CrV Ringschlüssel 17x19
50x6 Flachprofil C60

Also hatte ich Stahl mit sehr unterschiedlichem Verhalten zur Verfügung, um zu sehen, wie die Esse damit fertig wird.

Der Versuchsaufbau ist nicht sonderlich professionell. Ich habe die Esse mitten ins Unkraut gesetzt, weil es dort genug Platz gab. Normalerweise würde man sich aber nicht unbedingt ins Gras setzen :)
Nach der Idee einer mobilen Schmiedemöglichkeit habe ich die Esse platziert, einen Gasbetonstein als Ablage davor und den Amboss daneben gestellt. zwischendurch habe ich die gesamte "Werkstatt" in einer Minute umplatziert.

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Hier sieht man den provisorischen Aufbau. Die Lötlampe soll im Idealfall mit der Düse in die Brenneröffnung gesteckt werden, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob das Reinstecken der Lampe in die Esse das Luft-Benzindampf-Mischverhältnis negativ beeinflusst, oder zu viel Wärme an die Lampe abgegeben wird. Eine Montiervorrichtung für die Lötlampe will ich später konstruieren, will das aber von den Testergebnissen abhängig machen.

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Hier ist die Esse auf Temperatur gebracht. Nachdem die Lötlampe vorgewärmt wurde, steckt man sie einfach in die Brenneröffnung und wartet. Zu meinem regelrechten Schock war die Esse innerhalb von wenigen Minuten auf Betriebstemperatur gebracht, bis der Mörtel der Brennkammerwandung in einem satten Orange glühte (Da die Sonne schien, mag es vielleicht eher Richtung dunkles Gelb gewesen sein, aber nicht mehr).

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Ein Blick durch die Brenneröffnung in die Brennkammer.

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Hier ist ein schönes Bild von der Flamme. Leider hat die Lampe nur anfangs gut funktioniert und keine blaue Flamme abgegeben. Die Verbrennung ist nicht gut, weshalb man auch Ruß erkennen kann. Nach einer Reinigung der Lampe sollte es behoben sein.

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Hier sieht man das Stück C60 in der Röhre. Es war beeindruckend, wie schnell selbst so ein großes Kaliber wie 50x6 Flachstahl auf Schmiedetemperatur gebracht wird.

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Das ist das Ergebnis für heute. Aus dem geraden Ende habe ich versucht eine Spitze zu formen und eine Verjüngung zur Schneide hin auszuformen. Das erste Mal, dass ich mit C60 gearbeitet habe. Mein großes Ziel ist es ein Tanto zu schmieden und auf den Spuren vom Forenmitglied Menuki zu einer Hamon zu gelangen. Aber Schritt für Schritt.

Fazit:

Im Großen und Ganzen war ich sehr positiv überrascht. Ich hätte gedacht, dass ein Benzingeruch in der Luft liegen könnte, da die Lötlampe nicht als Einschubbrenner konstruiert wurde. Doch von einem Benzingeruch war nichts zu riechen. Die Positionierung der Lötlampe ist bisher ohne Vorrichtung geschehen. Aber ich möchte sicherheitshalber eine verstellbare Einrichtung anbringen und am liebsten einen stabileren Rahmen schweißen.
Die Isolation funktionierte jedenfalls ausgezeichnet. Zwar stelllt die Benzinesse ein Improvisationsprojekt dar, aber ich war erstaunt über ihre Leistung. Die großzügige Auskleidung mit Steinwolle machte sich deutlich bemerkbar.
Es macht sehr viel Spaß mit der Esse zu arbeiten.

Bis bald!

Mit freundlichen Grüßen,

Ramón
 
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Lustige Sache und Brennstoff gibt es damit ja überall. Einen Punkt gibt es aber noch: trenne Dich von der Idee, dass ein möglichst kleiner Brennraum auch gleichzeitig der effizienteste Weg ist. Gasessen arbeiten mit der Strahlung der Wände und je mehr heiße Wand da ist, desto besser arbeiten die auch. Also das innere Blechrohr wegmachen und mehr Platz schaffen, dann geht das besser ab.
 
Ja, genau. Und wer sich das ursprünglich ausgedacht hat, war nicht ganz unpfiffig.

