Messerschmiede Guldimann stellt sich vor

Hoi gast

Mich würde deine Definition von Anwenderverhalten intressieren

Anwenderverhalten bedeutet für mich das untersuchen der folgenden Punkte:
- Wie sorgfältig geht der Anwender mit der Klinge um?
- Versorgt er sie behutsam in einem dafür vorgesehen Halter oder liegt alles kreuz und quer in einer Schublade?
- Besteht ein Bewusstsein für die passende Verwendung des Werkzeugs?
- Benutzt der Anwender den Rücken der Klinge um Schnittgut vom Schneidebrett zu wischen?
- Welches Schneidebrett wird verwendet?
- Welche Schnittart wendet er an, mehrheitlich Druckschrift oder mehrheitlich Zugschnitt? (Immer Mischform vorhanden)
- Wie schnell wird geschnitten?
- usw.

Anwenderkenntnisse sind nochmals ein weiteres Thema welches ich bei einem Kundengespräch als sehr wichtig empfinde.

Der Anschliff, ob 20 oder 25 Grad ist nicht die alleinige Komponente welche ich Beachte, es ist ein wichtiger Teil um die Leistungsfähigkeit bezogen auf den jeweiligen Anwender zu erhöhen.
Auch wichtig ist, wie fein die Gesamtgeometrie geschliffen wurde und wie viel Material hinter der Schneidphase steht usw.

gehe ich richtig in der Annahme dass eine 1.3505 Klinge mit ca. 250g Gewicht (ca. 240mm Kochmesser/Gyuto) im reinen Zugschnitt (Wiegeschnitt, Schubschnitt etc.) bei 20 Grad Schleifwinkel bei nicht zu hartem Schnittgut auf einem in der Gastronomie üblichen HACCP Konformen Plastikbrett die Schneide nicht umlegt (bei einer Härte von ca. HRC 62)......

Ja das wage ich zu behaupten, der Verschleiss gleicht eher dem eines Mkroausbruchs.
Jedoch würde ich für grosse Kochmesser welche primär im Zugschnittbereich tätig sind, eine Sonderkarbid-reichere Variante als der 1.3505 empfehlen. (1.2516 / TWR / 1.2562)

Und andersherum mit 25 Grad Schleifwinkel, auch choppen (also kräftigen Druckschnitt), bzw. härteres Schnittgut (Kürbis, Süßkartoffeln, Nüsse, Rosmarinstengel, Parmesan incl. Impact) ohne teils/leicht umgelegte Schneide wegsteckt?

(Für den hochwertigen Druckschnitt und nicht zu hartem Schnittgut würde ich eher schlankere Geometrien zwischen 16 und 20 Grad empfehlen.)
Ja auch hier behaupte ich dass es kaum zum umlegen einer Schneide führt, sondern eher zu Mikrobruch.


Meine Erfahrung hat gezeigt, dass auch Kürbis problemlos mit sehr schlanken Geometrien zu schneiden ist, nur ist darauf zu achten, dass KEIN Hebeln angewendet werden darf, sollte die Klinge mal im Kürbis festsitzen! Einfach mehr Druck von oben aufbauen und durch bist du...
Süsskartoffeln mögen besonders schlanke und zäh-harte Klingen, jegliche zu dicke Klingengeometrie macht sich im Klang der brechenden Süsskartoffel unschön bemerkbar:).
Parmesan ist nochmals eine andere Geschichte. So weit ich in Erinnerung habe, wird Parmesan nicht geschnitten sondern gebrochen. Dafür braucht es nicht besonders harte und scharfe Schneiden sondern sehr zähe und etwas dickwandigere Klingen um die Keilwirkung zur Geltung zu bringen... (Ok ich gebe zu, zu Hause schneide ich auch Parmesan mit meinem Kochmesser aus 1.2562 bei 66HRC:))

Nüsse würde ich auch nicht schneiden sondern in einen Sack stecken und mit einem Wallholz zertrümmern, wer will kann auch mal etwas Dampf ablassen:). Ich empfehle Nüsse falls auch Sossen oder Würzmischungen gemacht werden, zu Mörsern.
Wozu willst du Rosmarinholz fein schneiden? Für Fonds; einfach brechen. Falls doch Nüsse und Rosmarinstängel geschnitten werden müssen, klappt das auch problemlos.
Das Schmieden und die WB müssen stimmen, wie du im vorangegangenen Beitrag beschrieben hast.

Oje mir wird gerade klar, dass ich so einiges geschrieben habe was gar nicht gefragt wurde.:)

Der 1.2562 habe ich von Markus Balbach.


