Teruyasu Fujiwara Maboroshi Gyuto 210 mm

Merkt Ihr eigentlich noch, wie weit Ihr Euch von der Wirklichkeit des gemeinen Messerbenutzers entfernt habt?
Sich von der Wirklichkeit des gemeinen Messerbenutzers zu entfernen, ist doch kein Vorwurf, wenn man sich diese Wirklichkeit anschaut. Der gemeine Messerbenutzer kauft sich ja noch nicht mal Solinger Standardklingen, sondern legt im Supermarkt auch mal ein Messer in den Einkaufswagen. Zur Zeit sind das ostereibunte Teile mit Plastikgriff und bedruckten Klingenflanken. Diese Messer werden dann benutzt bis sich Mensch ein neues in den Einkaufswagen legt. Schärfmittel Fehlanzeige. Was wäre das für ein Messerforum, das sich nicht von dieser Wirklichkeit entfernen will?
 
Sich von der Wirklichkeit des gemeinen Messerbenutzers zu entfernen, ist doch kein Vorwurf, wenn man sich diese Wirklichkeit anschaut. Der gemeine Messerbenutzer kauft sich ja noch nicht mal Solinger Standardklingen, sondern legt im Supermarkt auch mal ein Messer in den Einkaufswagen. Zur Zeit sind das ostereibunte Teile mit Plastikgriff und bedruckten Klingenflanken. Diese Messer werden dann benutzt bis sich Mensch ein neues in den Einkaufswagen legt. Schärfmittel Fehlanzeige. Was wäre das für ein Messerforum, das sich nicht von dieser Wirklichkeit entfernen will?

Das würde ich so unterschreiben !!!!

Es ist wirklich erstaunlich wie wenig wert auf gutes Werkzeug gelegt wird.Und es wird sich auch nicht mehr damit auseinandergesetzt,weder mit Pflege und Wartung noch Qualität...Ich bin froh davon entfernt zu sein.

fröhliche Ostern
 
Hallo zusammen,

schon interessant, wie ein schöner Bericht über ein Messer in eine ganz andere Diskussion abgleiten kann. ;)

Kurz zu mir: Mein Interesse an Messern, am Schleifen etc. ist erst vor kurzem nach einem Schleifkurs (Geburtstagsgeschenk von meiner Frau :super:) richtig geweckt worden. Ich schätze, dass "Gemeiner Messerbenutzer", "günstige (?) Solinger", ... durchaus zu mir passen könnte, und nach den letzten Beiträgen hier im Thread möchte ich auch meine Meinung dazu kundtun. Vielleicht ist ja die Sicht eines "Neuen", der ein wenig mehr Abstand zu dem Thema hat, auch interessant für euch.

In unserem Haushalt finden sich aktuell Messer aus der Classic-Serie von Wüsthof. Hier im Forum werden diese Messer zwar manchmal negativ dargestellt, aber für meine Frau und mich waren sie schon ein sehr spürbarer Fortschritt im Vergleich zu der Supermarktware, die wir vorher besaßen. Die Messer schneiden bisher alles, was ihnen bei uns unter die Klinge kommt und sie sind so robust, dass wir noch nie mit Ausbrüchen o. Ä. zu tun hatten. Zusammengefasst: solides Werkzeug, wenn jemand damit zurechtkommt und zufrieden ist, passt das.

Dass es besser und schärfer geht, ist mir (inzwischen) natürlich bewusst. Ich habe zwischenzeitlich viel hier im Forum geblättert und gelesen - die Suchfunktion kenne ich auch ;) - und meine Neugier ist geweckt. Irgendwann möchte ich auch ein japanisches Messer oder eins von Jürgen Schanz oder, oder, oder... haben. Im ersten Schritt beschäftige ich mich aber erst mit dem Schärfen und sobald das zu meiner Zufriedenheit funktioniert, gehe ich auf Messersuche.

Das ist jetzt doch etwas mehr "kurz zu mir" geworden als gedacht. Nun zum eigentlichen Punkt, den ich ansprechen wollte.