Im Laufe des Wochenendes habe ich einige Erfahrungen gesammelt. Nach dem Auffüllen der Lampe lief sie nicht mehr gut. Erst dachte ich, dass die Lampe verstopft sei. Aber nachdem ich sie überprüft habe und weiter genutzt habe, ist mir aufgefallen, dass sie am besten läuft, wenn sie maximal halb voll getankt wird. Die Luft (Eigentlich ein Benzindampf-Luft-Gemisch) im Tank dehnt sich im Betrieb durch die zum Tank wandernde Wärme aus und drückt das flüssige Benzin in den Docht nach oben zum Verdampfen. Dieses Polster darf nicht zu klein sein, um zu wirken. Die Lampe verbraucht sehr wenig Kraftstoff. Nach 8 Stunden verbraucht sie nichteinmal eine Tankfüllung (<1l).

Wärmetechnisch ist die Esse gut isoliert. Das erklärt auch, warum sie so gut funktioniert, obwohl der Brennraum nur eine Röhre ist. Das Blech der Suppenbüchse ist erst nach mehreren Stunden Dauerbetrieb großflächig angelaufen. Der 50x6mm Flachstahl C60 erreicht auf 15cm Länge ein sattes Gelb-Orangeglühen bei Tageslicht im Schatten (Vielleicht doch schon gelb) Fürs Messermachen reicht die Suppendosenesse. Für das richtige Feuerverschweißen ist der Raum in der Esse und die Kraff zu gering. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich eine weitere Esse bauen und einen eiförmigen Brennraum vorsehen.

Der Bau und Betrieb machen auf jeden Fall sehr viel Spaß.
 
Hallo,
sehr interessanter Bericht.
Könnte statt der benzinbetriebenen Lötlampe auch eine mit Gaskartuschen reichen ?
Oder haben diese benzinbetriebenen Lampen eine höhere Leistung ?

danke

dermike
 
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Ja, genau. Und wer sich das ursprünglich ausgedacht hat, war nicht ganz unpfiffig.

Dass es so was in richtig groß als sogenannte Öltropfer-Essen gibt, weißt du aber sicher? Die haben im Prinzip Brenner wie eine Ölheizung.

Was Du dir auch mal ansehen solltest ist der altbekannte Kwiky All Fuel Brenner.
 
Hallo

An dermike:

Ja, die Benzinlötlampen sind weitaus stärker als die Propanlötbrenner für die klassischen Campingkartuschen. Zum Vergleich: Ein Lötbrenner für Campingkartuschen hat grob meistens 2-4 kW Leistung, während die kleinen Benzinlötlampen (deren Tank fast das selbe Format wie die Campingkartuschen haben) bereits ~10 kW Leistung haben (habe ich an einer Eigenen anhand des Verbrauches errechnet).
Die von mir verwendete Lötlampe hat schätzungsweise 30 kW Leistung.

Propanbrenner aus dem Baumarkt/Handel sind weniger geeignet zum Betrieb einer Esse. Das liegt jedoch nicht unbedingt an der Leistung. Die sind halt für eine andere Aufgabe (Löten) konzipiert. Für Essen braucht man eine voluminösere, buschige Flamme. Deshalb bauen viele Gasessenschmiede ihre Brenner selber.
Aus dem selben Grund habe ich eine Benzinlampe genommen, die einen großen Düsendurchmesser hat.

Aber auch wenn sie nicht optimal sind, kann man trotzdem Kartuschenbrenner nutzen. Das Forenmitglied Menuki hat eine Esse (eigentlich ein Härteofen) aus Ytongsteinen und 4 Kartuschenbrennern unterschiedlicher Bauformen gebaut. Ich finde die Idee genial und findig.
Hier ist der Link: https://www.messerforum.net/showthread.php?24256-Zwei-Härteversuche

Wenn man bei Youtube nach "soup can forge" sucht, kann man viele unterschiedliche Umsetzungen sehen und ein Bild von deren Leistungsfähigkeit bekommen.

Möchtest du denn auch schmieden? Vielleicht kannst du auch vergleichen und eine kleine Benzinlampe und Kartuschenbrenner besorgen und eine austauschbare Anordnung ausdenken?

An AchimW:

Vielen Dank für den Hinweis. Genau das war tatsächlich der geistige Anfang meiner Suche, um etwas anderes als eine Kohleesse auszuprobieren, wollte aber ein möglichst simples, stromunabhängiges System haben. Einen kleinen Zerstäuberbrenner habe ich aber vor für den Wasserrohrkessel meines Dampfmaschinenprojektes einzusetzen. Aber das führt zu weit in die Weite an dieser Stelle:)

Ich möchte am kommenden Wochenende das Tanto fertig schmieden und werde genaue Berechnungen zum Verbrauch und der Leistungsfähigkeit anstellen. Insgeheim schwebt mir schon ein größeres Projekt entweder mit einem Brennereigenbau, oder einer ganz großen 1,8l Benzinlampe vor.