Grüsse
Marco
 
Servus,

Süsskartoffeln mögen besonders schlanke und zäh-harte Klingen, jegliche zu dicke Klingengeometrie macht sich im Klang der brechenden Süsskartoffel unschön bemerkbar:)

das ist so poetisch formuliert wie es richtig und wahr in der Sache ist! Chapeau! :applause:

Gruß, güNef
 
Moin Marco, nur mal aus Interesse, wenn du von 16 bis 20 Grad Schneidenwinkel schreibst, meinst du dann den Gesamtwinkel der Schneidfase?

Gruß Jannis
 
Guten Morgen zusammen

Moin Marco, nur mal aus Interesse, wenn du von 16 bis 20 Grad Schneidenwinkel schreibst, meinst du dann den Gesamtwinkel der Schneidfase?

Ja den Gesamtwinkel der Schneidfase mein ich, ja das ergibt einen sehr flachen Teilschliffwinkel.
Bei einer Yanagiba wird der meist noch unterschritten, dicht gefolgt von der schlanken Schneidfase eines Nakiri.
Was war der Grund der Frage, habe ich in den vorangehenden Antworten etwas verwechselt?

das ist so poetisch formuliert wie es richtig und wahr in der Sache ist! Chapeau!
Danke güNef:)
 
Sorry da muss ich doch nochmal nachfragen...

(Für den hochwertigen Druckschnitt und nicht zu hartem Schnittgut würde ich eher schlankere Geometrien zwischen 16 und 20 Grad empfehlen.)
Ja auch hier behaupte ich dass es kaum zum umlegen einer Schneide führt, sondern eher zu Mikrobruch.

Also bei einer Klinge (meinetwegen Nakiri) im Druckschnitt einen Schärfwinkel der ungefähr einem Rasiermesser entspricht zu wählen (gibt es ein Video wo du diese Schnitttechnik zeigst?) halte ich für unmöglich.

Ich habe in den letzten Tagen ein paar Versuche durchgeführt, mit Klingen von namhaften Messermachern, sowie eigenen zum Teil exact nach Romans vorgaben (Roman Landes) im PM Labor der Firma Dorst Technologies wärmebehandelten Klingen gemacht, und um es mal so auszudrücken, das funtzt nicht, selbst dann nicht wenn ich extrem langsam und vorsichtig schneide/drücke.
Entweder die Schneide bröselt weg (1.2519/1.2562) oder sie legt sich gleich komplett um (1.3505/1.2442). Mit Japanischen Stählen habe ich ähnliche Ergebnisse schon bei Schneidwinkeln unter 25 Grad.

Also erster Brettkontakt (ohne verkannten, gerader Schnitt ohne Druck, mit Laser Geometrie, Stahl 1.3505, gemessene Härte 62 HRC, Schnittgut Paprika, langsam durchgeführt, Schneidwinkel 16 Grad (Gesammtwinkel), Impact mit ca. 0,5kmH, weiches Holzbrett)..... Schneide legt sich um, nach einem Schnitt stumpf, soll heißen ein zweiter Zeitlupenschnitt war nicht mehr möglich, zumindest nicht im reinen Druckschnitt.

Mit einem Schneidwinkel von 20 Grad kann mann (sehr vorsichtig)arbeiten aber so gut wie alle getesteten Messer haben nach der zubereitung von nur einer Mahlzeit schon erhebliche ausfälle (umgelegte Schneide, mini Ausbrüche etc.).

Also frage ich mal ganz frech, habe ich keine Ahnung, bin ich zu blöd zum schneiden? (was durchaus sein kann ;)), sind die Messer die ich mein Eigen nenne einfach nur schlecht Wärmebehandelt?, hast du gar eine neue Möglichkeit entdeckt den Stahl stabiler zu machen? (liest sich zumindest so).

Zum Anwenderverhalten,

natürlich werden die Messer anständig behandelt, sprich nicht in eine Schublade gelagert, keine Spülmaschine etc. es geht mir nur um den gebrauch, danach kommen sie frisch geschärft in eine Saya oder Scheide bzw. an die Magnetleiste.

Abgesehen davon wird auf deiner Website empfohlen die Messer mittels Wasserstein (1000-10000`er Körnung) abzuziehen. Welche Steine würdest du empfehlen? Für einen lang anhaltenden guten Schnitt mit "normalen" Schleifwinkeln um die 30 Grad. Und wie oft währe bei einem deiner Messer das auf Verschleißbeständigkeit optimiert ist ein Touch Up nötig (sprich kurzes nachschärfen auf Steinen um die 5000`er Körnung)?, bei nutzung in der Gastronomie bei ca. 200 Essen täglich (also Alleinkoch).

Bitte nicht als Kritik auffassen, das ist durchaus ernst gemeint, und ich bin immer offen für neues, und hinterfrage gerne.