Die mit viel Liebe zum Detail verfassten Berichte über Messer, so wie der von Pflaster hier im Thread, lese ich für meinen Teil gerne. Ich kann aus vielem Informationen herausholen, die mir später bei meiner Auswahl eines Messers behilflich sein werden. An alle, die sich solche Mühe geben, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

Viele der Berichte und Diskussionen erreichen irgendwann einen Punkt, an dem es für mich und meine Anforderungen/Bedürfnisse zu hoch hergeht. Der eine oder andere mag diese Diskussionen und Vergleiche vielleicht als abgehoben oder gar elitär bezeichnen, aber wenn sich Menschen über ein liebgewordenes, gemeinsames Hobby unterhalten, dann passiert das häufig - und nicht nur beim Thema Messer. Nichtsdestotrotz kann ich mich als "Außenstehender" für die Leute freuen, die sichtlich ihren Spaß haben. Dass ich selber thematisch schon längst abgehängt bin - so what? Mich zwingt ja keiner zum Weiterlesen.

@püttler: Wenn hier - überspitzt ausgedrückt - in Sphären diskutiert wird, die weit von Otto-Normal-Schnibbler wie z. B. von meiner Person entfernt sind, dann ist das halt so. Ob ich das lesen möchte oder nicht, entscheide ich. Ich würde mich aber nicht beschweren, dass diese Beiträge geschrieben werden? Bestimmt gibt es den einen oder anderen, der das auch so sieht.

@Alle: Ihr könnt davon ausgehen, dass von mir demnächst eine Anfrage in der Küchenmesser Kaufberatung zu finden ist...

So, ich packe jetzt meine neu erworbenen Schleifsteine aus und schaue mal, was ich aus "den guten, alten Wüsthofs" herausholen kann. :)

Schöne Ostertage!

Jörg
 
Hallo zusammen,

schon interessant, wie ein schöner Bericht über ein Messer in eine ganz andere Diskussion abgleiten kann. ;)

Hallo Jörg,
das hab ich mir auch gedacht,
und viel Spaß mit den Steinen.
Gruß Klaus
 
Um mal wieder was zum Thema zu schreiben:

Eine sehr schöne Klinge mit einem Griff, der optisch besser kommt als gar kein Griff.;). Den tapered tang finde ich allerdings bemerkenswert, sieht man selten bei Küchenmessern. Ich vermute, dass Teruyasu Fujiwara hier den Schwerpunkt ähnlich wie bei einem Wa-Griff haben wollte und deswegen diesen Arbeitsschritt gemacht hat.

Das zeigt einmal mehr, dass die Messer von TF stark auf Funktionalität getrimmt sind, auch wenn bei den Maboroshis und Denkas die Ästhetik eine größere Rolle spielt. Die Maboroshi-Serie bekommt laut TF z.B. einen zusätzlichen Hammervorgang bei niedrigen Temperaturen spendiert, um die Außenschicht um den rostfreien Kern, die schneller abkühlt als die Schneidlage, möglichst gleichmäßig dick zu bekommen. Bei den Nashijis wird das nicht gemacht. Von dem, was ich auf den Photos erkennen kann, sieht das auch bei deinem Maboroshi gut aus.

Glückwunsch zu dem schönen Messer!
 
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Hallo Atlantik,

dankeschön!

mit einem Griff, der optisch besser kommt als gar kein Griff

Wo du recht hast, hast du recht ... :D Und auch haptisch ist es so angenehmer, als ganz ohne Griff.

Bevor ich das Messer bestellte, hatte ich natürlich alles über die Fujiwaras gelesen, was das WWW hergibt. Also wusste ich genau, worauf ich mich einlassen würde, insbesondere was die Griffe angeht.

Eine möglicherweise notwendige Überarbeitung bei einem guten deutschen Messermacher hatte ich schon in den Preis mit einkalkuliert. Ich hatte geplant, das von der Qualität und dem Potential der Klinge abhängig zu machen, ob es sich lohnt die üblichen Maßnahmen zu ergreifen, d.h. Klingenrücken und Kehl abrunden, Klingengeometrie und -profil optimieren und neue Griffschalen einsetzen.