Bis bald
 
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Hallo,

Ramo'n, danke für die Info.

Probieren würde ich schon gerne, aber da ist erstmal noch was Anderes was getan werden sollte.
Ich danke jedenfalls für den Bericht und die Antwort.

dermike
 
An diesem Wochenende habe ich wieder mit der Esse geschmiedet. Diesmal habe ich die Lötlampe zum Äußersten beansprucht. Deshalb lief die Esse viel heißer als vorher.

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Man muss beim Vorwärmen immer 5-10 Minuten Geduld mitbringen, aber dann läuft sie. Man füllt ordentlich Spiritus, oder etwas anderes Brennbares in die Vorwärmschale und wärmt die Lampe lieber länger als zu kurz vor. Man dreht die Lampe so in den Wind, dass die Flammen aus dem Vorwärmschälchen nicht an den Drehknopf kommen (Also nicht wie auf dem Bild:super:)

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Fazit:

Die Esse eignet sich bestens für meine Zwecke. Nur fürs Härten hätte ich gerne einen zweiten Brenner vorgesehen, um eine gleichmäßigere Erwärmung leichter zu erzielen, aber vielleicht bekomme ich es auch so hin. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden.

Die Berechnungen müssen noch warten, möchte ich aber noch nachholen.
 
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Hallo

Jetzt habe ich am 3. Schmiedewochenende die Möglichkeit gehabt eine Testreihe zur Verbrauchs- und Leistungsberechnung zu starten.

Dazu habe ich eine BAT-1001 Lötlampe genommen, mit der ich heute auch die zweite Klinge geschmiedet habe. Die Leistung ist mit der Lötlampe auf den Bildern (BAT) indentisch. Nur der Tank ist kleiner. (1l)

Ich habe die Lötlampe auf Maximum laufen gelassen. Dabei erzeugte der Brenner ein sher lautes Rauschen. Als ich die Lötlampe in die Esse gesteckt habe, ist ein noch lauterer Brummton entstanden, weil die Düsenflamme an einer scharfen Kante entlanggeströmt ist. Leider ist die Zementarbeit nicht ganz gut. Diese akustischen Konsequenzen hatte ich nicht erwartet.

Auf Maximum betrieben ist die Esse sogar noch heißer geworden als das letzte Mal. Nach 4 Minuten war die Esse innen heiß. Dann habe ich das Werkstück (50x6) in die Esse gelegt. 2 Minuten später glühte das Werkstück C60 Stahl.

Bei der maximalen Leistung sind die dunkelrot schwach glühenden Flammen an beiden Seiten fast die Länge der Esse herausgeschossen. Ich hatte 500ml Benzin eingefüllt und nach 35min ist die Lötlampe erloschen. Eine kleine Pfütze war im Tank nich zu hören. Also hat die Lötlampe ungefähr 850ml/h verbraucht.

Die Maximaleinstellung war ohrenbetäubend laut und viel zu verschwenderisch. also habe ich den Brenner so weit heruntergefahren, dass das laute Brummen durch die Esse aufhörte. Damit hatte die Esse noch so viel Leistung, wie am ersten Tag. Mit der Einstellung habe ich wieder 500ml Benzin eingefüllt und die Lötlampe laufen gelassen, bis die Flamme erlosch. Diesmal ist die Lötlampe 50min angeblieben, hat also ungefähr 600ml/h Benzin verbraucht. Ich habe also 30% eingespart, ohne dass das Schmieden beeinträchtigt wurde.

Am liebsten würde ich jetzt einen größeren Brennraum mit 2 Eigenbaubrennern haben, aber ich möchte erst einmal die beiden Tantos fertigstellen.

Bis dahin
 
Sehr interessant mit zu lesen! :)

Da fällt mir ein, dass ich irgendwo auch noch einen Benzinbrenner rum stehen habe :D
 
Toll, dass ich etwas für Inspiration sorgen kann hier.

Ich bin immernoch am rätseln, inwieweit die Verwendung von Benzin als Treibstoff die Atmosphäre in der Esse negativ verändert. Bei der Kohleesse hatte ich da keine Bedenken, zumal ich immer Holzkohle verwendet hatte. Aber in Benzin steckt ja auch eine Menge Dinge, die wir Schmiede nicht brauchen.

Naja. Bisher ist zumindest nichts spröde geworden;)
 
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