Zur erklärung meiner Person, ich bin Koch seit ca. 17 Jahren, schmiede meine Arbeitsgeräte meist selbst, und habe eine nette Küchenmessersammlung von guten Schmieden zuhause/in der Arbeit.

Grüße Wastl.
 
Hallo Wastl

welche Freude nicht der einzige schmiedende Koch zu sein:).
Ich habe mich in letzter Zeit intensiver mit der Geometrie befasst: http://www.bushcraftuk.com/downloads/pdf/knifeshexps.pdf
Jannis hat mich hinsichtlich meiner Winkelangabe auch schon sensibilisiert:).

14-16 Grad ist nur was für Yanagiba's. Diese Klinge korrekt geführt, hat nur an vorderster Spitze Brettkontakt. Der restliche Klingenteil sollte nie das Brett berühren. Die meisten anderen Klingen versagen kläglich bei solch feinen Geometrien.

Also frage ich mal ganz frech, habe ich keine Ahnung, bin ich zu blöd zum schneiden? (was durchaus sein kann ), sind die Messer die ich mein Eigen nenne einfach nur schlecht Wärmebehandelt?, hast du gar eine neue Möglichkeit entdeckt den Stahl stabiler zu machen? (liest sich zumindest so).

Das denke ich nicht.

Ich schliesse mich dem Zitat von Roman an:

15-20° sehr feine und scharfe Hochleistungsschneiden (Sehr bewusster Umgang eingegrenztes/ spezielles Arbeitsgebiet z.B. Rasiermesser, Schnitzmesser, spezielle Küchenmesser)

20-30° Gute stabile leistungsfähige Schneiden (aufmerksamer Umgang, gute Küchenmesser, Jagd und Gebrausmesser, Messer im Handwerk)

30-40° Allgemeine Gebrauchsschneiden (Standard Umgang, Jagd- und Gebrauchsmesser, Messer mit leicht schlagender Beanspruchung z.B. für Knochen)

40°+ Derbe Schneiden (Unachtsamer Umgang, Am Sinn derberer Winkel sind durchaus Zweifel hinsichtlich der Stahlwahl und der Wärmebehandlung angebracht)


Welche Steine würdest du empfehlen?

Ich finde die Naniwa Professional sehr gut und arbeite schon seit längerem damit.

Und wie oft währe bei einem deiner Messer das auf Verschleißbeständigkeit optimiert ist ein Touch Up nötig (sprich kurzes nachschärfen auf Steinen um die 5000`er Körnung)?, bei nutzung in der Gastronomie bei ca. 200 Essen täglich (also Alleinkoch).

Das ist sehr schwierig präzise zu sagen, es hat so viele Faktoren.
Es gibt viele Köche die nur mit Convenience Produkten 200 Essen pro Tag raushauen, welche das Messer nur zum öffnen von Plastiksäcken brauchen:). Dazu gehören wir beide wahrscheinlich nicht:)!?

Es ist vieles möglich zwischen täglich wenigen Abziehvorgängen und alle 3-6 Wochen einige Züge pro Seite. Kommt auf deinen Anspruch an Schärfe an.
Ich schärfe es alle 4-14 Arbeitstage, je nach Schnittgut und Menge. Ich finde, dass die Klingen es Wert sind, sie auf höchstem Niveau der Leistung zu halten.

Grüsse
Marco
 
Ok, gut, dann sehen wir das wohl genauso.

Convinience ist eh ein NoGo, Chosera ist top, und auch sonst verstehen wir uns. Danke für die Antwort.

Verhoeven ist mir natürlich ein Begriff.

Es hat sich nur so angehört als ob du deine Messer mit solch geringen Winkeln ausliefern bzw. das empfehlen würdest.

Dann ist ja alles klar.

Wenn ich mal in deiner Ecke bin komm ich gerne mal zum testen vorbei :super:.

Grüße WAstl.
 
Hi Marco.

Aus dem Romans Buch hab ich viel gelernt.

Was Romansangaben hinsichtlich Schneidwinkel angeht- ich denke mal er hat da Tippfehler oder irgendwie verrutscht.

20-30° Schneidwinkel für Jagdmesser oder 30-40 für Hackmesser- stell Dir vor, was passiert, wenn jemand das wirklich macht (z.B. mittels einer guten Schärfhilfe).

In der Realität sind Romans- Messer ein Genuß- die liegen ganz toll in der Hand.
Vor kurzem habe ich ein Jagdmesser von Roman gekauft.
Um da in der Nähe von der Klingenspitze einen Schneidwinkel um 36 überhaupt machen zu können habe ich Grundschliff leicht geändert. Die Schärfe, die man dort hinbekommt ist super und die möglichen Schneidwinkel realistisch.
 
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