Die zweite Option wäre, das gute Teil eben wieder zu verkaufen, so wie es ist. Ich schwanke da noch ... mal schauen ... :confused:

Gruß
Pflaster
 
Servus,

Das zeigt einmal mehr, dass die Messer von TF stark auf Funktionalität getrimmt sind, auch wenn bei den Maboroshis und Denkas die Ästhetik eine größere Rolle spielt.

die Größe dieser Rolle kann ich auch mit viel gutem Willen, und dieser ist in diesem speziellen Fall zur Genüge vorhanden, nicht erkennen! :haemisch:

Der Meister schmiedet fantastisch nur findet er zu keinem ästhetisch akzeptablem Ende. Das ist eines dieser Reviews, wo ich immer zu meiner dunkel getönten optischen Sonnenbrille wechsle, die ich eigentlich zum Autofahren nutze! Im Fall Fujiwara-Finish leistet sie mir aber auch hier gute Dienste! :steirer: :haemisch: :D

Gruß, güNef
 
Der Meister schmiedet fantastisch nur findet er zu keinem ästhetisch akzeptablem Ende.

Was ästhetisch akzeptabel ist, ist sicher eine Frage des Maßstabes, den man anlegt. Unterschätzt wird m.E. allgemein das spezifisch japanische Verständnis von Schönheit (wabi-sabi), das im Buddhismus verwurzelt ist. Es geht hier nicht um Perfektion, Verzierung oder äußere Makellosigkeit, sondern um die innere Qualität eines Gegenstandes, die sich hinter einer einfachen, schlichten, vergänglichen und unvollkommenen Hülle verbirgt. Erst in bewusster Betrachtung oder bewusstem Gebrauch offenbart sich der Wert dieses Gegenstandes, enthüllt sich die Schönheit.

Makellosigkeit (was wir z.B. als perfektes F&F bezeichnen) gilt nicht als erstrebenswert, weil sie als steril und leblos betrachtet wird. Die Unregelmäßigkeit oder ein Fehler dagegen machen einen Gegenstand einzigartig, unverwechselbar und individuell. Bei Interesse kann man nachlesen bei Leonard Koren, Wabi-Sabi for Artists, Designers, Poets & Philosophers (liest sich am besten ohne Sonnenbrille ;)).

Das ist der auch Weg, den Teruyasu Fujiwara bewusst geht. Ich habe ihm damals ja wegen meines Nashijis geschrieben und er - bzw. sein englischsprachiger Mittarbeiter oder Sohn, wie wir seit Gabriels Besuch wissen - hat mir geantwortet, dass bei den Messern aus der Schmiede eben diese rustikale Schlichtheit als Ausdruck traditioneller Schönheit gesucht wird. Das mag nun mögen oder nicht, aber es ist ein sehr weitreichendes ästhetisches Konzept, das sich bei TF konsequent umgesetzt findet.

Gerade die Macke oben im Giff von Pflasters Maboroshi macht das Messer aus der beschriebenen Sicht also einzigartig.

Abschließend muss ich allerdings gestehen, dass ich selber soweit westlich sozialisiert bin, dass es mir persönlich ohne diese Macke lieber wäre. Westliche Griffe eignen sich m.E. für das Konzept des wabi-sabis nicht besonders. Wir sind hier auf 'sterile', also glatte und spaltfreie Verarbeitung, evtl. sogar Mosaik-Pins und exotische Griffmaterialien fixiert. Für mich persönlich wäre deswegen auch ein Wa-Griff bei einem Messer von TF Bedingung. Dieser harmoniert m.E. besser mit dem beschriebenen Konzept. Die Klingen von TF - auch die oben gezeigte - finde ich dagegen nach wie vor sehr ansprechend, und wenn man mit seinen Messern schneidet, weiß man auch, wie sich Hoheit in der Schlichheit offenbaren kann.
 
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Was ästhetisch akzeptabel ist, ist sicher eine Frage des Maßstabes, den man anlegt. Unterschätzt wird m.E. allgemein das spezifisch japanische Verständnis von Schönheit (wabi-sabi), das im Buddhismus verwurzelt ist. Es geht hier nicht um Perfektion, Verzierung oder äußere Makellosigkeit, sondern um die innere Qualität eines Gegenstandes, die sich hinter einer einfachen, schlichten, vergänglichen und unvollkommenen Hülle verbirgt. Erst in bewusster Betrachtung oder bewusstem Gebrauch offenbart sich der Wert dieses Gegenstandes, enthüllt sich die Schönheit.

Schön gesagt, das hatte ich ja auch schon mal bei meinem Bericht über TF angeführt. Wobei ich dies nicht als Argument "für" die TF Messer anführen würde, sondern eher als Zusatzinformation. Ich denke in unserem Kulturkreis wird sich das Verständnis für dieses Prinzip eh eher in Grenzen halten (mich selbst lasse ich da nicht außen vor). Deshalb bleibts bei mir bei dem Hinweis, dass die TF Messer tatsächlich extrem performant sind IMHO, aber weise gleichzeitig auch immer auf das rustikale F&F hin.


Gruß, Gabriel
 
Servus,

Was ästhetisch akzeptabel ist, ist sicher eine Frage des Maßstabes, den man anlegt. Unterschätzt wird m.E. allgemein das spezifisch japanische Verständnis von Schönheit (wabi-sabi), das im Buddhismus verwurzelt ist. Es geht hier nicht um Perfektion, Verzierung oder äußere Makellosigkeit, sondern um die innere Qualität eines Gegenstandes, die sich hinter einer einfachen, schlichten, vergänglichen und unvollkommenen Hülle verbirgt. Erst in bewusster Betrachtung oder bewusstem Gebrauch offenbart sich der Wert dieses Gegenstandes, enthüllt sich die Schönheit.


mir ist diese Philosophie durchaus geläufig, aber ich persönlich sehe nur ein schlampiges Finish das damit gerechtfertigt wird. Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, das es Exemplare gibt, wie das Handverlesene von Gabriel, dass deutlich geringer ramponiert daherkommt. Ich kann mich halt dem Eindruck nicht entziehen, dass Fujiwara westlichen Kunden westliche Griffe dranmacht, es aber nicht westlich zu Ende bringen kann/will. Wenn der westlich orientierte Kunde weiß was ihn erwartet und dieses Ergebnis toleriert/akzeptiert dann ist das völlig in Ordnung und hier wird ja auch darauf hingewiesen genau so, wie auf den hohen funktionellen Wert dieser Messer!

Es obliegt also einzig dem Kunden/Käufer ob er so ein Messer will oder nicht!

Ich persönlich hätte selbst mit viel gutem Willen, keine Freude an einem Messer mit deutlich sichtbaren und so gewolltem Finish/Makel, aber das ist individuell zu bewerten.

Gruß, güNef
 
Hallo zusammen,

übrigens vertritt Jean-Jose Tritz als studierter Kunsthistoriker ein ähnliches ästhetisches Konzept. Die Affinität zu japanischer Kunst ist auf seiner facebook Seite immer wieder zu erkennen. Seine San Mai Klingen sind Ausdruck der Unvollkommenheit und der Wandlung . Erst der Besitzer gibt dem Messer im täglichen Gebrauch eine Seele und verleiht der Klinge mit der Zeit ihren ganz individuellen Charakter.

Gruß, kup
 
Unterschätzt wird m.E. allgemein das spezifisch japanische Verständnis von Schönheit (wabi-sabi), das im Buddhismus verwurzelt ist.
Es ist nicht "das" japanische Verständinis von Schönheit, sondern "ein" japanisches Verständnis von Schönheit unter anderen. Der Gegenpol zu Wabisabi ist miyabi. Diese Ästhetik hat sich Zwilling programmatisch für seinen japanischen Ableger als Markenname ausgedacht. Die Frage ist, ob der Herstellungsprozess zu angestrebten Ästhetik passt. Zum Beispiel ist industrielles Wabi-sabi ganz und gar unmöglich. Wabi-sabi geht nicht ohne eine gewisse Individualisierung des Produkts, aber genau das soll ja bei Serienproduktion nicht sein, die gleichbleibend hohe nach objektiven Parametern überprüfbare Qualität anstrebt. Industrieproduktion will keine Abweichungen. Zur industriellen Messerproduktion passt miyabi in der Tat viel besser. Wabisabi passt dagegen zu Handarbeit, die gewisse Spuren des Herstellungsprozesses auf dem fertigen Produkt zurücklässt. Fehler würde ich diese Spuren gar nicht nennen wollen. Fehler sollten auch bei Handarbeit nicht sein. Beabsichtigt ist also nicht den Herstellungsprozess im fertigen Produkt auszulöschen, sondern erkennbar und nachvollziehbar zu lassen. Das macht den Eindruck der Unvollkommenheit, Skizzenhaftigkeit aus. z.B. Schmiedehaut, Hammerschläge, Schliffbild. Am Griff die Verwendung von Holz das immer anders ist. Die Nachvollziehbarkeit der Verbindung von Klinge und Griff. Bei Jean-Jose Tritz kann ich diese Ästhetik sehr gut nachvollziehen.
Bei einem westlichen, schwarzen Dreinietengriff habe ich damit jedoch meine Schwierigkeiten. Man erzielt diese Ästhetik nicht, indem man bloß unsauber arbeitet. Das empfinde ich als Ausrede. Wenn man einen westlichen Dreinietengriff in wabisabi - Ästhetik bauen will, dann müsste man das konsequent neu denken, damit das eben nicht mehr mit Schlampigkeit verwechselt werden kann. Die jeweilige Ästhetik kann nicht getrennt vom Herstellungsprozess betrachtet werden. Wollte man ein industriell hergestelltes Produkt mit einer wabi-sabi Ästhetik versehen, wäre die nur aufgepappt, dem Produkt äußerlich, reiner Formwille, also objektiv schlechte Ästhetik, wenn man die Prämisse akzeptiert, dass Formwille, also Idee und Material sich entsprechen sollten, zueinander passen sollten. Denn die Idee soll ja eine des Gegenstands selbst sein und nicht nur äußerlich aufgeklebt sein, wie bei "wer bin ich".
 
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Beabsichtigt ist also nicht den Herstellungsprozess im fertigen Produkt auszulöschen, sondern erkennbar und nachvollziehbar zu lassen. Das macht den Eindruck der Unvollkommenheit, Skizzenhaftigkeit aus. z.B. Schmiedehaut, Hammerschläge, Schliffbild. Am Griff die Verwendung von Holz das immer anders ist. Die Nachvollziehbarkeit der Verbindung von Klinge und Griff. (...)
Bei einem westlichen, schwarzen Dreinietengriff habe ich damit jedoch meine Schwierigkeiten. Man erzielt diese Ästhetik nicht, indem man bloß unsauber arbeitet. Das empfinde ich als Ausrede. Wenn man einen westlichen Dreinietengriff in wabisabi - Ästhetik bauen will, dann müsste man das konsequent neu denken, damit das eben nicht mehr mit Schlampigkeit verwechselt werden kann.

Dem kann ich zustimmen. Ich habe auch bereits geschrieben, dass mir Yo-Griffe nicht geeignet für das Konzept des wabi-sabi scheinen. Sie sind zum einen in der westlichen Handwerkstradition beheimatet und und zum anderen oft nicht mit Naturmaterialien oder zumindest doch technisch stark veränderten Materialien ausgeführt, so dass z.B. die Naturkomponente von Holz überdeckt wird.

Die Aussagen von TF, die ich wiedergegeben habe, bezogen sich konkret auf mein Nashiji mit Wa-Griff, und zwar da auf die Gestaltung der Klinge, insbesondere auf den Schichtaufbau. TF hat also nie selbst die Verabeitungsmängel seiner Yo-Griffe mit wabi-sabi rechtfertigt. Wollte das nur klarstellen, damit keine Missverständnisse auftreten.

Ich habe das Konzept auf erst güNefs Aussage hin, dass TF zu keinem ästhetisch akzeptablen Ende findet, ins Spiel gebracht. In dieser Allgemeinheit und Härte würde ich die Aussage keineswegs unterschreiben, wenn man die Produkte TFs - und da vor allem die Messer mit traditionellem Wa-Griff - unter dem Gesichtspunkt des genannten ästhetischen Konzeptes betrachtet. Dass der gerade der Griff von Pflasters Messer dafür kein gutes Beispiel ist, ist, glaube ich, Konsens. Bei der wunderbaren Klinge dagegen sieht das für mich anders aus.
 
Servus,

Fehler sollten auch bei Handarbeit nicht sein. Beabsichtigt ist also nicht den Herstellungsprozess im fertigen Produkt auszulöschen, sondern erkennbar und nachvollziehbar zu lassen. Das macht den Eindruck der Unvollkommenheit, Skizzenhaftigkeit aus. z.B. Schmiedehaut, Hammerschläge, Schliffbild. Am Griff die Verwendung von Holz das immer anders ist. Die Nachvollziehbarkeit der Verbindung von Klinge und Griff. Bei Jean-Jose Tritz kann ich diese Ästhetik sehr gut nachvollziehen.
Bei einem westlichen, schwarzen Dreinietengriff habe ich damit jedoch meine Schwierigkeiten. Man erzielt diese Ästhetik nicht, indem man bloß unsauber arbeitet. Das empfinde ich als Ausrede. Wenn man einen westlichen Dreinietengriff in wabisabi - Ästhetik bauen will, dann müsste man das konsequent neu denken, damit das eben nicht mehr mit Schlampigkeit verwechselt werden kann. Die jeweilige Ästhetik kann nicht getrennt vom Herstellungsprozess betrachtet werden. Wollte man ein industriell hergestelltes Produkt mit einer wabi-sabi Ästhetik versehen, wäre die nur aufgepappt, dem Produkt äußerlich, reiner Formwille, also objektiv schlechte Ästhetik, wenn man die Prämisse akzeptiert, dass Formwille, also Idee und Material sich entsprechen sollten, zueinander passen sollten. Denn die Idee soll ja eine des Gegenstands selbst sein und nicht nur äußerlich aufgeklebt sein, wie bei "wer bin ich".

ausgezeichneter Beitrag, der einfach beispielhaft erklärt, was ich gemeint habe! Der von mir Fett hervorgehoben Text trifft exakt mein Verständnis! :super:

Was JJT betrifft stimmt das natürlich, da er das unmissverständlich auf seiner Homepage klar macht, ob man das goutiert und für dieses Verständnis von einem fertigen Produkt bereit ist den aufgerufenen Preis zu bezahlen ist wie immer individuell zu beurteilen! Meine Haltung zum Thema F&F ist bekannt! ;)

Ich habe das Konzept auf erst güNefs Aussage hin, dass TF zu keinem ästhetisch akzeptablen Ende findet, ins Spiel gebracht. In dieser Allgemeinheit und Härte würde ich die Aussage keineswegs unterschreiben, wenn man die Produkte TFs - und da vor allem die Messer mit traditionellem Wa-Griff - unter dem Gesichtspunkt des genannten ästhetischen Konzeptes betrachtet. Dass der gerade der Griff von Pflasters Messer dafür kein gutes Beispiel ist, ist, glaube ich, Konsens. Bei der wunderbaren Klinge dagegen sieht das für mich anders aus.

Auch von meiner Seite Konsens und ich hatte in der Tat meine Kritik nur auf die westliche Machart bezogen und habe ja schon zu Beginn geschrieben, das ich die Klinge für gelungen und in jeder Hinsicht als akzeptabel erachte. Ich denke wir verstehen einander recht gut, tiffel hat das Sauber beschrieben und Missverständnisse ausgeräumt!

Bei solchen Beiträge machen es einfach Spaß hier zu lesen und zu diskutieren!

Gruß, güNef
 
Angestoßen durch Atlantiks kulturhistorischen Exkurs über japanisches Kunstverständnis ( Wabi-Sabi ) und die daraus entstandene Diskussion, die ich übrigens sehr informativ und spannend fand, bleibt trotzdem immer noch die eine Frage unbeantwortet.

Warum haben die Yo-Griffe von Teruyasu Fujiwara diese nicht unerheblichen Verarbeitungsmängel ???

Pflasters Exemplar scheint ja kein Einzelfall zu sein. Gabriel hat es sogar vor Ort während eines persönlichen Besuchs in Japan bestätigt.

Und Atlantik hats hier nochmal auf den Punkt gebracht.


...TF hat also nie selbst die Verabeitungsmängel seiner Yo-Griffe mit wabi-sabi rechtfertigt. Wollte das nur klarstellen, damit keine Missverständnisse auftreten.

Die Verarbeitungsmängel sind also kein Ausdruck künstlerischer Intention.
Wie ist der Zustand zu erklären ? Die Wa-Griffe scheinen ja von guter Qualität zu sein.

Liegt es etwa an der fehlenden Erfahrung mit der Herstellung von westlichen Griffen ?
Ist die Wahrheit so banal ? :confused:

Gruß, kup
 
Moin,

Warum haben die Yo-Griffe von Teruyasu Fujiwara diese nicht unerheblichen Verarbeitungsmängel ???

Naja, ich denke es liegt v.a. daran, dass bei einem Wa-Griff deutlich weniger "äußere" Anpassungsarbeiten notwendig sind. Bei einem westlichen Griff müssen Klinge, Bolster und Griffschalen direkt aufeinander angepasst werden. Dies sauber hinzubekommen stellt IMHO einen wesentlich höheren Aufwand dar. Vielleicht erklärt es sich daher...

Die Klingen haben nunmal ein paar Ungleichmäßigkeiten in der Regel. Beim Wa-Griff fällt das vielleicht nicht so auf, beim Yo-Griff dafür umso mehr.
Aus diesem Grund hatte ich mich auch für einen Wa-Griff entschieden.

Gruß, Gabriel
 
Bei einem westlichen Griff müssen Klinge, Bolster und Griffschalen direkt aufeinander angepasst werden. Dies sauber hinzubekommen stellt IMHO einen wesentlich höheren Aufwand dar. Vielleicht erklärt es sich daher...
Nicht umsonst haben sich in Solingen, daraus zwei selbstständige Berufe entwickelt, die des Reiders und Ausmachers. Diese Berufszweige gab es in Japan mit den traditionellen Griffen sicher nicht. Griff und Klinge müssen nicht angepasst werden, der Erl wird lediglich eingebrannt. Also haben wir in Japan die Situation, dass die Schmiede eine Arbeit machen müssen, die mit dem Schmiedehandwerk eigentlich nichts zu tun hat. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Griffe machen unter der Würde der Schmiede ist(war), die normalerweise ganz auf die Klinge fixiert sind. Für den Schmied ist die Arbeit getan, wenn die Klinge fertig ist. Das ist aber bei yo-Griffen nicht so.
 
Wenn man die Klinge anguckt, sieht die symmetrisch leicht hohl ausgeschliffen zu sein.
Das scheint gute „Schneidergebnisse mitzubringen“, da die Klinge in der Nähe von der Schneide einfach dünn ist.

Sonst die „absolut perfekt“ oder nah davon ausgeschliffene Klingen auch noch mit groben Schleifspuren werden immer mehr kosten als noch „krümme“ Klingen oder noch mit einer welligen Oberfläche, die z.B. mit Schleifpapier "maskiert" ist.
Anders zu sagen: wenn man eine Klinge mit unebener Oberfläche nimmt und die mit Schleifpapier spiegelnd macht kostet die Arbeit weniger als eine perfekte Form z.B. mit Kato-Finish. So verstehe ich das :rolleyes:.

Wenn man einen Natursteinfinish nach einem sehr guten Vorfinish wünscht, dann gerät man zwingend in eine andere Preisklasse.
Sonst muss man wohl mit Schleifpapierfinish und co. zufrieden sein.:rolleyes: Ich sehe sonst keine Alternativen.
 
Servus,

Anders zu sagen: wenn man eine Klinge mit unebener Oberfläche nimmt und die mit Schleifpapier spiegelnd macht kostet die Arbeit weniger als eine perfekte Form z.B. mit Kato-Finish. So verstehe ich das :rolleyes:.

wenn ich "Unebenheiten" spiegelnd poliere, dann zeigen sich Verzerrungen, die eine nachträgliche Kosmetik entweder also solche entlarven würde, oder eben überhaupt das Fehlen dessen, was du als "perfekte Form" benennst!

Gruß, güNef
 
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